Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug

Mit dem BMF-Schreiben vom 15. März 2022 (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 88 KB) hat sich die Finanzverwaltung zur Abgrenzung zwischen Geldleistungen und Sachbezug im Rahmen der Lohnsteuer geäußert und damit die bisherigen die Regelungen des BMF-Schreibens vom 13. April 2021 (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 79 KB) im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Kategorisierung von Gutscheinen und Geldkarten konkretisiert. 
In § 8 Absatz 1 Satz 2 EStG ist durch die neue Definition „Zu den Einnahmen in Geld gehören“ nun gesetzlich festgeschrieben, dass zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten, grundsätzlich keine Sachbezüge, sondern Geldleistungen sind. 
Von besonderer Bedeutung sind die Regelungen für die Anwendung von Gutscheinen gegenüber Arbeitnehmern.  
Im BMF-Schreiben werden zunächst Sachbezüge erörtert. Für diese sind die Regelungen für Sachzuwendungen, z. B. Freigrenzen nach § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG oder R 19.6 LStR bzw. die Pauschalversteuerung nach § 37b EStG, im Rahmen des Lohnsteuerabzugs anwendbar. 
Liegen keine Sachzuwendungen vor, so ist von Barlohn auszugehen, welcher in der Regel individuell lohnversteuert und verbeitragt werden muss. 
Sachbezüge sind alle nicht in Geld bestehenden Einnahmen. Kann der Arbeitnehmer anstelle des Sachbezugs auch eine Geldleistung vom Arbeitgeber verlangen liegt grundsätzlich Barlohn vor. 
Nach einer Aufzählung im BMF-Schreiben sind Sachzuwendungen: 
  • die Gewährung von Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherungsschutz bei Abschluss einer Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherung und Beitragszahlung durch den Arbeitgeber, 
  • die Gewährung von Unfallversicherungsschutz, soweit bei Abschluss einer freiwilligen Unfallversicherung durch den Arbeitgeber der Arbeitnehmer den Versicherungsanspruch unmittelbar gegenüber dem Versicherungsunternehmen geltend machen kann und die Beiträge nicht nach § 40b Abs. 3 EStG pauschal besteuert werden, 
  • die Gewährung von Papier-Essenmarken (Essensgutscheine, Restaurantschecks) und arbeitstäglichen Zuschüssen zu Mahlzeiten (sog. digitale Essenmarken) nach R 8.1. Abs. 7 Nr. 4 LStR. 

Gutscheine und Geldkarten  

Auch Gutscheine oder Geldkarten zählen zu den Sachzuwendungen. Diese müssen aber bestimmte Voraussetzungen erfüllen. 
Gutscheine oder Geldkarten müssen ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen bei dem Arbeitgeber oder bei einem Dritten berechtigen und ab dem 1. Januar 2022 die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a ZAG erfüllen. 

