Ausländische Qualifikationen erkennen und anerkennen

Das Know-how internationaler Fachkräfte besser beurteilen zu können – dazu trägt ein sogenanntes Anerkennungsverfahren wesentlich bei. Dabei geht es um die Prüfung der Gleichwertigkeit eines ausländischen Bildungsabschlusses (Gleichwertigkeitsprüfung).
Für viele Bewerber ist ein solches Verfahren verpflichtend und eine der Voraussetzungen für die Visumserteilung. Bewertet wird, ob bzw. inwieweit die ausländische berufliche Qualifikation dem entsprechenden deutschen Referenzberuf entspricht, ausgehend von der geltenden Aus- bzw. Fortbildungsverordnung.
In diesem Kapitel erfahren Sie, was das konkret bedeutet – und wie Sie Bewerber über das gesamte Verfahren hinweg unterstützen können.

Wann ein Anerkennungsverfahren verpflichtend ist

Ob ein Verfahren zur Anerkennung der Berufsqualifikation für internationale Fachkräfte notwendig ist, hängt entscheidend von zwei Kriterien ab:
  • Kriterium 1: Zum einen ist die Tätigkeit eines Bewerbers ausschlaggebend – ob in einem reglementierten oder einem nicht-reglementierten Beruf gearbeitet wird.
  • Kriterium 2: Zum anderen spielt die Herkunft des Bewerbers eine wesentliche Rolle.
Mehr zu den beiden Kriterien nachfolgend.

Kriterium 1: Tätigkeit des Bewerbers

Reglementierte Berufe
Eine Anerkennung der Berufsqualifikation ist für reglementierte, also zulassungspflichtige Berufe (z.B. Arzt, Krankenpfleger, Erzieher, Lehrer, Rechtsanwalt) in Deutschland zwingend erforderlich. Das gilt für grundsätzlich alle Nationalitäten – also auch für Bewerber aus EU-Staaten. Alle müssen das Anerkennungsverfahren durchlaufen und als Ergebnis im Anerkennungsbescheid „Volle Gleichwertigkeit" erhalten.
Nicht reglementierte Berufe
Für nicht reglementierte Berufe – wie die meisten der rund 330 Ausbildungsberufe im dualen System – ist die Gleichwertigkeitsprüfung grundsätzlich optional. Für Arbeitnehmer aus Drittstaaten ist eine anerkannte Qualifikation aber dennoch häufig nötig, da sie eine Voraussetzung für Visum und Aufenthaltstitel ist (siehe Kriterium 2).

Kriterium 2: Herkunft des Bewerbers

Fachkräfte aus der EU oder EFTA-Staaten
Für nicht reglementierte Berufe ist die Gleichwertigkeitsprüfung optional. Die Prüfung kann sich jedoch lohnen: Für die Fachkraft, die dann über wichtige zusätzliche Unterlagen zu ihrer Qualifikation verfügt, und für Sie als Unternehmen: Schließlich können Sie durch eine formale Anerkennung die ausländische Berufsqualifikation einfacher einschätzen und den Bedarf einer Weiterbildung oder Nachqualifizierung passgenau bestimmen.
Wichtig zu wissen: Jede Fachkraft mit ausländischem Berufsabschluss, die in Deutschland arbeiten will, kann ein solches Verfahren beantragen. Nicht antragsberechtigt ist, wer nur Berufserfahrung vorweisen kann, aber keinen formalen, staatlich anerkannten Berufsabschluss.
Fachkräfte aus Drittstaaten
Für sie ist ein Anerkennungsverfahren zumeist auch in nicht reglementierten Berufen zwingend, da eine anerkannte Qualifikation meist Voraussetzung für die Erteilung von Visum und Aufenthaltstitel ist. Wenn die Berufsqualifikation in Deutschland erworben wurde, bedarf es keines Anerkennungsverfahrens.

