Aktionsbündnis Bremer Innenstadt: Vom Aktionsprogramm zum wirklichen Aufbruch

Das Aktionsbündnis Bremer Innenstadt vereint Vertreter der innerstädtischen Wirtschaft, der Arbeitnehmer und Architekten sowie Investoren. Es macht sich stark für eine zukunftsträchtige und innovative Bremer Innenstadt und eine integrierte Stadtentwicklung.
Forderungen zur Entwicklung der Bremer Innenstadt
Die Bremer Innenstadt steht aktuell vor enormen Herausforderungen. Sie muss sich wandeln und neu positionieren; kann aber gleichzeitig auch auf ihren vielfältigen Qualitäten aufbauen. Der Innenstadt-Gipfel am 15. Juli 2020 im Bremer Rathaus hat den Handlungsbedarf für konzertiertes Handeln und kurzfristig wirkende Projekte zur Belebung und Stärkung der Bremer Innenstadt bestätigt. Mit dem auf den Weg gebrachten Aktionsprogramm hat der Senat zwar ein vielgestaltiges Maßnahmenbündel geschnürt, dessen Einzelprojekte (u.a. der Concept-Store-Wettbewerb und die Lichtkunst zu Weihnachten) in der Mehrzahl begrüßt werden. Jedoch fehlen wirkliche städtebauliche und immobilienwirtschaftliche Leuchtturmprojekte mit Signalwirkung. Gerade diese sind in Zeiten größerer Umbrüche und Unsicherheiten dringend auf vernünftige Rahmenbedingungen und eine proaktive Prozessbegleitung angewiesen.
Frei von parteipolitischen Interessen fordern die Unterzeichner deshalb die Stadt Bremen und den Senat auf, diese Rahmenbedingungen zu schaffen sowie einen ganzheitlichen, ressortübergreifenden Masterplan für die Innenstadt anzustoßen und zügig voranzutreiben - so organisiert, dass Meilensteine zu kurz- und mittelfristigen, sicht- und fühlbaren Ergebnissen führen. Ein überzeugend strategisches Entwicklungskonzept mit wirklichen Umsetzungsperspektiven, das Planungsprozesse aus Bau und Verkehr zu einer integrierten Stadtentwicklung bündelt sowie eine attraktive Nutzungsdurchmischung berücksichtigt, muss daher ganz oben auf der Agenda des Senats stehen. In der aktuellen Diskussion über das Heraushalten motorisierter Verkehre aus der Innenstadt sind die eigentlichen Herausforderungen, die Aufenthaltsqualität und Verweildauer zu erhöhen, über einen attraktiven Geschäftsbesatz und ein neues Storytelling mehr Leben, mehr Besucher, mehr Arbeit, mehr Umsatz und mehr Wertschöpfung in die Bremer City zu lotsen, nicht aus dem Blick zu verlieren. Bremen sollte sich überzeugt, selbstbewusst und offensiv dazu bekennen, eine traditionell weltoffene europäische Zukunftsstadt, die Metropole im Nordwesten Deutschlands und die facettenreichste Einkaufsstadt der Region zu sein.
Ein innerstädtischer Strategieplan muss also als Kompass für die Zukunftsgestaltung der Bremer Innenstadt dienen. Er muss auf einem neuen gemeinsamen Commitment für die Innenstadtentwicklung basieren und eine gemeinsame Vision als Leitbild verfolgen - zukunftsorientiert, innovativ, dialogisch und den Projekten den Weg bereitend. Ein zweiter Rathaus-Gipfel muss diese Zielsetzung aufgreifen und dabei den Fokus auf folgende Themen richten:

