PM 64 | 11.11.2024
Betriebe setzen auch in wirtschaftlich unsicheren Zeiten auf Ausbildung
Gemeinsame Pressemitteilung der Bundesagentur der Arbeit sowie der sächsischen IHKs und HWKs zu den Ausbildungszahlen im Jahr 2024.
In Sachsen haben zwischen Oktober 2023 und September 2024 etwa 18.600 Jugendliche mit Unterstützung der Berufsberatung einen Ausbildungsplatz gesucht. Zugleich meldeten die sächsischen Unternehmen der Bundesagentur für Arbeit rund 20.800 Berufsausbildungsstellen. Die meisten Bewerberinnen und Bewerber haben inzwischen ihre Ausbildung begonnen, knapp eintausend sind noch auf der Suche. Auch die sächsischen Unternehmen konnte viele ihrer Ausbildungsplätze besetzten: Offen geblieben sind rund 2.300.
„Auch im abgelaufenen Ausbildungsjahr waren mehr Ausbildungsstellen als Bewerberinnen und Bewerber gemeldet. Das ist zumindest rechnerisch eine gute Situation für die jungen Menschen. Jedoch haben die Herausforderungen, junge Menschen und Ausbildungsstellen zusammenzubringen, zugenommen. Daher sind trotz eines leichten Bewerberrückgangs mehr Bewerber leer ausgegangen. Dafür gibt es regional, berufsfachliche oder qualifikatorische Gründe.Dennoch haben wir noch viel ungenutztes Potenzial, auf das wir in Zeiten der steigenden Fachkräftebedarfe nicht verzichten dürfen. Mit Nachhilfeunterricht und Coaching unterstützen wir, so dass Betriebe auch Bewerber berücksichtigen können, die noch nicht alle gewünschten Voraussetzungen erfüllen. Fakt ist: Jeder junge Mensch hat Talente, wird gebraucht und sollte einen guten Start ins Berufsleben erfahren – unabhängig von Schulnoten, Behinderungen, Herkunft oder sprachlichen Defiziten. Erfreulich ist, dass die Betriebe weiter auf die Ausbildung setzen – auch in den aktuellen wirtschaftlich unsicheren Zeiten, die sich zunehmen auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt abbilden“,
sagte Klaus-Peter Hansen, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit (BA).
Gemeldete Ausbildungsbewerber: | 18.614 |
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Ausbildungsbewerber im Vorjahresvergleich: | -318 oder -1,7 Prozent |
Gemeldete Berufsausbildungsstellen: | 20.830 |
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Berufsausbildungsstellen Vorjahresvergleich: | -1.830 oder -8,0 Prozent |
Das Berichtsjahr in der Ausbildungsmarktstatistik umfasst den Zeitraum vom 1. Oktober 2023 bis 30. September 2024. In diesem Zeitraum haben die sich bei den sächsischen Jugendberufsagenturen insgesamt 18.614 Bewerberinnen und Bewerber gemeldet, 318 weniger (minus 1,7 Prozent) als noch im Vorjahreszeitraum. Im gleichen Zeitraum wurden durch die sächsischen Unternehmen insgesamt 20.830 Ausbildungsplätze zur Verfügung, insgesamt 1.801 weniger (minus acht Prozent) als im Vorjahreszeitraum.
Somit sind zum Ende des Berichtsjahres im September 2024 noch 2.250 Lehrstellen unbesetzt, zugleich haben 969 Jugendliche noch keinen Ausbildungsvertrag unterschrieben und gelten folglich als unversorgt. Für alle jungen Menschen, die sich jetzt noch kurzfristig für eine Berufsausbildung entscheiden oder deren Ausbildungsverhältnis vorzeitig gelöst wurde, stehen somit rein rechnerisch fast vier Ausbildungsstellen zur Verfügung. Interessenten erhalten bei der Berufsberatung der Jugendberufsagenturen schnell und direkt passende Angebote. Die Berufsberaterinnen und Berufsberater kennen den regionalen Arbeitsmarkt, aktuelle Trends, Berufe und deren Zukunftschancen.
