IHK-Konjunkturumfrage – Jahresbeginn 2024

Coburgs Wirtschaft verharrt im Stimmungstief
„Die Stimmung in Coburgs Wirtschaft hat sich weiter eingetrübt. Unsere Unternehmen ächzen unter hohen Energiekosten, gestiegenen Preisen, zunehmenden Arbeitskosten sowie unter der gewachsenen Zinsbelastung. Auf der Nachfrageseite herrscht weiter Zurückhaltung – sowohl bei den Investitionen als auch beim Konsum. Wirksame Impulse gehen momentan weder vom In- noch vom Ausland aus. Folglich schmelzen die Auftragsbestände der Betriebe immer weiter ab. Hinzu kommen strukturelle Herausforderungen wie der allgegenwärtige Arbeits- und Fachkräftemangel, der enorme Anpassungsdruck im Zuge der Transformation zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz sowie starke Belastungen durch überbordende Bürokratie und immer neue Gesetzesvorgaben. In Summe ergibt sich daraus eine prekäre Gemengelage, die zu mangelnder Wettbewerbsfähigkeit führt und der heimischen Wirtschaft mächtig auf die Stimmung schlägt“, kommentiert IHK-Präsident Dr. Andreas Engel die Ergebnisse der IHK-Konjunkturumfrage zum Jahresanfang 2024.
Der IHK-Konjunkturklimaindikator, der sich aus den Beurteilungen der Unternehmen bezüglich ihrer gegenwärtigen Geschäftslage und ihrer Erwartungen hinsichtlich der weiteren Entwicklungen bildet, ist von 93 Punkten im Herbst auf nun 86 gefallen. Noch dramatischer war es nur im tiefsten Tal der Corona-Krise und nach dem Kriegsausbruch in der Ukraine.
Aktuelle Geschäftslage: Nur 27 Prozent der Unternehmen beurteilen ihre derzeitige Situation als gut (Vorumfrage 29 Prozent). Die Hälfte sehen sie wenigstens als befriedigend an und 24 Prozent der Betriebe beurteilen ihre Situation als schlecht (Vorumfrage 21 Prozent). Der Saldo der Lagebewertung fällt damit von 8 auf nunmehr 3 Punkte. Diese Eintrübung zieht sich fast durch die gesamte Wirtschaft und durch alle Unternehmensgrößen – noch stärker ist sie allerdings in Industrie und Einzelhandel ausgefallen.
Erwartungen: Auch die Geschäftserwartungen der Unternehmen verdüstern sich aufgrund großer Verunsicherung weiter. Die Zahl der Unternehmen mit negativen Erwartungen übersteigt wieder deutlich die Zahl derjenigen mit positiven. Mehr als ein Drittel der Unternehmen (37 Prozent nach zuvor 35 Prozent) geht davon aus, dass sich ihr Geschäft in den nächsten zwölf Monaten verschlechtern wird. Nur noch 9 Prozent (Vorumfrage 15 Prozent) rechnen mit besseren Geschäften. Im Saldo fallen die Erwartungen damit um 7 auf -28 Punkte.
„Der Wirtschaftsstandort Deutschland verliert dramatisch an Attraktivität und unsere Konjunkturumfrage zeigt, bei unseren Unternehmen herrschen erhebliche Verunsicherung und Unzufriedenheit, die durch immer neue und kostensteigernde Vorgaben der Politik genährt werden. Mehr als zwei Drittel der befragten Unternehmen zählen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen mittlerweile zum größten Risiko für ihre Geschäftstätigkeit. Das ist alarmierend“, so der IHK-Bereichsleiter für Standortpolitik Björn Cukrowski.
„Es braucht dringend einen schnellen und klaren Kurswechsel in der Wirtschafts- und Standortpolitik, der die stetig anwachsenden Belastungen für die Unternehmen wirksam und tiefgreifend reduziert und mögliche Potenziale nutzbar macht. Es braucht endlich eine Wirtschaftspolitik, die Vertrauen schafft und durch bessere Rahmenbedingungen klar auf Wirtschaftswachstum und Wettbewerbsfähigkeit setzt. Eine derartige Wirtschaftspolitik schafft eine stabile Grundlage für den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft und das Gemeinwesen. Und das ist das wirksamste Mittel zur Verteidigung unserer Demokratie“, betont IHK-Präsident Dr. Engel abschließend.

