IHK-Konjunkturumfrage – Frühjahr 2023
Schwächere Frühjahrsbelebung als üblich, Belastungen bleiben
„Die Stimmung der Coburger Wirtschaft hat sich zum Frühjahr hin weiter stabilisiert und auch die Geschäftsaussichten erscheinen nicht mehr ganz so düster. Dennoch belasten zahlreiche Sorgen unsere Unternehmen, was ihre betriebswirtschaftlichen Planungen erschwert. Zusätzlich zu den exorbitant gestiegenen Preisen für Energie, Rohstoffe, Vorprodukte und Dienstleistungen drücken vor allem die immer noch ungeklärten Fragen im Hinblick auf künftige – sichere und wettbewerbsfähige – Energieversorgung sowie die aktuellen geopolitischen Unsicherheiten die Stimmung. Hinzu treten Probleme wie der allgegenwärtige Personal- und Fachkräftemangel, die Inflation, die anhaltende Kaufzurückhaltung der Verbraucher, die überbordenden Bürokratielasten und die steigenden Zinsen“, kommentiert IHK-Präsident Dr. Andreas Engel die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage.
Der IHK-Konjunkturklimaindikator, der sich aus den Beurteilungen der Unternehmen bezüglich ihrer gegenwärtigen Geschäftslage und ihrer Erwartungen hinsichtlich der weiteren Entwicklungen zusammensetzt, ist zum Frühjahr 2023 auf 106 gestiegen. Der frühjährliche Anstieg um 6 Punkte ergibt sich aus konstanten Lagebeurteilungen sowie verbesserten Geschäftserwartungen der befragten Unternehmen. Der Indikator liegt aber weiterhin unter dem Niveau seines langjährigen Durchschnitts von 113 Punkten.
Aktuelle Geschäftslage: Ähnlich wie im Vorquartal zeigt sich die überwiegende Mehrheit der Betriebe mit ihrem derzeitigen Geschäftsverlauf durchaus zufrieden. In Industrie und Einzelhandel fehlt aber auf Grund rückläufiger Auftragseingänge sowie inflationsbedingter Kaufkraftverluste bei den Verbrauchern die Dynamik. So bezeichnen über alle Branchen hinweg 32 Prozent ihre Geschäftslage als gut und 53 Prozent sehen sie immerhin als befriedigend an. 15 Prozent beurteilen ihre momentane Situation aber weiterhin als schlecht. Der Saldo aus guten und schlechten Lagebewertungen beträgt unverändert +17, reicht damit aber nach wie vor nicht an das Level vor dem Kriegsausbruch in der Ukraine heran.
Erwartungen: Die Erwartungen der Unternehmen an die künftige Geschäftsentwicklung sind trotz leichter Aufhellung weiter von Skepsis geprägt. Aktuell rechnen immer noch 25 Prozent der Befragten mit geschäftlichen Einbußen (Vorumfrage 30 Prozent), an eine Verbesserung ihrer Geschäftstätigkeit glauben inzwischen 20 Prozent (Vorumfrage 16 Prozent) der Unternehmen. Der Anteil der Betriebe, die meinen, ihr Geschäftsniveau halten zu können, beträgt im Vergleich zur Vorumfrage nahezu unverändert 55 Prozent. Die negativen Vorhersagen überwiegen damit zwar immer noch, allerdings fällt der Ausblick mit einem Saldo von minus 4 Punkten (Vorumfrage -14 Punkte) nicht mehr so umfassend pessimistisch aus.
„Die Ergebnisse unserer Umfrage zeigen, dass in Sachen Krisenbewältigung noch längst keine Entwarnung angesagt ist. Die Belastungen für unsere Betriebe angesichts vielfältiger Herausforderungen bleiben enorm. Wir brauchen dringend einen Investitionsschub, damit das Wachstum wieder in Gang kommt und wir im internationalen Vergleich nicht abgehängt werden. Und gerade bei der Transformation hin zur CO2-freien Wirtschaft brauchen wir verlässliche Rahmenbedingungen und dringend weniger Bürokratie. Stattdessen regulieren Brüssel und Berlin weiter – Stichwort: Energieeffizienzgesetz – und wollen radikal Terrawattstunden Energie einsparen, egal ob fossil oder erneuerbar erzeugt. Mit diesem geplanten ‚Wirtschaftsschrumpfungsgesetz‘ gelingt wohl eher Deindustrialisierung statt Transformation“, mahnt IHK-Präsident Dr. Engel.
