3. Schritt

Unternehmenswert und Kaufpreisverhandlung

Kennen Sie den Marktwert Ihres Unternehmens? Einen objektiven Unternehmenswert gibt es in der Praxis nicht. Während Unternehmer, die ihr Unternehmen verkaufen wollen, neben den Sachwerten auch die Arbeit sehen, die sie in der Vergangenheit in das Unternehmen investiert haben, denkt der Erwerber daran, was er mit dem Unternehmen in Zukunft erwirtschaften und wie er den Kaufpreis finanzieren kann. Beide kommen daher nicht selten zu unterschiedlichen Wert- beziehungsweise Preisvorstellungen, wenn es um den Kaufpreis geht. Hier bekommen Sie Unterstützung bei der Berechnung, unter anderem durch unseren Unternehmenswertrechner. Auch für die Kaufpreisverhandlung finden Sie wertvolle Tipps.
Die IHK Kassel-Marburg hat zu diesem Thema den Podcast “Kaufpreisermittlung und Eigenkapital” veröffentlicht.

Unternehmenswert berechnen

Eine rechtlich verbindliche Vorgehensweise für die Unternehmensbewertung existiert nicht. Wissenschaft und Praxis haben daher unterschiedliche Methoden entwickelt, um den Unternehmenswert zu ermitteln. Jedes Verfahren kann nur Anhaltspunkte für die Ermittlung des Wertes und damit des Preises geben. Beispielhaft sind im folgenden die gängigsten Verfahren beschrieben.
Tipp: Die Industrie- und Handelskammern haben einen kostenlosen, neutralen und unabhängigen Unternehmenswertrechner in der Unternehmenswerkstatt Deutschland (UWD) entwickelt der ohne vorherige Registrierung nutzbar ist. Er basiert auf dem Ertragswertverfahren und wurde um persönliche Risikofaktoren ergänzt. Denn jedes Unternehmen hat verschiedene Risikopositionen. Daher berücksichtigt ein ausschließlich an der Branche und/oder Umsatzgröße orientierter Risikoaufschlag beziehungsweise Multiplikator nicht die spezifische Situation, die Ihr Unternehmen kennzeichnet. Beispiele für individuelle Risikopositionen sind die Abhängigkeit von der Inhaberin oder dem Inhaber sowie Beziehungen und Abhängigkeiten zu Kunden und Lieferanten. Durch die Beantwortung von elf gezielten Fragen wird das individuelle Risiko Ihres Unternehmens ermittelt, welches den Unternehmenswert maßgeblich beeinflusst.

Multiples-Verfahren

Die Bewertung kann über einfache Umsatz- oder Gewinnmultiples erfolgen oder aber über detaillierte Verfahren dargestellt werden.

Ertragswertverfahren

Das Ertragswertverfahren ist die meist verbreitete Methode zur Ermittlung des Unternehmenswertes. Das Verfahren berücksichtigt die Anlagealternativen des Käufers, der mit seinem Kapital (K) entweder das Unternehmen erwerben kann oder sein Geld am Kapitalmarkt anlegt. Die zugrunde liegende Fragestellung lautet:
Wie hoch darf der Unternehmenswert sein, damit der erwirtschaftete Gewinn oder Cash-Flow eine angemessene Verzinsung (Z) auf das eingesetzte Kapital, den Kaufpreis, darstellt.
Bei dem reinen Ertragswertverfahren entspricht der Wert des Unternehmens dem Barwert aller zukünftigen Einnahmen-Überschüsse. Der Ertragswert wird somit bestimmt durch den erwarteten Unternehmenserfolg in den folgenden Jahren und durch einen Kapitalisierungszinsfuß, mit dem die zukünftigen Überschüsse auf den Zeitpunkt des Verkaufs abgezinst werden.
Die Prognose der zukünftige Erträge baut in der Regel auf den Werten der Vergangenheit auf. Die Erträge aus der Vergangenheit sind jedoch nur ein Indikator unter vielen für die zukünftige Entwicklung des zu bewertenden Unternehmens. Für den Erwerber des Unternehmens ist entscheidend wie viel Gewinn er in Zukunft mit dem Unternehmen erwirtschaften kann.
Schritte zur Ermittlung des Ertragswertes:
  • Aufstellen einer Prognose für den relevanten Markt auf der Basis der Entwicklung in der Vergangenheit und einer Chancen-/Risiken-Analyse
  • Entwurf einer langfristigen Umsatz-, Kosten-, Ergebnis-, Investitionsplanung (fünf Jahre, davon drei detailliert)
  • Ermittlung des nachhaltig erzielbaren Ertrags/Cash-Flow:
    BE 1 (Betriebsergebnis vor Zinsen und Ertragsteuern)
    - Ertragsteuern
    = BE 2 (Betriebsergebnis vor Zinsen und nach Ertragsteuern)
    + Abschreibungen
    - Investitionen
    +/- Veränderungen des Nettoumlaufvermögens
    = CF (Cash-flow)
  • Bestimmung des Kapitalisierungszinsfußes
    Der Kapitalisierungszinsfuß hat maßgeblichen Einfluss auf den Ertragswert. Zur Ermittlung des richtigen Kapitalisierungszinsfußes gibt es umfangreiche Literatur. Er wird gebildet durch einen Basiszinssatz zuzüglich eines Risikoaufschlages von etwa drei bis vier Prozent. Der Kapitalisierungszinsfuß hängt kaum vom Kapitalmarktzins ab. Anderenfalls müssten in Phasen mit niedrigen Zinsen die Preise für Unternehmen erheblich steigen. Tatsächlich schwankt der bei kleinen und mittleren Unternehmen angesetzte Kapitalisierungszinsfuß in der Praxis zwischen sieben und zehn Prozent.
Beispielrechnung:
Der nachhaltige Ertrag/Cash-Flow des zu veräußernden Unternehmens beträgt 100.000 Euro. Der Veräußerer unterstellt eine Kapitalverzinsung von sechs Prozent. Er muss also ermitteln, wie viel Kapital ein Käufer anlegen müsste um bei einer sechsprozentigen Verzinsung 100.000 Euro Zinsen zu erhalten. Die Rechnung hierzu wird aus der
Zinsformel Z = K x i/100 (K= Kapital, i = Zinssatz, Z = Zinsbetrag) abgeleitet und lautet:
K = Z x 100/i
Mit den oben genannten Werten: 100.000  Euro / 100/6 = 1.666.666 Euro
Strebt also ein Käufer eine Kapitalverzinsung von mindestens sechs Prozent an, liegt der für ihn maximal akzeptable Kaufpreis für das Unternehmens mit einem Cash Flow von 100.000 Euro bei 1.666.666 Euro. Bei einer unterstellten Verzinsung von zehnProzent sinkt der Unternehmenswert auf 1.000.000 Euro.
Hier wird noch ein gewichtiges Argument für eine frühzeitige Planung der Nachfolge deutlich: Bei dem beschriebenen Verfahren bestimmt die Ertragserwartung für ein Unternehmen dessen Wert. Die Ertragserwartung für ein Unternehmen ist umso besser, je eher die Regelung der Nachfolge angegangen wird. Denn nur eine frühzeitige und umfassend geplante Nachfolge lässt Unsicherheiten bei Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten und bei der Bank gar nicht erst entstehen, so dass die vorhandene Ertragskraft und damit der Unternehmenswert nicht gefährdet wird.