Die Mitgliedsunternehmen der drei sächsischen Industrie- und Handelskammern (IHK) Chemnitz, Dresden und zu Leipzig haben für das Ausbildungsjahr 2023/2024 insgesamt 12.218 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen (Stand: 30. September 2024). Damit liegt die Ausbildungsbereitschaft weiter auf Vorjahresniveau (minus 19 oder minus 0,2 Prozent).
“Die gewerbliche Wirtschaft in Sachsen zeigt auch in konjunkturell schwierigen Zeiten und unter ungünstigen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen großes Engagement in der Berufsausbildung. Den Ausbildungsbetrieben fällt es jedoch zunehmend schwer, Auszubildende für ihr Unternehmen zu akquirieren. Etwa zehn Prozent der angebotenen Ausbildungsplätze bleiben aktuell unbesetzt. Dies ist besorgniserregend angesichts der Tatsache, dass in den nächsten zehn Jahren etwa 366.000 Beschäftigte in Sachsen in den Ruhestand gehen.Damit die sächsische Wirtschaft auch künftig am Laufen gehalten werden kann, muss der Stellenwert der beruflichen Ausbildung in der öffentlichen Wahrnehmung massiv erhöht werden. Die Vorzüge der dualen Berufsausbildung sind von der Politik und von den Medien deutlicher zu kommunizieren. Duale Berufsausbildung zu stärken, bedeutet den Wirtschaftsstandort Sachsen zu stärken und auf die Zukunft vorzubereiten.Dafür brauchen wir neue Konzepte. Keines davon kommt ohne Zuwanderung aus. Wir brauchen deshalb eine Willkommenskultur, die den Namen in jeder Hinsicht verdient. Viele sächsische Unternehmen integrieren ausländische Auszubildende bereits hervorragend. Auch dies verdient mehr öffentliche Anerkennung, als wir im Moment erleben.“,
sagte Kristian Kirpal, Präsident der IHK zu Leipzig und Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern im Freistaat Sachsen.
Die meisten abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Bereich der IHK gab es in den Berufen: Verkäufer-/in (1.004), Kaufmann/frau im Einzelhandel (970), Mechatroniker/-in (653), Kaufmann-/frau für Büromanagement (554) und Koch/ Köchin (492).
Die Betriebe der drei sächsischen Handwerkskammern haben bis zum 30. September 2024 insgesamt 5.573 neue Lehrverträge unterschrieben. Das sind 163 mehr als im letzten Ausbildungsjahr (plus drei Prozent).
„Handwerk und Ausbildung: Das gehört einfach zusammen. Nicht nur, weil das Handwerk allgemein überdurchschnittlich viel ausbildet. Jahr für Jahr zeigen die Ausbildungszahlen in Sachsen stetig nach oben. Die Betriebe wissen, dass sich das Engagement in die Ausbildung am Ende immer lohnt, da sie damit weniger Sorgen vor dem oft genannten Mangel an Fach- und Arbeitskräften haben müssen.Daher gilt mein Dank allen Ausbildungsbetrieben, die Jahr für Jahr jungen Menschen eine Zukunftsperspektive bieten. Nichtsdestotrotz muss man aber auch anmerken, dass viele Ausbildungsplätze leider unbesetzt bleiben, weil schlicht die Bewerber fehlen. Hier gilt es in Zukunft noch stärker anzusetzen: indem man mehr Berufsorientierung – auch staatlich unterstützt – durchführt und auch innerhalb der Gesellschaft deutlich macht, dass sich eine Berufsausbildung in keinster Weise hinter einer Hochschulausbildung verstecken muss.“,
so Frank Wagner, Präsident der Handwerkskammer Chemnitz und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der sächsischen Handwerkskammern.
