Recht und Steuern

Urlaub: Abgeltung und Berechnung

Das Thema Urlaubsabgeltung führt immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten vor dem Arbeitsgericht, da die genauen Voraussetzungen für einen Anspruch auf finanzielle Abgeltung von verbliebenen Urlaubstagen oftmals unklar sind oder die Abgrenzung zu verwandten Begriffen schwer fällt. Die Urlaubsabgeltung betrifft den Fall, dass wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Urlaub ganz oder teilweise nicht gewährt werden kann. An drei Beispielsfällen und einer Berechnungsformel wird erläutert, wie die Abgeltung konkret zu berechnen ist.

Begriff der Urlaubsabgeltung und Abgrenzung

Von Urlaubsabgeltung spricht man, wenn wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses der gesetzlich zustehende Urlaub ganz oder teilweise nicht bis zum Beendigungszeitpunkt gewährt werden kann und die so verbliebenen Urlaubstage „abgegolten“ und damit ausgezahlt werden müssen. Geregelt ist das in Paragraf 7 Absatz 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Dies gilt sowohl im Falle einer ordentlichen, wie auch außerordentlichen Kündigung, oder bei sonstigen Beendigungsgründen.
Die Urlaubsabgeltung ist zu unterscheiden von folgenden Begriffen:
  • Urlaubsentgelt, dass heißt, die Fortzahlung von Lohn und Gehalt während des Urlaubs;
  • Urlaubsgeld, dass heißt, eine betriebliche Sonderzuwendung (zum Beispiel auf Grund von Arbeits- oder Tarifvertrag), die über das Urlaubsentgelt hinaus gezahlt wird.

Voraussetzungen eines Urlaubsabgeltungsanspruchs

Ein Urlaubsabgeltungsanspruch kommt nur in Betracht, wenn
I) ein Anspruch auf Urlaub besteht, der Urlaub also weder in Anspruch genommen wurde, noch zeitlich verfallen ist
und
II) die tatsächliche Inanspruchnahme des Urlaubes mindestens versucht wurde.

zu I) Urlaub schon genommen oder verfallen?

Grundsätzlich muss der gesetzliche Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden, da er ansonsten mit Ende des Jahres verfällt. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nicht möglich, auch wenn dies in der Praxis oft anders gehandhabt wird, was bei Zustimmung beider Parteien zulässig ist. Nur bei dringenden betrieblichen Gründen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen kann ausnahmsweise eine Übertragung auf das nächste Kalenderjahr erfolgen. In diesem Fall muss der Urlaub dann bis zum 31. März des Folgejahres gewährt und genommen werden. Kommt es auch in dieser Übertragungszeit nicht zum Urlaub, verfällt der Resturlaubsanspruch mit Ablauf des 31. März.
Ist der Anspruch auf Urlaub mit Ablauf des Jahres oder des 31. März des Folgejahres verfallen, kommt auch kein Abgeltungsanspruch mehr in Betracht. Nur ein tatsächlich noch bestehender Urlaubsanspruch kann sich in einen Abgeltungsanspruch wandeln.

zu II) Inanspruchnahme des Urlaubs versucht?

Weitere Voraussetzung für einen Abgeltungsanspruch ist, dass die tatsächliche Inanspruchnahme des Urlaubs mindestens versucht wurde. Denn: Eine Gewährung „in Natur“ hat immer Vorrang vor dem auf Geldzahlung gerichteten Abgeltungsanspruch. Der Arbeitnehmer muss also den Urlaub zumindest beantragt haben und die Gewährung dann versagt worden sein, oder sonst unmöglich gewesen sein, zum Beispiel weil zwischen Kündigung und tatsächlicher Beendigung nicht mehr ausreichend Zeit war.

Beispiel 1

Dem Arbeitnehmer wird am 21. Juni fristlos, dass heißt, mit sofortiger Wirkung, gekündigt. Er hat noch Anspruch auf 15 Tage Urlaub. Diese sind voll abzugelten.

Beispiel 2

Ein Arbeitsverhältnis wird kurzfristig zum 31. Dezember durch Aufhebungsvertrag beendet. Der Arbeitnehmer hat noch zehn Tage Urlaubsanspruch, welche er auch in Anspruch nehmen will. Der Arbeitgeber verlangt jedoch, dass er bis Ende Dezember weiter arbeitet. Diese verbliebenen zehn Urlaubstage sind abzugelten.
Besteht noch ausreichend Zeit, vor dem Beendigungszeitpunkt Urlaub zu nehmen, so kann der Arbeitgeber sogar ohne Antrag des Arbeitnehmers die Inanspruchnahme des Resturlaubes vorschreiben. Hierbei muss allerdings auch eine gewisse Vorlaufzeit zur Urlaubsplanung eingehalten werden.

