Merkblatt Versteigerergewerbe § 34b GewO
Wer gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen, fremde Grundstücke oder fremde Rechte versteigern will, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde und ist in seiner Tätigkeit an die Rechtsvorschriften gebunden. Zuständige Behörden sind im Freistaat Sachsen die Landkreise und kreisfreien Städte.
Rechtsgrundlagen
§ 34b Gewerbeordnung (GewO) regelt insbesondere
- aus welchen Gründen eine Erlaubnis zu versagen ist,
- die Erlaubniserteilung mit Auflagen,
- die allgemeine öffentliche Bestellung besonders sachkundiger Versteigerer,
- Verbote für Versteigerer,
- Bedingungen für Einzelhändler und Hersteller von Waren zur Versteigerung ihrer Waren im Einzelverkauf an Letztverbraucher, die sie in ihrem Geschäftsbetrieb führen,
- die Verordnungsermächtigung des zuständigen Bundesministeriums über den Umfang der Befugnisse und Verpflichtungen im Versteigerergewerbe und
- Ausnahmen von den Verboten für Versteigerer.
Verordnung über gewerbsmäßige Versteigerungen (VerstV)
Erlaubnisverfahren
Zuständige Behörden für die Erteilung der Erlaubnis sind im Freistaat Sachsen die Gewerbebehörden der Landkreise und kreisfreien Städte.
Liegen keine Versagungsgründe vor, besteht ein Rechtsanspruch auf die Erteilung der Erlaubnis. Die Erlaubnis zur Ausübung des Versteigerergewerbes gilt bundesweit.
Antragsberechtigt und antragspflichtig sind natürliche Personen und juristische Personen.
Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn
- Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller nicht die für dieses Gewerbe erforderliche Zuverlässigkeit besitzt (z.B. rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe wegen Betruges in den letzten fünf Jahren vor Antragstellung) oder
- der Antragsteller in ungeordneten Vermögensverhältnissen lebt
(z.B. Eintrag in das Schuldnerverzeichnis wegen Abgabe der eidesstattlichen Versicherung; Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder Eintrag im Verzeichnis des Insolvenzregisters).
Das Erlaubnisverfahren beinhaltet somit die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Zuverlässigkeit.
Für Gewerbetreibende aus einem anderen Mitgliedsstaat der EU (oder EWR-Vertragsstaat), die sich in der Bundesrepublik Deutschland niederlassen, sind als Nachweis für die Zuverlässigkeit und geordneten Vermögensverhältnisse Unterlagen als ausreichend anzuerkennen, die im Herkunftsstaat ausgestellt wurden (auf Verlangen in beglaubigter Kopie und beglaubigter deutscher Übersetzung). Weiteres dazu regelt § 13b GewO.
Die Industrie- und Handelskammer wird in der Regel im Wege der Amtshilfe befragt, ob der Erlaubniserteilung entgegenstehende Tatsachen bekannt sind.
Der Nachweis einer besonderen Fachkunde ist nicht erforderlich. Der Versteigerer muss sich jedoch zur ordnungsgemäßen Berufsausübung mit den einschlägigen Rechtsvorschriften vertraut machen und diese einhalten (insbesondere Gewerbeordnung, Versteigerer-verordnung, Wettbewerbsrecht, Kaufrecht, Recht der öffentlichen Versteigerung u.a.).
Öffentliche Bestellung
Besonders sachkundige (gewerbsmäßig tätige) Versteigerer haben die Möglichkeit, sich auf Antrag öffentlich bestellen zu lassen:
Zuständig ist dafür im Freistaat Sachsen gemäß der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung zur Durchführung der Gewerbeordnung die Landesdirektion Sachsen, Referat 33 – Gewerbe- und Handwerksrecht, Schornsteinfegerangelegenheiten, Braustr. 2, 04107 Leipzig.
Die öffentliche Bestellung gilt für das gesamte Bundesgebiet. Antragsteller können nur (gewerbsmäßig tätige) natürliche Personen und Angestellte von Versteigerern sein. Sie müssen eine besondere Sachkunde aufweisen. Die Beurteilung von Qualifikationen, die Versteigerer in einem anderen Mitgliedsstaat der EU oder in einem anderen EWR-Vertragsstaat erworben haben, richtet sich nach § 36a GewO.
