IHK-Konjunkturumfrage - Herbst 2024

Coburgs Wirtschaft in Herbst-Tristesse
„Die angespannte konjunkturelle Lage in Coburgs Wirtschaft setzt sich fort. Konsum, Auftragseingänge und Investitionen sind nach wie vor in der Flaute. Die anhaltenden Strukturprobleme bremsen weiterhin. Der erhoffte vorsichtige Aufschwung aus unserer Frühjahrsumfrage ist nicht eingetreten. Im Gegenteil, die Stimmung in einer wachsenden Zahl von Unternehmen ist dramatisch schlecht und die Aussichten verdüstern sich weiter. Kurzarbeit in der Industrie und Stellenkürzungen werden zunehmen, wenn zeitnah keine grundlegende Verbesserung eintritt“, kommentiert IHK-Präsident Dr. Andreas Engel die Ergebnisse der IHK-Konjunkturumfrage zum Herbst 2024.
Demnach erreicht der IHK-Konjunkturklimaindikator aktuell lediglich einen Stand von 84 Punkten, 11 Punkte weniger als der bereits sehr mäßige Wert des Vorquartals. Dass die regionale Wirtschaft auf vergleichsweise niedrigem Niveau stagniert, ergibt sich zum einen aus den nach wie vor schwachen Beurteilungen der geschäftlichen Lage und zum anderen aus den unverändert pessimistischen Geschäftserwartungen der befragten Unternehmen.
Aktuelle Geschäftslage: Von der insgesamt sehr schwachen Dynamik des Konjunkturgeschehens können sich auch einzelne Wirtschaftsbereiche nicht absetzen. Über alle Branchen hinweg bezeichnen derzeit nur 19 Prozent der Betriebe ihre Geschäftslage als gut. Mehr als die Hälfte sieht die Situation immerhin als befriedigend an, jedoch beurteilen 28 Prozent der Unternehmen ihre Lage als schlecht. Aus den guten und schlechten Lagebewertungen ergibt sich ein Saldo von -9 Punkten (Vorumfrage: 0 Punkte). Derartig schwach war dieser Wert zuletzt vor fast vier Jahren inmitten der Pandemie.
Erwartungen: Durchgreifende Besserung scheint kaum in Sicht. So fallen die geschäftlichen Prognosen für die kommenden Monate weiterhin pessimistisch aus. Ein Zehntel der Befragten erwartet in nächster Zeit eine geschäftliche Aufhellung. 58 Prozent gehen von einem unveränderten Geschäftsverlauf aus. Ein Drittel befürchtet hingegen eine geschäftliche Eintrübung. Der Saldo aus günstigen und ungünstigen Geschäftserwartungen beträgt folglich -23 Punkte (Vorumfrage: -11 Punkte) und kennzeichnet die nun schon seit längerer Zeit anhaltende Verunsicherung der regionalen Wirtschaft. Die größten Risiken für ihre künftige Geschäftsentwicklung sehen die Unternehmen in der Inlandsnachfrage (72 Prozent), den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (65 Prozent) sowie den Arbeitskosten (62 Prozent).
„Die aktuelle Krise ist in erster Linie eine strukturelle Krise – Dekarbonisierung, Digitalisierung, demografischer Wandel. Gerade in diesen Zeiten ist für die Planungssicherheit ein klarer wirtschaftlicher Kompass gefragt, um die Investitionsneigung und den Konsum bei Unternehmen und privaten Haushalten zu stimulieren. Leider herrscht aktuell eher Verunsicherung als Verlässlichkeit mit Blick auf politische Entscheidungen. Dringend notwendig ist deshalb ein Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik mit weniger Detailregeln, mehr Freiräumen und spürbaren Entlastungen. Nur so kommen wir auch international wieder auf Augenhöhe“, so IHK-Präsident Dr. Engel abschließend.