Substanzwertverfahren

Beim Substanzwertverfahren werden die Kosten addiert, die bei der Reproduktion des vorhandenen Unternehmens anfallen würden. Der Substanzwert bezeichnet den gegenwärtigen Verkehrswert aller materiellen, immateriellen, betriebsnotwendigen und nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenstände, abzüglich der Schulden und Verbindlichkeiten des Unternehmens. Die Substanz kann unter der Annahme der Fortführung (Substanzwert) oder der Liquidation (Liquidationswert) eines Unternehmens ermitteln.
Der Substanzwert wird bestimmt durch Anschaffungswert, Zustand, durchschnittliche technische Nutzungs- und Lebensdauer der zu veräußernden Wirtschaftsgüter aber natürlich auch durch die Nachfrage nach diesen Gütern. Die Schwierigkeit, die immateriellen Werte zu berechnen, führt in der Praxis meist dazu, dass nur die materiellen Werte erfasst werden. Immobilien können vereidigte Gutachter schätzen. Bei der Schätzung des Substanzwertes der beweglichen Wirtschaftsgüter helfen ebenfalls vereidigte Sachverständige, Berater oder Verbände.
Beim Liquidationswert wird geschätzt, welche Verkaufserlöse die Wirtschaftsgüter erzielen können, wenn sie einzeln verkauft werden. Es ist offensichtlich, dass hierbei viele wertsteigernde Faktoren außer acht gelassen werden. Angewendet wird das Verfahren nur bei chronisch unrentablen Betrieben. Der Liquidationswert stellt daher die absolute Wertuntergrenze des Unternehmens dar.

Marktwert

Ein weiterer Ansatz zur Wertermittlung ist der Marktwert, der sich letztlich aus dem Spiel von Angebot und Nachfrage als Gleichgewichtspreis ergibt. Bei börsennotierten Unternehmen ist dies der Börsenwert. Bei anderen Unternehmen können börsennotierte Unternehmen oder in jüngster Vergangenheit übertragene Unternehmen Anhaltspunkte für die Wertermittlung geben.
Die Unternehmensbewertung hängt von vielen Faktoren ab und auch die Wahl des Verfahrens ist nicht immer eindeutig. Hilfestellung bei der Ermittlung des Unternehmenswertes bieten Ihnen die Kammern, Ihre Bank, Steuer- und Unternehmensberater und Wirtschaftsprüfer. Wichtig bei der Auswahl externer Berater für die Unternehmensbewertung ist sowohl die Erfahrung in Bewertungen als auch die Kenntnis über die Marktsituation von Unternehmen aus der Branche. Die Beratungskosten können unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 50 Prozent, maximal mit 1.500 Euro bezuschusst werden, wenn sie Teil einer weitergehenden allgemeinen Beratung sind. Informationen hierzu erhalten Sie beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in Eschborn unter Telefon: 06196 404-0.

Podcast Unternehmensbewertung bei unentgeltlicher Übertragung

Ein Steuerberater und Geschäftsführer gibt in diesem Podcast Hinweise zur Unternehmensbewertung bei der unentgeltliche Übertragung, also die Verschenkung oder Vererbung des Unternehmens.