Die Bestellung kann für bestimmte Arten von Versteigerungen erfolgen.
ffentlich bestellte Versteigerer sind darauf zu vereidigen, dass sie ihre Aufgaben gewissenhaft, weisungsfrei und unparteiisch erfüllen.
Pflichten der Versteigerer nach Versteigererverordnung (VerstV)
Leitung der Versteigerung
- persönliche Leitung des Versteigerers
- bei juristischen Personen durch gesetzlichen Vertreter
- Vertretung durch geeigneten (zuverlässigen) Mitarbeiter zulässig
Versteigerungsauftrag
- Versteigerung nur auf Grund eines schriftlichen Vertrages
- Mindestinhalt des Vertrages in § 1 der VerstV zwingend vorgeschrieben
Pflicht zur Anzeige der Versteigerung
- spätestens zwei Wochen vor der beabsichtigten Versteigerung (in Ausnahmefällen Verkürzung der Frist auf Antrag durch Behörde möglich, insbesondere bei leichtverderblichem Versteigerungsgut)
- Schriftform
- zu richten an zuständige Behörde sowie IHK, in deren Bezirk die Versteigerung stattfinden soll
- ausgenommen sind landwirtschaftliches Inventar, land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, Vieh
Inhalt der Versteigerungsanzeige
- Ort und Zeitpunkt der Versteigerung
- Gattung der zu versteigernden Waren
- bei Versteigerung von Nachlass, Insolvenzmasse oder wegen Geschäftsaufgabe sowie bei öffentlicher Versteigerung nach § 383 Absatz 3 BGB der Anlass sowie Name und Anschrift des Auftraggebers
Auf Verlangen der Behörde
- weitere Unterlagen und Informationen
- Ermöglichung einer Vorabbesichtigung des Versteigerungsgutes
- Nachweis, dass es sich um gebrauchte Waren oder
- um Versteigerung von Nachlass, Insolvenzmasse, wegen Geschäftsaufgabe oder um eine öffentliche Versteigerung nach § 383 Absatz 3 BGB handelt
Einbeziehung der Industrie- und Handelskammern:
- keine eigene Befugnis der Industrie- und Handelskammern, weitere Unterlagen/Informationen vom Versteigerer nachzufordern oder Besichtigung zu verlangen (nur bei Beauftragung durch die Behörde)
- Einbeziehung der IHKs in die Beurteilung der Versteigerung durch Behörde möglich; ebenso möglich die Aufforderung der Behörde an IHK zur Stellungnahme bis zum dritten Tag vor der Versteigerung
Verzeichnis über Sachen der Versteigerung
- grundsätzlich immer und bis spätestens 2 Wochen vor der Versteigerung anzufertigen (ist nicht Bestandteil der Anzeige)
- ausgenommen sind Versteigerungen von Briefmarken und Münzen
- Ausnahmen bei freiwilligen Hausrat- und Nachlassversteigerungen durch Behörde möglich
Dauer der Versteigerung
- Höchstdauer 6 Tage
- Abstand für neue Versteigerung am Ort der vorherigen Versteigerung eines Versteigerers von mindestens 5 Tagen
- in Einzelfällen, besonders bei Grundstücksversteigerungen, Ausnahmegenehmigung von beiden Fristen durch Behörde möglich, ggf. Einholung Stellungnahme der örtlich zuständigen IHK
Besichtigung des Versteigerungsgutes
- für die Dauer von mindestens zwei Stunden
- Zulassen von Ausnahmen durch Behörde möglich bei anderweitiger hinreichender Gelegenheit zur Beurteilung des Versteigerungsgutes
Zeiten der Versteigerung und Besichtigung
- Versteigerung an allen Werktagen möglich
- Ladenschlussgesetz findet keine Anwendung
- Versteigerungen an Sonn- und Feiertagen zulässig, sofern Sächsisches Sonn- und Feiertagsgesetz nicht entgegensteht
Verbot der Versteigerung von Waren, die in offenen Verkaufsstellen angeboten werden und die ungebraucht sind (Neuwaren) oder deren bestimmungsgemäßer Gebrauch in ihrem Verbrauch besteht.
