Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV)

Die AwSV regelt die rechtlichen Anforderungen an Anlagentechnik, Überwachungspflichten und Dokumentationen für Industrie-, Lager- oder Umschlagsanlagen.
Seit November 2019 liegt bereits ein Referentenentwurf zur ersten Änderung der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) des Bundesumweltministeriums vor. Die AwSV war am 1.8.2017 in Kraft getreten. Nun sollen einige Widersprüche oder Unsicherheiten klargestellt und Aktualisierungen vorgenommen werden.
Die Änderungsverordnung enthält zahlreiche Klarstellungen und aktualisierte Bezüge. Neu aufgenommen werden zudem Anforderungen an die Löschwasserrückhaltung, eine Ergänzung der Anforderungen an Umschlagsanlagen sowie die Abgrenzung der Biogas- von Jauche-, Gülle- und Silageanlagen (JGS).
Nochmals vielen Dank an alle die sich am Prozess beteiligt und uns Ihre Hinweise übermittelt haben.
Im Einzelnen umfasst die aktuell gültige Verordnung fünf Kapitel mit 73 Paragraphen und sieben Anlagen (im Sinne von Anhängen zum Text).

Kapitel 1:
Zweck; Anwendungsbereich; Begriffsbestimmungen (§§ 1 - 2)

Kapitel 1 enthält zahlreiche Begriffsbestimmungen, die im Vergleich zur bisherigen VAwS teilweise präzisiert oder neu aufgenommen werden. Dazu gehören z. B. „Stoffe“ und „Gemische“ (worunter auch Abfälle fallen), "Anlagen", "Fass- und Gebindelager", "Eigenverbrauchstankstellen", "unterirdische Anlagen", „Abfüll- und Umschlagsflächen“ und das "Umschlagen".
Ausgenommen vom Anwendungsbereich werden oberirdische Anlagen mit einem Volumen von maximal 220 Litern oder einer Masse von maximal 200 kg außerhalb von Überschwemmungsgebieten und Wasserschutzgebieten (wobei unter diesem Begriff in der AwSV generell nur die Zonen I, II und III oder III A zu verstehen sind, also nicht Zone III B).

Kapitel 2:
Einstufung von Stoffen und Gemischen (§§ 3 - 12)

Kapitel 2 regelt die Einstufung von Stoffen und Gemischen in Wassergefährdungsklassen (WGK 1, WGK 2, WGK 3) oder als „nicht wassergefährdend“. WGK 2 wird umbenannt in "deutlich wassergefährdend". Außerdem wird eine neue Kategorie „allgemein wassergefährdend“ eingeführt für Stoffe und Gemische, bei denen eine Einstufung in WGKs schwierig wäre.
Darunter fallen z. B. feste Abfälle, es sei denn, dass „aufgrund ihrer Herkunft oder Zusammensetzung eine nachteilige Veränderung der Gewässerbeschaffenheit nicht zu besorgen ist“ (§ 3 Abs. 2). Letzteres gilt laut der Verordnungsbegründung z. B. für Altpapier, Verpackungskunststoffe und Altholz mit anhaftenden Farbresten; als Gegenbeispiel wird Altholz, das mit Holzschutzmitteln behandelt wurde, genannt. Weitere Ausnahmemöglichkeiten für feste Gemische/Abfälle enthält § 10, vor allem durch einen Verweis auf die LAGA-Einbauklassen Z 0 und Z 1.1.
Detailvorgaben für die Einstufung werden nicht mehr in einer Verwaltungsvorschrift festgelegt, sondern in Anlage 1 der AwSV. Inhaltlich entsprechen sie weitgehend den bisherigen Regelungen, die auf das Gefahrstoffrecht Bezug nehmen.
Neu aufgenommen wird in Kapitel 2 die Regelung, dass Gemische als stark wassergefährdend (WGK 3) gelten, solange keine anderweitige (begründete) Einstufung dokumentiert ist. Anlagenbetreiber sind grundsätzlich zur Selbsteinstufung verpflichtet. Einstufungen von Stoffen sind dem Umweltbundesamt zu melden. Einstufungen von Gemischen sind dagegen den regional zuständigen Behörden ggf. im Rahmen einer Zulassung oder auf behördliches Verlangen zu dokumentieren (mit Formblättern aus Anlage 2). Dadurch drohen bürokratischer Aufwand und zusätzliche Kosten.