1. Eine gemeinsame Vision und übergeordnete Ziele verfolgen

Bremen ist DIE Metropole zwischen Hamburg und Amsterdam. Dies gilt es, nach außen zu tragen. Die Bremer City steht für eine erlebnisorientierte und fußgängerfreundliche Altstadt, deren Kern ein facettenreicher Einzelhandel und eine lebendige Gastronomie bilden. Ziel muss es sein, die Innenstadt zu einem vitalen Zentrum für Handel, Arbeiten, Wohnen, Kultur und Freizeit zu entwickeln und dabei eine hohe Aufenthaltsqualität in den öffentlichen Räumen sicherzustellen. Die Bremer City soll ein „Kraftort“ für zukunftsweisende Gespräche und Entscheidungen aller gesellschaftlicher Gruppen und Institutionen und ein wirtschaftlich starker Motor für ganz Bremen sein. Sie ist der zentrale Ort für Beschäftigung (mehr als 45.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (ohne Verwaltung)), Innovationen und Kreativität. Die Bremer City hat eine Oberzentrumsfunktion, die es zu stärken und weiterzuentwickeln gilt. Vor allem aber muss sie ihre Ambitionen selbstbewusst nach außen tragen. Hierzu gehört an der einen oder anderen Stelle auch mutige Architektur.