Die Branchen im Einzelnen

Industrie gesamt
Aktuelle Lage: Die Coburger Industrie kommt nicht aus dem Negativsog heraus. Die aktuelle Geschäftslage hat sich weiter eingetrübt. Derzeit berichten 40 Prozent der produzierenden Unternehmen aus der Region von einem schlechten Geschäftsverlauf. Nur 13 Prozent der Industriebetriebe haben eine gute Geschäftslage vorzuweisen. Der Saldo aus positiven und negativen Rückmeldungen liegt daher bei -27 Punkten (Vorumfrage -9 Punkte). Skeptischer äußerten sich die befragten Unternehmer bislang nur zu Beginn der Corona-Pandemie (Tiefpunkt: -39 Punkte). Die Auftragseingänge aus dem In- und Ausland sind schwach, der Auftragsbestand wird von der Hälfte der Befragten als zu klein bewertet. Gestiegene Arbeits- sowie Energie- und Rohstoffkosten, die letztlich zu einer Verteuerung der Produktpalette führen, wirken sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen im internationalen Vergleich aus, bei gleichzeitiger Nachfrageschwäche im Inland.
Erwartungen: Eine wesentliche Stimmungsaufhellung ist in der regionalen Industrie weiterhin nicht erkennbar, der Ausblick auf die Geschäfte im weiteren Jahresverlauf bleibt getrübt. Ein Drittel der Produktionsunternehmen rechnet mit geschäftlichen Einbußen, lediglich 4 Prozent hoffen auf bessere Geschäfte. Wachstumsimpulse aus dem In- und Ausland dürften weitgehend ausbleiben, lediglich die Nachfrage aus dem nordamerikanischen Markt könnte etwas anziehen. Entsprechend planen die Betriebe mit einer geringeren Auslastung und halten sich mit Investitionen und Neueinstellungen zurück: 46 Prozent planen, Stellen zu streichen. Als größte Konjunkturrisiken führt die Branche die Inlandsnachfrage sowie die Arbeitskosten an, gefolgt von den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen.

Industrie im Einzelnen:

Maschinenbau
Aktuelle Lage: Der schwache Welthandel und fehlende Investitionen im Inland sorgen im Maschinenbau für kraftlose Auftragseingangszahlen. Lediglich die Hälfte der Branchenvertreter berichtet von voller Kapazitätsauslastung. Vor einem Jahr lag dieser Wert noch bei 72 Prozent. Entsprechend verschlechtert sich die Beurteilung der Geschäftslage im Vergleich zur Vorumfrage. Mittlerweile bezeichnen nur noch 17 Prozent der befragten Unternehmer ihre aktuelle Lage als gut, ebenso viele sind unzufrieden und 67 Prozent bewerten sie als befriedigend.
Erwartungen: Mit einer spürbaren Besserung der Lage in den kommenden Monaten ist aktuell nicht zu rechnen. Die Weltwirtschaft ist geprägt von Verunsicherung, Kriegen und Handelsdisputen. In Deutschland verstärkt sich immer mehr die Sorge um die schwindende Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts. Folglich rechnen nur 17 Prozent der befragten Unternehmen mit einer Geschäftsbelebung und jeder zweite geht davon aus, dass sich die Geschäftslage verschlechtern wird.
Automobilzulieferer und Vorleistungsgüterindustrie
Aktuelle Lage: Bei den Unternehmen der häufig energieintensiven Vorleistungsgüterproduzenten hat sich die Lage nochmals eingetrübt. Die nach wie vor hohen Energiepreise schmälern die Wettbewerbsfähigkeit der Branche. Zudem drückt insbesondere die Absatzschwäche der Automobilindustrie die Auftragslage der Zuliefererbetriebe. Der Anteil der Befragten, die einen zu kleinen Auftragsbestand beklagen, ist aktuell auf 50 Prozent gestiegen (Vorumfrage: 46 Prozent), von einer nicht ausreichenden Kapazitätsauslastung sprechen 46 Prozent. Folglich bewerten aktuell nur noch 12 Prozent ihre Geschäftslage als gut (Vorumfrage: 29 Prozent) und 40 Prozent sind unzufrieden. Der Saldo der Geschäftslage setzt damit seinen Abwärtstrend fort und sinkt um 24 auf -28 Punkte.
Erwartungen: Die Aussichten auf die Geschäftsentwicklung im weiteren Jahresverlauf bleiben düster. Die Vorleistungsgüterhersteller sorgen sich um die Inlandsnachfrage und gleichzeitig bleiben Arbeitskosten sowie unsichere wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen die drängendsten Probleme für die wirtschaftliche Entwicklung. 36 Prozent der befragten Unternehmen gehen von einer Verschlechterung der Geschäftslage aus und 64 Prozent erwarten eine Seitwärtsbewegung. Kein Unternehmen rechnet mit Verbesserung der Geschäftslage.
(Polster-)Möbelindustrie
Aktuelle Lage: Das andauernd schwache Konsumklima sorgt weiterhin für eine äußerst schwierige Lage bei unseren heimischen Gebrauchsgüter- und Polstermöbelherstellern. Ursachen der Kaufzurückhaltung bei Verbraucherinnen und Verbrauchern werden neben den gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreisen auch in der politischen Verunsicherung gesehen. Darüber hinaus dominiert im Sommer das Thema Reisen und weniger die Einrichtung des eigenen Zuhauses. Nahezu identisch zur Vorumfrage bewerten aktuell 71 Prozent der Branchenvertreter ihre aktuelle Geschäftslage als schlecht und 29 Prozent mit befriedigend. Alle Befragten beschreiben den aktuellen Auftragsbestand als zu klein und 86 Prozent berichten von nicht ausreichender Kapazitätsauslastung.
Erwartungen: Der Blick nach vorn ist wieder etwas optimistischer. Vorsichtige Indikatoren sendet die Tendenz zur Aufhellung des Konsumklimas im bisherigen Jahresverlauf. Verbraucher können angesichts des Abflachens der Inflationsrate und angesichts von Lohn- und Gehaltserhöhungen steigende Reallöhne verbuchen. Der Saldo der Geschäftserwartungen ist von -66 Punkten zum Frühjahr auf aktuell -16 Punkte geklettert.

Dienstleistung

Versicherungs- und Finanzgewerbe
Aktuelle Lage: Dank Zinssenkungen und steigenden Realeinkommen bei den Verbrauchern zeigt sich das regional starke Versicherungs- und Finanzgewerbe zufrieden mit seiner aktuellen Geschäftslage. Im Bereich der Schaden- und Unfallversicherung bleibt die Lage auf Grund der seit Jahren steigenden Kfz-Reparaturkosten angespannt. Aktuell berichtet die Hälfte der befragten Branchenvertreter von guten Geschäften, keiner der Befragten ist unzufrieden.
Erwartungen: Der Blick auf die kommenden Monate bleibt vorsichtig optimistisch. Die Branche erwartet ein robustes Beitragswachstum und damit weniger Druck auf der Kostenseite. Mehr als drei Viertel der befragten Unternehmer gehen von einer Seitwärtsbewegung aus und 17 Prozent rechnen mit besseren Geschäften. Risikotreiber bleiben die schweren geopolitischen Konflikte, die Wachstumsschwäche in Deutschland und im Euroraum sowie die hohe Unsicherheit über die weitere makrofinanzielle Entwicklung.
Unternehmensnahes Dienstleistungsgewerbe
Aktuelle Lage: Die Schwächephase der Industrie schlägt mehr und mehr auch auf das unternehmensnahe Dienstleistungsgewerbe durch. Der Saldo der Lagebewertung sinkt um 13 auf -5 Punkte (Vorumfrage: 8 Punkte). Damit sackt der Wert auch in dieser Branche in den negativen Bereich ab. 32 Prozent der Branchenvertreter sprechen von voller Auslastung in den letzten sechs Monaten (Vorumfrage: 58 Prozent), 26 Prozent waren nicht voll ausgelastet.
Erwartungen: Etwas weniger pessimistisch sind die Geschäftserwartungen bei den unternehmensnahen Dienstleistern. Allerdings gibt es keine breite Aufbruchstimmung. In der Mehrheit geht die Branche von einer Seitwärtsbewegung aus.

