Aus- und Weiterbildung
Mindestausbildungsvergütung
Änderung der Rechtslage
Der neu gefasste § 17 im Berufsbildungsgesetz (BBiG) konkretisiert die Mindestvoraussetzungen für eine Angemessenheit der Vergütung. Die Mindestausbildungsvergütung gilt erstmals für Berufsausbildungsverträge, die ab dem 1. Januar 2020 abgeschlossen werden. Für die gesamte Ausbildungsdauer müssen die Mindestvergütungssätze (differenziert nach Ausbildungsjahren) eingehalten werden, die für den Beginn der Ausbildung gelten.
Beginn der
Ausbildung |
1. Jahr
|
2. Jahr
+ 18 %
|
3. Jahr
+ 35 %
|
4. Jahr
+ 40 %
|
---|---|---|---|---|
2020
|
515 €
|
608 €
|
695 €
|
721 €
|
2021
|
550 €
|
649 €
|
743 €
|
770 €
|
2022
|
585 €
|
690 €
|
790 €
|
819 €
|
2023
|
620 €
|
732 €
|
837 €
|
868 €
|
Ab 2024: Die Anpassung der Mindestausbildungsvergütung für einen Ausbildungsbeginn ab dem 1. Januar 2024 muss durch das Bundesministerium für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung spätestens zum 1. November eines jeden Jahres für das Folgejahr im Bundesgesetzblatt bekannt gegeben werden. Die Anpassung des Mindestvergütungssatzes erfolgt aus dem rechnerischen Mittel der erhobenen Ausbildungsvergütungen im Vergleich der beiden jeweils vorausgegangenen Kalenderjahre.
Gegenüberstellung der unterschiedlichen Vertragstypen und Auswirkungen auf die Mindestausbildungsvergütung
Mit einer nach § 3 Tarifvertragsgesetz geltenden tariflichen Vergütungsregelung kann die jeweilige Mindestvergütung ausnahmsweise unterschritten werden und dennoch angemessen sein. Nach Ablauf eines solchen Tarifvertrages gilt dessen Vergütungsregelung für bereits begründete Ausbildungsverhältnisse weiterhin als angemessen, bis sie durch neuen oder ablösenden Tarifvertrag ersetzt wird.
Geltender Tarifvertrag § 17 Abs. 3 BBiG
- Definition: Ein Tarifvertrag, ist ein Vertrag, der auf Arbeitnehmerseite von einer Gewerkschaft und auf Arbeitgeberseite von einem Arbeitgeberverband oder einem einzelnen Arbeitgeber abgeschlossen worden ist. Ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag liegt vor, wenn ein einzelner Tarifvertrag vom Bundesminister für Arbeit und Soziales für allgemeinverbindlich erklärt worden ist. Diese Tarifverträge gelten für alle Arbeitnehmer und Arbeitgeber der betreffenden Branche unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer in der Gewerkschaft organisiert bzw. der Arbeitgeber Mitglied im Arbeitgeberverband ist.
- Rechtsfolge: Eine Abweichung von der Mindestausbildungsvergütung ist gem. § 17 Abs. 3 BBiG möglich.
Einschlägiger Tarifvertrag § 17 Abs. 4 BBiG
- Definition: Voraussetzung für das Eingreifen der Regelung ist, dass ein Tarifvertrag eine Ausbildungsvergütung regelt und dieser Tarifvertrag für das in Rede stehende Ausbildungsverhältnis unmittelbar gelten würde, wenn der Ausbildende tarifgebunden wäre (§ 3 TVG).
- Rechtsfolge: Unternehmen müssen sich auch dann an die Mindestausbildungsvergütung halten, wenn für sie ein einschlägiger Tarifvertrag existiert, der von der Mindestvergütung nach unten abweicht. Wenn die tariflich vereinbarte Vergütung auch abzüglich 20% höher ist als die gesetzlich festgelegte Mindestausbildungsvergütung, ist diese Ausbildungsvergütung angemessen und zu zahlen. Der § 17 Abs. 4 BBiG sichert oberhalb der Mindestvergütung zusätzlich die bestehende Rechtsprechung zur Bestimmung einer angemessenen Vergütung gesetzlich ab.
