Statistischer Jahresbericht 2023 der Handelskammer: Risiken und Planungsunsicherheiten hemmen die bremische Wirtschaft / Rahmenbedingungen vor Ort müssen sich verbessern / Bürokratieabbau gefordert

(PM 24-2024, 20.06.2024) Die Konjunktur in Bremen und Bremerhaven hat sich im Jahr 2023 deutlich abgeschwächt. Die Folgen der geopolitischen Krisen, starke Kosten- und Preissteigerungen sowie eine schwächere Nachfrage aus dem In- und Ausland belasteten die Wirtschaft im Jahresverlauf zunehmend. Hinzu kamen der Fach- und Arbeitskräftemangel sowie verschlechterte und auch unsichere Rahmenbedingungen, die bei den Unternehmen für wachsende Geschäftsrisiken sorgten. Zusätzlich birgt die begonnene Transformation der Wirtschaft auf dem Weg zur Klimaneutralität große Herausforderungen und Unsicherheiten. Alle Faktoren zusammengenommen sorgten im vergangenen Jahr für einen leichten Rückgang der bremischen Wirtschaftsleistung. Das macht der Statistische Jahresbericht 2023 deutlich, den die Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven heute vorgelegt hat.

Handelskammer-Präses Eduard Dubbers-Albrecht sagte bei der Veröffentlichung des Berichtes: „Wir stellen mit Sorge fest, dass die Unternehmen zunehmend verunsichert auf die zukünftige Entwicklung blicken.“ Internationale Krisen, teils desolate Infrastrukturen, lange und komplizierte Planverfahren sowie unklare politische Rahmenbedingungen sorgen für erhebliche Planungsunsicherheiten. „Wir müssen alles daran setzen“, so Präses Eduard Dubbers-Albrecht, „dass wir die Standortfaktoren, in Bremen und Bremerhaven bestmöglich gestalten, um den Unternehmen möglichst viel Handlungsspielraum zu geben. Wichtige Prioritäten aus Sicht der Wirtschaft für das Bundesland Bremen sind: Bildung, Infrastruktur, Sicherheit und Sauberkeit. Kontraproduktiv sind eine wachsende Bürokratie mit stetig zunehmenden Regelungen und Dokumentationspflichten wie sie beispielsweise auch die Ausbildungsplatzabgabe leider mit sich bringen wird. Dies bindet Kräfte in der Wirtschaft an den falschen Stellen und schadet dem Standort.“

Angesichts sehr angespannter öffentlicher Haushalte in Bremen sei es wichtig, auf allen Ausgabenfeldern, gerade auch im Klimaschutz das Nutzen-Kosten-Verhältnis konsequent zu beachten. Präses Eduard Dubbers-Albrecht betonte: „Die Ausweitung der Verschuldung ist aus unserer Sicht kein gangbarer Weg für das Land Bremen. Die geplante Neuverschuldung ist in der geplanten Höhe und ohne gleichzeitig erkennbare Sparbemühungen bei den konsumtiven Ausgaben völlig inakzeptabel. Eine Schuldenfinanzierung“, so Präses Eduard Dubbers Albrecht, „sollte nur für wichtige partielle Einzelinvestitionen erfolgen, deren Finanzierung aus dem laufenden Haushalt faktisch nicht möglich ist. Beispiele dafür sind der klimagerechte Umbau des Bremer Stahlwerks oder die zentralen Wasserstoffprojekte wie das ECOMAT II.“

Für die konjunkturelle Entwicklung in Bremen und Bremerhaven zeigt der Zahlenspiegel der Handelskammer, dass die bremische Wirtschaftsleistung 2023 laut den vorläufigen Berechnungen der statistischen Ämter preisbereinigt um -0,6 Prozent abnahm und damit etwas stärker zurückging als im bundesdeutschen Durchschnitt (-0,3 Prozent).