2. Nutzungs- und Angebotsvielfalt realisieren

Nutzungsmischungen auf engem Raum werden zunehmend zu Keimzellen für moderne Innenstadtstrukturen. Zentren können so rekonfiguriert und in zentralster Lage belebt werden. Eine Metropole wie Bremen dient zunächst dem Austausch von Wissen und Informationen, es gilt, die Sehnsucht der Menschen nach persönlichen Kontakten zu erfüllen. Themen wie die moderne Gestaltung von Arbeitswelten, Nahversorgung, Gastronomie und Tourismus, Kultur, Sport und Freizeit, Schule und Wissenschaft, Mobilität, Bürger-Services sowie Wohnungsbau sind in einer intelligenten Stadt ineinander-greifend anzugehen. Der Einzelhandel bleibt ein wichtiger Anker, wird allein aber das Stadtzentrum in Zukunft nicht mit Leben füllen können. Vielmehr braucht es jetzt neue Konzepte für Nutzungsmischungen. Die Innenstadt muss von der Konsumzone zum sozial- und nutzungsgemischten Quartier werden. Hieraus ergeben sich neue Chancen für den qualifizierten Einzelhandel.
Ziel muss eine wirtschaftlich, politisch und kulturell vibrierende Metropole sein. Diese soll auch wieder mehr junge Menschen für die Innenstadt begeistern. Aufbauend auf der Ideenmeisterschaft von 2018 soll der Senat folgende Themen berücksichtigen:
  • Anbindung der Stadt an ihre Lebensader, die Weser, und Hebung der Bedeutung des Flusses auch und vor allem in ökologischer Hinsicht im Bewusstsein der Bremer und Butenbremer. Benchmark könnte Basel sein. Dort ist es „chic“, im Rhein zu schwimmen. Andere Beispiele finden sich in Kiel (Sandhafen) und Berlin (Badeschiff).
  • Die Bremer City muss als „Wohnort“ wiederentdeckt werden, entsprechende Rahmenbedingungen und Investitionen sind voranzutreiben. Mit mehr Bewohnern und deren Kaufkraft ergeben sich neue Impulse für Beschäftigung im Einzelhandel.
  • Bremen ist Landeshauptstadt – die Innenstadt muss den entsprechenden politischen Raum widerspiegeln.
  • Darüber hinaus muss die Öffentliche Hand im Zusammenspiel mit privaten Investoren eigene Vorhaben verwirklichen und neue Infrastrukturen schaffen. Die Stadt muss sich festlegen, aus welchen Komponenten der eigene Beitrag durch öffentliche Gebäudenutzungen und Umfeldgestaltung besteht. Folgende öffentliche Vorhaben sollten die privaten Innenstadtprojekte komplettieren:
    • Bremen ist „Stadt der Wissenschaft“ – Die Innenstadt sollte für die Kommunikation zwischen Wissenschaft einerseits und Politik, Wirtschaft und anderen Bereichen andererseits stehen, entsprechende Ansiedlungen sind vorzunehmen. Hierzu kann die Realisierung eines City-Campus gehören; auch eine Art Hörsaalzentrum wäre denkbar. Im Kontext einer oder mehrerer neuer Bildungsimmobilien in der Innenstadt sollte auch die Ansiedlung einer Berufsschule geprüft werden, die die Frequenz insbesonderer junger Menschen erhöhen würde.
    • Eine zweite öffentliche Ankernutzung könnte eine moderne und kundenfreundliche Zusammenfassung sämtlicher Bürger-Services an einem neuen zentralen Ort in der Innenstadt sein. Dieser bündelt die folgenden Dienstleistungen: Zentraler Servicepunkt der öffentlichen Verwaltung, Kinderbetreuung, öffentliche Toilette, Paketstation, Schließfächer, Radstation mit Reparaturservice etc.
  • Die kreative Stadt im digitalen Zeitalter verschafft auch Manufakturen eine Renaissance: Gerade in den Metropolen finden sie Entfaltungsräume und Anhänger. Ob Lifestyle-Objekte, Bekleidung, Möbel, Schmuck (Gold- und Silberschmiede), Keramik, Glas oder andere kleinteilige Handwerksgewerke – Manufakturen in der Stadt produzieren hochwertige, designorientierte Produkte, die teilweise auch in gläsernen Werkstätten hergestellt werden. Sie sind die Pioniere, die die städtischen Räume als Produktionsstandort zurückerobern. Zwei entscheidende Faktoren bestimmen dabei die Wahl des Standortes. Das ist zum einen die Nähe zum Konsumenten. Denn gerade in den Städten leben jene, die diese Produkte begehren und wertschätzen. Zum anderen ermöglicht die urbane Lage, bestimmte Herstellungsprozesse, wie beispielsweise Laserschnitte, mit anderen Manufakturen zu teilen. Die Bremer Innenstadt sollte diese Chancen nutzen und diesem Trend Raum geben, indem es Nischen zulässt und promotet.
  • Neben den Beschäftigten im Einzelhandel arbeiten in der Bremer Innenstadt schon heute auch Ärzte, Berater, Anwälte, Bankkaufleute, Fachkräfte in IT- und Medienberufen sowie eine Vielzahl anderer Dienstleister. Auch für diese wissensintensiven Dienstleistungen und ihre Entwicklungsmöglichkeiten muss die Innenstadt mit attraktiven Büroflächen und Milieus ausgestattet sein.
  • Ein Nutzungskonzept für den Wall und die Wallanlagen muss entwickelt und umgesetzt werden, das Aufenthaltsqualität und Handelsinteressen gleichermaßen berücksichtigt; das Gleiche gilt für den Domshof, der Potenziale hat, ein vitaler Platz mit hoher Aufenthalts- und Erlebnisqualität zu werden. Die Erfolge beider Lagen hängen maßgeblich davon ab, ob sie menschen- und wirtschaftsgerecht geplant oder allein von verkehrlichen Maßnahmen beeinflusst werden.
  • Die Glocke als Musikhaus und Kulturort von Rang ist zu betonen und in ihrer städtebaulichen Einordnung zu stärken. Bei dem diskutierten Umbau der Domsheide kann es jetzt nicht mehr allein um die Optimierung der Haltestellenanlagen gehen. Vielmehr muss durch eine neue Platz- und Umfeldgestaltung unbedingt auch die Entreesituation und die städtebauliche Einordnung des Konzerthauses insgesamt gestärkt werden.
  • Ermittlung eines Branchen- und Segmentbedarfs für die Bremer City muss verfolgt werden. Die Ergebnisse müssen in eine innerstädtische Vermarktungs- und Vertriebsstrategie einfließen.
  • Gründerkonzepte und Start-ups sind finanziell und infrastrukturell verstärkt zu unterstützen, mit dem Ziel, diese mittel- und langfristig in der Bremer Innenstadt anzusiedeln und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Innovative Ideen und Unternehmenskonzepte führen dabei zu einer interessanten Durchmischung des Standortes Innenstadt und machen diesen unverwechselbarer.
  • Innovative Leerstands- und Zwischennutzung soll nachhaltig unterstützt werden.
  • Dem Bauressort fällt die Aufgabe zu, Downgrading-Tendenzen Einhalt zu gebieten. So muss zum Beispiel rechtssicher verhindert werden, dass Kioske und Spielhallen in die historische Kerninnenstadt drängen.