Die meisten abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Bereich des Handwerks gab es in den Berufen: Kraftfahrzeugmechatroniker (1.095), Elektroniker (446), Anlagenmechaniker für Sanitär/Heizung/Klima (385), Tischler (290) sowie Maler und Lackierer (230).
„In der Hotellerie sehen wir eine große Herausforderung darin, genügend motivierte Auszubildende zu finden. Besonders in unserer Branche spielt der Fachkräftemangel eine zentrale Rolle. Die Lösung sehe ich in der aktiven Ausbildung im Betrieb. Die aktive Ansprache der jungen Menschen beginnt in der Schule oft schon bei den jungen 14j-ährigen Schülern. Projekte, Praktika, Lernveranstaltungen, Messen und Kooperationen sind hier geeignete Mittel um Interesse zu wecken und erste Kontakte zu knüpfen.Hierbei zählt für mich vor allem die Motivation, Spaß am Beruf und ein positives und freundlichen Auftreten. Alles andere kann man lernen. Die Herkunft spielt keine Rolle. Wir haben bisher auch viel positive Erfahrungen mit ausländischen Bewerbern gemacht. Einige sind las Facharbeiter heute noch Teil des Teams und stolz in der Branche arbeiten zu können. Mein Fazit: Vielfalt im Team ist eine Bereicherung, sowohl für die Belegschaft als auch für unsere Gäste”,
sagte Sabine Kalinke, Direktorin des Victor’s Residenz-Hotel Leipzig.
Das Victor’s Residenz-Hotel Leipzig ist seit 25 Jahren Ausbildungsbetrieb und hat umfangreiche Erfahrungen und Lösungsansätze in der Ausbildung von jungen Menschen. Durchgängig sind immer 10 Auszubildende in der 2 oder 3jährigen Ausbildung im Haus. Ausgebildet werden Hotelfachleute, Fachkraft Gastronomie mit Schwerpunkt Restaurantservice, Fachkraft Küche und Koch/Köchin.
Hintergrundinformationen
1.300 mehr freie Lehrstellen als noch suchende Bewerberinnen und Bewerber
Der sächsische Ausbildungsmarkt hat sich in den vergangenen Jahren zugunsten der Bewerber entwickelt: 2.250 noch unbesetzte Ausbildungsplätze stehen 969 unversorgten Jugendlichen gegenüber – eine Differenz zwischen Angebot und Nachfrage von 1.281.
In allen elf Arbeitsagenturen gibt es mehr freie Lehrstellen als unversorgte Bewerber
Die meisten unbesetzten Lehrstellen gibt es in Betrieben in Plauen (288, Dresden (287), Leipzig (252), Oschatz (251) und Bautzen (238). Die größte Auswahl an freien Ausbildungsplätzen haben unversorgte Jugendliche in Freiberg (5 freie Lehrstellen pro unversorgten Bewerber), Plauen (4 freie Lehrstellen pro unversorgten Bewerber) und Riesa, Annaberg, Oschatz und Bautzen mit jeweils drei freien Lehrstellen pro unversorgten Bewerber).
Wunschberufe bleiben unverändert
Die beliebtesten Berufe der Bewerberinnen und Bewerber in Sachsen sind nach wie vor.
Rang | Ausbildungsberuf | Anzahl |
---|---|---|
1. | Verkäufer/in | 1.451 |
2. | Kfz.mechatroniker - PKW-Technik | 1.002 |
3. | Kaufmann/-frau im Einzelhandel | 758 |
4. | Kaufmann/-frau – Büromanagement | 703 |
5. | Fachlagerist/in | 547 |
6. | Tischler/in | 454 |
7. | Fachinformatiker-Anwendungsentwicklung | 420 |
8. | Mechatroniker/in | 413 |
9. | Koch/Köchin | 340 |
10. | Fachinformatiker/in - Systemintegration | 324 |
Etwa ein Drittel aller Jugendlichen entschied sich für einen dieser zehn Berufe (34 Prozent) – aus insgesamt rund 330 Ausbildungsberufen.
