IHK-Konjunkturumfrage – Herbst 2023

Schwächere Frühjahrsbelebung als üblich, Belastungen bleiben
„Die Einschätzungen der Coburger Wirtschaft zu ihrer aktuellen Lage wie auch zu den Geschäftsaussichten haben sich nochmals verdüstert. Der Abschwung erfasst immer mehr Branchen, für konjunkturelle Belebung fehlen die Wachstumsimpulse. Bedenklich stimmt, dass es in zunehmendem Maße Ratlosigkeit gegenüber Prioritäten und Maßnahmen der Politiker ist, die unsere Unternehmer zermürbt.“ Mit diesen Worten kommentiert IHK-Präsident Dr. Andreas Engel die Ergebnisse der IHK-Konjunkturumfrage zum Herbst 2023. „Die aktuelle Politik macht der Wirtschaft das Leben wirklich schwer, vor allem bei den Themen Arbeitskräfte, Energie und Bürokratie. Entsprechende Forderungen hat die Wirtschaft klar und deutlich formuliert. Für die Regierung besteht dringender Handlungsbedarf, die genannten Wachstumshemmnisse zu beseitigen!“
Der IHK-Konjunkturklimaindikator, der sich aus den Beurteilungen der Unternehmen bezüglich ihrer gegenwärtigen Geschäftslage und ihrer Erwartungen hinsichtlich der weiteren Entwicklungen zusammensetzt, ist von 106 Punkten im Frühjahr auf nun 93 gefallen. Damit liegt er weiter unter dem Niveau seines langjährigen Durchschnitts von 113 Punkten.
Aktuelle Geschäftslage: Zwar zeigt sich eine Mehrheit der Betriebe mit ihrem derzeitigen Geschäftsverlauf noch zufrieden. Doch der Anteil der Befragten mit dieser Einschätzung ist gegenüber der Vorumfrage um weitere sechs Punkte gefallen. Um den gleichen Wert gestiegen sind die negativen Einschätzungen, die nun bei 21 Prozent liegen. Der Saldo aus guten und schlechten Lagebewertungen über alle Branchen hinweg ist auf 8,1 Punkte gefallen, nach 17,1 im Frühjahr. Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung ist das gesunkene Auftragsvolumen, aus dem In- wie aus dem Ausland. Entsprechende Meldungen über Rückgänge haben sich nahezu verdoppelt.
Erwartungen: Noch düsterer als die Einschätzung der aktuellen Lage sind die Erwartungen. Aktuell rechnen 35 Prozent der Befragten mit geschäftlichen Einbußen (Vorumfrage 25 Prozent), an eine Verbesserung ihrer Geschäftstätigkeit glauben 15 Prozent (20 Prozent). Der Anteil der Betriebe, die meinen, ihr Geschäftsniveau halten zu können, ist von 55 auf 50 Prozent gefallen. Mehr als ein Drittel der Befragten geht von abnehmender Kapazitätsauslastung aus. Auffällig ist, dass die konjunkturelle Abwärtsentwicklung sich nun auch auf den Arbeitsmarkt auszuwirken beginnt. Die Erwartungen an die künftige Beschäftigtenzahl haben sich über fast alle Branchen eingetrübt. Der Saldo aus guten und schlechten Vorhersagen ist von -4 auf -20 Punkte abgestürzt.
„Die Ergebnisse unserer Umfrage sind ein Warnzeichen an die Politik. Es müssen dringend die Weichen gestellt werden, damit unser Standort konkurrenzfähig bleibt und sich der Abwärtstrend nicht weiter verstärkt. Notwendig ist ein deutliches, in den Betrieben spürbares Bekenntnis der Politik zu unserem Mittelstand, das über schöne Worte weit hinausgehen muss. Schlichte Worthülsen wie „Deutschland-Tempo“, „Deutschland-Pakt“ etc. bringen uns nicht weiter! Angesichts der vielen Herausforderungen brauchen wir eine breit angelegte Reformagenda. Es gilt, neue Gesetze mit Belastungen zu stoppen und überflüssige Regulierungen zu streichen – stattdessen braucht die Wirtschaft gezielte Anreize und Impulse für Investitionen“, betont der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Björn Cukrowski.

