Entschädigung Gewerbetreibender bei öffentlichen Baumaßnahmen

Für Gewerbetreibende entstehen bei lang anhaltenden Baumaßnahmen im öffentlichen Raum im Bereich ihres Gewerbetriebes/Unternehmens häufig erhebliche und mit Umsatzeinbußen verbundene Einschränkungen bzw. Aufwendungen.
Der Überblick erläutert auf welcher Rechtsgrundlage, unter Beachtung welcher Kriterien und in welcher Höhe die betroffenen Gewerbetreibenden im Falle solcher Beeinträchtigungen die Möglichkeit haben, eine Entschädigung zu erhalten.

Öffentlich-rechtliche Entschädigungsansprüche


Straßenbaumaßnahmen - § 22 Abs. 5 SächsStrG und § 8a Abs. 5 FStrG

Die öffentlich-rechtlichen Entschädigungsansprüche sind in den jeweiligen Straßengesetzen geregelt. Der § 22 Abs. 5 Sächsisches Straßengesetz gilt für sächsische Staatsstraßen sowie Kreis- oder Gemeindestraßen und § 8a Abs. 5 Bundesfernstraßengesetz gilt für Autobahnen und Bundesstraßen.

Ob ein Entschädigungsanspruch des Betriebsinhabers gegen denjenigen, zu dessen Gunsten Arbeiten im Straßenbereich erfolgen, besteht kann, wird anhand folgender Voraussetzungen geprüft:
  • Zufahrten oder Zugänge sind durch Straßenarbeiten unterbrochen:
    Zufahrten und Zugänge sind die zur Benutzung (mit Fahrzeugen bzw. zu Fuß) bestimmten und geeigneten Verbindungen der öffentlichen Straßen mit den anliegenden Grundstücken. Eine Unterbrechung liegt vor, wenn das Grundstück vollkommen von der Straße abgeschnitten ist.
    Oder
  • Die Benutzung von Zufahrten/ Zugängen erheblich erschwert ist:
    Die Benutzung einer Zufahrt oder eines Zuganges ist erheblich erschwert, wenn das Grundstück nur unter beträchtlichem Aufwand erreicht werden kann.
    Und
  • Die Beeinträchtigung / Unterbrechung eine längere Zeit andauert:
    Der für eine Entschädigung maßgebliche Zeitraum kann nicht pauschal eingegrenzt bzw. bestimmt werden. In der Regel spricht man von einem „längeren Zeitraum“ nur dann, wenn sich die Maßnahme über mehrere Monate hinzieht. Handelt es sich um mehrere Maßnahmen, die nicht zeitlich gestreckt, sondern in einem Zug durchgeführt werden, sind alle Maßnahmen im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu sehen.
    Und
  • Die wirtschaftliche Existenz des anliegenden Betriebes gefährdet ist:
    Wann die Baumaßnahmen den Gewerbebetrieb in seiner Existenz gefährden, wird von den Gerichten im Einzelfall unter dem Stichwort „Opfergrenze“ festgestellt. Grundsätzlich gilt, dass dem Betrieb Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit drohen müssen. Bloße Umsatzeinbußen genügen nicht.

    Das bedeutet auch, dass einem bereits vor Beginn der Baumaßnahmen ohnehin wirtschaftlich instabilen Gewerbebetrieb zumeist eine Entschädigung nicht gewährt wird. Indiz hierfür sei nach der Rechtsprechung bereits, wenn sich bei einem Betrieb bereits nach kurzer Zeit der Baumaßnahmen tiefgreifende Schwierigkeiten einstellen. Dies spreche dafür, dass der Betrieb schon vorher wirtschaftlich instabil war.
    Und
  • Des Weiteren wird verlangt, dass die Gewerbetreibenden das Fortbestehen ihres Betriebes vorrangig durch Anspannung eigener Kräfte und unter Berücksichtigung der gegebenen Anpassungsmöglichkeiten sichern. Das heißt, es ist nachzuweisen, dass vor Inanspruchnahme von Entschädigungs- und Ausgleichsleistungen der Unternehmer alle Maßnahmen zur Senkung der Betriebs- und Personalkosten ergriffen hat und gegebenenfalls sogar ein Überbrückungsdarlehen aufgenommen hat.