Wer für die Anerkennung zuständig ist

Die Beantragung der Anerkennung erfolgt durch den Bewerber bzw. im Rahmen eines beschleunigten Fachkräfteverfahrens durch die Ausländerbehörde.
Durchgeführt wird das Verfahren von Kammern oder staatlichen Einrichtungen in Deutschland. Es gibt allerdings keine bundesweite Stelle, die für die Bearbeitung der Anträge zuständig ist.
Die zuständige Stelle richtet sich nach dem Wohnort und folgt je nach Beruf und Bundesland einer anderen Systematik.
Für nicht-reglementierte akademische Berufe ist die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen zuständig.
In Bayern häufig gefragt sind zudem die IHK Foreign Skills Approval (IHK Fosa) - zentral für duale Aus- und Fortbildungsberufe in Industrie und Handel- sowie die örtlichen Handwerkskammern und die Bezirksregierungen. Letztere sind u.a. für Gesundheitsberufe und Lehrer zuständig.
Die zuständigen Stellen in Bayern bzw. Oberbayern für die berufliche Anerkennung haben wir Ihnen in einer Liste zusammengestellt.
Anerkennungs-Finder nennt die zuständige Stelle
Welche Stelle für den jeweiligen Beruf deutschlandweit zuständig ist, zeigt Ihnen mit wenigen Klicks auch der Anerkennungs-Finder des Portals „Anerkennung in Deutschland“. Der Anerkennungs-Finder ist auf Englisch und Deutsch verfügbar.

Ablauf und Folgen des Anerkennungsverfahrens

Akademiker
Bei akademischen Abschlüssen, die zu nicht reglementierten Berufen führen (ca. 90 Prozent der Studienberufe), ist entweder ein positives Ergebnis in der Datenbank anabin oder eine Zeugnisbewertung der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) als Anerkennungsnachweis erforderlich. Der anabin-Eintrag empfiehlt sich im Visumverfahren als erste Option, denn das geht schneller: Jeder Bewerber kann dort nach der Bewertung seines akademischen Abschlusses in Deutschland suchen. Ist der eigene Abschluss dort nicht positiv gelistet, ist eine individuelle Zeugnisbewertung der ZAB erforderlich.
Nicht-Akademiker
Bei beruflichen (nicht-akademischen) Abschlüssen findet stets eine individuelle Zeugnisbewertung statt.

Die zuständige Stelle benötigt für die Gleichwertigkeitsprüfung Zeugnisse und Dokumente des Bewerbers, unter anderem zu Inhalt und Dauer der Qualifikation, sowie Angaben zur einschlägigen Berufserfahrung.

Auf unseren Seiten zur Berufsanerkennung führen wir Sie durch das Anerkennungsverfahren bei IHK Berufen.
Der Antragsteller erhält in der Regel innerhalb von drei Monaten einen Bescheid. Die Gleichwertigkeitsprüfung führt stets zu einem der folgenden Ergebnisse:
  • Volle Gleichwertigkeit
    Es gibt keine wesentlichen Unterschiede oder die Unterschiede konnten durch die Berufserfahrung der Fachkraft ausgeglichen werden. Einer Einstellung steht also nichts im Wege.
  • Teilweise Gleichwertigkeit (Teilanerkennung)
    Es gibt wesentliche Unterschiede zum deutschen Referenzberuf und die Fachkraft verfügt über keine bzw. nicht ausreichend Berufserfahrung, um diese Unterschiede auszugleichen.
    Die Gleichwertigkeit kann nun entweder über das Absolvieren eines Anpassungslehrgangs oder über das Ablegen einer Kenntnisprüfung erreicht werden. Wenn eine praktische Tätigkeit erforderlich ist (z. B. eine betriebliche Tätigkeit im Rahmen eines Anpassungslehrgangs), kann der Bewerber zu diesem Zweck eine Aufenthaltserlaubnis für einen begrenzten Zeitraum in Deutschland erhalten. Alternativ können Sie den Bewerber dennoch einsetzen – allerdings nur in den Bereichen, für die er qualifiziert ist. Siehe hierzu auch das Kapitel „Aufenthaltstitel“.
  • Keine Gleichwertigkeit
    Die Unterschiede hinsichtlich Dauer und Inhalt der Qualifikation sind auch nach Berücksichtigung der Berufserfahrung zu hoch. Der Antrag wird abgelehnt.