Beispiel 3

Ein Arbeitnehmer wird im Juni ordentlich zum 31. Dezember gekündigt und hat noch Anspruch auf 15 Tage Urlaub. Für die letzten drei Monate wird er unwiderruflich von der Arbeit freigestellt, wobei seine Urlaubsansprüche angerechnet werden. Damit ist sein Anspruch auf die 15 Tage Urlaub erfüllt und der Arbeitnehmer sozusagen gezwungen, seinen Urlaub in den letzten drei Monaten zu nehmen.
Wichtig ist hierbei, dass die Freistellung unwiderruflich oder zumindest konkret genug erfolgt, sonst wüsste der Arbeitnehmer nicht, wann genau er seine 15 Tage Urlaub nehmen kann. Dies hätte zur Folge, dass sein Urlaubsanspruch weiterhin besteht und abgegolten werden müsste.

Ausschlussfristen

Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung wird unmittelbar mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig. Eine Urlaubsabgeltung wird also üblicherweise direkt mit dem letzten Gehalt ausgezahlt.
Tipp: Als Arbeitgeber können Sie für die Geltendmachung von Abgeltungsansprüchen auch Ausschlussfristen vereinbaren. Diese betragen meist zwei oder drei Monate ab Fälligkeit.

Beispiel 4

Fall wie im Beispiel 2, nur dass im Arbeitsvertrag vereinbart ist, dass alle gegenseitigen Ansprüche verfallen, wenn sie nicht spätestens innerhalb von zwei Monaten ab Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.
Hier ist der Anspruch auf Urlaubsabgeltung mit Ablauf des 31. Dezember fällig geworden, der Arbeitnehmer muss diesen also bis spätestens Ende Februar schriftlich geltend machen, sonst geht der Anspruch unter und der Arbeitnehmer geht „leer“ aus.

"Unabdingbarkeit“ der gesetzlichen Regelungen

Die Vereinbarung einer Ausschlussfrist verstößt nicht gegen das grundsätzliche Verbot, keine Vereinbarungen über die Urlaubsabgeltung zu treffen, welche zuungunsten des Arbeitnehmers von den gesetzlichen Vorschriften abweichen. Die sogenannte „Unabdingbarkeit“ aus Paragraf 13 BurlG ist hier nicht betroffen. Grund ist, so das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass es sich bei der Urlaubsabgeltung um eine reine Geldforderung handelt und nicht der gesetzlich geschützte Urlaub selbst betroffen ist (Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 9. August 2011 – 9 AZR 365/10).
Unter das in Paragraf 13 BUrlG geregelte Verbot fällt aber beispielsweise eine Klausel im Arbeitsvertrag, nach der der Arbeitnehmer auf Abgeltungsansprüche komplett verzichtet. Der Abgeltungsanspruch steht dem Arbeitnehmer gesetzlich zu, weshalb er auch nicht gezwungen werden kann, von vornherein ganz auf ihn zu verzichten. Eine solche Klausel wäre schlicht nichtig und damit unanwendbar.
Achtung: Der Arbeitnehmer kann aber im Nachhinein verzichten, wenn der Vertrag schon beendet ist und die Ansprüche tatsächlich bestehen. Hiervon wird meist bei vor Gericht geschlossenen Vergleichen Gebrauch gemacht.
Einige Tarifverträge sehen vor, dass bei dem über den gesetzlich vorgeschrieben Urlaub hinaus gewährten Urlaub, dem so genannten übergesetzlichen Urlaub, eine kürzere Verfallfrist vereinbart werden kann. Dies verstößt nicht gegen das Verbot, von vornherein auf Abgeltungsansprüche zu verzichten. Der Unterschied liegt darin, dass dieser Urlaub sozusagen freiwillig vom Arbeitgeber on top zum gesetzlich vorgeschriebenen Mindesturlaub gewährt wird. Daher darf der Arbeitgeber auch die Bedingungen für diesen Zusatzanspruch festlegen.

