Wie Künstlerpyramiden Unternehmen bereichern
„Kunst trifft Mittelstand“
Andrea und Gerd Steinert sind eine Unternehmerfamilie, wie sie im Buche steht. Kreativ, voller Ideen und Energie führt Andrea Steinert mit dem Netzwerkzentrum August Stark eine Werbeagentur in Marienberg, während ihr Mann seit eineinhalb Jahren die Wirtschaftsregion Chemnitz und seit vier Monaten zusätzlich die Wirtschaftsregion Leipzig des Bundesverbandes Mittelständische Wirtschaft (BVMW) leitet.
Sama Held, Andrea und Gerd Steinert
© Fam. Steinert
Was alle eint, ist der Wunsch, den Mittelstand und die Wirtschaft in der Region zu stärken, junge Leute dazu zu bewegen, mehr unternehmerische Verantwortung zu übernehmen und den Zusammenhalt in Wirtschaft und Gesellschaft zu fördern.
Was sich im ersten Moment idealistisch anhört, hat einen durchaus ernsten Hintergrund, der nicht erst durch die Corona-Pandemie sichtbar geworden ist.
Und doch kam Andrea Steinert inmitten der Corona-Pandemie im Dezember letzten Jahres die Idee, unter dem Motto „Kunst trifft Mittelstand“ Künstlerpyramiden zu inszenieren, die ganzjährig Konjunktur haben. Was auf den ersten Blick im Erzgebirge nicht ungewöhnlich ist, hatte es anfangs allerdings in sich:
„Aus zwei dekorativ ineinander verschränkten Ästen einen Pyramidenrohling zu schaffen, der von einem regionalen Künstler gestaltet und von einem Unternehmen finanziert wird, scheiterte fast direkt schon am Start. Was sich einfach anhört, stellte sich als konstruktive Herausforderung heraus.Jeder Pyramidenbauer in der Region winkte bei der Vorstellung der geplanten Konstruktion mit dem Hinweis ab, dass die Pyramide sich nie drehen wird. Angestachelt durch die vielen Absagen, begann ich deshalb, den ersten Rohling selbst zu bauen.“
Und der Einsatz lohnte sich, denn es funktionierte. Schnell waren für die ersten Exemplare Künstler gefunden, die nach den Wünschen des jeweiligen Auftraggebers das Kunstwerk gestalteten. Dabei lässt sich alles thematisieren, was das Herz begehrt – vom Firmenjubiläum einer Supermarktkette, über einen Zahnarzt bis hin zu einer eher düsteren Pyramide des Künstlers Jean Schmiedel, die jeden Halloweenfan begeistern wird.
Anne Schlesinger
© Andrea Seidel
Jean Schmiedel
© Andrea Seidel
Robert Guhlmann
© Andrea Seidel
Mittlerweile sind so 24 Pyramiden zusammengekommen, die in unterschiedlichsten Unternehmen ganzjährig zum Blickfang geworden sind. Rund 2000 € kostet solch ein 80 cm großes Unikat. Davon geht die eine Hälfte an das regionale Rückkehrernetzwerk „Geh voran, komm zurück“. Der andere Teil kommt dem Künstler zu Gute.
„Uns war es einfach wichtig, durch diese Aktion, Künstler zu unterstützen, denen in der Coronazeit Einnahmen weggebrochen sind“,
erzählt Andrea Steinert. Es steckt jedenfalls eine Menge Arbeit in solch einer Pyramide, deren Herstellung und Gestaltung in Abhängigkeit des Künstlers durchaus bis zu drei Monaten dauern kann.
Die Vermittlung zwischen Interessent und Künstler wird dabei von der Kunstgenossenschaft Kunstfuerdiewelt e.G., in der sich regionale Unternehmen zusammengeschlossen haben, unterstützt.
„Kunst ist nicht das Sahnehäubchen, sie ist die Hefe unserer Gesellschaft. Sie transportiert Inspiration in ihr gesamtes Umfeld. Unternehmen, die die Kooperation mit Kreativen zugelassen haben, fühlen sich mehr als beschenkt“,
ergänzt Gerd Steinert. Zugleich ist für ihn das Thema Netzwerken sehr wichtig.
„Wir müssen einfach wieder lernen miteinander zu reden. Gerade wenn es um das Thema Unternehmensnachfolge geht, sehen wir, was an Wertschöpfung den Bach runter geht. Dabei müssen wir die Wertschöpfung in Sachsen halten, wenn wir nicht wollen, dass ausländische Investoren unsere Hidden Champions aufkaufen.“
Seine Befürchtungen teilt auch die IHK Chemnitz, die das Thema Unternehmensnachfolge offensiv bewirbt.
„Wir wissen, dass rund 6000 Unternehmer in Sachsen altersbedingt in den nächsten Jahren vor der Entscheidung stehen, die Geschäftsführung abzugeben. Allerdings ist das nur ein Bruchteil derjenigen, die Bedarf haben“,
betont Franca Heß, Referatsleiterin Starthilfe / Unternehmensförderung. Sie begleitet seitens der IHK Chemnitz das Thema und weiß, welche Herausforderungen es bei dieser Angelegenheit zu meistern gilt und wie wichtig die Vorbereitung ist. Sowohl der BVMW als auch die IHK nehmen dabei eine wichtige Mittlerrolle ein, um Übergeber und potenzielle Interessenten zusammenzubringen.
„Allerdings bindet uns an vielen Stellen der Datenschutz einfach die Hände. Gerade wenn es um die Betriebsnachfolge geht, ist das eine mittelschwere Katastrophe. Deshalb müssen wir regionale Kooperationen eingehen. Das ist unser gemeinsamer Job“,
betont der Leiter des BVMW der Regionen Chemnitz und Leipzig. Ein erster Schritt ist jedenfalls schon in Planung, denn die IHK und der BVMW wollen demnächst in einem gemeinsamen Termin ihre Kompetenzen bei der Unternehmensnachfolge bündeln, um weitere Wege der Zusammenarbeit zu finden.