Die Branchen im Einzelnen

Industrie gesamt

Aktuelle Lage: Die regionalen Industrieunternehmen schätzen ihre aktuelle Geschäftslage deutlich schlechter ein als in der Vorumfrage. Fachkräftemangel, Energie- und Rohstoffpreise belasten die Geschäfte. 21 Prozent der befragten Betriebe beurteilen ihre Lage als gut, während 25 Prozent von einer schlechten Geschäftslage sprechen. Der Saldo aus guten und schlechten Einschätzungen ist von 9 auf -3,5 Punkte gesunken. Sprunghaft gestiegen von 26 auf 42 Prozent ist der Anteil der Befragten mit zu kleinem Auftragsbestand – eine Verdoppelung gegenüber Herbst 2022. Die Unternehmen waren zu Jahresbeginn mit einem guten Auftragsbestand gestartet, allerdings fehlen neue Auftragseingänge insbesondere aus dem Inland. Entsprechend berichtet mehr als ein Drittel der Befragten von nicht ausreichender Kapazitätsauslastung, im Frühjahr betraf das noch ca. ein Fünftel.
Erwartungen: Der Ausblick dieses für unseren heimischen Standort so bedeutenden Wirtschaftsbereichs auf die kommenden Monate gibt durchaus Grund zur Sorge. Ein besonderer Belastungsfaktor für die exportorientierten Betriebe ist die zunehmende Zersplitterung des Welthandels durch „Friendshoring“ (Verlagerung von Unternehmensprozessen in Länder, die ähnliche Werte teilen) und „Reshoring“ (Rückverlagerung von Produktionsstätten aus Schwellenländern zurück in die Industriestaaten). Der Anteil der Befragten, die mit nochmals schlechteren Geschäften rechnen, ist auf 39 Prozent gestiegen (Vorumfrage: 34 Prozent). Der Saldo aus guten und schlechten Erwartungen ist weiter gesunken: von -24 auf -26 Punkte. Als Haupthemmnisse genannt werden neben der immer noch hohen Inflation auch die bekannten strukturellen Probleme am heimischen Standort, wie ideologisch geleitete Energie- und kaum verlässliche Wirtschaftspolitik, ausufernde Bürokratie, nicht wettbewerbsfähige Belastung mit Steuern und Abgaben – bis hin zu wortwörtlich: „Planungsunsicherheit in allen Bereichen“.

Industrie im Einzelnen

Maschinenbau

Aktuelle Lage: Auch wenn die Schwäche der Weltwirtschaft Coburgs Maschinenbauern durchaus zu schaffen macht, schätzen sie ihre aktuelle Geschäftslage weiterhin noch als gut oder befriedigend ein. Allerdings hat sich die Gewichtung gegenüber dem Frühjahr verschoben: Während in der Vorumfrage die Einschätzungen 50:50 waren, ist nun der Anteil der guten Bewertungen auf 43 Prozent gesunken, die befriedigenden stiegen auf 57. Über die Hälfte der Befragten registrierte einen Rückgang der Auftragsvolumen aus dem In- und aus dem Ausland.
Erwartungen: Viel Grund für Optimismus gibt es nicht, entsprechend haben sich die Erwartungen deutlich eingetrübt. Gerade mal noch 14 Prozent (Vorumfrage 22 Prozent) der befragten Unternehmen rechnen mit einer Geschäftsbelebung. 43 Prozent gehen davon aus, dass sich die Geschäftslage nicht verändert, ebenso viele rechnen mit einer Verschlechterung. In der Mehrheit erwarten die Befragten weiter zurückgehende Auftragsbestände von ihren Geschäftspartnern im In- und Ausland.