Handel

Einzelhandel
Aktuelle Lage: Die Einzelhandelsunternehmen im Wirtschaftsraum Coburg leiden unter der anhaltenden Kaufzurückhaltung in der Bevölkerung und gestiegenen Preisen. Zudem ist die Kostenbelastung z. B. beim Personal hoch. Über den Sommer haben sich die geschäftlichen Lagebeurteilungen der Händler im Vergleich zum Vorquartal wieder verschlechtert. Aktuell bezeichnen 15 Prozent der Einzelhändler ihre geschäftliche Situation als gut (Vorumfrage 21 Prozent), 54 Prozent empfinden sie wenigstens als befriedigend. Aber 31 Prozent der Händler berichten mittlerweile von schlecht laufenden Geschäften (Vorumfrage: 21 Prozent).
Erwartungen: Angesichts der fortwährenden Unsicherheiten hinsichtlich der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, insbesondere der nach wie vor schlechten Konsumneigung, sind die Zukunftsaussichten der Einzelhändler von Zurückhaltung geprägt: 21 Prozent der befragten Unternehmen erwarten in den kommenden Monaten eine ungünstigere Geschäftsentwicklung, mit besseren Geschäften rechnen lediglich 7 Prozent der Händler.
Großhandel
Aktuelle Lage: Schwache Rückmeldungen zur aktuellen Geschäftslage kommen vom Coburger Großhandel. Man ist weiterhin von hohen Einkaufspreisen und dem zögerlichen Bestellverhalten der Kunden, insbesondere aus der Industrie, betroffen. So bewerten derzeit nur noch 13 Prozent der Grossisten ihre Lage als gut und 38 Prozent als schlecht. Der Saldo rutscht damit auf -25 Punkte ab (Vorumfrage: -13 Punkte).
Erwartungen: Die Aussichten auf die Geschäftsentwicklung in den kommenden Monaten bleiben düster. Die Verunsicherung bei den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen belasten weiterhin die Stimmung, nicht nur bei den Betrieben selbst, sondern auch bei den Kunden. Kein Branchenvertreter blickt optimistisch in die Zukunft, dagegen erwarten 67 Prozent eine Verschlechterung ihrer Geschäfte (Vorumfrage: 13 Prozent).

Tourismus

Aktuelle Lage: Die Stimmung im Hotel- und Gastgewerbe hat sich bei nur leicht gestiegenen Umsätzen trotz hoher Kosten bei Lebensmitteln, Getränken, Energie sowie Personal im Vergleich zur Vorumfrage etwas aufgehellt. Aktuell bewerten 24 Prozent (Vorumfrage: 18 Prozent) der befragten Branchenvertreter ihre Lage als gut, keiner ist unzufrieden (Vorumfrage: 29 Prozent), 77 Prozent erachten sie als befriedigend. Die durchschnittliche Zimmerauslastung in den letzten sechs Monaten betrug 46 Prozent (Vorumfrage: 44 Prozent).
Erwartungen: Auf die kommenden Monate blickt die Branche wieder pessimistischer. Lediglich 6 Prozent des befragten Gastgewerbes erwarten eine Verbesserung ihrer Situation (-47 Prozentpunkte im Vergleich zur Vorumfrage), 41 Prozent gehen von einer Eintrübung aus. Zu groß ist die Sorge vor sinkenden Gästezahlen infolge weiterer Preissteigerungen, da zwei Drittel der Befragten davon ausgehen, dass die Übernachtungs- und Verzehrpreise steigen werden.