Kostenvoranschlag

1. Definition

Ein Kostenvoranschlag ist eine kaufmännische Vorkalkulation voraussichtlicher Kosten.

2. Unterschied zum Angebot

Der Kostenvoranschlag ist hinsichtlich seiner Bindungswirkung von einem verbindlichen Angebot zu unterscheiden. Das Zustandekommen eines Vertrags erfordert zwei übereinstimmende Willenserklärungen; also die Annahme eines verbindlichen Angebots. Bei einem verbindlichen Angebot braucht der Kunde dieses lediglich anzunehmen und der Vertrag ist zustande gekommen. Der genannte Preis für die beschriebene Leistung ist dann verbindlich vereinbart. Es ist dem Unternehmer nicht möglich, hiervon später abzuweichen oder den Leistungsumfang zur Kostendeckung zu reduzieren. Mehrkosten gehen zu seinen Lasten, geringere Kosten kommen ihm zugute.
Bei einem Kostenvoranschlag handelt es sich, wie bei einem „unverbindlichen“ oder „freibleibenden“ Angebot, nicht um ein Vertragsangebot, sondern vielmehr um eine Aufforderung zur Angebotsabgabe. Es fehlt hier noch der erforderliche Rechtsbindungswille. Daher kann die endgültige Rechnungssumme die veranschlagte Summe des Kostenvoranschlags möglicherweise überschreiten. Etwas anderes gilt grundsätzlich nur dann, wenn die Preisansätze ausnahmsweise garantiert wurden.

3. Definition: Unwesentliche und wesentliche Überschreitung

Überschreitet die Summe der Rechnung die Höhe des Kostenvoranschlags ist danach zu differenzieren, ob es sich um eine wesentliche oder um eine unwesentliche Überschreitung der veranschlagten Gesamtsumme handelt. Abweichungen, die sich nur auf einzelne Positionen beziehen, wirken sich nicht aus.

Auch eine Erweiterung des Leistungsumfangs auf Wunsch des Bestellers oder eine Kostenerhöhung wegen behördlicher Auflagen sind unerheblich für die Beurteilung, ob eine wesentliche Überschreitung vorliegt. Ob eine Überschreitung der veranschlagten Gesamtsumme wesentlich ist, muss im Einzelfall festgestellt werden. Maßgebend sind die konkreten Umstände der Vertragssituation.

Dazu gehören

  • Art und Umfang der Werkleistung,
  • das Verhältnis der Kosten des Werks zu seinem Nutzen,
  • der Zeitpunkt der Erkennbarkeit der Kostenüberschreitung,
  • der Bestimmtheitsgrad des Anschlags,
  • die Kostenhöhe.
Eine allgemein gültige Prozentzahl gibt es nicht. Eine unwesentliche Überschreitung dürfte bei Abweichungen von 10 bis 20 Prozent, in besonderen Ausnahmefällen 25 Prozent, anzunehmen sein.

4. Ansprüche bei unwesentlicher Überschreitung

Eine unwesentliche Überschreitung des Kostenvoranschlags muss in der Regel vom Kunden akzeptiert werden.

5. Unternehmerpflichten bei wesentlicher Überschreitung

Eine wesentliche Überschreitung des Kostenvoranschlags löst für den Unternehmer zwei wichtige Pflichten aus:

  • Der Unternehmer muss dem Kunden unverzüglich mitteilen, dass eine Überschreitung der veranschlagten Gesamtsumme zu erwarten ist. Tut er dies schuldhaft nicht, wird er wegen einer Pflichtverletzung ersatzpflichtig. Dann ist der Besteller so zu stellen, wie er stehen würde, wenn die Anzeigepflicht rechtzeitig erfüllt worden wäre.
  • Der Unternehmer muss dem Kunden den entstandenen Schaden ebenfalls ersetzen, wenn er den Kostenanschlag schuldhaft zu niedrig erstellt hat oder die Mehrkosten vermeidbar gewesen wären.

​​​6. Zahlungsanspruch bei wesentlicher Überschreitung

Eine wesentliche Überschreitung des Kostenvoranschlags kann sich auf den Zahlungsanspruch des Unternehmers auswirken, da dem Kunden in diesem Fall ein außerordentliches Kündigungsrecht zusteht (§ 649 BGB). Der Umfang des Zahlungsanspruchs bestimmt sich danach, ob der Kunde das Kündigungsrecht geltend macht:

  • übt der Kunde sein Kündigungsrecht aus, kann der Unternehmer nur den Teil der Vergütung verlangen, der den bereits geleisteten Arbeiten entspricht. Hinzu kommen die nicht in der Vergütung enthaltenen Auslagen.
  • übt der Kunde sein Kündigungsrecht nicht aus, kann der Unternehmer die tatsächlich anfallende Vergütung verlangen.


7. Vergütung des Kostenvoranschlags

Häufig streiten Kunde und Unternehmer darüber, ob ein Kostenvoranschlag zu vergüten ist. Wenn der Wille der Parteien nicht durch Auslegung ermittelt werden kann, besteht im Zweifel keine Vergütungspflicht (§ 632 Abs. 3 BGB).

  • Grundsatz:
    Das Gesetz geht davon aus, dass es dem Unternehmer freisteht, eine Vergütungsabsprache herbeizuführen oder keinen Kostenvoranschlag bzw. kein Angebot abzugeben. Er kann deshalb ein Entgelt in der Regel nur verlangen, wenn zwischen den Parteien eine entsprechende ausdrückliche Vereinbarung getroffen wurde. Das Vorliegen einer solchen muss vom Unternehmer bewiesen werden. Dies gilt auch für Ausarbeitungen, die einen besonderen Aufwand erfordern. Vorarbeiten wie Pläne, Zeichnungen oder Berechnungen sind im Regelfall nicht zu bezahlen.
  • Ausnahme:
    Liegt in der Entwicklung eines Entwurfs bereits die eigentliche, kreative Leistung, kann man zumeist davon ausgehen, dass die Parteien eine Angebotserstellung gegen Vergütung gewollt haben (Beispiel: Herstellung eines Layouts), auch wenn sie dies nicht ausdrücklich vereinbart haben. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Besteller die Leistung tatsächlich verwertet.
  • Regelung in AGB:
    Legt der Unternehmer in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen fest, dass stets eine Vergütungspflicht für Kostenvoranschläge besteht, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wird, so ist diese Klausel nach der Rechtsprechung unwirksam (OLG Köln, Beschl. v. 27.06.2011 – 19 U 45/11). Dies ist jedoch nicht unumstritten. Teilweise wird die Zulässigkeit einer solchen Klausel in den AGB zumindest bei Branchenüblichkeit befürwortet.