Automobilzulieferer und Vorleistungsgüterindustrie

Aktuelle Lage: Die Lagebeurteilung der heimischen Automobilzulieferer und Vorleistungsgüterproduzenten hat sich weiter eingetrübt: Nur 13 Prozent bewerten sie noch mit gut, nach 18 Prozent in der Vorumfrage. 70 Prozent bezeichnen die Geschäftslage als befriedigend und 17 Prozent sind unzufrieden. Nach wie vor belasten Fachkräftemangel und gestiegene Arbeitskosten massiv. Ein weiterer Grund ist, dass aufgrund sinkender Auftragseingänge sowohl Auftragsbestand als auch Kapazitätsauslastung zurückgegangen sind. So hat sich der Anteil der Befragten, die einen zu kleinen Auftragsbestand beklagen, auf 39 Prozent mehr als verdoppelt; auf 35 Prozent gestiegen ist der Anteil der Betriebe, deren Kapazitäten nicht ausreichend ausgelastet sind (Vorumfrage: 23 Prozent).
Erwartungen: Auch die Geschäftsprognosen unserer regionalen Industriebetriebe sind von tiefgreifendem Pessimismus geprägt. 40 Prozent erwarten eine Verschlechterung, das ist nahezu eine Verdoppelung des Frühjahrswertes. Um fast 20 Prozentpunkte ist der Anteil der Befragten gefallen, die von unveränderter Geschäftslage ausgehen. Mit einer Verbesserung rechnen gerade mal 15 Prozent (Vorumfrage: 16 Prozent). Insbesondere das Inlandsgeschäft erweist sich als Hemmschuh: Der Anteil der befragten Unternehmen, die ein sinkendes inländisches Auftragsvolumen erwarten, hat sich auf 40 Prozent fast verdreifacht.

(Polster-)Möbelindustrie

Aktuelle Lage: Ganz aktuell wurde beim Besuch der IHK-Delegation auf den Hausmessen unserer heimischen Polstermöbelhersteller deutlich, dass die aktuelle Lage äußerst schwierig ist, insbesondere weil Einkaufsverbände die Preise nach unten diktieren, während Endkunden sich mit Neuanschaffungen zurückhalten. Mehr als die Hälfte der Befragten vermeldet eine schlechte Geschäftslage, für knapp 30 Prozent ist sie noch befriedigend. Für 86 Prozent ist der derzeitige Auftragsbestand zu klein, entsprechend ist bei knapp drei Viertel die Kapazitätsauslastung zu niedrig. Wurde in der Frühjahrsumfrage noch von Zuwächsen der Auftragsvolumen aus dem Ausland berichtet, spielen diese im Herbst 2023 gar keine Rolle.
Erwartungen: Der Blick nach vorn hat sich weiter verdüstert, kein einziger der Befragten rechnet mit besseren Geschäften, aber 57 Prozent erwarten eine nochmalige Verschlechterung. Auf 43 Prozent gestiegen (Vorumfrage 25 Prozent) ist der Anteil der Erwartungen an eine unveränderte Geschäftslage.

Dienstleistung

Versicherungs- und Finanzgewerbe

Aktuelle Lage: Das regional starke Versicherungs- und Finanzgewerbe zeigt sich mit der aktuellen Situation weitgehend zufrieden, wobei sich die Gewichtung verschoben hat: Für 40 Prozent ist die geschäftliche Lage gut (Vorumfrage: 50 Prozent), 60 Prozent bezeichnen sie als befriedigend (50 Prozent), kein Unternehmen ist unzufrieden. Die Versicherungsbranche verzeichnet hohe Kostensteigerungen bei der Schadensregulierung aufgrund gestiegener Reparaturkosten und Unfallzahlen. Damit stehen die Prämien der Kfz-Versicherung massiv unter Druck. Dies gilt ebenso bei gleitenden Neuwertversicherung der Wohngebäudeversicherung.
Erwartungen: Mit Blick auf die kommenden Monate rechnet je ein Viertel der Befragten mit verbesserter bzw. verschlechterter Geschäftslage, die Hälfte erwartet eine Seitwärtsbewegung. Ähnlich ist das Bild bei den erwarteten Beschäftigtenzahlen: Je ein Viertel rechnet mit steigenden bzw. sinkenden Zahlen, während in der Vorumfrage alle Befragten von gleichbleibenden Beschäftigtenzahlen ausgegangen waren.

Unternehmensnahes Dienstleistungsgewerbe

Aktuelle Lage: Wenig überraschend in Zeiten konjunktureller Rückschläge ist die Tatsache, dass sich auch im unternehmensnahen Dienstleistungsgewerbe die Stimmung verschlechtert hat. 28 Prozent bewerten ihre aktuelle Lage mit gut (Vorumfrage: 55 Prozent), weitere 50 Prozent melden eine befriedigende Geschäftslage (35 Prozent). Mehr als verdoppelt hat sich der Anteil der negativen Rückmeldungen, auf nun 22 Prozent. 59 Prozent der Branchenvertreter melden gestiegenen oder gleich gebliebenen Umsatz. Von voller Auslastung berichtet ein Drittel, im Frühjahr war es noch die Hälfte der Befragten. Befriedigend ausgelastet sind 39 Prozent (Vorumfrage: 25 Prozent), 28 Prozent sind unzureichend ausgelastet (25 Prozent).
Erwartungen: Die Branchenvertreter haben offensichtlich wenig Hoffnung auf eine Trendwende in den kommenden Monaten. Um fast die Hälfte auf 17 Prozent eingebrochen ist der Anteil der Befragten, die mit verbesserter Geschäftslage rechnen. Etwa jeder zehnte geht von Verschlechterung aus.