Die Branchen im Einzelnen
Industrie gesamt
Aktuelle Lage: Die Einschätzungen der regionalen Industrieunternehmen zur aktuellen Geschäftslage haben sich im Vergleich zur Vorumfrage leicht verschlechtert. Zwar ist eine gewisse Entspannung an den Energiemärkten und eine gewisse Normalisierung der Lieferketten- und Materialengpässe eingetreten, dennoch belasten Energie- und Rohstoffpreise sowie Zinserhöhungen die Geschäfte der Betriebe stark. Hinzu kommt ein Rückgang bei den Auftragseingängen, insbesondere die Orders aus dem Ausland zeigen derzeit eine geringe Dynamik. 26 Prozent der befragten Betriebe beurteilen ihre aktuelle Lage als gut, während 17 Prozent von einer schlechten Geschäftslage sprechen. Der Saldo aus guten und schlechten Einschätzungen sinkt auf 9 Punkte nach 13 Punkten in der Vorumfrage. Dass die Mehrheit ihre Lage noch mit befriedigend bewertet, dürfte durch die nach wie vor relativ großen bzw. ausreichenden Auftragsbestände begründet sein.
Erwartungen: Der Blick auf die Geschäfte in den kommenden Monaten lässt weiterhin eine gehörige Portion Skepsis erkennen und zeigt die strukturellen Defizite des Industriestandortes Deutschland bei den aktuellen Energiepreisen auf. Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung sehen die Betriebe vor allem in den immer noch sehr hohen Preissteigerungsraten, im Fachkräftemangel, in den Arbeitskosten und nicht zuletzt in den geopolitischen Unsicherheiten, insbesondere im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine. Lediglich 10 Prozent der Industriebetriebe rechnen mit besseren Geschäften (Vorumfrage 14 Prozent). Mehr als die Hälfte erwartet immerhin eine gleichbleibende Entwicklung, geschäftliche Einbußen fürchten jedoch 34 Prozent.
Industrie im Einzelnen
Maschinenbau
Aktuelle Lage: Zufrieden mit ihrer aktuellen Geschäftslage zeigen sich Coburgs Maschinenbauer. Maßgeblich dazu beigetragen haben die hohe Kapazitätsauslastung von rund zwei Dritteln sowie der relativ große Auftragsbestand von 44 Prozent. Allerdings gibt es auch Anzeichen für eine Konjunkturabkühlung: So verzeichneten deutlich mehr Betriebe als bei der letzten Umfrage rückläufige Bestellungen, insbesondere aus dem Ausland. Gründe für die sinkende Nachfrage sind die politischen und wirtschaftlichen Unwägbarkeiten sowie starke Kostensteigerungen.
Erwartungen: Auf die kommenden Monate blickt die Branche vorsichtig optimistisch. Zwei Drittel der Befragten erwarten eine verbesserte bzw. gleichbleibende Geschäftslage. Unkalkulierbare bundespolitische Entscheidungen, globale Einflüsse und die Inflation bereiten den befragten Betrieben aber Sorgen. So lassen sich die erhöhten Kosten nicht ohne Weiteres an die Kunden weiterreichen. Außerdem sind deutsche Unternehmen deutlich stärker von den Kostensteigerungen betroffen als Wettbewerber aus anderen Ländern.
Automobilzulieferer und Vorleistungsgüterindustrie
Aktuelle Lage: Bei den heimischen Automobilzulieferern und Vorleistungsgüterproduzen-ten hat sich die Lagebeurteilung eingetrübt: Nur 18 Prozent bewerten sie mit gut, nach 40 Prozent in der Vorumfrage. 73 Prozent bezeichnen die Geschäftslage als befriedigend und 9 Prozent sind unzufrieden. Das hängt damit zusammen, dass die Käufer auf Grund der Energiekrise über die Wintermonate sehr zurückhaltend bei Fahrzeug-Neubestellungen waren. Folglich werden die Auftragsbestände nur noch von 9 Prozent der befragten Unternehmen als relativ groß bezeichnet, zu Jahresanfang waren es 25 Prozent. Der Anteil der Unternehmen mit ausreichendem Auftragsbestand stieg auf 73 Prozent (Vorumfrage: 55 Prozent), entsprechend ist auch die Kapazitätsauslastung zurückgegangen. Darüber hinaus sehen 38 Prozent der Befragten in der Personalknappheit ein erhebliches Hemmnis für die aktuelle Geschäftstätigkeit (Vorumfrage 22 Prozent).
