Mietpreisanpassung und Lebenshaltungskosten

Verbraucherpreisindex und Wertsicherungsklauseln

Mit einer Wertsicherungsklausel im Vertrag kann beispielsweise der Mietpreis einer Immobilie regelmäßig automatisch angepasst werden. Die Berechnung des Wertes eines Objektes basiert auf dem Verbraucherpreisindex. Wie genau das funktioniert, erläutert dieses Merkblatt.
Hinweis für Ratsuchende: Als Körperschaft des öffentlichen Rechts hat die IHK die Aufgabe, die Interessen der gewerblichen Wirtschaft zu vertreten und ihre Mitgliedsunternehmen zu beraten. Wenn Sie als Arbeitnehmer rechtliche Beratung benötigen, können Sie sich entweder an das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Abteilung Arbeitsrecht, oder an den Verein „ArbeitnehmerHilfe wenden.

1. Sinn und Zweck von Wertsicherungsklauseln

Viele Verträge mit einer langjährigen Laufzeit, beispielsweise Miet- oder Pachtverträge über Geschäftsräume sind ohne eine Geldwertsicherungsklausel (oder Wertsicherungsklausel) heute nicht mehr vorstellbar. Grund hierfür ist die Inflation, also die Verringerung der Kaufkraft des Geldes. Je stärker sich der Wert des Geldes verringert, desto mehr wird der Gläubiger einer Geldforderung bestrebt sein, den ursprünglichen Wert seiner Forderung auch in Zukunft zu erhalten. Dies kann der Gläubiger dadurch erreichen, dass er die Geldforderung der Entwicklung von Preisen für Güter oder Dienstleistungen anpasst. Solche Anpassungen müssen dann von Zeit zu Zeit vorgenommen werden.

2. Auf welche Preisentwicklung soll abgestellt werden?

Um die Preisentwicklung erkenn- und berechenbar zu machen, stellt das Statistische Bundesamt anhand eines sogenannten Warenkorbs regelmäßig fest, wieviel Geld ein Haushalt aufbringen muss, um diese Waren zu erwerben. Früher hat das Bundesamt hierzu die Einkommen verschiedener Haushalte (Unterschiede in der Zahl der Personen und des Einkommens) und regionale Unterschiede (Ost und West) berücksichtigt und gesondert ausgewiesen. Ab 2003 ist eine Unterscheidung nach Ost- und Westdeutschland, sowie eine Unterscheidung nach verschiedenen Haushaltstypen weggefallen.
Das Statistische Bundesamt veröffentlicht seit dem 01.01.2003 lediglich noch folgende Indizes:
  1. Verbraucherpreisindex für Deutschland (VPI; bisher: Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland)
  2. Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI)
Mit dem Übergang von den verschiedenen Preisindizes für die Lebenshaltung auf den „Verbraucherpreisindex für Deutschland” werden inhaltliche und methodische Anpassungen vorgenommen, die jedoch die Aussagekraft dieses wichtigen Indikators nicht beeinträchtigen. Das Statische Bundesamt und die Statistische Landesämter, die den Index in engem Zusammenwirken arbeitsteilig berechnen, treffen Vorsorge, dass der Umstieg von alten Indizes auf den neuen Index einfach und nutzerfreundlich vollzogen werden kann. Für die Nutzung von Preisindizes in Wertsicherungsklauseln wird damit die Kontinuität der Nachweisung gesichert.
Daher sind bei bestehenden Verträgen mit Wertsicherungsklauseln, die sich auf Preisentwicklungen eines bestimmten Haushaltstyps in Ost- oder Westdeutschland beziehen, Vertragsanpassungen vorzunehmen.