Dr. Matthias Fonger, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer Bremen, sagte: „2023 begann für die Unternehmen relativ positiv. Die konjunkturelle Situation verschlechterte sich aber in der zweiten Jahreshälfte deutlich.“ Der Hauptgeschäftsführer nannte als Herausforderungen und Geschäftsrisiken für die Unternehmen die allgemeinen Rahmenbegingen, den Fach- und Arbeitskräftemangel, die hohe Inflation und  hier vor allem die Entwicklungen der Preise von Energie- und Rohstoffen.

Für einen kleinen Lichtblick der konjunkturellen Entwicklung im laufenden Jahr sorgten zuletzt positive Exporterwartungen und ein wachsender Auftragseingang in der bremischen Industrie. Dr. Matthias Fonger betonte: „Sollte die positive Tendenz in der bremischen Industrie anhalten, könnte sich die bremische Wirtschaft eventuell etwas positiv von der Bundesentwicklung abheben.“ In den deutschlandweit erhobenen IHK-Konjunkturumfragen waren die Erwartungen an das Exportgeschäft zuletzt noch verhaltener ausgefallen als in Bremen. „Für ein stärkeres und andauerndes wirtschaftliches Wachstum“, so Dr. Matthias Fonger, „bedarf es jedoch vor allem mehr Investitionen. Um die Investitionsabsichten der Unternehmen zu steigern, seien insbesondere verlässliche Rahmenbedingungen und ein Abbau der häufig lähmenden Bürokratie notwendig.

Zur Konjunktur 2023 in den einzelnen Branchen im Land Bremen

Die verhaltene Umsatzentwicklung in der bremischen Industrie ist insbesondere auf eine geringe Exportnachfrage in 2023  zurückzuführen. Dennoch hat das Land Bremen im Bundesländervergleich mit einem Anteil von zwei Dritteln am Gesamtumsatz aber nach wie vor die höchste Exportquote (vor Baden-Württemberg und Bayern mit jeweils rund 60 Prozent).

Die Bauwirtschaft ist mit einem vergleichsweise hohen Auftragsbestand ins Jahr gestartet, verzeichnete im Jahresverlauf aber einen deutlichen Auftragsrückgang und bewertete die Geschäftslage in der zweiten Jahreshälfte daher überwiegend negativ. Die Ursache sind stark angewachsene Baukosten bei gleichzeitig wachsendem Zinsniveau. Die Zahl der Baugenehmigungen sank gegenüber dem Vorjahr um rund ein Drittel. Die Baufertigstellungen sind gleichzeitig um -11,2 Prozent zurückgegangen.

Im Einzelhandel wurde sowohl im stationären Handel als auch im Onlinehan-del eine abnehmende Konsumneigung registriert. Insgesamt wurde preis-bereinigt weniger Umsatz (-4,7 Prozent) erwirtschaftet als im Vorjahr. Auch der Groß- und Außenhandel litt unter überwiegend schlecht laufenden Geschäften. Der preisbereinigte Umsatz lag 2023 um -2,9 Prozent unter dem Vorjahresniveau.

Der Seegüterumschlag in den bremischen Häfen nahm gegenüber dem Vorjahr insgesamt um -8,6 Prozent ab. Im Vergleich mit den Nordrange-Häfen wiesen die bremischen Häfen den höchsten Umschlagsrückgang auf (Hamburg -4,7 Prozent, Antwerpen-Zeebrugge -5,5 Prozent und Rotterdam -6,1 Prozent).

Der Passagierverkehr auf Kreuzfahrtschiffen über Bremerhaven wuchs erneut kräftig. Insgesamt wurden 38,6 Prozent mehr Fahrgäste als im Vorjahr gezählt. Damit wurde auch das Vorkrisenniveau aus 2019 um +30,5 Prozent übertroffen.

Am Bremer Flughafen wurden 21,6 Prozent mehr Fluggäste registriert als im Vorjahr. Die Passagierzahlen lagen trotzdem noch um -21,4 Prozent unter dem Vorkrisenniveau.

Eine positive Entwicklung nahm der Tourismus im Land Bremen. Sowohl in Bremen als auch in Bremerhaven sind die Zahlen der Gästeankünfte und der Übernachtungen erneut gestiegen und lagen damit insgesamt fast wieder auf dem bisherigen Höchststand aus dem Jahr 2019.