Die Branchen im Einzelnen

Industrie gesamt

Aktuelle Lage: Die regionalen Industrieunternehmen schätzen ihre aktuelle Geschäftslage nochmals schlechter ein als in der Vorumfrage. Momentan berichten gerade einmal 17 Prozent der Hersteller von guten Geschäften. Über einen schlechten Geschäftsverlauf klagt dagegen mehr als ein Drittel, nämlich 36 Prozent. Der Saldo aus positiven und negativen Rückmeldungen beträgt demnach -19 Punkte, womit er immer tiefer in den Minusbereich rutscht (Vorumfrage -4 Punkte). Die Gründe werden nach wie vor in den hohen Preisen, insbesondere im Energiebereich, und den ungünstigen Finanzierungsbedingungen gesehen. Zudem berichten die Unternehmer von einer im Großen und Ganzen trägen Ordertätigkeit, auch wenn sie aktuell etwas angezogen hat. Daraus folgt, dass die Auftragsbestände der regionalen Industrie immer weiter zusammenschrumpfen. Mittlerweile hält fast die Hälfte der regionalen Industriebetriebe ihr Auftragsvolumen für zu klein. Demgegenüber bezeichnen nur 13 Prozent ihr Auftragspolster als groß.
Erwartungen: Die Aussichten auf die kommenden Monate lassen auf eine weitere konjunkturelle Verschlechterung schließen: Lediglich 6 Prozent der Befragten erwarten eine Verbesserung der Geschäfte (-7 Prozentpunkte im Vergleich zur Vorumfrage) und 46 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung (+7 Prozentpunkte im Vergleich zur Vorumfrage). Positive Impulse fehlen sowohl aus dem In- als auch aus dem Ausland. Entsprechend planen die Betriebe mit einer deutlich geringeren Auslastung und halten sich bei Inlandsinvestitionen und Personaleinstellungen zurück. Im Zuge von Auslandsinvestitionen planen allerdings 29 Prozent der Betriebe mit einer Teilverlagerung von Kapazitäten. Als größte Konjunkturrisiken gelten Arbeitskosten (75 Prozent), Inlandsnachfrage (71 Prozent) sowie Energie- und Rohstoffpreise (64 Prozent).

Industrie im Einzelnen

Maschinenbau

Aktuelle Lage: Im nach wie vor krisengeprägten Umfeld und bei schwacher Weltwirtschaft zeigen sich Coburgs Maschinenbauer weiterhin robust: Aktuell schätzen sie ihre Geschäftslage noch als gut oder befriedigend ein. Mehr als zwei Drittel berichten von hoher Kapazitätsauslastung und 43 Prozent von relativ großem Auftragsbestand. Allerdings ist das Auftragsvolumen aus dem In- und Ausland stark rückläufig, lediglich die Geschäfte mit Nordamerika verzeichnen ein leichtes Plus.
Erwartungen: Vor dem Hintergrund der anhaltend schwierigen wirtschaftlichen, innenpolitischen und geopolitischen Rahmenbedingungen für die hiesigen Maschinenbau-Unternehmen haben sich die Erwartungen der Branche nochmals eingetrübt. 57 Prozent der befragten Unternehmer rechnen mit einer Verschlechterung (+14 Prozentpunkte im Vergleich zur Vorumfrage), 43 Prozent gehen davon aus, dass sich die Geschäftslage nicht verändert. Wenn überhaupt, erwartet die Branche zunehmende Auftragseingänge lediglich aus dem Ausland.

