Rentenversicherungspflicht arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger

Was sind arbeitnehmerähnliche Selbstständige?

Grundsätzlich unterliegen Selbstständige nicht der gesetzlichen Rentenversicherung, es sei denn, durch Gesetz ist etwas anderes bestimmt.
So bestimmt § 2 Nr.9 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) dass Selbstständige:
  • die auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft und
  • im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen
rentenversicherungspflichtig sind ("arbeitnehmerähnliche" Selbstständige). Rentenversicherungspflicht entsteht nur, wenn beide Kriterien erfüllt sind.

Welche Beschäftigung ist nicht sozialversicherungspflichtig?

Eine nicht versicherungspflichtige Beschäftigung liegt in der Regel bei einer sog. geringfügigen Beschäftigung oder sog. Minijobber. Diese liegt in der Regel vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 450 Euro nicht übersteigt oder die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 70 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 450 Euro im Monat übersteigt, § 8 SGB IV.

Was heißt auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber?

„Auf Dauer“ ist eine Tätigkeit beispielsweise bei Dauerauftragsverhältnissen oder bei regelmäßig wiederkehrenden Auftragsverhältnissen angelegt. Besteht aber z.B. ein von vornherein projektbezogenes Auftragsverhältnis, wird Dauerhaftigkeit nicht anzunehmen sein, wenn das Projekt kürzer als 1 Jahr läuft. Hier ist aber auch die o.g. Zeitgrenze von 70 Tagen zu beachten.
“Im Wesentlichen“ ist ein Selbstständiger nur für einen Auftraggeber tätig, wenn er im Rahmen einer Ausschließlichkeitsklausel tätig ist oder mehrere Auftraggeber hat, aber mindestens 5/6 seiner Betriebseinnahmen nur bei einem der Auftraggeber erzielt.

Typische Fälle aus der Praxis:

§ 2 Nr. 9 SGB VI kann beispielsweise zutreffend sein bei gebundenen Versicherungsvertretern, Einmann-Montagediensten als Erfüllungsgehilfe für einen Hersteller, Vermögensberatern mit Anbindung an nur eine Vertriebsgesellschaft, Subunternehmern im Transportgewerbe für nur einen Auftraggeber, Einfirmen-Handelsvertreter im Warenhandel oder Dienstleistungsbereich, etc., jeweils ohne versicherungspflichtige Beschäftigte.
Maßgeblich ist nicht die Bezeichnung der Tätigkeit, sondern die Art und Ausgestaltung der ausgeübten Tätigkeit. Stets sind die konkreten Umstände, unter denen die zu beurteilende selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird, zu prüfen.

Ich bin arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger – was nun?

  • Meldepflicht
Versicherungspflichtige Selbstständige nach § 2 Nr.9 SGB VI sind verpflichtet, sich innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit beim zuständigen Rentenversicherungsträger zu melden, § 190 a SGB VI.
Die Meldepflicht besteht z.B. auch dann, wenn ein Selbstständiger, der dem Kreis der Versicherungspflichtigen bislang nicht angehörte (z.B. der Mehrfach-Versicherungsvertreter), seine Tätigkeit ändert und dadurch in den Kreis der versicherungspflichtigen Selbstständigen fällt (z.B. als gebundener Versicherungsvertreter eines Versicherungsunternehmens).
Die Meldung muss mittels Vordruck (umfassender Fragebogen - insbesondere über Art der Tätigkeit und Auftragsverhältnisse) des zuständigen Rentenversicherungsträgers erfolgen. Der Versicherungsträger prüft anhand der Angaben und vorzulegenden Unterlagen (Kooperationsverträge, Gewerbeanmeldung, gewerberechtliche Erlaubnis, Arbeitsverträge mit Beschäftigten etc.), ob von einer Versicherungspflicht auszugehen ist. Im Ergebnis einer solchen Prüfung kann es auch dazu kommen, dass eine
Versicherungspflicht für rückwirkende Zeiträume festgestellt wird (Folge: ggf. Beitragsnachzahlung). Umgekehrt können sich die Verhältnisse des Selbstständigen auch so verändern, dass eine festgestellte Rentenversicherungspflicht wieder entfällt, z. B. Informationen und Formulare finden Sie unter auf der Internetseite der Deutschen Rentenversicherung.
  • Befreiung von der Rentenversicherungspflicht auf Antrag, § 6 Abs. 1a SGB VI
Wer nach § 2 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtig ist, wird auf Antrag für einen Zeitraum von 3 Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale nach § 2 Ziffer 9 erfüllt, von der Rentenversicherungspflicht befreit.
Die Befreiung gilt ab dem Tage der Aufnahme der zur Versicherungspflicht führenden Tätigkeit, wenn der Antrag innerhalb der ersten drei Monate seit Aufnahme der Tätigkeit gestellt wurde.
Eine spätere Antragstellung (somit nach drei Monaten) verkürzt die Dauer der möglichen Befreiung von der Versicherungspflicht und die Befreiung gilt in dem Falle erst ab Eingang des Antrages beim Versicherungsträger (mit der Folge der Beitragsnachzahlung für die Zeit von der Aufnahme der versicherungspflichtigen Tätigkeit bis zur Antragstellung).
Auch hier gilt: Ändert sich während des Befreiungszeitraumes die zur Versicherungspflicht geführte Tätigkeit und entfällt dadurch (kraft Gesetz) die Versicherungspflicht wieder, kommt die Befreiung ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zum Tragen.
Von der Rentenversicherungspflicht befreit werden Selbstständige, wenn sie nach Vollendung des 58. Lebensjahres nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals eine nach § 2 Nr. 9 versicherungspflichtige Tätigkeit aufnehmen. Die Befreiung erfolgt auf Antrag (siehe auch „3-Monatsregelung“). Ein Beispiel: Ein Handelsvertreter möchte die letzten Jahre vor seinem Ruhestand ruhiger angehen, zieht sich aus mehreren Vertretungen zurück und wird zum Einfirmenvertreter.
  • Prüfrechte der Versicherungsträger
Im Rahmen der Beitragsüberwachung sind die Versicherungsträger berechtigt, bei den versicherungspflichtigen Selbstständigen oder deren beauftragten steuerberatenden Stellen Prüfungen vorzunehmen.
Abschließender Hinweis: In dieser Kurz-Information können nur die Grundzüge zur Rentenversicherungspflicht für Selbstständige mit nur einem Auftraggeber erläutert werden. Anwendung/Auslegung der gesetzlichen Regelungen sind sehr kompliziert und vielschichtig und immer auf den konkreten Einzelfall abzustellen. Nähere Erläuterungen zur Rentenversicherungspflicht nach § 2 Nr. 9 SGB VI finden Sie bei der Deutschen Rentenversicherung des Bundes.