3. Gestaltung und Qualitäten betonen

3.1 Gestaltungsgrundsätze einführen und umsetzen

Das Zentrum ist das Aushängeschild einer Stadt. In der Bremer Innenstadt muss daher ein hoher Anspruch an die Gestaltung von Gebäuden und öffentlichen Räumen gelten. Aufenthalts- und Architekturqualitäten ziehen die Menschen an - eine wesentliche Voraussetzung für mehr Lebendigkeit, mehr Wertschöpfung und mehr Investitionsbereitschaft.
Gestaltungssatzungen oder -richtlinien für die Bremer Innenstadt können Beleuchtungsvarianten, Mobiliar und Begrünung sowie auch Wege- und Werbebeschilderungen umfassen. Sie tragen ganz praktisch dazu bei, Stadtbildqualitäten zu erhalten bzw. wiederherzustellen und zu verbessern. In vielen Städten gibt es bereits umfassende Gestaltungsrichtlinien. Auch wenn es bereits einzelne positive und von den Akteuren vor Ort initiierte Beispiele wie im Balgequartier und im BID Ansgari gibt, so fehlt Bremen ein stimmiges Gesamtkonzept.

3.2 Sauberkeit und Sicherheit durchsetzen

Das Sauberkeitsbild der Bremer Innenstadt hat sich in der letzten Zeit verschlechtert. Es fehlt ein ambitioniertes und wahrnehmbares Aufbruchsignal für mehr Sauberkeit und öffentliche Ordnung. Es genügt nicht, sicherzustellen, dass die Mülleimer nicht überlaufen. Der öffentliche Raum muss zum angstfreien und gepflegten Raum werden, der zum Besuch und Verweilen einlädt. Es sind u.a. folgende Maßnahmen zu ergreifen:
  • Die Wallanlagen sind zu pflegen und durch geeigneten Beschnitt des Unterholzes die Sichtachsen zu verbessern und angstfreie Räume zu schaffen. Dabei sind Lösungen für den hier und an anderen Orten der Innenstadt stattfindenden Drogenverkauf und -konsum zu finden und Maßnahmen gegen aggressives und organisiertes Betteln umzusetzen.
  • Das Füttern von Tauben muss - wie in nahezu allen anderen Großstädten auch - verboten und unterbunden werden.
  • Bußgelder gegen Verstöße sind konsequent zu verhängen.
  • Die Reinigungsintervalle für Straßen, Plätze und das Stadtmobiliar sowie die Anzahl an Müllbehältern sind sinnvoll zu erhöhen.
  • Die Innenstadt benötigt moderne und gut zugängliche öffentliche Toilettenanlagen - ggf. privat betrieben, kostenpflichtig und mit einem Standard, wie er von Bahnhöfen und Autobahnraststätten vertraut ist.

3.3 Aufenthalts- und Erlebnisqualität erhöhen

Im Kontext Aufenthaltsqualität gilt es auch, den öffentlichen Raum zu beleben: Aufenthalts- und Relaxinginseln im öffentlichen Raum sorgen für längere Verweildauern, Veranstaltungen und Kulturevents schaffen neue Anlässe, die Bremer City zu besuchen. Es müssen Verweil- und Erlebniszonen geschaffen werden - angefangen von öffentlichen Bühnen bis hin zu Stadtmobiliar und Service-Stationen.

4. Verkehr, Erreichbarkeit und Zentralität in Einklang bringen

Eine Metropole braucht eine effiziente Erreichbarkeit und Bremen muss sich mit anderen Metropolen messen lassen können, auch um Investitionen zu sichern. Verkehr und Mobilität haben dabei rein dienende Funktionen und sind gleichzeitig Voraussetzung für eine wirklich vitale Innenstadt. Bremen sollte die Chance wahrnehmen, mit einer intelligenten Verkehrsplanung für die gesamte Region zu glänzen, die einerseits mehr Menschen - gerade auch aus einem weiteren Einzugsgebiet - in die Stadt bringt und andererseits das Ziel einer nachhaltigen und umweltgerechteren Innenstadtentwicklung erfüllt. Dabei darf die Konkurrenzsituation zu den gerade für Pkw-Kunden attraktiven Shopping-Centern am Stadtrand und im niedersächsischen Umland nicht außer Acht gelassen werden.
Verkehr kann nur als Teil einer integrierten Stadtentwicklung gedacht werden. Bremen benötigt demnach ein modernes verkehrsträgerübergreifendes Mobilitätskonzept für den innenstadtorientierten Verkehr. Darin müssen der ÖPNV sowie der Rad- und Fußverkehr ebenso wichtige Rollen spielen wie der motorisierte Individualverkehr, der Reisebusverkehr und die City-Logistik. Im Einzelnen bedeutet das:

4.1 Mobilität und Erreichbarkeit

  • Bei allen Investitionen und Planungen zur Umgestaltung des Verkehrsbereiches Innenstadt ist zu prüfen, welche Auswirkungen diese auf den Wirtschaftsstandort haben. Die Anbindung der Region an das Oberzentrum muss durch den Erhalt der wichtigsten Zugangsstraßen gesichert werden.
  • Die Erreichbarkeit der Innenstadt ist insgesamt zu verbessern, d.h. alle Mobilitätsteilnehmer, auch der MIV, müssen komfortable Gegebenheiten vorfinden.
  • In der Altstadt bieten sich diverse Straßen für den Verzicht auf unnötige motorisierte Durchgangsverkehre an, wie z.B. Balgebrückstraße/Dechanathstraße, Violenstraße, Museumsstraße, Knochenhauerstraße/Carl-Ronninig-Straße und Langenstraße. Umgekehrt müssen andere Verkehrsadern wie z.B. Am Wall, Martinistraße, Bürgermeister-Smidt-Straße, Altenwall, Tiefer und Wilhelm-Kaisen-Brücke weiterhin für Verkehre jeder Art zur Verfügung stehen. Die großflächige „autofreie“ Innenstadt zwischen Bahnhof und Neustadt (Westerstraße) jedoch ist eine Vision, die, wenn überhaupt, erst in einer fernen Zukunft realistisch wird.
  • Stärkung einer “Innenstadt zu Fuß“ durch mehr Fußgängerzonen und attraktive Aufenthaltsbereiche für eine passantenfreundlichere Innenstadt: Alle Quartiere der (erweiterten) Innenstadt sind sinnhaft miteinander für den Fußgängerverkehr zu verzahnen, Rundläufe mit sicheren und bequemen Querungen sind zu schaffen. Dies beinhaltet auch die Aufwertung des Straßenensembles Pieperstraße, Papenstraße und Hanseatenhof, die Anbindung des Walls an die Altstadt und die Wallanlagen sowie dessen Aufwertung, die Anbindung der Altstadt an die Schlachte sowie die Anbindung des Viertels und des Schnoors. Dafür ist ein umfangreiches Wegeleitsystem zu errichten, welches sowohl intuitiv visuell als auch digital leitet. Die Attraktivität der fußläufigen Verbindung vom Hauptbahnhof in die Altstadt ist auszubauen, gerade die beiden Dudler-Bauten (CityGate, Bahnhofsstraße) machen eine Beschäftigung mit der Bahnhofstraße, dem Hillmannplatz und dem Herdentorsteinweg kurzfristig notwendig.
  • Die Anbindung der Region muss durch eine Erweiterung, deutliche Verbesserung und räumliche Ausdehnung des Stadt-regionalen ÖPNV-Angebotes, gesicherte Innenstadtzufahrten und den sehr raschen Ausbau des Park&Ride-Systems einen Qualitätssprung erfahren. Die Park&Ride-Flächen sind ergänzt und überarbeitet auszuschildern, der Komfort des Systems durch hohe Frequenzen und Direktverbindungen in Form von eng getakteten und kostenlosen Shuttle-Bussen und Bahnen zu erhöhen. Bevor Infrastrukturen im Bereich des Parkens und des Motorisierten Individualverkehrs reduziert werden, sollte in Testmodellen die Akzeptanz dieser Konzepte durch die Nutzer überprüft werden.
  • Attraktivierung des ÖPNV und SPNV: Die Verkürzung der Taktung, der Einsatz von modernen Fahrzeugen, auch eventuell mit alternativen Antrieben, sowie die Umsetzung attraktiverer Tarife und die Einführung einer kostenfreien ÖPNV-Nutzung im Dreieck Hauptbahnhof, Brill, Sielwall sind voranzutreiben, die Einführung eines innerstädtischen Ringbusses und die Verlegung der Straßenbahn aus der Obernstraße temporär zu testen, begleitet durch eine konzeptionelle Bespielung und Aufwertung des Straßenzuges
  • Verbesserung der Erreichbarkeit der Innenstadt mit dem Fahrrad. Hierzu ist die Schaffung ausreichender, zentraler und sicherer Parkstände – auch nach niederländischem Vorbild modern und inhäusig – erforderlich, die nicht als Barrieren das eigentliche Ziel einer aufenthalts- und fußgängerfreundlichen Innenstadt konterkarieren.
  • Die Überseestadt entwickelt sich mehr und mehr zum urbanen Ort. Nimmt man die Projekte Europahafen-Kopf und Kellogg´s-Areal hinzu, punktet die Überseestadt künftig noch mehr mit Aufenthaltsqualität, Gastronomie, Freizeit und Shopping-Angeboten. Die vielen tausend Beschäftigten in der Überseestadt, die perspektivisch über 10.000 Bewohner sowie die vielen Besucher werden ihre Bedarfe zunehmend vor Ort decken. Man kann diesen Umstand bedauern und als Konkurrenz empfinden - oder aber diese beiden Pole stärker gemeinsam denken. Daher bedarf es weiterer Anstrengungen, die Innenstadt und die Überseestadt noch stärker miteinander zu verknüpfen. Eine Schlüsselfunktion kommt dabei der Entwicklung des Brills, Bezug nehmend auf die Investitionsprojekte, zu. Die Schlachte und der Weseruferweg leisten heute bereits einen Beitrag. Jedoch müssen das Stephaniquartier und die Straßenverbindung Am Wall/Doventor/Eduard-Schopf-Allee ebenfalls aufgewertet werden. Als Mobilitätsdrehscheibe kann auch ein neuer S-Bahn-Haltepunkt Überseestadt eine wichtige Scharnierfunktion übernehmen.