    Die Existenzgefährdung ist von dem Betriebsinhaber durch Vorlage geeigneter Unterlagen und ggf. unter Einschaltung eines Betriebsprüfers darzulegen. Zu beachten ist dabei, dass Sie die Kosten für den Betriebsprüfer bei Ablehnung des Anspruches selbst tragen.
    Und
  • Zwischen der Unterbrechung /Nutzungserschwernis einerseits und der Existenzgefährdung andererseits besteht ein unmittelbarer Zusammenhang.
    Und
  • Von den eingerichteten Behelfsmaßnahmen geht keine wesentliche Entlastung aus:
    Zu den Behelfsmaßnahmen gehören zum Beispiel Grabenbrücken. Eine wesentliche Entlastung durch Behelfsmaßnahmen oder eine anderweitige ausreichende Verbindung zum öffentlichen Wegenetz ist dann anzunehmen, wenn der Betriebsinhaber die Möglichkeit hat, das Grundstück weiterhin in vollem Umfang zu nutzen. Zum Beispiel muss ein Gewerbetreibender, der auf größere Lieferungen angewiesen ist, auch von LKWs erreicht werden können.
    Und
  • Eine anderweitige ausreichende Verbindung zum öffentlichen Wegenetz nicht besteht.

    Die Höhe der Entschädigung ist - sofern grundsätzlich ein Anspruch nach den eben ausgeführten Voraussetzungen besteht - nicht identisch mit den tatsächlich erlittenen Ertragseinbußen. Entschädigt wird nur der Betrag, der unbedingt notwendig ist, um das Fortbestehen des Betriebes bis zum Ende der Baumaßnahmen zu sichern
Andere öffentliche Baumaßnahmen - Art. 14 GG
  • weit andere öffentliche Baumaßnahmen, wie zum Beispiel Bau-, Abriss- und Freimachungsmaßnahmen des Freistaates Sachsen oder der Kommunen und Landkreise durchgeführt werden, können die Ansprüche aus dem Eingriff in das durch Art. 14 Grundgesetz geschützte Eigentum aus enteignendem und enteignungsgleichem Eingriff zu ähnlichen Grundsätzen wie bei den Straßenbaumaßnahmen aufgeführt, gegeben sein.

Zivilrechtliche Entschädigungsansprüche

  1. § 823 Abs. 1 BGB - Schadensersatzanspruch: ein Anspruch auf Ersatz des gesamten Schadens ist möglich, wenn rechtswidrig in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen wird. Dieser Anspruch ist aber faktisch kaum durchsetzbar, weil es zumeist an einem unmittelbaren und betriebsbezogen Eingriff fehlt.
  2. § 906 Abs. 2 S. 2 BGB - Aufopferungsanspruch: dieser gewährt Gewerbetreibenden einen Ausgleich der Vermögenseinbuße nach den aufgezeigten Enteignungsgrundsätzen und ist in seiner Erreichbarkeit ebenso unwahrscheinlich.

Antragsstellung

  • Der Antrag auf Entschädigung ist formlos bei der Behörde zu stellen, die Vorhabensträger der Maßnahme ist. Den Vorhabensträger erfahren Sie bei Ihrer zuständigen Gemeinde.
  • Als Nachweise der Geschäftstätigkeit sind folgende Unterlagen mit einzureichen: die Ertragsrechnungen der vergangenen Jahre zum einen mit dem Ausweis der Zweckerträge wie Umsatzerlöse oder betriebliche Erträge und zum anderen der neutralen Erträge wie z.B. Zinserträge
  • Der Anspruch auf Entschädigung verjährt gemäß § 195 BGB nach drei Jahren. Diese Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem Ihr Anspruch entstanden ist und Sie von den anspruchsbegründenden Umständen und des Baulastträgers Kenntnis erlangt haben oder hätten erlangen können.