Ab März 2024: Neue Option zur erleichterten Einreise

"Erfahrungssäule"
In nicht-reglementierten Berufen in allen Branchen haben Fachkräfte aus Drittstaaten ab März 2024 eine neue Option zur Einreise und Beschäftigung ohne zwingende Anerkennung der ausländischen Berufsqualifikationen (Norm §6 BeschV). Voraussetzungen sind:
Kriterium 1: Eine im Ausland staatlich anerkannte Berufsqualifikation (mindestens zwei Ausbildungsjahre)
Kriterium 2: Ein konkretes Arbeitsplatzangebot mit einer Gehaltsschwelle von min. 45 Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze. Für tarifgebundene AG gilt die Gehaltsschwelle nicht. Der Aufenthaltstitel wird nach §19c Abs.2 AufenthG für die Dauer des Arbeitsvertrags erteilt. Dieser ist verlängerbar, solange das Arbeitsverhältnis besteht.
Anerkennungspartnerschaft
Ob Akademiker oder Nicht-Akademiker – der entsprechende Antrag muss derzeit noch bereits im Herkunftsland gestellt werden. Dies soll sich ab März 2024 ändern.
Personen aus Drittstaaten können dann mit der neuen Anerkennungspartnerschaft zunächst einreisen und anschließend das gesamte Anerkennungsverfahren in Deutschland durchführen. Dazu verpflichten sich die angehende Fachkraft und ihr Arbeitgeber,
- die Anerkennung nach der Einreise zu beantragen und
- das Verfahren einschließlich Qualifizierung aktiv zu betreiben.
Der Aufenthalt ist dann zunächst für ein Jahr möglich und kann auf bis zu drei Jahre verlängert werden.

Sonderfall Westbalkan

Für Staatsangehörige von Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien gilt die sogenannte „Westbalkanregelung“: Sie können auch ohne die Anerkennung der Qualifikation eine Arbeitserlaubnis und ein Visum erhalten. Ab Juni 2024 verdoppelt sich das Kontingent auf jährlich 50.000 Zustimmungen der Bundesagentur für Arbeit.
Folgende Voraussetzungen müssen für den Arbeitsmarktzugang erfüllt sein:
  • Kriterium 1: Sie können einen Arbeitsvertrag oder ein verbindliches Arbeitsangebot vorweisen.
  • Kriterium 2: Die Stelle kann nicht mit einem bevorrechtigten Bewerber aus Deutschland oder der EU besetzt werden (Vorrangprüfung durch die Bundesagentur für Arbeit).
  • Kriterium 3: Sie arbeiten nicht in einem reglementierten Beruf, z.B. als Arzt oder Rechtsanwalt.
Die Wartezeiten für Termine zur Visumbeantragung in den deutschen Botschaften der entsprechenden Länder sind praktisch nicht vorhersehbar. Ein Jahr und mehr sind durchaus möglich. Ein beschleunigtes Verfahren kann nicht beantragt werden.

Wie Sie beim Anerkennungsverfahren unterstützen können

Rund um ein Anerkennungsverfahren haben Sie als Unternehmen vielfältige Möglichkeiten, Unterstützung zu leisten – der zuständigen Anerkennungsstelle ebenso wie Ihrem Bewerber.
Einige Beispiele:
Erstberatung: Kontaktieren Sie frühzeitig die Erstberatungsstelle Ihrer IHK, um Informationen zum weiteren Verfahren und möglicherweise eine erste Einschätzung zu den Erfolgsaussichten zu erhalten.
Beschleunigtes Fachkräfteverfahren: Weisen Sie Ihren Bewerber auf die Möglichkeit zum beschleunigten Fachkräfteverfahren hin. Dieses verkürzt auch das Anerkennungsverfahren zeitlich.
Formalia: Es kann sich auszahlen, wenn Sie Ihren Bewerber bei Formalia unterstützen (z.B. Zusammenstellung von Unterlagen, ggf. Bescheinigungen, Einschaltung eines Dolmetschers etwa über den Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer),
Ansprechpartner: Stehen Sie allen Beteiligten als Ansprechpartner bei Rückfragen zur Verfügung.

Schneller im beschleunigten Fachkräfteverfahren

Das Anerkennungsverfahren kann zeitlich auf zwei Monate verkürzt werden im Rahmen des sogenannten beschleunigten Fachkräfteverfahrens. Dieses können Sie als Arbeitgeber bei Ihrer lokalen Ausländerbehörde oder alternativ der Zentralen Stelle für die Eiwanderung von Fachkräften einleiten. Voraussetzung dafür ist, dass der Bewerber Ihnen dafür eine Vollmacht erteilt.
Anerkennungs-Check gibt erste Hinweise
Erste Hinweise dazu, ob die Berufsqualifikation bzw. die Ausbildung eines Bewerbers in Deutschland anerkannt werden kann, gibt der Anerkennungs-Finder auf dem Portal „Anerkennung in Deutschland“ – schnell und unkompliziert.
Über die tatsächliche Anerkennung kann allerdings nur die zuständige Stelle entscheiden.