Kein Tarifvertrag § 17 Abs. 2 iVm Abs. 1 BBiG
- Definition: Es liegt weder ein geltender noch einschlägiger Tarifvertrag vor.
- Rechtsfolge: Eine Unterschreitung von der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestausbildungsvergütung ist unzulässig. Soweit kein einschlägiger Tarifvertrag besteht, können im Rahmen der Angemessenheitsprüfung oberhalb der Mindestvergütung nach Absatz 2 wie bisher auch andere Kriterien wie zum Beispiel die branchenübliche Vergütung Maßstab der Angemessenheit sein.
Rechtliche Anforderungen an die IHKs
Bei Einreichung des Antrags auf Eintragung in das Berufsausbildungsverhältnis besteht eine Überprüfungspflicht der IHK dahingehend, ob die Angemessenheit und die jeweils geltenden Sätze der Mindestausbildungsvergütung eingehalten worden sind. Für die von 2020 – 2023 beginnenden Ausbildungsverhältnisse gelten die oben genannten Werte.
FAQs
- Welche Auswirkung hat eine Unterbrechung der Ausbildung z. B. wegen Eltern -oder Pflegezeit auf die Mindestausbildungsvergütung?
- Für diese Auszubildenden gelten nach ihrer Eltern- oder Pflegezeit weiterhin dieselben Mindestvergütungssätze, die zu Beginn der Unterbrechung gegolten haben. Die Unterbrechung bleibt also in soweit unberücksichtigt.
- Fließen Jahressonderleistungen und Zulagen in die Mindestausbildungsvergütung mit ein?
- Da die Vergütung nach § 18 BBiG monatlich ausgezahlt werden muss, fließen Jahressonderleistungen nur ausnahmsweise in die Mindestausbildungsvergütung mit ein, wenn sie vertraglich als Gegenleistung für geleistete Arbeit vereinbart sind, monatlich ausgezahlt werden und ohne Bedingung und unwiderruflich vereinbart (z.B. nicht umsatzabhängig) sind. Gesetzliche Zuschläge (z.B. Nachtarbeit) werden nicht auf Mindestausbildungsverträge angerechnet. Die Anrechnung vertraglich oder tariflich vereinbarter Zulagen ist abhängig von der individuellen vertraglichen Ausgestaltung. Es erfolgt keine Anrechnung, wenn die Zulagen nicht aus-nahmsweise als fester Bestandteil der Vergütung von vornherein und ohne Bedingung vertraglich vereinbart sowie nicht monatlich gezahlt werden.
- Wie berechnet sich die Mindestausbildungsvergütung bei einer Teilzeitberufsausbildung? In § 17 Abs. 5 BBiG wird erstmals die Mindestvergütung für Teilzeitberufsausbildung geregelt. Die Mindestausbildungsvergütung kann entsprechend der prozentualen Verkürzung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit unterschritten werden. Deshalb ist eine maximale Kürzung um 50 Prozent möglich. Da bei einer Teilzeitausbildung die für eine Vollzeit-Berufsausbildung vorgesehene Dauer der Berufsausbildung insgesamt verlängert wird, muss die Mindestausbildungsvergütung für das zweite Jahr auch erst nach entsprechender Verlängerung des ersten Ausbildungsjahres gezahlt werden.
- Welche Mindestausbildungsvergütung gilt für Auszubildende die ihre Ausbildungsdauer gem. § 8 BBiG verkürzen? Es gilt die Mindestausbildungsvergütung des ersten Ausbildungsjahres. Dadurch entfällt bei einer Verkürzung z.B. von drei auf zwei Jahre die für das dritte Ausbildungsjahr vorgesehene Steigerung der Mindestausbildungsvergütung.
- Welche Mindestausbildungsvergütung gilt für Auszubildende, auf deren Ausbildung ein Bildungsgang nach § 7 BBiG angerechnet wird? Es gilt die Mindestausbildungsvergütung für das 2. Ausbildungsjahr. Das 1. Ausbildungsjahr wurde in diesen Fällen außerbetrieblich absolviert und wird betrieblich im 2. Ausbildungsjahr fortgesetzt.