3. Veränderung des Indexes in Punkten oder Prozenten

  • Alte Wertsicherungsklauseln: Wurde zum Beispiel in einer Wertsicherungsklausel ein Index für das frühere Bundesgebiet genannt oder für einen in Zukunft nicht mehr angegebenen Haushaltstyp, so bleibt nur die Möglichkeit, sich mit dem Vertragspartner gütlich zu einigen und auf den aktuell berechneten Verbraucherpreisindex in Deutschland umzustellen. Mit Urteil vom 4. März 2009 hat der Bundesgerichtshof (BGH) festgestellt, dass nach Wegfall des alten Indexes bei Klauseln in älteren Gewerbemietverträgen im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung auf den Verbraucherpreisindex mit dem Basisjahr 2000 abzustellen ist. Die auf das frühere Basisjahr des bisherigen Indexes bezogenen Werte müssen auf den neuen Index und das neue Basisjahr umgerechnet werden. Die frühere Unsicherheit, ob die alten Wertsicherungsklauseln in Gewerbemietverträgen ersatzlos wegfallen und Mieterhöhungen damit nicht mehr möglich wären, ist damit gegenstandslos geworden (Urteil des BGH vom 4. März 2009, Az: XII ZR 141/07).
  • Neue Wertsicherungsklauseln sollten nur auf der Basis des Verbraucherpreisindexes für Deutschland abgeschlossen werden.
Weitere Hinweise zur Anpassung bestehender Verträge:
Eine wichtige Änderung bei der Umstellung auf den Verbraucherpreisindex für Deutschland ist die Umstellung auf das Basisjahr 2000. Diese Umstellung führt bei Wertsicherungsklauseln – je nach Berechnung - zu unterschiedlichen Konsequenzen:
Bei Verträgen mit einer Prozent – Regelung in Wertsicherungsklauseln
Bei diesen Verträgen ist die Anpassung von Wertsicherungsklauseln in der Regel sehr einfach, wenn diese auf Veränderungen in Prozent abstellen. Das Preisbasisjahr spielt bei diesen Fällen keine Rolle; durch die Konsistenz der preisstatistischen Nachweisungen der amtlichen Statistik lassen sich die aktuellen Werte unmittelbar den Veröffentlichungen der amtlichen Statistik entnehmen. Es ist also lediglich eine Umstellung vom bisherigen Index auf den neuen Verbraucherindex für Deutschland vorzunehmen.
Bei Verträgen mit einer Punkte – Regelung in Wertsicherungsklauseln
Knüpfen vertragliche Wertsicherungsklauseln allerdings an Veränderungen in Punkten bzw. Prozentpunkten an, so geschieht dies unter Zugrundelegung eines Preisbasisjahres. Bei jeder Umstellung dieses Basisjahres war auch bisher schon eine Änderung angezeigt. So sollte auch die Umstellung auf das Basisjahr 2000 wieder Anlaß zu einer Überprüfung der eigenen Wertsicherungsklauseln geben. Sollte sich die Notwendigkeit einer Zahlungsanpassung ergeben, so stellt das Statistische Bundesamt Umrechnungshilfen zur Umstellung von einem früheren Basisjahr auf das Jahr 2000 zur Verfügung. Grundsätzlich empfiehlt das Statistische Bundesamt jedoch die Verwendung einer Prozent- Regelung in Wertsicherungsklauseln. Die Vertragsparteien wissen oft nicht, dass die Veränderung des Indexes sowohl in Punkten als auch in Prozenten gemessen werden kann. Dies kann bezüglich des Zeitpunktes einer Mieterhöhung zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen.
Steigt der Index beispielsweise von 140 auf 152 Punkte, und ist eine Mieterhöhung bei einem Indexanstieg von mindestens zehn Punkten vereinbart, so ist eine Mieterhöhung fällig (Differenz = 12 Punkte).
Ist dagegen eine Erhöhung um zehn Prozent vereinbart, ist noch keine Mieterhöhung fällig, da die Erhöhung nur 8,5 % beträgt.
Eine Wertsicherungsklausel, die auf eine prozentuale Veränderung des Indexes abstellt, ist für den Mieter dann von Vorteil, wenn der Lebenshaltungsindex rasch steigt.
Berechnungsformeln:
Nach Prozenten:

Neuer Index – alter Index x 100 = ... %
alter Index

Nach Indexpunkten:
Mietbetrag x neuer Index = neue Miete
alter Index
Für die Prozentberechnung ist zudem kein Bezug auf ein „Basisjahr” erforderlich.
Verbraucherindizes sollten nur für Kalendermonate und Jahre berechnet werden und nicht für Stichtage, da Preisindizes nur für Monate und Jahre erstellt werden. Stichtagsvereinbarungen sollten daher wegen möglicherweise folgender auslegungsbedingter Rechtsstreitigkeiten vermieden werden.
Neue Ergebnisse zum Preisindex sind am schnellsten über den automatischen Anrufbeantworter des Statistischen Bundesamtes unter der Telefonnummer 0611 752888 oder unter der Telefaxnummer 0611 753888 bzw. auf dessen Homepage unter www.destatis.de zu erhalten.