4.2 Parken/Parkhäuser

Grundsätzlich muss das Parkraumangebot der Metropolfunktion entsprechen. Mit Blick auf die Zunahme der Elektromobilität gehört hierzu auch eine stärkere Ausstattung der City und ihrer Parkhäuser mit E-Ladesäulen.
Parkhausstandorte sind grundsätzlich zu erhalten, so lange keine tragfähigen Alternativen bestehen. Wenn aus städtebaulichen Gründen einzelne Standorte aufgegeben werden sollen, z.B. Parkhaus Mitte, sind parallel alternative Stellplatzangebote in ausreichender Anzahl an gut erreichbaren Standorten darzustellen.
Die Kennziffer Parkraumfläche zu Verkaufsfläche ist im Hinblick auf jetzige und zukünftige Nutzungsdurchmischungen irreführend. Um einen angemessenen Parkraumbedarf zu eruieren sind Vergleiche zu anderen Standorten aufzustellen, die sich auf Umlandnutzer zu Parkraumangebot beziehen (Als Vergleichsbeispiele sollen an dieser Stelle angeführt werden: Groningen mit 200.000 Einwohnern und 18 Parkhäusern, davon 12 mit unmittelbarem Innenstadt-Bezug und rund 4.000 Stellplätzen (zusätzlich bietet der Bahnhof von Groningen (400 m vom Zentrum entfernt) insgesamt 10.000 unterirdische Fahrradstellplätze) und Gent mit 230.000 Einwohnern und 6.000 Stellplätzen in der Innenstadt. Den Besuchern der Hamburger Innenstadt stehen 26 Parkhäuser mit zusammen 10.000 Stellplätzen zur Verfügung.).
Darüber hinaus sind die Parkhausstandorte klar auszuschildern. Jeder Ort der Altstadt sollte in komfortabler Laufdistanz von einem Parkhaus aus erreicht werden können: Als fußläufige Entfernung für das Ziel (bei Wegeketten für das erste Ziel) wird von den Nutzern laut den Erfahrungen auch aus anderen Städten ein Radius von 250 Metern Fußweg akzeptiert (= 4-5 Minuten Fußweg). Bei größeren Entfernungen nimmt bei der Mehrzahl der Nutzer die Akzeptanz stark ab - oder es wird auf eine Anreise sogar gänzlich verzichtet (Der von vielen Städten zu Rate gezogene Experte Rolf Monheim, Bayreuther Professor für angewandte Stadtgeografie, plädiert für max. 250 Meter Entfernung zwischen Parkhaus und Beginn Fußgängerzone.). Auch das Wohnen in der Innenstadt kann realistischerweise nur dann attraktiv gestaltet werden, wenn in einem ausreichenden Maß auch wohnortnahe Stellplätze zur Verfügung stehen. Kostenlose Parkzonen für Carsharing Angebote müssen ausgeweitet werden. Dieses betrifft auch das neue Angebot von Free-Floating.