Erwartungen: Angesichts der hohen Inflation und der anhaltenden geopolitischen Unsicherheiten erwartet die Mehrheit der befragten Unternehmen für die kommenden Monate eine Seitwärtsbewegung, mit einer Verbesserung rechnen lediglich 16 Prozent. Als Hauptrisiken für die wirtschaftliche Entwicklung werden an vorderster Stelle die Energie- und Rohstoffpreise, der Fachkräftemangel und die Arbeitskosten genannt.
(Polster-)Möbelindustrie
Aktuelle Lage: Die Lage bei unseren heimischen Polstermöbelherstellern bleibt schwierig aufgrund der Kaufzurückhaltung auf Verbraucherseite, ausgelöst durch die hohe Inflation sowie gestiegene Material- und Energiekosten, die in der Wertschöpfungskette nur teilweise weitergegeben werden können: Lediglich 13 Prozent sprechen von guten Geschäften. Verdoppelt haben sich im Vergleich zur Vorumfrage die negativen Bewertungen mit 50 Prozent. Zuwächse in den Auftragsvolumina kommen, wenn überhaupt, aus dem Ausland. Für 40 Prozent der Befragten ist der aktuelle Auftragsbestand ausreichend bis relativ groß, ebenso viele berichten von befriedigender bis voller Kapazitätsauslastung.
Erwartungen: Die Aussicht auf die kommenden Monate ist bei den heimischen Betrieben von Pessimismus geprägt. Die weiterhin zu erwartende Zurückhaltung bei Konsumausgaben auf Grund gestiegener Preise bei Energie und Alltagsgütern sorgt für große Unsicherheit. Drei Viertel der Branchenvertreter gehen von einer Verschlechterung der Geschäftslage aus.
Dienstleistung
Versicherungs- und Finanzgewerbe
Aktuelle Lage: Weiterhin zufrieden mit der aktuellen Situation zeigt sich das regional starke Versicherungs- und Finanzgewerbe, wenngleich die Inlands-Umsätze im Frühjahr im Vergleich zur Vorumfrage leicht zurückgegangen sind. Die Unternehmen berichten von voller bzw. befriedigender Auslastung in den vergangenen 6 Monaten. 50 Prozent der Branchenvertreter bezeichnen ihre aktuelle Geschäftslage als gut, kein Unternehmen ist unzufrieden.
Erwartungen: Auf die kommenden Monate blicken die Branchenvertreter trotz schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen vorsichtig optimistisch. 14 Prozent rechnen mit einer weiteren Verbesserung der Geschäftslage. Unsicherheiten werden hauptsächlich in der hohen Kerninflation gesehen.
Unternehmensnahes Dienstleistungsgewerbe
Aktuelle Lage: Im unternehmensnahen Dienstleistungsgewerbe hat sich das Konjunkturklima weiter aufgehellt. 55 Prozent bewerten ihre aktuelle Lage mit gut (Vorumfrage: 40 Prozent), weitere 35 Prozent melden eine befriedigende Geschäftslage. Drei Viertel der Branchenvertreter berichten von einem gestiegenen oder gleich gebliebenen Umsatz. Die Angaben zur Auslastung haben sich leicht verbessert: Voll ausgelastet sind 50 Prozent (Vorumfrage: 44 Prozent), 25 Prozent sind unzureichend ausgelastet (Vorumfrage: 19 Prozent).
Erwartungen: Die Aussichten für die kommenden Monate bleiben vorsichtig optimistisch. 32 Prozent der Branchenvertreter rechnen mit einer Verbesserung der Geschäfte, 16 Prozent mit einer Verschlechterung. Der Saldo steigt im Vergleich zur Vorumfrage von 7 auf 16 Punkte.
