Kaufvertrag mit Minderjährigen

Einzelhändler stehen oft vor der Frage, inwieweit Kaufverträge mit Minderjährigen in Anbetracht des so genannten Taschengeldparagraphen (§ 110 BGB) als von Anfang an wirksam geschlossen werden können. Und es steht die Frage, unter welchen Umständen Erziehungsberechtigte solche Kaufverträge als im Nachhinein nicht genehmigt behandeln können.
Ausgangspunkt für die Beantwortung dieser Fragen ist § 107 BGB, wonach der Minderjährige zu einer Willenserklärung der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters bedarf. In Würdigung der alltäglichen Praxis hat der Gesetzgeber dazu den § 110 BGB, den Taschengeldparagraphen, als besonderen Anwendungsfall des § 107 BGB, geschaffen. Dies ist jedoch nicht ohne Einschränkungen geschehen.
Ob ein Kaufvertrag mit einem Minderjährigen von Anfang an wirksam geschlossen werden kann, oder ob der Kaufvertrag bis zur „Genehmigung“ durch dessen gesetzliche Vertreter schwebend wirksam ist, hängt nicht „nur“ vom Vorhandensein eigener Mittel oder dem Alter des Minderjährigen oder der Höhe des Kaufpreises ab.
Der Gesetzgeber hat die Wirksamkeit des Kaufvertrages mit Minderjährigen daran geknüpft, ob die Mittel zu dem konkreten Zweck (bestimmter Kaufgegenstand) oder zur freien Verfügung oder unter Ausschluss eines bestimmten Verwendungszweckes (z.B. Verbot des Kaufes von Comics) zur ansonsten freien Verfügung überlassen wurden.
Mitunter geschieht es, dass Erziehungsberechtigte erklären, dass ihr minderjähriges Kind das Taschengeld gerade für die bestimmte Ware nicht ausgeben durfte oder das ihm gehörende Geld unberechtigt aus der Sparbüchse entnommen hat oder Käufe nur bis zu einem bestimmten betrag allein tätigen darf. Der Einzelhändler hat meist kaum eine Chance, die Angaben der Erziehungsberechtigten zu entkräften, ihm fehlt es an Beweismöglichkeiten. Auf „Guten Glauben - Schutz“ kann er sich der Verkäufer nicht berufen, da das Bestimmungsrecht der Erziehungsberechtigten im Vordergrund steht und der Verkäufer nicht beweisen kann, dass eine im Nachhinein behauptete Einschränkung so nicht getroffen wurde. In der Regel wird der Verkäufer deshalb keine oder nur ganz geringe Chancen haben darzulegen, dass der Kaufvertrag von Anfang an wirksam war. In der Rechtsprechung sind zu diesem Thema nur wenige Gerichtsurteile zu finden. Und diese betreffen immer konkret gelagerte Streitfälle.
Bei der Beurteilung solcher strittiger Kaufgeschäfte kann man sich nur auf Fachkommentierungen und Rechtsprechung und die Betrachtung der Lebensgewohnheiten und – Auffassungen (z.B. Ablehnung bestimmter Themen und Inhalte bei Spielen durch die Eltern , Zurückhaltung bei Geldausgaben) stützen. Vieles ist Auslegungssache Eine Wertgrenze oder Altersgrenze kann pauschal nicht benannt werden. In der Kommentierung findet sich so gar die Aussage, dass auch die Überlassung von Mitteln zur freien Verfügung im Zweifel nicht jede Verwendung umfasst sondern nur solche, „die sich noch im Rahmen des Vernünftigen halten“.
Ein Prozessrisiko sollte der Einzelhändler in einer solchen Sache nur eingehen, wenn der Sachverhalt eindeutiger zu seinem Gunsten zu beurteilen ist. Kaufverträge mit oft recht finanzstarken Minderjährigen, auch recht jungen Alters, werden täglich vielfach geschlossen und bergen (meist unbewusst) immer diese Risiken in sich. Selbstverständlich ist es für den Verkäufer im Ladengeschäft schwierig, sich im Alltag auf solche Dinge einzustellen. Aber im Zweifel besteht tatsächlich nur die Möglichkeit, ein gewisses „Risiko“ auf sich zu nehmen oder sich im Zweifel gerade bei jüngeren Kindern und höherem Kaufbetrag eine Erlaubnis der Eltern vorlegen zu lassen oder diese zur Genehmigung des Vertrages aufzufordern.
Stand: 04/17