4.3 „Autofreie Innenstadt“ ersetzen durch „fußgängerfreundliche und autoarme Innenstadt“

Die Kommunikations- und Marketingstrategie zum Thema „autofreie Innenstadt“ ist neu aufzusetzen. Das Thema verunsichert Kunden; es verschlechtert die Rahmenbedingungen für dringend notwendige Investitionen und beschädigt derzeit den regionalen und überregionalen Ruf des Dienstleistungsstandortes Innenstadt Bremen.
Immobilienwirtschaft, Innenstadthandel und Innenstadt-Investoren sind sich einig: Ein Festhalten an einer kompromisslos vorfestgelegten autofreien Innenstadt wird den Abschwung der Innenstadt verstärken. Im Falle einer Umsetzung ist von einem spürbaren Rückgang der kaufkräftigen Kundschaft aus Bremens Umlandgemeinden auszugehen. Zudem werden sich mögliche Investoren und Mietinteressenten zugunsten anderer Standorte von der Bremer City abwenden.
Dabei zieht die Innenstadtwirtschaft mit, wenn es gilt, unnötige Durchgangsverkehre zu unterbinden und die Innenstadt zwischen Wall und Weser deutlich autoärmer zu gestalten, um so eine stärker fußgänger- und aufenthaltsorientierte Innenstadt zu kreieren, die sich zugleich auch mit den Oberzielen von Zentralitätssteigerung und Klimaschutz verbinden lässt.

5. Effektive Planungs- und Umsetzungsstrukturen schaffen

Die Entwicklung der Bremer Innenstadt wird derzeit maßgeblich in der Vertiefungsstudie zum Innenstadtkonzept 2025, aber auch in der Teilfortschreibung des Verkehrsentwicklungsplanes bearbeitet – damit leider getrennt voneinander. Auch darüber hinaus gibt es in Bremen nur Teilpläne und es hat sich im Hinblick auf die Neuplanung der Innenstadt seit der Ideenmeisterschaft aus 2018 wenig getan: Dies muss sich ändern. So halten wir es im Sinne einer integrierten Stadtentwicklung für angemessen, unter Einbezug der Wirtschaftsakteure die Themenbereiche autoarme Innenstadt (besser noch lebenswerte und fußgängerfreundliche Innenstadt), ÖPNV und Stadt-Regionales-Verkehrskonzept direkt im Rahmen der Vertiefungsstudie zum Innenstadtkonzept 2025 zu bearbeiten und nicht erst nach Abschluss der beiden Prozesse die Ergebnisse zusammenzuführen - Verkehr, Wirtschaft, Beschäftigung und Nutzung müssen zusammen gedacht werden.
Zudem leiden Bauprojekte in der Bremer Innenstadt unter langen politischen Entscheidungsprozessen sowie aufwändigen Abstimmungs- und Genehmigungsverfahren. Für die Neue Mitte Bremen brauchen wir aber zügiges Verwaltungshandeln bei Vorplanung, Baurechtsschaffung und Übergang in die bauliche Realisierung. Ein konsequentes Handeln und eine konsequente Umsetzung werden gefordert.