Automobilzulieferer und Vorleistungsgüterindustrie

Aktuelle Lage: Bei den heimischen Automobilzulieferern und Vorleistungsgüterproduzenten hat sich die Lagebeurteilung weiter eingetrübt: Nur noch 11 Prozent bewerten sie mit gut, nach 13 Prozent in der Vorumfrage. 56 Prozent bezeichnen die Geschäftslage als befriedigend und ein Drittel ist unzufrieden (+16 Prozentpunkte im Vergleich zur Vorumfrage). Die größten Hemmnisse in der aktuellen Geschäftstätigkeit sehen die befragten Branchenvertreter in der „allgemein fehlenden Nachfrage“, „starken Preissteigerungen bei Rohstoffen/Waren“ sowie „starken Preissteigerungen bei Energie“.
Auf Grund weiter sinkender Auftragseingänge sind sowohl der Auftragsbestand als auch die Kapazitätsauslastung zurückgegangen. Der Anteil der Befragten, die einen zu kleinen Auftragsbestand beklagen, ist von 39 Prozent in der Vorumfrage auf aktuell 53 Prozent gestiegen; auf 47 Prozent gestiegen ist der Anteil der Betriebe, deren Kapazitäten nicht ausreichend ausgelastet sind (Vorumfrage: 35 Prozent).
Erwartungen: Da sich an den für diese Branche ungünstigen Rahmenbedingungen auf absehbare Zeit wenig ändern wird, bleibt der Ausblick auf die Geschäftsentwicklung in den kommenden Monaten von Pessimismus geprägt. 35 Prozent der befragten Unternehmen gehen von einer Verschlechterung der Geschäftslage aus und 65 Prozent erwarten eine Seitwärtsbewegung. Kein Unternehmen rechnet mit Verbesserung der zu erwartenden Geschäftslage.

(Polster-)Möbelindustrie

Aktuelle Lage: Das andauernde schwache Konsumklima sorgt weiterhin für eine schwierige Lage bei unseren heimischen Polstermöbelherstellern. Die Verbraucher sind angesichts von Inflation, Energiewende und internationalen Konflikten stark verunsichert. Aktuell bewerten 50 Prozent der Branchenvertreter ihre aktuelle Geschäftslage als befriedigend und ebenso viele mit schlecht. Zuwächse in den Auftragsvolumina kommen, wenn überhaupt, aus dem Ausland. Für 38 Prozent der Befragten ist der aktuelle Auftragsbestand ausreichend, 62 Prozent bewerten ihn als zu klein. Infolgedessen berichten auch nur 50 Prozent von befriedigender bis voller Kapazitätsauslastung.
Erwartungen: Der Blick nach vorn hat sich nochmals verdüstert. Weiterhin rechnet kein einziger der Befragten – trotz voraussichtlicher Konsumerholung infolge Inflationsrückgang und steigender Löhne bei Verbrauchern – mit besseren Geschäften, aber 71 Prozent erwarten eine nochmalige Verschlechterung (Vorumfrage 57 Prozent). Zu groß wiegen die Unsicherheiten mangels Besserung bei den Rahmenbedingungen.

Dienstleistung

Versicherungs- und Finanzgewerbe

Aktuelle Lage: Die aktuelle Lage des regional starken Versicherungs- und Finanzgewerbes hat sich wieder etwas verbessert, ist aber noch nicht zum Status wie vor den Krisenjahren zurückgekehrt. Die wirtschaftlichen Unsicherheiten sowie Inflation und steigende Entschädigungsleistungen belasten auch diese Branche. Aktuell berichten 63 Prozent der Branchenvertreter von guten Geschäften (Vorumfrage 40 Prozent), keiner der Befragten ist unzufrieden.
Erwartungen: Der Blick auf die kommenden Monate bleibt vorsichtig optimistisch – die Branche erwartet weniger Druck auf der Kostenseite. Zwei Drittel der befragten Unternehmer geht von einer Seitwärtsbewegung aus und ein Viertel rechnet mit besseren Geschäften. Risiken werden hauptsächlich in den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen gesehen.

Unternehmensnahes Dienstleistungsgewerbe

Aktuelle Lage: Im unternehmensnahen Dienstleistungsgewerbe hat sich das Konjunkturklima wieder aufgehellt. 40 Prozent bewerten ihre aktuelle Lage mit gut (Vorumfrage: 28 Prozent), weitere 40 Prozent melden eine befriedigende Geschäftslage. Drei Viertel der Branchenvertreter berichten von einem gestiegenen oder gleich gebliebenen Umsatz. Die Angaben zur Auslastung haben sich leicht verbessert: Voll ausgelastet sind 40 Prozent (Vorumfrage: 33 Prozent), 25 Prozent sind unzureichend ausgelastet (Vorumfrage: 28 Prozent).
Erwartungen: Dagegen haben sich die Aussichten für die kommenden Monate per Saldo eingetrübt. Lag der Saldo aus positiven und negativen Rückmeldungen bei der Vorumfrage im Herbst 2023 noch bei +6 Punkte, bemisst er sich aktuell auf -22. Mit sinkenden Umsätzen rechnen 50 Prozent der befragten Unternehmer.