Die Berufswünsche sind nach wie vor geschlechtstypisch geprägt. Während sich viele junge Männer für technische Berufe interessieren, streben Frauen häufig kaufmännische Berufe oder Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen an.
Die Berufswünsche sind nach wie vor geschlechtstypisch geprägt. Während sich viele junge Männer für technische Berufe interessieren, streben Frauen häufig kaufmännische Berufe oder Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen an.
Gute Chancen in weniger bekannten Berufen
Manche Berufe sind bei den Jugendlichen offenbar weniger bekannt oder beliebt. In diesen Berufen standen die Chancen auf eine Ausbildung in Sachsen sehr gut, weil es nur weniger Bewerber mit diesem Wunschberuf gab und vergleichsweise viele freie Ausbildungsstellen. So wurden im vergangenen Ausbildungsjahr beispielsweise 211 Ausbildungsstellen für „Fachverkäufer Lebensmittelhandwerk – Fleischerei“ gemeldet und nur 17 sächsische Jugendliche hatten sich für diesen Wunschberuf entschieden. Dadurch standen rechnerisch einem Jugendlichen insgesamt 12 Ausbildungsplätze gegenüber.
TOP 10 der Berufe mit der höchsten Stellen/Bewerber-Relation
TOP 10 der Berufe mit der höchsten Stellen/Bewerber-Relation
Rang | Ausbildungsberuf | Anzahl |
---|---|---|
1. | Beton- und Stahlbetonbauer/in | 13 |
2. | Fachverk.-Lebensm.handwerk - Fleischerei | 12 |
3. | Werkzeugmechaniker/in | 7 |
4. | Kaufmann - Spedition/Logistikdienstl. | 7 |
5. | Mechatroniker/in - Kältetechnik | 6 |
6. | Kaufm. -Groß/Außenhandelsmanag - Großh. | 6 |
7. | Eisenbahner/in - Zugverkehrssteuerung | 5 |
8. | Konstruktionsmechaniker/in | 5 |
9. | Fleischer/in | 4 |
10. | Zerspanungsmechaniker/in | 4 |
Arbeitgeber müssen für ihre guten Ausbildungsbedingungen werben
Sinkenden Bewerberzahlen stehen steigende Angebote an Ausbildungsplätzen gegenüber. Unternehmen müssen um Auszubildende werben und sind deshalb gut beraten, Gelegenheiten für das gegenseitige Kennenlernen zu schaffen. Bei der Auswahl sind Betriebe mehr denn je gefordert, stärkenorientiert vorzugehen. Mögliche schulische Defizite können Arbeitsagenturen über Nachhilfeunterricht ausgleichen – sollten also nicht im Vordergrund stehen. Auch junge Erwachsende ohne Berufsabschluss bis Mitte dreißig – also sogenannte Zukunftsstarter - oder Studienzweifler/-abbrecher sind Kandidaten für freie Lehrstellen.
Eine Ausbildung hat für die jungen Menschen ein Preisschild
Eine Ausbildung kostet die Unternehmen Geld, Kraft und Zeit. Damit hat sie auch für die jungen Menschen ein Preisschild! Auf diesem Preisschild steht beispielsweise „Motivation“, „Zuverlässigkeit“ und angemessene „Umgangsformen“.
Berufsberater helfen kurzfristig, um die Ausbildung klarzumachen
Auch jetzt ist es noch nicht zu spät! Die Berufsberaterinnen und -berater in den 13 Jugendberufsagenturen in Sachsen kennen den regionalen Arbeitsmarkt, aktuelle Trends, Berufe und deren Zukunftschancen. Sie helfen, fördern, checken die Bewerbung, unterstützen beim Finden einer Alternative zum Wunschberuf (Stichwort: Plan B) und vermitteln, weil sie die Betriebe in der Region kennen. Die Jugendlichen und deren Eltern können sich auch sehr kurzfristig noch persönlich beraten lassen.