Sonderfall: Arbeitsunfähigkeit

Eine Besonderheit gilt im Falle von Arbeitsunfähigkeit. Das können Sie nicht direkt aus Paragraf 7 BUrlG lesen, doch europarechtliche Urteile zwingen zu dieser Auslegung. Demgemäß entstehen auch während längerer Krankheitszeiten grundsätzlich Urlaubsansprüche, da solche Arbeitnehmer nicht schlechter gestellt werden sollen als nicht erkrankte Arbeitnehmer. Diese verfallen jedoch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahrs. Ein „Ansammeln“ ist also gerade bei langjährigen Erkrankungen nicht möglich. (EuGH, Urteil vom 22. November 2011, C-214/10).
Das bedeutet konkret: Endet ein Arbeitsverhältnis mit einem erkrankten Mitarbeiter, bevor dieser wieder arbeitsfähig ist, entsteht für die aus den vergangenen 15 Monaten verbliebenen Urlaubstage einen Abgeltungsanspruch (inzwischen auch BAG, Urteil vom 24. März 2009 – 9 AZR 983/07). Entscheidend ist, dass die Krankheit ursächlich dafür ist, dass der Urlaub nicht genommen werden konnte und der Anspruch noch nicht verfallen ist, also innerhalb der 15 Monate geltend gemacht wird.
Tipp: Dies gilt auch, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod eines Arbeitsnehmers beendet wird. Hier steht den Erben ein Abgeltungsanspruch bezüglich nicht genommener Urlaubstage zu, so der Europäische Gerichtshof in einer aktuellen Entscheidung (EuGH, Urteil vom 12. Juni 2014, C-118/13).

Berechnung

Die Berechnung des konkreten Abgeltungsanspruchs richtet sich nach der Berechnung des Urlaubsentgelts.

Berechnung des Urlaubsentgelts

Nach Paragraf 11 BUrlG bemisst sich das Urlaubsentgelt und damit auch die Höhe des Urlaubsabgeltungsanspruchs nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen vor Urlaubsantritt, also der letzten drei Monate. Dafür ist anhand des sich aus dieser Zeit ergebenden Gesamtverdienstes der Tagesverdienst des Arbeitnehmers zu ermitteln. Dieser Tagesverdienst stellt gleichzeitig den Wert eines Urlaubstages dar, welcher unter den beschriebenen Voraussetzungen abgegolten werden muss.
Folgende Entgeltbestandteile werden beim Gesamtverdienst berücksichtigt:
  • Arbeitsentgelt (alle Lohnarten)
  • Zulagen, die im Zusammenhang mit der Arbeitsleistung stehen (zum Beispiel Schmutz-, Gefahren-, Nacht-, Auslandszulagen, Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft)
  • Akkordlohn
  • Verkaufs- oder Inkassoprämien
  • Provisionen (mit Ausnahme von Umsatzprovisionen, Bezirksprovisionen und Provisionen, die für das gesamte Jahr gezahlt werden)
  • Sachbezüge (Verpflegung)
  • Verdiensterhöhungen, die nicht nur für kurze Zeit gelten (die Berechnung ist so vorzunehmen, als sei die Verdiensterhöhung mit Beginn des Berechnungszeitraums eingetreten)
Folgende Entgelte werden dagegen nicht zum Gesamtverdienst hinzugerechnet, da sie keinen Bezug zur Arbeitsleistung haben oder ungeachtet des Urlaubs ohnehin fortgezahlt werden:
  • Einmalleistungen (wie Weihnachtsgeld, Treueprämien, Jubiläumsgeld, 13. Monatsgeld)
  • Umsatz- und Gewinnbeteiligungen, Gratifikationen
  • Vermögenswirksame Leistungen
  • Aufwendungsersatz (wie Fahrgelder, Spesen)
  • Trinkgelder
  • Überstundenvergütung/-pauschale
  • Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen (zum Beispiel Betriebsunterbrechungen wegen Rohstoffmangels oder Maschinenstillstands, die dem Wirtschaftsrisikos des Arbeitgebers zuzurechnen sind) oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis (Arbeitsausfall, Krankheit) eintreten, bleiben für die Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht

Berechnung des Abgeltungsanspruchs

Um die konkrete Höhe des gesamten Abgeltungsanspruchs zu ermitteln ist der errechnete Gesamtarbeitsverdienst aus den letzten 13 Wochen durch die Anzahl der Arbeitstage zu dividieren und dann mit der Anzahl der nicht genommenen Urlaubstage zu multiplizieren:
Gesamtarbeitsverdienst in 13 Wochen ÷ 65 Arbeitstage (fünf Tage × 13 Wochen) ×  verbliebene Urlaubstage = Höhe des Abgeltungsanspruchs