Handel

Einzelhandel

Aktuelle Lage: Die Stimmung der Einzelhändler zu Jahresbeginn hat sich im Vergleich zur Vorumfrage nochmals verschlechtert. Zum einen hat das Weihnachtsgeschäft vielerorts die Erwartungen nicht erfüllt und zum anderen leidet die Branche weiterhin unter der Kaufzurückhaltung ihrer Kunden. Multiple Krisen und die immer noch hohen Inflationsraten drücken auf die Konsumlaune der Verbraucher und schmälern deren verfügbares Einkommen. Zudem müssen die Einzelhandelsbetriebe auch selbst mit den gestiegenen Kosten zurechtkommen. Aktuell bezeichnen 14 Prozent der Einzelhändler ihre geschäftliche Situation als gut (Vorumfrage 13 Prozent), 36 Prozent empfinden sie wenigstens noch als befriedigend. Die Hälfte der Händler berichtet hingegen von schlecht laufenden Geschäften (Vorumfrage 47 Prozent).
Erwartungen: Trotz sinkender Inflationsraten und steigender Kaufkraft der Kunden durch Lohnzuwächse will in der Branche kein optimistischerer Ausblick einkehren. Die große Mehrheit, nämlich 80 Prozent der Befragten, geht von einer Seitwärtsbewegung aus. Mit einer Verschlechterung der Geschäfte rechnen weiterhin 13 Prozent, das ist immerhin eine Halbierung gegenüber der Vorumfrage.

Großhandel

Aktuelle Lage: Zwar kann sich auch der Großhandel der allgemeinen Konjunkturflaute insbesondere in Industrie und Einzelhandel nicht gänzlich entziehen, dennoch fallen die Rückmeldungen zur aktuellen Geschäftslage im Vergleich zur Vorumfrage wieder besser aus. So bewerten derzeit 40 Prozent der Grossisten ihre Lage als gut und 60 Prozent als befriedigend. 36 Prozent der befragten Unternehmer bezeichnen ihren Warenbestand größer als saisonüblich.
Erwartungen: Die Branche ist ein Frühindikator für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung, insofern macht die Vorausschau auf die Geschäfte in den kommenden Monaten wenig Hoffnung auf durchgreifende Besserung. Demnach bewerten 4 von 10 Großhändlern die geschäftlichen Aussichten als schlecht. 50 Prozent gehen zumindest von einer gleichbleibenden Entwicklung aus.

Tourismus

Aktuelle Lage: Vor dem Hintergrund eines durchwachsenen Weihnachts- und Silvestergeschäfts, steigen der Personalkosten sowie höherer Kosten bei Lebensmitteln und Energie beurteilen die regionalen Hoteliers und Gastronomen ihre aktuelle Lage im Vergleich zur Vorumfrage wieder etwas angespannter. 26 Prozent (Vorumfrage 66 Prozent) der befragten Branchenvertreter bewerten ihre Lage als gut, 5 Prozent sind unzufrieden und 69 Prozent erachten sie als befriedigend. Umsatzrückgänge sind sowohl bei Tagestouristen und Urlaubsreisenden als auch bei Geschäftsreisenden zu verzeichnen. Die durchschnittliche Zimmerauslastung in den letzten 6 Monaten betrug 48 Prozent.
Erwartungen: Auf die kommenden Monate blickt die Branche pessimistisch. Die Sorge in der Gastronomie vor ausbleibenden Gästen auf Grund der zum 1. Januar 2024 geltenden Mehrwertsteuererhöhung auf das Vor-Corona-Niveau von 19 Prozent und damit einhergehenden Preissteigerungen ist groß. Lediglich 11 Prozent der befragten Unternehmer erwarten bessere Geschäfte, 47 Prozent gehen von einer Verschlechterung aus. Saisonbedingt rechnet das Beherbergungsgewerbe in der Hauptsache mit Umsätzen durch Geschäftsreisende.