Ausnahmen vom Verbot:
- wenn das Versteigerungsgut zu einem Nachlass oder zu einer Insolvenzmasse gehört oder wegen Geschäftsaufgabe veräußert wird oder im Wege der öffentlichen Versteigerung auf Grund gesetzlicher Vorschrift veräußert wird (§ 383 Absatz 3 BGB)
Jedoch, auch bei diesen Ausnahmen keine Versteigerung:
- in räumlichem und zeitlichem Zusammenhang mit anderen Verkaufsveranstaltungen (es sei denn, es handelt sich um Räumungsverkauf wegen Geschäftsaufgabe und um das Verbringen des Versteigerungsgutes in eine andere Gemeinde als einen geeigneten anderen Ort i.S. § 383 Absatz BGB)
Auch hier sind im Einzelfall Ausnahmen durch die Behörde nach Anhören der zuständigen IHK zulässig.
Durchführen der Versteigerung
- Zuschlag erst nach dreimaligem Wiederholen des Höchstgebotes und Ausbleiben eines nachfolgenden Übergebotes.
Buchführungspflichten des Versteigerers
- Aufzeichnungen über jeden Versteigerungsauftrag und dessen Abwicklung
- Aufbewahren der Unterlagen und Belege
- Aufzeichnungen in deutscher Sprache und unverzüglich
- Aufbewahrung in den Geschäftsräumen über drei Jahre (Fristbeginn: am Schluss des Kalenderjahres, in dem die Aufzeichnungen zu machen sind)
Untersagung, Aufhebung, Unterbrechung einer Versteigerung durch die Behörde möglich
- bei Verstoß des Versteigerers gegen den Versteigerer auferlegte Verbote aus § 34b Absatz 6 GewO
- Versteigerung von Waren eines Einzelhändlers oder Herstellers
- entgegen dem Verbot aus § 34b Absatz 7 GewO
- der Versteigerer kein oder ein nicht ausreichendes Verzeichnis erstellte (§ 2 Absatz 1 VerstV)
- der Versteigerer Forderungen der Behörde auf weitere Unterlagen/Informationen nicht nachkommt (§ 3 VerstV)
- die Besichtigung des Versteigerungsgutes nicht gewährt wird (§ 4 VerstV)
- das Versteigerungsgut entgegen § 6 Absatz 2 VerstV zum Zwecke der Versteigerung an einen anderen Ort verbracht wurde
Versteigerungen im Reisegewerbe
- keine Anwendung des § 56a GewO (betrifft Frist und zwingende Angaben für die Anzeige von Wanderlagern)
Weitere Hinweise
Nachforderungen von Unterlagen/Informationen haben keinen Einfluss (mehr) auf den Lauf der Anzeigefrist!
Nicht mehr Bestandteil der Anzeige sind das Verzeichnis über das Versteigerungsgut, die Versteigerungsbedingungen, die Versteigerererlaubnis, Wortlaut und Art der Bekanntmachung der Versteigerung, Schätzgutachten bei Teppichen und Pelzmänteln.
Die Behörden sind nicht mehr daran gebunden, weitere erforderliche Unterlagen / Informationen bereits innerhalb von 3 Tagen nach Eingang der Anzeige anfordern zu müssen.
In der Verordnung ist nicht mehr geregelt, dass der Versteigerer noch vorhandenes Versteigerungsgut nach Ablauf der Versteigerung noch verkaufen darf. Der Verkauf ist somit nur dann zulässig, wenn der Unternehmensgegenstand des Versteigerers lt. Gewerbeanzeige den Handel einschließt.
Versteigerungen im räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang mit einer anderen Verkaufsveranstaltung sind nicht zulässig, es sei denn, es handelt sich um einen Räumungsverkauf wegen Geschäftsaufgabe.
Auf Internetversteigerungen, wie z. B. bei ebay, finden der § 34b GewO und die VerstV keine Anwendung.
Grenzüberschreitende Tätigkeiten
Versteigerer, die ihre Niederlassung in einem anderen EU-Mitgliedsstaat (oder EWR-Vertragsstaat) haben und nur vorübergehend im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Versteigerungen ankündigen und durchführen, bedürfen keiner Erlaubnis und keiner Gewerbeanzeige, vgl. § 4 GewO. Sie unterliegen auch nicht den Verboten nach § 34b GewO.
Die Bestimmungen der VerstV finden auf diese Versteigerer keine Anwendung, ausgenommen die über den Versteigererauftrag (§ 1 VerstV).
Stand: 04/2020