Handelskammer-Konjunkturreport zum Sommer: Nachlassende Geschäftslage / Der Fachkräftemangel und die Sorge um die allgemeinen Rahmenbedingungen belasten die bremische Wirtschaft
(PM 31-2023, 18.07.2023) Hohe Einkaufspreise, wachsende Zinsen und eine nachlassende Nachfrage belasten die bremische Wirtschaft zunehmend. Erstmalig seit dem Sommer 2021 bewerten die Unternehmen in Bremen und Bremerhaven die aktuelle Geschäftslage in der Summe wieder leicht negativ. Auch die Erwartungen an die Geschäfte der nächsten zwölf Monate haben sich weiter verschlechtert. Das ergab der Konjunkturreport der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven zum Sommer 2023. An der Quartalsumfrage haben sich 469 Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe, aus Handel und Dienstleistungen im Land Bremen beteiligt.
Die eingetrübten Rückmeldungen zum laufenden Geschäft stammen aus nahezu allen Wirtschaftsbereichen. Ausnahmen bilden die sonstigen Dienstleistungen und das Kreditgewerbe, die noch vergleichsweise gut gestimmt sind. Die Bauwirtschaft profitiert noch von einem relativ hohen Bestand an Altaufträgen, verzeichnet aber immer weniger Neuaufträge. Die bremische Industrie hat ihre Zuversicht aus dem Frühjahr eingebüßt und geht mit Ausnahme des Exportgeschäfts mit überwiegend negativen Erwartungen in die kommenden zwölf Monate.
Als Geschäftsrisiken werden weiterhin die allgemeinen Rahmenbedingungen und der Fachkräftemangel am häufigsten genannt. Darüber hinaus macht sich jeweils fast die Hälfte der Befragten Sorgen über die Entwicklung der Energie- und Rohstoffpreise, der Arbeitskosten und der Inlandsnachfrage.
Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Dr. Matthias Fonger sagt: „Trotz aller nationaler und internationaler Widrigkeiten hat es die bremische Wirtschaft bis zuletzt gut durch die unterschiedlichen Krisen geschafft. Die Stimmung droht allerdings zu kippen. Umso wichtiger sind gute Standortbedingungen. Die Unternehmen benötigen insgesamt mehr Handlungs- und Gestaltungsspielraum und weniger Belastungen und Bürokratie.“ Der Fachkräftemangel bleibe ein großes Risiko für die Wirtschaft, betont Dr. Matthias Fonger: „Nach- und Neubesetzungen von Stellen bereiten den Unternehmen unverändert in allen Wirtschaftsbereichen Probleme.“
Geschäftsklima in der Stadt Bremen
In der stadtbremischen Wirtschaft hat sich die Stimmung im Vergleich zum Frühjahr wieder eingetrübt. Unternehmen aller Wirtschaftsbereiche, mit Ausnahme des Baugewerbes, melden eine nachlassende Geschäftslage. Die Geschäftsaussichten für die kommenden zwölf Monate werden ebenfalls weitgehend branchenübergreifend schlechter bewertet als zuletzt. Daraus folgen restriktive Investitionsplanungen, die im Frühjahr noch leicht expansiv ausgerichtet waren. Die verschlechtere konjunkturelle Situation hat derzeit noch keinen Effekt auf die Personalplanungen. Alles in allem sinkt der Handelskammer-Konjunkturindikator für die stadtbremische Wirtschaft um 8 auf 90 Punkte. Bei einem Mittelwert von 104 Punkten in den zurückliegenden zehn Jahren liegt der Index wieder deutlich unter dem durchschnittlichen Niveau.