4. Änderung des Genehmigungsverfahrens für Wertsicherungsklauseln („Euro-Einführung”)

Mit Einführung des Euro zum 1. Januar 1999 wurde Paragraf 3 Währungsgesetz (WährG), der Wertsicherungsklauseln in Verträgen regelte, aufgehoben. Nachfolgeregelung ist Paragraf 2 des Preisangaben- und Preisklauselgesetzes (PrAKG) und die dazu erlassene Preisklauselverordnung.
Diese neue Verordnung klärt beispielsweise, in welchen Fällen Wertsicherungsklauseln in Verträgen in Zukunft der Genehmigung bedürfen oder genehmigungsfrei sind. Die Genehmigungspflicht bezieht sich in erster Linie auf Preisklauseln zur Wertsicherung von Geldschulden in langfristigen Verträgen, wie zum Beispiel Gewerbemiet- und Gewerbepachtverträge sowie Wohnraummietverträge.
Gleichzeitig ging die Zuständigkeit für die Genehmigung von Wertsicherungsklauseln in privatrechtlichen Verträgen von der Deutschen Bundesbank und den Landesbanken auf das Bundesamt für Wirtschaft (BAW) in Eschborn über.
Bisherige Genehmigungen der Deutschen Bundesbank und Negativatteste gelten weiter, am 31. Dezember 1998 noch nicht erledigte Genehmigungsanträge wurden auf das Bundesamt für Wirtschaft übergeleitet.
Inhaltlich orientiert sich die preisrechtliche Nachfolgeregelung weit gehend an Paragraf 3 WährG und den hierzu von der Deutschen Bundesbank angewandten Genehmigungsgrundsätzen. In einigen Punkten erfolgte aber eine Lockerung des Preisklauselverbotes aus Wettbewerbsgründen und zur Entlastung der Genehmigungsbehörde.
Im neuen Paragraf 2 PrAKG ist ein Indexierungsverbot mit Genehmigungsvorbehalt vorgesehen. Auf Antrag können Ausnahmen genehmigt werden, wenn Zahlungen langfristig zu erbringen sind oder besondere Gründe des Wettbewerbs eine Wertsicherung rechtfertigen und die Preisklausel nicht eine der Vertragsparteien unangemessen benachteiligt. Ausgenommen vom Indexierungsverbot bleibt der Geld- und Kapitalverkehr und Verträge von gebietsansässigen Kaufleuten mit Gebietsfremden. Einzelheiten werden in der zum PrAKG erlassenen Preisklauselverordnung (PrKV) geregelt.
Beispiel für eine genehmigungsfähige Klausel:
„Ändert sich der von dem Statistischen Bundesamt veröffentlichte Verbraucherpreisindex für Deutschland (Basis 2010 = 100) gegenüber dem für den Monat des Mietbeginns um mindestens zeh Prozent (oder Punkte), so ändert sich automatisch der Mietzins im gleichen Verhältnis und zwar von Beginn des nächsten Monats an. Das gleiche gilt erneut, sobald sich der Index gegenüber seinem Stand im Zeitpunkt der vorangegangenen Mietanpassung wieder um mehr als volle zehn Prozent (oder Punkte) verändert hat.”
a) Genehmigungsfreie Klauseln (Paragraf 1 PrKV)
  1. Leistungsvorbehaltsklauseln
    Bei der indexorientierten Änderung des geschuldeten Betrages besteht ein Ermessensspielraum, der es ermöglicht, die neue Höhe der Geldschuld nach Billigkeitsgrundsätzen zu bestimmen. Zum Beispiel ist die Höhe des Mietpreises bei Veränderung des Indexes nach oben oder unten zwischen den Vertragsparteien neu zu verhandeln. Kommt keine Einigung zustande, könnte sie vereinbarungsgemäß mit Hilfe eines von der IHK öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Gewerberaummieten erzielt werden.