Handel
Einzelhandel
Aktuelle Lage: Die Stimmung bei den Einzelhändlern ist im Frühjahr erneut gedrückt. Die anhaltend hohen Teuerungsraten und vor allem die drastisch gestiegenen Energiekosten schmälern weiterhin das verfügbare Einkommen der Bürger für den Konsum. Die Kaufzurückhaltung der Verbraucher trifft dabei nicht nur den stationären Handel, sondern auch den Onlinehandel. Derzeit bezeichnen 13 Prozent der Einzelhändler ihre geschäftliche Situation als gut (Vorumfrage 39 Prozent), 67 Prozent empfinden sie wenigstens noch als befriedigend. Fast jeder fünfte Händler berichtet hingegen von schlecht laufenden Geschäften. Der Saldo aus guten und schlechten Lageurteilen ist damit wieder ins Negative auf -7 Punkte gerutscht.
Erwartungen: Da die erwähnten schwierigen Rahmenbedingungen für die Branche auf absehbare Zeit fortbestehen, zeigt sich der Ausblick der Händler auf die Geschäfte für die kommenden Monate wenig optimistisch. So gehen ein Drittel der Handelsunternehmen von einer Verschlechterung ihrer Geschäftslage aus, mit besseren Geschäften rechnen dagegen nur 7 Prozent. Entsprechend zurückhaltend fallen auch die Investitions- und Personalplanungen des regionalen Einzelhandels aus.
Großhandel
Aktuelle Lage: Die Rückmeldungen der Großhändler zu ihrer aktuellen Geschäftslage fallen im Vergleich zur Vorumfrage schwächer aus. Die Grossisten beklagen fehlende Nachfrage bzw. ausbleibende Kunden (erhebliches Hemmnis bei 42 Prozent für das aktuelle Geschäft) und starke Preissteigerungen bei Waren, die sie nur teilweise an ihre Kunden weitergeben (können). Aktuell berichtet nur noch mehr als ein Drittel der Betriebe von gut laufenden Geschäften (Vorumfrage 50 Prozent). 55 Prozent bewerten ihre geschäftliche Situation immerhin als befriedigend, hingegen klagen 9 Prozent der Grossisten über schlechte Geschäfte.
Erwartungen: Für die Geschäfte in den kommenden Monaten ist der Großhandel weiter pessimistisch, insbesondere mit Blick auf seine Industriekunden als auch seinen konsumnahen Handel. Insgesamt erwarten nur 18 Prozent der Großhandelsunternehmern bessere Geschäfte, während 27 Prozent ihre Geschäftsaussichten als schlecht prognostizieren.
Tourismus
Aktuelle Lage: Die Stimmung der regionalen Hoteliers und Gastronomen hat sich im Vergleich zur Vorumfrage etwas aufgehellt. Allerdings wird dieser vorsichtige Aufholeffekt nach der schweren Corona-Zeit nun durch den allgegenwärtigen Personalmangel, steigende Arbeitskosten, die schwindende Kaufkraft der Endkunden und die stark erhöhten Energiekosten ausgebremst. Aktuell bewerten 26 Prozent (Vorumfrage 14 Prozent) der befragten Branchenvertreter ihre Lage als gut, genauso viele sind aber auch unzufrieden. Umsatzsteigerungen konnten bei Tagestouristen und Geschäftsreisenden erreicht werden, das Geschäft mit Urlaubsreisenden schwächelt dagegen saisonbedingt noch.
Erwartungen: Auf die kommenden Monate blickt die Branche optimistisch. 40 Prozent des befragten Gastgewerbes erwarten eine Verbesserung ihrer Situation (+32 Prozent-punkte im Vergleich zur Vorumfrage), lediglich 8 Prozent eine Verschlechterung. Zum Vergleich: Zu Jahresanfang lag dieser Anteil noch bei 38 Prozent. Trotz hoher Inflation und wirtschaftlichen Unsicherheiten hoffen die Branchenvertreter auf die Reiselaune bei den Kunden. 37 Prozent der Befragten gehen von einer besseren Zimmerauslastung aus.