Handel

Einzelhandel

Aktuelle Lage: Die ohnehin bereits trübe Stimmung im regionalen Einzelhandel hat sich weiter verschlechtert, hohe Teuerungsraten durch die Inflation bremsen den Privatkonsum aus. Fast die Hälfte der Befragten meldet eine schlechte Geschäftslage, das ist mehr als eine Verdoppelung des Frühjahrswertes von 20 Prozent. Auf 40 Prozent gesunken ist der Anteil mit befriedigenden Geschäften (Frühjahr: 67 Prozent), gerade mal noch 13 Prozent melden gute Geschäfte. Nach den Tiefschlägen insbesondere durch Corona-Lockdowns sowie nun Ukraine-Krieg und Inflation bleibt ein nachhaltiger Erholungsprozess in weiter Ferne.
Erwartungen: Trotz sinkender Inflationsraten und steigender Kaufkraft der Kunden durch Lohnzuwächse hat sich der Ausblick der Branche nochmals verdüstert. 36 Prozent gehen von einer sich weiter verschlechternden Geschäftslage aus (Frühjahr: 33 Prozent), mit besseren Geschäften rechnen gerade mal 14 Prozent, immerhin eine Verdoppelung gegenüber der Frühjahrsumfrage.

Großhandel

Aktuelle Lage: Keine einzige positive Rückmeldungen zur derzeitigen Geschäftslage kommt von den regionalen Großhändlern, das ist ein massiver Einbruch gegenüber der Frühjahrserhebung. Sprunghaft gestiegen auf 22 Prozent ist der Anteil der Befragten, die schlechte Geschäfte beklagen (Frühjahr: 9 Prozent). Immerhin ist für 78 Prozent die Geschäftslage befriedigend. Der Umsatz ist bei weit mehr als der Hälfte der Grossisten gesunken, was sowohl den produktionsbezogenen als auch den konsumnahen Großhandel betrifft.
Erwartungen: Die ausgeprägte Skepsis im Großhandel bestimmt auch den Ausblick auf die Geschäfte in den kommenden Monaten. Der Anteil der Grossisten, die bessere Geschäfte erwarten, ist zwar gestiegen auf 25 Prozent (Vorumfrage: 18 Prozent), gleichzeitig und deutlicher stieg aber auch der Anteil der Großhandelsunternehmern auf 38 Prozent (27 Prozent), die ihre Geschäftsaussichten als schlecht prognostizieren.

Tourismus

Aktuelle Lage: Das Hotel- und Gastgewerbe konnte seine ansteigende konjunkturelle Entwicklung trotz der enorm gestiegenen Kosten bei Lebensmitteln, Getränken, Energie und Personal über den Sommer fortsetzen. Aktuell bewerten 65 Prozent (Vorumfrage 26 Prozent) der befragten Branchenvertreter ihre Lage als gut, lediglich 9 Prozent sind unzufrieden. Von Umsatzsteigerungen berichten 60 Prozent - dies konnte hauptsächlich mit Tagestouristen erzielt werden. Das Geschäft mit Urlaubsreisenden blieb im Vergleich dazu etwas zurück, was auf zunehmende Konsumzurückhaltung der Verbraucher zurückzuführen ist. Die durchschnittliche Zimmerauslastung in den letzten 6 Monaten beträgt 59 Prozent.
Erwartungen: Auf die kommenden Monate blickt die Branche pessimistisch. Lediglich 16 Prozent des befragten Gastgewerbes erwartet eine Verbesserung ihrer Situation (-24 Prozentpunkte im Vergleich zur Vorumfrage), 44 Prozent geht von einer Eintrübung aus. Zu groß ist die Sorge vor sinkenden Gästezahlen infolge weiterer Preissteigerungen, da 83 Prozent der Befragten davon ausgehen, dass die Übernachtungs- und Verzehrpreise steigen werden.