    Beispiel für eine Leistungsvorbehaltsklausel:
    „Ändert sich der vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Verbraucherpreisindex für Deutschland (Basis 2010 = 100) gegenüber dem für den Monat des Vertragsschlusses veröffentlichten Index um mindestens zehn Prozent (oder Punkte), so kann jede Partei eine Anpassung des Mietzinses verlangen. Maßstab dafür soll die Veränderung des Indexes sein, so weit dies der Billigkeit entspricht. Die Änderung des Mietzinses wird ab dem auf das Änderungsverlangen folgenden Monat wirksam. Bei jeder weiteren Indexänderung gegenüber der jeweils letzten Änderung des Mietzinses ist diese Regelung entsprechend anwendbar.
  2. Spannungsklauseln
    Darunter fällt beispielsweise eine Vereinbarung, nach der ein bestimmtes Geschäftsführergehalt von der künftigen Entwicklung der Dienstbezüge eines Beamten des höheren Dienstes abhängig sein soll. An die Gleichartigkeit oder Vergleichbarkeit der miteinander verknüpften Güter und Leistungen sind nach der bisherigen Rechtsprechung keine hohen Anforderungen zu stellen.
  3. Kostenelementeklauseln
    Hierunter fällt beispielsweise eine Vereinbarung, nach der das festgesetzte Entgelt für Bauleistungen von der künftigen Entwicklung des einschlägigen Baukostenindex abhängig gemacht wird.
b) Allgemeine Genehmigungsvoraussetzungen (Paragraf 2 PrKV)
  1. Hinreichende Bestimmtheit: Die Preisklausel muss erkennen lassen,welche konkreten Preise oder Werte für die künftige Höhe des geschuldeten Geldbetrages bestimmend sein sollen.
  2. Die Preisklausel muss sowohl eine Erhöhung als auch eine Ermäßigung des geschuldeten Betrages nach Maßgabe der gewählten Bezugsgröße vorsehen.
  3. Der geschuldete Betrag darf sich gegenüber der Entwicklung der Bezugsgröße nicht überproportional ändern.
c) Langfristige Gewerbemiet- und Gewerbepachtverträge – Genehmigungsfreiheit nach Paragraf 4 PrKV
Unter bestimmten Voraussetzungen gelten Preisklauseln in Miet- und Pachtverträgen über Gebäude oder Räume, so weit es sich nicht um Mietverträge über Wohnraum handelt, als genehmigt, ohne dass ein Antrag gestellt oder das Genehmigungsverfahren durchgeführt werden muss.
  1. Erfüllung der obigen allgemeinen Genehmigungsvoraussetzungen
  2. Die Entwicklung des Miet- und Pachtzinses wird bestimmt entweder durch
  • die Änderung eines vom Statistischen Bundesamt oder vom Statistischen Landesamt ermittelten Preisindexes für die Gesamtlebenshaltung oder eines vom Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaft ermittelten Verbraucherpreisindexes

    oder durch
  • die künftige Einzel- oder Durchschnittsentwicklung der Preise oder Werte für Güter oder Leistungen, die der Schuldner in seinem Betrieb erzeugt, veräußert oder einbringt,

    oder durch
  • die künftige Einzel- oder Durchschnittsentwicklung des Preises oder des Wertes von Grundstücken, wenn sich das Schuldverhältnis auf die land- und forstwirtschaftliche Nutzung beschränkt und der Vermieter oder Verpächter für die Dauer von mindestens zehn Jahren auf das Recht der ordentlichen Kündigung verzichtet oder der Mieter oder Pächter hat das Recht, die Vertragsdauer auf mindestens zehn Jahre zu verlängern.
Abschließend wird darauf hingewiesen, dass die Genehmigung einer Mietanpassungsvereinbarung bei Wohnraummietverträgen nicht mehr erforderlich ist. Dies wird jetzt durch Paragraf 10 a des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe bestimmt.
  • Dabei ist als ausschließliche Referenzgröße der Preisindex für die Gesamtlebenshaltung des Statistischen Bundesamtes heranzuziehen,
  • das Ausmaß der Mietanpassung muss bestimmt und der prozentualen Indexveränderung entsprechen und
  • der Vermieter muss für die Dauer von mindestens zehn Jahren auf die ordentliche Kündigung verzichten.
Auskünfte über die Einzelheiten der Neuregelung erteilt das Bundesamt für Wirtschaft (Referat III 6), Frankfurter Str. 29 – 31, 65760 Eschborn/Taunus, Telefon 06196 404479, Telefax 06196 94226.
Stand: Mai 2023