5.1 Koordinierungsstelle Innenstadt einrichten

Für die Initiierung und Umsetzung eines ganzheitlichen Entwicklungsprozesses ist eine im Rathaus angesiedelte hochrangige Koordinierungsstelle sinnvoll, die den mit dem Innenstadt-Gipfel begonnenen Dialog verstetigt. Zugleich ist sie für alle definierten Schlüsselprojekte Ansprechpartner, Wegbereiter und Problemlöser. Zum Aufgabenportfolio kann nutzungsabhängig auch die einzelfallübergreifende Koordinierung von Nachvermietungen leerstehender Einzelhandelsflächen in der Innenstadt gehören. Ressortübergreifend sollte in dieser Koordinierungsstelle also eine Federführung und Gesamtverantwortung verortet werden. Das Aktionsbündnis Bremer Innenstadt wird über einen zu bildenden Lenkungskreis eingebunden.

5.2 Schlüsselprojekte und eigenen Beitrag realisieren

Geplante Projekte müssen in die Umsetzung gebracht werden, denn diese dauert in der Regel mehrere Jahre. Die großen privaten Schlüsselprojekte rund um das Parkhaus Mitte und den Brill, im Ansgariquartier, am Wall und im Balgequartier können nur im Schulterschluss von Investoren und Öffentlicher Hand gelingen. Innenstadtentwicklung ist eine Gemeinschaftsaufgabe, die stetiger Kommunikation, Aushandlung, Aufeinanderzugehen und eines Commitments bedarf. Wichtig ist, dass die Stadt aktiv wird und klare Aussagen zu Bauleitplanung, Gebäudehöhen und Nutzungsmischung trifft. Auch in Werkstatt- und Wettbewerbsverfahren müssen den Architekturbüros klare Vorgaben zu konkreten Nutzungen gemacht werden. Die Kommunikation insgesamt muss intensiviert und von einer Kultur des Ermöglichens und Vertrauens getragen werden.
Zudem muss sich Bremen im Innenstadtbereich kurzfristig dazu bekennen, aus welchen Komponenten der eigene Beitrag durch öffentliche Gebäudenutzungen und Umfeldgestaltung besteht, der Teil eines ambitionierten und politisch gewollten Gesamtkonzeptes sein kann.

6. Appell: Wichtige Zeichen setzen

Bremen steht für „wagen und winnen“. Die Innenstadt muss das widerspiegeln. Deshalb erwarten wir vom Senat und den beteiligten Behörden die zügige Umsetzung einer integrierten Planung für die Bremer City, die die Belange der Innenstadt-Akteure und Beschäftigten berücksichtigt. Eine ressortübergreifende Koordinierungsstelle im Rathaus sollte hierfür die Federführung übernehmen. Zudem sollte die öffentliche Hand zeitnah einen Bildungs- und Wissensstandort in der Innenstadt realisieren. Bereits jetzt sind die Kommunikationsstrategie zur „autofreien Innenstadt“ zu überarbeiten und die Planungsvorhaben des VEP mit den Planungsvorhaben des Innenstadtkonzeptes 2025 zusammenzubringen. Es bedarf eines breit getragenen und projektbasierenten Masterplans Innenstadt, der ebenso verlässlich wie umsetzungsorientiert ist.
Wir, die Vertreter des Aktionsbündnisses Bremer Innenstadt, sind überzeugt, dass die zügige Umsetzung der zuvor genannten Maßnahmen kurzfristig positive Effekte, Anreize und Entwicklungsimpulse auslöst, von denen unsere Stadt und unsere Stadtgesellschaft profitieren werden.

Partner des Aktionsbündnisses Bremer Innenstadt

  • Arbeitnehmerkammer Bremen
  • Architektenkammer der Freien Hansestadt Bremen
  • Aufbaugemeinschaft Bremen e.V.
  • CityInitiative Bremen Werbung e.V.
  • Deutscher Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Bremen e.V.
  • Handelskammer Bremen - IHK für Bremen und Bremerhaven
  • Handelsverband Nordwest e.V.
  • Handwerkskammer Bremen
  • Joh. Jacobs & Co. (AG & Co.) KG
  • Justus Grosse GmbH
  • Justus Wohltmann oHG
  • Müller & Bremermann Projekt GmbH & Co. KG
  • Robert C. Spies KG
  • Ruddat Grundbesitz GmbH & Co. KG
  • ver.di Bezirk Bremen-Nordniedersachsen
  • Zech Group SE