Bundesregierung einigt sich auf Strompreisentlastungen für Industrie

Die Debatte um die Entlastung der Wirtschaft und hier insbesondere der Industrie ist beendet. Die Ampel hat sich darauf verständigt, die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß zu senken und den Selbstbehalt bei der Strompreiskompensation zu streichen. Damit ist die Debatte um die Einführung eines Industriestrompreises, wie von Robert Habeck vorgeschlagen, beendet. Die Bundesregierung steigt nicht in die Senkung von Strombeschaffungskosten ein.
Konkret wurde folgendes beschlossen:
  • Die Stromsteuer sinkt für das produzierende Gewerbe von 1,54 Cent/kWh auf den europäischen Mindestsatz von 0,05 Cent/kWh. 
  • Der Spitzenausgleich bei der Stromsteuer entfällt, da der europäische Mindestsatz unter den bisher zu zahlenden Werten liegt. Die Unternehmen werden dadurch erheblich von Bürokratie entlastet. 
  • Ob der Spitzenausgleich bei der Energiesteuer fortgeführt wird, ist unklar. 
  • Bei der Strompreiskompensation wird der Selbstbehalt gestrichen und die Regelung wird inklusive „Super-Cap“ für fünf Jahre verlängert. 
  • Der Selbstbehalt berechnet sich aus dem EU-Allowances (EUA)-Preis für das Jahr 2022 in Höhe von 54,06 Euro und dem CO2-Emissionsfaktor in Höhe von 0,72 Tonnen Kohlendioxid pro Megawattstunde. Daraus ergeben sich für den Strombezug von einer Gigawattstunde CO2-Kosten in Höhe von 38.923,20 Euro als Selbstbehalt pro Anlage. Die zusätzliche Entlastung ist also gering. 
  • Dazu verweist die Bundesregierung auf den Zuschuss zu den Übertragungsnetzentgelten in Höhe von 5 Mrd. Euro für 2024.
Die IHK zu Coburg bewertet das heute von der Bundesregierung angekündigte Strompreispaket als nicht ausreichend. Zwar gibt es wirksame Maßnahmen insbesondere für große Industriebetriebe, die grundsätzlich zu begrüßen sind. Für Unternehmen außerhalb der Industrie und Verbraucher sind aber keine neuen Entlastungen vorgesehen. Sie müssen sich daher dauerhaft auf sehr hohe Energiepreise und auch massiv steigende Netzentgelte einstellen.

Die IHK hat sich in der Debatte um die hohen Energiekosten mehrfach für eine Senkung der Stromsteuer für alle Stromabnehmer ausgesprochen sowie geförderte Investitions­partnerschaften zwischen Strom­erzeugern und Betrieben ins Spiel gebracht, um den Ausbau des Stromangebots über nachhaltige Energieprojekte anzukurbeln. Diese so genannten Green PPAs (grüne Power-Purchase-Agreements) wären nach wie vor eins der effizientesten Instrumente für die Energiewende, da sie zu einer schnellen Kapazitäts­erweiterung und langfristig zuverlässigen Energie­preisen für die Abnehmer führen würden. Die Entlastungen sind bis 2026 befristet und es gibt keinerlei Anzeichen, dass die Strompreise in Deutschland bis dahin ein international wettbewerbsfähiges Niveau erreichen. Dafür müssten nach dem Atom- und Kohleausstieg schnell mehr Kapazitäten für die Stromerzeugung aufgebaut werden – dieser Ausbau verläuft aber sowohl bei den Erneuerbaren als auch bei den notwendigen Gaskraftwerken äußerst schleppend.

Das verarbeitende Gewerbe umfasste laut dem jüngsten Industriebericht des Bayerischen Wirtschaftsministeriums (Zahlenbasis 2022) gut 8.000 Unternehmen in Bayern, die für ein Viertel der Wertschöpfung und ein Fünftel der Beschäftigten (1,3 Millionen Arbeitnehmer) in Bayern stehen. Das Produzierende Gewerbe umfasst zusätzlich noch Berg­bau, Ener­gie- und Was­ser­ver­sor­gung und das Bau­ge­wer­be - so kommen in Bayern insgesamt rund 130.000 Unternehmen aller Größenklassen zusammen.