Kapitel 3:
Technische und organisatorische Anforderungen an Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (§§ 13 - 51)

§ 13 nimmt einige Anlagen von den Bestimmungen des Kapitels 3 aus, insbesondere die Abfalllagerung und Eigenkompostierung bei Privathaushalten und gewerblich genutzte Lagerbehälter mit einem Volumen bis 1250 Litern unter bestimmten Randbedingungen.
§ 14 (und § 39, s. u.) enthalten Klarstellungen zur Abgrenzung von Anlagen. § 17 legt die Grundsatzanforderungen ähnlich wie bisher fest, soweit sie nicht in andere Paragraphen aufgenommen werden, insbesondere § 18 und § 19 zu Rückhalteeinrichtungen. Auch die Anlagenplanung wird ausdrücklich den Grundsatzanforderungen unterworfen, um Fehlern vorzubeugen.
§ 18 schreibt ein Mindestvolumen der generell geforderten Rückhalteeinrichtungen bis zum Wirksamwerden geeigneter Sicherheitsvorkehrungen fest. Dies entspricht "R1" im Anhang der bisherigen VAwS. Damit wird jedoch "R0" de facto abgeschafft und die Anforderungen an viele bisher darunterfallenden Anlagen verschärft. (Ausgenommen von der „R1“-Forderung werden oberirdische Anlagen bis 1000 Liter mit WGK 1 und unter bestimmten Randbedingungen).
Außerdem wird für Anlagen der Gefährdungsstufe D an dieser Stelle "R2" gefordert, also ein Rückhaltevolumen ohne Berücksichtigung von Gegenmaßnahmen. § 19 enthält Klarstellungen bzgl. Niederschlagswasser im Hinblick auf Rückhaltevolumina von Anlagen.
Nach § 22 sind Abwasseranlagen, die unter definierten Randbedingungen auch als Rückhalteeinrichtungen verwendet werden können, in die AwSV-Prüfungen einzubeziehen.
Verschärft werden mit § 20 die Anforderungen an die Rückhaltung von Löschwasser im Brandfall (im Gegensatz zu ersten Entwürfen auch bei A-Anlagen), die erhebliche bauliche Maßnahmen erforderlich machen können.
Detaillierter geregelt als bisher werden in § 24 die Pflichten bei Betriebsstörungen, insbesondere Anzeigepflichten durch alle Beteiligten bei einem Austreten nennenswerter Stoffmengen. Neu aufgenommen werden Vorgaben an die Instandsetzung, für die jeweils ein Instandsetzungskonzept zu erarbeiten ist (allerdings nicht zwingend durch WHG-Fachbetriebe, wie in ersten Entwürfen vorgesehen war).
§ 25 - § 38 bilden einen zusätzlichen Abschnitt 3 mit „besonderen Anforderungen an die Rückhaltung bei bestimmten Anlagen.“ Gemeint sind z. B. der Umgang mit festen Stoffen, Fass- und Gebindelager, Heizölverbraucheranlagen, Erdwärmesonden und Kälteanlagen. Die Regelungen dieses Abschnitts ersetzen, soweit zutreffend, die oben genannte „R1-Forderung“ des § 18, jedoch nicht die „R2-Forderung“ für D-Anlagen gemäß § 18.
Im Vergleich zur bisherigen VAwS wird auf eine Differenzierung in tabellarischer Form mit F-, R- und I-Anforderungen (Fläche, Rückhaltevermögen, Infrastruktur) verzichtet. Stattdessen werden die Vorgaben verbal formuliert.
§ 26 reglementiert u. a. das umstrittene Thema des Lagerns fester wassergefährdender Stoffe. Sofern hier ein Wasserzutritt nicht immer verhindert werden kann, wird anstelle einer Rückhalteeinrichtung u. a. eine Befestigung des Untergrunds gefordert, so dass an seiner Unterseite kein verunreinigtes Niederschlagswasser austreten kann.
§ 28 enthält Regelungen für Umschlaganlagen allgemein und § 29 speziell für Umschlaganlagen des intermodalen Verkehrs.
§ 39 definiert die Gefährdungsstufen A, B, C und D zunächst wie bisher. D.h. die in früheren Entwürfen vorgeschlagene und viel kritisierte Änderung der Einstufung von WGK-1-Anlagen mit einem Volumen zwischen 10 und 100 Kubikmeter entfällt, es bleibt hier bei Gefährdungsstufe A. Betriebliche Absperreinrichtungen sollen bei der Festlegung der Gefährdungsstufe außer Betracht bleiben, was dazu führen kann, dass Anlagen strenger als bisher eingestuft werden müssen.