Geschäftsklima in Bremerhaven
In der Bremerhavener Wirtschaft hat sich die Stimmung im Vergleich zum Frühjahr insgesamt etwas verschlechtert. Für das laufende Geschäft halten sich positive und negative Rückmeldungen insgesamt weiterhin die Waage. Für die kommenden zwölf Monate wird jedoch überwiegend mit einer Verschlechterung der Lage gerechnet. Die Stimmungslage ist vor allem im Produzierenden Gewerbe zurückgegangen. Sowohl die aktuelle Lage als auch die Geschäftsaussichten werden schlechter bewertet als noch im Frühjahr und notieren im negativen Bereich. Bei den Personal- und Investitionsplanungen signalisieren die Unternehmen Zurückhaltung. Geschäftslage und Geschäftserwartungen zusammengenommen, sinkt der Handelskammer-Konjunkturindikator für die Seestadt um -5 auf 85 Punkte – angesichts eines Zehn-Jahres-Mittelwerts von 99 Punkten also auf ein niedriges Niveau.
Geschäftsklima nach Branchen
Nach der leichten Aufhellung im Frühjahr hat sich die Stimmung in der bremischen Industrie wieder verschlechtert. Die Unternehmen registrieren einen geringeren Auftragseingang und beurteilen den Auftragsbestand als verhältnismäßig niedrig. Der Indikator für die Industriekonjunktur sinkt um 14 auf 85 Punkte. Der Zehn-Jahres-Mittelwert liegt bei 103 Punkten.
Das Baugewerbe profitiert weiter von einer hohen Auftragsreichweite und bewertet das laufende Geschäft noch überwiegend positiv. Sorge bereitet die zurückgegangene Anzahl neuer Aufträge. Daher erwartet die Hälfte der Unternehmen eine Verschlechterung der Lage. Der Konjunkturindikator für die Bauwirtschaft sinkt um 7 auf 80 Punkte (Mittelwert 107).
Nachdem sich die Stimmung im Einzelhandel zuletzt zweimal in Folge verbessert zeigte, hat der nachlassende Konsum aktuell für eine erneute Eintrübung gesorgt. Sowohl stationär als auch online werden Umsatzrückgänge gemeldet, mit denen die Unternehmen auch die kommenden Monate rechnen. Der Konjunkturindex sinkt um 20 auf 75 Punkte (Mittelwert 96).
Im Groß- und Außenhandel hat das laufende Geschäft zum zweiten Mal in Folge nachgelassen. Die derzeitige Lage wird deutlich negativ beurteilt mit rückläufigen Umsätzen im Inlandsgeschäft und im Außenhandel. Die Geschäftserwartungen zeigen sich im Vergleich zum Frühjahr aber etwas verbessert. Der Im- und Export wird noch leicht negativ bewertet, für den Binnenhandel und damit auch insgesamt überwiegen die negativen Erwartungen aber weiterhin deutlich. Der Konjunkturindikator bleibt mit 79 Punkten nahezu konstant (Frühjahr 78; Mittelwert 96).
Wie schon im Frühjahr melden erneut 4 von 5 Unternehmen aus den Verkehrs- und Logistikdienstleistungen rückläufige Umsätze bzw. Beförderungsvolumina. Auch die Erwartungen für die kommenden Monate werden überwiegend negativ eingeschätzt. Der Konjunkturindex sinkt um 9 auf 78 Punkte (Mittelwert 105).
In der Hotellerie und Gastronomie hat die Stimmung nach der deutlichen Aufhellung im Frühjahr insgesamt wieder etwas nachgelassen. Die Hotellerie bewertet die aktuelle Geschäftslage noch überwiegend positiv, die Gastronomie überwiegend negativ. Die Geschäftserwartungen in beiden Branchen eher negativ. Der Konjunkturindikator sinkt um 9 auf 93 Punkte, bleibt aber überschnitt schnittlich (Mittelwert 79 Punkte).
Die Kreditinstitute bewerten ihr aktuelles Geschäft weiterhin zumeist positiv und erwarten überwiegend eine positive Geschäftsentwicklung in den kommenden Monaten.
In den Sonstigen Dienstleistungen wird das laufende Geschäft zum zweiten Mal in Folge etwas weniger gut bewertet als im Vorquartal, bleibt in der Summe aber weiterhin überwiegend positiv. Für die kommenden zwölf Monate wird nach wie vor überwiegend mit einer ungünstigen Geschäftsentwicklung gerechnet. Der Konjunkturindikator sinkt sehr leicht um 1 auf 101 Punkte und bleibt weiterhin unterhalb des Durchschnitts (115).