Sachzuwendungen 

Nach den Kriterien des ZAG fallen folgende Gutscheine oder Geldkarten unter die Sachzuwendung: 
  • Gutscheine oder Geldkarten, unabhängig von einer Betragsangabe, die berechtigen, ausschließlich Waren oder Dienstleistungen vom Aussteller des Gutscheins aus seiner eigenen Produktpalette zu beziehen (der Sitz des Ausstellers sowie dessen Produktpalette sind insoweit nicht auf das Inland beschränkt) 
  • Gutscheine oder Geldkarten, unabhängig von einer Betragsangabe, die berechtigen, ausschließlich Waren oder Dienstleistungen aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller/Emittent und Akzeptanzstellen bei einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen im Inland zu beziehen. 
Ein begrenzter Kreis von Akzeptanzstellen ist gegeben: 
  • bei städtischen Einkaufs- und Dienstleistungsverbünden im Inland oder im Internet der jeweiligen Akzeptanzstelle 
  • bei Einkaufs- und Dienstleistungsverbünden, die sich auf eine bestimmte inländische Region (z. B. mehrere benachbarte Städte und Gemeinden im ländlichen Raum) erstrecken oder im Internet der jeweiligen Akzeptanzstelle, 
  • wenn Einkaufs- und Dienstleistungsverbünde auf die – auch bundeslandübergreifend – unmittelbar räumlich angrenzenden zweistelligen Postleitzahl (PLZ)-Bezirke begrenzt werden (die in zwei PLZ-Bezirke fallenden Städte und Gemeinden werden als ein PLZ-Bezirk betrachtet); die Auswahl der PLZ-Bezirke darf durch den Arbeitnehmer erfolgen, 
  • aus Vereinfachungsgründen bei von einer bestimmten Ladenkette (einem bestimmten Aussteller) ausgegebene Kundenkarten zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen in den einzelnen Geschäften im Inland oder im Internetshop dieser Ladenkette mit einheitlichem Marktauftritt (z. B. ein Symbol, eine Marke, ein Logo); die Art des Betriebs (z. B. eigene Geschäfte, im Genossenschafts- oder Konzernverbund, über Agenturen oder Franchisenehmer) ist unerheblich. Entsprechendes gilt, wenn sich der Arbeitnehmer vor Hingabe des Gutscheins oder vor Aufladung des Guthabens auf die Geldkarte aus verschiedenen Ladenketten je eine auswählen kann.  
Beispiele sind: wiederaufladbare Geschenkkarten für den Einzelhandel, shop-in-shop-Lösungen mit Hauskarte, Tankgutscheine oder -karten eines einzelnen Tankstellenbetreibers, von einer bestimmten Tankstellenkette (einem bestimmten Aussteller), ein vom Arbeitgeber selbst ausgestellter Gutschein (z. B. Tankgutschein, hierzu zählt auch eine Berechtigung zum Tanken), wenn die Akzeptanzstellen (z. B. Tankstelle oder Tankstellenkette) aufgrund des Akzeptanzvertrags (z. B. Rahmenvertrag) unmittelbar mit dem Arbeitgeber abrechnen, Karten eines Online-Händlers, die nur zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen aus seiner eigenen Produktpalette (Verkauf und Versand durch den Online-Händler) berechtigen, nicht jedoch, wenn sie auch für Produkte von Fremdanbietern (z. B. Marketplace) einlösbar sind, Centergutscheine oder Kundenkarten von Shopping-Centern, Malls und OutletVillages, „City-Cards“, Stadtgutscheine 
Hinweis: 
Nach den Ausführungen wären Amazon-Gutscheine nicht mehr als Sachzuwendung zu behandeln, weil hier der Gutschein auch im Marketplace eingelöst werden kann. 

Zudem fallen seit dem 1. Januar 2022 Gutscheine oder Geldkarten unter die Sachzuwendungen, unabhängig von einer Betragsangabe, die aber nur berechtigen, Waren oder Dienstleistungen ausschließlich aus einer sehr begrenzten Waren- oder Dienstleistungspalette zu beziehen. Auf die Anzahl der Akzeptanzstellen und den Bezug im Inland kommt es deshalb hier nicht an.  
Nicht ausreichend ist allerdings die alleinige Bezugnahme auf eine Händlerkategorie (z.B. sog. Merchant Category Code). Sofern zu einer begrenzten Waren- und Dienstleistungspalette – auch in geringem Maße – Waren oder Dienstleistungen einer anderen Palette angeboten werden, sind die Rn. 9 bis 11 des BMF-Schreibens vom 15.03.2022 zu beachten.
Hierunter fallen Gutscheine oder Geldkarten begrenzt auf: 
  • den Personennah- und Fernverkehr (z. B. für Fahrberechtigungen, Zugrestaurant, Park & Ride-Parkgelegenheiten) einschließlich bestimmter Mobilitätsdienstleistungen (z. B. die Nutzung von (Elektro-)Fahrrädern, Car-Sharing, E-Scootern), 
  • Kraftstoff, Ladestrom etc. („Alles, was das Auto bewegt“), 
  • Fitnessleistungen (z. B. für den Besuch der Trainingsstätten und zum Bezug der dort angebotenen Waren oder Dienstleistungen), 
  • Streamingdienste für Film und Musik, 
  • Zeitungen und Zeitschriften, einschließlich Downloads, 
  • Bücher, auch als Hörbücher oder Dateien, einschließlich Downloads, 
  • die Behandlung der Person in Form von Hautpflege, Makeup, Frisur und dergleichen (sog. Beautykarten), 
  • Bekleidung inkl. Schuhe nebst Accessoires, wie z. B. Taschen, Schmuck, Kosmetika, Düfte (sog. Waren, die der Erscheinung einer Person dienen). 
Ebenfalls fallen Gutscheine oder Geldkarten, unabhängig von einer Betragsangabe, die nur berechtigen, aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller/Emittent und Akzeptanzstellen Waren oder Dienstleistungen ausschließlich für bestimmte soziale oder steuerliche Zwecke im Inland zu beziehen (Zweckkarte) unter die Sachzuwendungen. Auch hier kommt es auf die Anzahl der Akzeptanzstellen nicht an.   
Beispiele sind: 
  • Verzehrkarten in einer sozialen Einrichtung, Papier-Essenmarken (Essensgutscheine, Restaurantschecks) und arbeitstägliche Zuschüsse zu Mahlzeiten (sog. Digitale Essenmarken), 
  • Behandlungskarten für ärztliche Leistungen oder Reha-Maßnahmen, 
  • Karten für betriebliche Gesundheitsmaßnahmen (einschließlich betrieblicher Gesundheitsleistungen des Arbeitgebers im Sinne des § 3 Nummer 34 EStG). 