§ 40 führt (für Baden-Württemberg erstmals) eine Anzeigepflicht für prüfpflichtige Anlagen ein; ausgenommen sind damit lediglich oberirdische A-Anlagen. Die bei Inkrafttreten der Verordnung am 1.08.2017 bereits bestehenden Anlagen müssen nach Einschätzung des baden-württembergischen Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft jedoch nicht angezeigt werden. Unabhängig davon schreibt § 40 bei einem Wechsel des Anlagenbetreibers eine erneute Anzeige vor (außer bei Heizölverbraucheranlagen).
§ 43 verlangt neu für alle Anlagen, dass der Anlagenbetreiber eine detaillierte Anlagendokumentation zu führen hat, selbst bei nicht-prüfpflichtigen Anlagen (ähnlich den bisherigen Anlagenkatastern, die jedoch nur für D-Anlagen vorgeschrieben waren).
Die Forderung nach Betriebsanweisungen, die bisher Teil der Grundsatzanforderungen war, findet sich nun in detaillierter Form in § 44 wieder. Der darin enthaltene Notfallplan ist künftig mit den Stellen abzustimmen, die im Rahmen des Notfallplans und der Sofortmaßnahmen beteiligt sind. Nicht betroffen sind A-Anlagen, Eigenverbrauchstankstellen und Heizölverbraucheranlagen (wozu auch Diesel-Notstromaggregate zählen), für die stattdessen mit Anlage 3 und 4 der AwSV die Anbringung eines „Merkblatts zu Betriebs- und Verhaltensvorschriften“ vorgeschrieben wird.
Beibehalten werden die Pflichten zur Beauftragung von Fachbetrieben (mit diversen Ausnahmen). Speziell bei Heizölverbraucheranlagen und Notstromanlagen der Gefährdungsstufe B wird jedoch die Fachbetriebspflicht neu vorgeschrieben. Auch Instandsetzungsarbeiten (in Abgrenzung zum Instandhalten und von außen Reinigen) fallen künftig unter die Fachbetriebspflicht.
Die Pflichten zur Anlagenüberprüfung durch externe Sachverständige werden in §§ 46 - 48 detaillierter als bisher geregelt; insbesondere die Pflicht der Anlagenbetreiber, die bei der Prüfung ggf. festgestellten erheblichen oder gefährlichen Mängel unverzüglich zu beheben. Neu ist die Verpflichtung der Sachverständigen, geprüfte Heizölverbraucheranlagen mit Prüfplaketten zu versehen und den Betreibern das Merkblatt gemäß Anlage 3 auszuhändigen.
Welche Anlagen ansonsten in welchen Abständen zu prüfen sind, wird nicht mehr verbal im Verordnungstext, sondern nun tabellarisch in den Anlagen 5 und 6 aufgelistet. Neue wiederkehrende Überprüfungspflichten alle 5 Jahre gibt es für Heizölverbraucheranlagen in Überschwemmungs- und in Wasserschutzgebieten (außer Zone III B); dagegen wurde die in Vorentwürfen enthaltene 10-jährliche Überprüfung dieser Anlagen außerhalb von Schutzgebieten wieder gestrichen. Ausdrücklich festgelegt werden bei Abfüll- und Umschlaganlagen zusätzliche Nachprüfungen der Abfüll- und Umschlagsflächen nach einjähriger Betriebszeit. Neu eingeführt werden Überprüfungspflichten bei Biogasanlagen und Anlagen mit aufschwimmenden flüssigen Stoffen; weitere Änderungen in den Überprüfungspflichten betreffen Anlagen mit festen wassergefährdenden Stoffen. Anlagen zum Lagern fester Abfälle werden ab einer Lagerkapazität von 1000 Tonnen prüfpflichtig.
Die bisherige baden-württembergische Sonderregelung, dass bestimmte Prüfungen durch Fachbetriebe anstatt durch Sachverständige durchgeführt werden können, wird leider nicht ins Bundesrecht übernommen.
§ 49 verschärft die Anforderungen an Anlagen in Wasserschutzgebieten (außer Zone III B) dahingehend, dass unterirdische C- und D-Anlagen nicht zulässig sind. Dies trifft WGK-2-Anlagen ab 10 und WGK-3-Anlagen ab 1 Kubikmeter; bisher sind in Baden-Württemberg WGK 2-Stoffe (und speziell bei Tankstellen auch Kraftstoffe mit WGK 3) bis 40 Kubikmeter zulässig. Außerdem wird der Einsatz von Erdwärmesonden (außer in Privathaushalten) in Schutzgebieten generell untersagt.
Weitergehende Regelungen aus landesrechtlichen oder regionalen Verordnungen bleiben in Kraft. Ausnahmen bzw. Abweichungen können durch die Wasserbehörden zugelassen werden.

