Aussergerichtliche Rechtsberatung
Das Rechtsdienstleistungsgesetz
Auch Nicht-Anwälte dürfen im Zusammenhang mit einer anderen wirtschaftlichen Tätigkeit juristische Nebenleistungen erbringen. So darf zum Beispiel die zu einem Autohaus gehörige Kfz-Werkstatt mit der gegnerischen Versicherung die Reparaturkosten abrechnen und für den Geschädigten die allgemeine Schadenspauschale geltend machen. Lesen Sie hier, in welchen Fällen das Gesetz greift.
Einleitung
Das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) regelt die Befugnis, außergerichtliche Rechtsdienstleistungen zu erbringen. Keine Rechtsdienstleistungen im Sinn des RDG sind:
- Die Befugnisse zur gerichtlichen Vertretung. Diese richten sich nach der jeweiligen Verfahrensordnung.
- Die Erbringung von Rechtsdienstleistungen in abhängiger Beschäftigung.
- Rechtsdienstleistungen von Berufsgruppen, die in anderen Gesetzen geregelt sind.
Unter gewissen Voraussetzungen ist es jetzt auch Nichtanwälten möglich, Rechtdienstleistungen zu erbringen.
Definition der Rechtsdienstleistung
Die zentrale Begrifflichkeit im RDG ist die Rechtsdienstleistung. Sie ist nach Paragraf 2 Absatz 1 RDG jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Tätigkeiten, die diesen Tatbestand erfüllen, dürfen nur unter den im RDG oder in anderen Gesetzen geregelten Voraussetzungen erbracht werden. Eine Rechtsdienstleistung liegt aber nicht erst vor, wenn eine umfassende oder tiefgehende juristische Prüfung erforderlich wird.
Keine Rechtsdienstleistungen sind somit Tätigkeiten, die sich im Auffinden, der Lektüre, der Wiedergabe und der bloßen schematischen Anwendung von Rechtsnormen erschöpfen. Dies betrifft etwa
- die allgemeine Aufklärung über rechtliche Hintergründe
Beispiel: Ein Mieterverein klärt durch ein Rundschreiben alle Mieter einer Wohnanlage über die nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) bestehenden Minderungsrechte bei Modernisierungsmaßnahmen auf
- die Geltendmachung unstreitiger Ansprüche
Beispiel: Eine Kfz-Werkstatt rechnet mit der gegnerischen Versicherung nicht nur die Reparaturkosten ab, sondern macht für den Geschädigten gleichzeitig auch die allgemeine Schadenpauschale geltend.
- die Mitwirkung bei einem Vertragsschluss oder einer Vertragskündigung
Beispiel: Ein Energieberater kündigt für seinen Kunden bestehende Energieversorgungsverträge und schließt neue ab.
Auch die Beratung der Geschäftsführung durch die unternehmenseigene Rechtsabteilung fällt nicht unter das RDG, weil sie sich nicht an eine fremde Person gerichtet ist.
Arten der Rechtsdienstleistungen
Das RDG unterscheidet zwischen folgenden Rechtsdienstleistungen:
- Rechtsdienstleistung als Nebenleistung
- Rechtsdienstleistungen durch registrierte Personen
- Rechtsdienstleistungen durch nicht registrierte Personen
a) Rechtsdienstleistung als Nebenleistung
Nach Paragraf 5 Absatz 1 RDG sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Zur Beurteilung, ob eine Nebenleistung vorliegt, ist die Beurteilung des Einzelfalls vonnöten. In Paragraf 5 Absatz 1 Satz 2 RDG heißt es: Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind.
Voraussetzung ist nicht, dass die andere Tätigkeit ohne die Rechtsdienstleistung überhaupt nicht sachgemäß erledigt werden kann. Vielmehr reicht es aus, dass die Tätigkeit eine zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehörige Nebenleistung darstellt. Die Rechtsdienstleistung darf also nach ihrem Gewicht und ihrer Bedeutung nicht im Mittelpunkt des Leistungsangebots stehen und muss zum jeweiligen Berufsbild gehören.
Beispiele: Beratung über Fragen des Baurechts und der Sachmängelhaftung durch einen Architekten; Beratung über Gestaltungsmöglichkeiten bei der Vermögens- oder Unternehmensnachfolge durch Banken; Sanierungs- und Insolvenzberatung durch Diplom-Betriebswirte.
In jedem Fall sind jedoch nach Paragraf 5 Absatz 2 RDG solche Rechtsdienstleistungen erlaubt, die im Zusammenhang mit einer der folgenden Tätigkeiten erbracht werden:
- Testamentsvollstreckung
- Haus- und Wohnungsverwaltung
- Fördermittelberatung
b) Rechtsdienstleistungen durch nicht registrierte Personen
Nicht registrierte Personen dürfen in folgenden Fällen Rechtsdienstleistungen erbringen:
- Unentgeltliche Rechtsdienstleistungen, die nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit stehen (außerhalb familiärer, nachbarschaftlicher oder ähnlich enger persönlicher Beziehungen ist eine solche nur durch oder unter Anleitung eines Volljuristen erlaubt)
- Rechtsdienstleistungen durch Berufs- und Interessenvereinigungen, Genossenschaften für ihre Mitglieder
- Rechtdienstleistungen durch öffentliche oder öffentlich anerkannte Stellen
Die unentgeltliche Rechtsdienstleistung betrifft einerseits die Rechtsberatung im Familien- und Freundeskreis und begünstigt andererseits die altruistische, karitative Rechtsberatung. Der Begriff der Unentgeltlichkeit wird dabei enger gefasst als im Bürgerlichen Recht definiert. „Kostenlose“ Serviceangebote, beispielsweise die kostenlos angebotene Testamentsberatung, sind danach nicht unentgeltlich im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes, da sie im Zusammenhang mit dem entgeltlichen Geschäft angeboten werden.
Durch Paragraf 7 RDG ist es nun auch Vereinen und Genossenschaften im Rahmen des satzungsmäßigen Aufgabenbereichs möglich, ihre Mitglieder rechtlich zu beraten. Die Rechtsberatung darf indes gegenüber den anderen satzungsmäßigen Aufgaben keine übergeordnete Rolle spielen.
Beispiel: Automobilclubs dürfen ihre Mitglieder beraten.
Paragraf 8 RDG eröffnet öffentlichen und öffentlich anerkannten Stellen (zum Beispiel Verbraucherzentralen) die Möglichkeit Rechtsdienstleistungen zu erbringen.
c) Rechtsdienstleistungen durch registrierte Personen
Die Ausübung folgender Tätigkeiten bedarf gemäß Paragraf 10 Absatz 1 RDG der Registrierung:
- Die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird (Inkassodienstleistung).
- Rentenberatungen
- Rechtsdienstleistungen in einem ausländischen Recht
Registrieren lassen muss sich nur, wer eine Forderung zur Einziehung erwirbt, ohne das wirtschaftliche Risiko zu übernehmen. Der Vollerwerb einer Forderung (Forderungskauf) bleibt indes registrierungsfrei.
Voraussetzungen der Registrierung sind:
- Persönliche Eignung und Zuverlässigkeit
- Theoretische und praktische Sachkunde in dem relevanten Bereich
- Eine Berufshaftpflichtversicherung mit einer Mindestversicherungssumme von 250.000 Euro für jeden Versicherungsfall
Die Einzelheiten zur Registrierung finden Sie im Internet unter www.rechtsdienstleistungsregister.de. Insbesondere befindet sich dort der Antrag auf Registrierung nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz.
Stand: Mai 2023