Geldleistungen 

Das BMF-Schreiben beinhaltet eine Auflistung von Geldleistungen: 
  • Zahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer bei Abschluss einer Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherung und Beitragszahlung durch den Arbeitnehmer, wenn die Zahlung des Arbeitgebers mit der Auflage verbunden ist, dass der Arbeitnehmer mit einem vom Arbeitgeber benannten Unternehmen einen Versicherungsvertrag schließt 
  • ein im Inland gültiges gesetzliches Zahlungsmittel oder Zahlungen in einer gängigen, frei konvertiblen und im Inland handelbaren ausländischen Währung; dies gilt nicht für Zahlungsmittel (z. B. Sonderprägungen), 
  • eine Zahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer anstelle der geschuldeten Ware oder Dienstleistung (zweckgebundene Geldleistungen und nachträgliche Kostenerstattungen) 
  • Gutscheine oder Geldkarten, die § 2 Abs. 1 Nummer 10 ZAG nicht erfüllen: z. B. Geldsurrogate, wie insbesondere die Gewährung von Geldkarten oder Wertguthabenkarten in Form von Prepaid-Kreditkarten mit überregionaler Akzeptanz ohne Einschränkungen hinsichtlich der Produktpalette, die im Rahmen unabhängiger Systeme des unbaren Zahlungsverkehrs eingesetzt werden können. Allein die Begrenzung der Anwendbarkeit von Gutscheinen oder Geldkarten auf das Inland ist für die Annahme eines Sachbezugs nicht ausreichend. 
  • Gutscheine oder Geldkarten, die nicht ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen bei dem Arbeitgeber oder bei einem Dritten berechtigen. Stets als Geldleistung zu behandeln sind daher insbesondere Gutscheine oder Geldkarten, die  
  • über eine Barauszahlungsfunktion verfügen, 
  • über eine eigene IBAN verfügen, 
  • für Überweisungen (z. B. PayPal) verwendet werden können, 
  • für den Erwerb von Devisen (z. B. Pfund, US-Dollar, Schweizer Franken) oder Kryptowährungen (z.B. Bitcoin, Ethereum) verwendet werden können,  
  • als generelles Zahlungsinstrument hinterlegt werden können oder  
  • ausschließlich berechtigen, sie gegen andere Gutscheine oder Geldkarten einzulösen, es sei denn, es werden sonstige Voraussetzungen sichergestellt (vgl. Rn. 24, BMF-Schreiben vom 15.03.2022) 
Hierzu sind konkrete Beispiele im Schreiben aufgeführt. 
Ein steuerfreier Auslagenersatz nach § 3 Nr. 50 EStG für Beträge, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält, um sie für ihn auszugeben (durchlaufende Gelder) und für Beträge, durch die Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden (Auslagenersatz), bleibt möglich. Auch hier sind Beispiele im Schreiben enthalten.
 
Kein steuerfreier Auslagenersatz liegt vor, wenn die Waren oder Dienstleistungen für den privaten Gebrauch des Arbeitnehmers bestimmt sind. 
Der Zufluss des Sachbezugs erfolgt bei einem Gutschein oder einer Geldkarte, die bei einem Dritten einzulösen sind, im Zeitpunkt der Hingabe und bei Geldkarten frühestens im Zeitpunkt der Aufladung des Guthabens. 
Die Grundsätze des Schreibens sind ab 1. Januar 2020 anzuwenden. Es wird nicht beanstandet, wenn Gutscheine und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen, jedoch die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nummer 10 ZAG nicht erfüllen und damit als Zahlungsmittel gelten und daher eigentlich Geldleistungen sind, noch bis zum 31. Dezember 2021 als Sachbezug anerkannt werden. Insofern muss spätestens seit 1. Januar 2022 eine Umstellung im Rahmen der Lohnabrechnung erfolgt sein.