Kapitel 4 (§§ 52 - 64) und Kapitel 5 (§§ 65 - 73) und Anlagen 1 - 7

Kapitel 4 regelt die Pflichten von Sachverständigen und Sachverständigenorganisationen, Güte- und Überwachungsgemeinschaften sowie von WHG-Fachbetrieben. Neu eingeführt wird eine Verpflichtung dieser Organisationen und Gemeinschaften, die von ihnen überwachten Fachbetriebe, sofern diese für Dritte tätig werden, im Internet bekanntzumachen.
Kapitel 5 enthält insbesondere einen langen Katalog von Bußgeldvorschriften sowie Übergangsregelungen. Das maximale Bußgeld kann durch den Verweis auf das Wasserhaushaltsgesetz bis zu 50.000 € betragen.
"Organisatorische Pflichten", z. B. Anzeige- und Dokumentationspflichten, treten am 1. August 2017 in Kraft. Umstritten waren mögliche technische Nachrüstpflichten, für die in Vorentwürfen eine 10-Jahres-Frist vorgesehen war. Diese Vorgabe ist wieder gestrichen worden.
Stattdessen soll bei prüfpflichtigen Anlagen der prüfende Sachverständige auch Aussagen darüber treffen, inwieweit die neue Bundesverordnung ggf. nicht eingehalten wird. Daraufhin soll die jeweils zuständige Wasserbehörde entscheiden, ob sie technische oder organisatorische Anpassungsmaßnahmen anordnet. Sollten bei der Sachverständigenprüfung allerdings erhebliche oder gefährliche Mängel festgestellt werden, dann ist bei deren Beseitigung die neue AwSV einzuhalten. Gleiches gilt, wenn wesentliche bauliche Teile oder wesentliche Sicherheitseinrichtungen einer bestehenden Anlage geändert werden, für diese Teile und Einrichtungen.
Bei nicht regelmäßig prüfpflichtigen Anlagen gelten die besagten „organisatorischen Pflichten“ ebenfalls mit Inkrafttreten der Verordnung (ab 1. August 2017). Bzgl. sonstiger (technischer) Anforderungen sind die bisherigen landesrechtlichen VAwS-Vorgaben weiterhin anzuwenden, solange die Behörde nichts Anderes anordnet bzw. solange keine wesentlichen Änderungen vorgenommen werden.
(Autor: Wilfried Baumann, IHK Südlicher Oberrhein)

Abschließende Hinweise

Den Link zum Gesetzestext, Formulare und weiterführende Informationen finden Sie auf der Webseite des Sächsischen Landesamts für Umwelt.