Beispiel 1:

Das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers X endet zum 30. Juni und er hat noch fünf Tage Urlaubsanspruch. Seine regelmäßige Arbeitszeit beträgt fünf Tage pro Woche. Sein Arbeitsverdienst beträgt 2000 Euro monatlich.
Berechnung des Gesamtarbeitsentgelts im Bezugszeitraum:
April
Mai
Juni
Grundlohn
2.000
2.000
2.000
Daraus ergibt sich ein Gesamtarbeitsentgelt im 13 Wochen-Zeitraum von 6.000 Euro.
Berechnung des Abgeltungsanspruches:
6.000 Euro Gesamtarbeitsverdienst ÷ 65 Arbeitstage  × fünf verbliebene Urlaubstage
= 461,54 Euro Abgeltungsanspruch.

Beispiel 2:

Das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers X endet zum 30. Juni und er hat noch zehn Tage Urlaubsanspruch. Seine regelmäßige Arbeitszeit beträgt fünf Tage pro Woche. Sein Arbeitsverdienst beträgt 2.000 Euro monatlich.
Berechnung des Gesamtarbeitsentgelts im Bezugszeitraum:
April
Mai
Juni
Grundlohn
2.000
2.000
2.000
Schichtzuschlag
200
150
230
Schmutzzuschlag
25
25
25
Überstunden
0
0
0
Gesamt
2.225
2.175
2.255
Daraus ergibt sich ein Gesamtarbeitsentgelt von 6.655 Euro.
Berechnung des Abgeltungsanspruches:
6.655 Euro Gesamtarbeitsverdienst ÷ 65 Arbeitstage ( = fünf × 13 Wochen )
×  zehn verbliebene Urlaubstage
= 1.023,85 Euro Abgeltungsanspruch

Sonderfall Teilzeitkräfte

Bei Teilzeitkräften mit regelmäßig verkürzten Arbeitszeiten gelten die gleichen Grundsätze wie für Vollzeitkräfte. Lediglich die Berechnung des Urlaubsentgelts muss entsprechend angepasst werden.
Arbeitet ein Arbeitnehmer in Teilzeit und also nicht an allen betrieblichen Arbeitstagen, so ist das im Berechnungszeitraum verdiente Arbeitsentgelt durch die Zahl der tatsächlichen Arbeitstage – unabhängig von der Zahl der an diesen Tagen geleisteten Stunden –  zu dividieren und dann mit den verbliebenen Urlaubstagen zu multiplizieren.
Dies bedeutet, der Tagesverdienst und damit Wert eines Urlaubstages berechnet sich wie folgt:
  • bei einer Fünftagewoche = Gesamtverdienst aus 13 Wochen ÷ 65 Arbeitstage
  • bei einer Viertagewoche = Gesamtverdienst aus 13 Wochen ÷ 52 Arbeitstage
  • bei einer Dreitagewoche = Gesamtverdienst aus 13 Wochen ÷ 39 Arbeitstage
  • bei einer Zweitagewoche = Gesamtverdienst aus 13 Wochen ÷ 26 Arbeitstage

Beispiel 3:

Das Arbeitsverhältnis des teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers Y endet zum 30. Juni. Er hat noch fünf Tage Urlaubsanspruch, den er aus betriebsbedingten Gründen nicht nehmen konnte. Die betriebliche Arbeitszeit beträgt fünf Tage pro Woche. Seine regelmäßige Arbeitszeit beträgt drei Tage pro Woche. Sein Arbeitsverdienst beträgt 1.500 Euro monatlich.
Berechnung des Gesamtarbeitsentgelts im Bezugszeitraum:
April
Mai
Juni
Grundlohn
1.500
1.500
1.500
Schichtzulage
160
120
180
Schmutzzulage
20
20
20
Überstunden
0
0
0
Gesamt
1.680
1.640
1.700
Daraus ergibt sich ein Gesamtarbeitsentgelt von 5.020 Euro.
Berechnung des Abgeltungsanspruches:
5.020 Euro Gesamtarbeitsverdienst ÷ 39 Arbeitstage ( = drei Tage ×  13 Wochen)
×  fünf verbliebene Urlaubstage = 643,58 Euro Abgeltungsanspruch
Stand: April 2023