Statistischer Jahresbericht 2022 der Handelskammer: Preissteigerungen und Lieferengpässe sorgten für Verunsicherung / Bremisches Wachstum lag über dem Bundesdurchschnitt / Unternehmen brauchen mehr Handlungsspielraum

(PM 27-2023, 05.07.2023) Für die Wirtschaft in Bremen und Bremerhaven war 2022 ein herausforderndes Jahr. Hohe Preissteigerungen und Lieferengpässe belasteten die Unterneh-men. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine mit dem folgenden Höhenflug der Energiepreise und einer drohenden Gasmangellage sorgten im Jahresverlauf für erhebliche Verunsicherung bei den Unternehmen. Zum Jahresende brachte die leichte Stabilisierung der Energiemärkte gemeinsam mit der bundesweiten Energiebremse etwas mehr Planungssicherheit. Insgesamt ist es der Wirtschaft im Land Bremen gelungen, im zurückliegenden Jahr die Schwierigkeiten zu meistern. Das macht der Statistische Jahresbericht 2022 deutlich, den die Han-delskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven heute vorgelegt hat.
Handelskammer-Präses Eduard Dubbers-Albrecht sagte bei der Veröffentlichung des Berichtes: „Das Land Bremen steht vor entscheidenden Herausforderungen, die ein gemeinsames und vertrauensvolles Handeln von Politik und Wirtschaft dringend erforderlich machen. Die Unternehmen brauchen wieder mehr Handlungs- und Gestaltungsspielraum.“ Im Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung spüre man bei einer Reihe von Themen einen positiven politischen Wandel im Vergleich zur zurückliegenden Legislaturperiode. Aber die Vereinbarung der Koalitionäre lasse auch den Wunsch nach einer wachsenden staatlichen Einflussnahme erkennen: „Diese aus unserer Sicht bedenklichen Tendenzen zeigen sich insbesondere in den Bestrebungen, den öffentlichen Einfluss auf die Bereiche Energieversorgung, Abfallentsorgung, Straßenreinigung und Wasserversorgung auszuweiten. Das sehen wir kritisch“, sagte Präses Eduard Dubbers-Albrecht.
Angesichts knapper öffentlicher Mittel sei es wichtig, auf allen Ausgabenfeldern, aber gerade auch im Klimaschutz das Kosten-Nutzen-Verhältnis konsequent zu beachten. Denn viele Vorhaben seien kaum realisierbar, ohne neue Schulden aufzunehmen. Eine weitgehend schuldenfinanzierte Energiewende – zu Lasten kommender Generationen – sei nicht nachhaltig.
Für die konjunkturelle Entwicklung 2022 in Bremen und Bremerhaven zeigt der Zahlenspiegel der Handelskammer, dass die Wirtschaftsleistung im Land Bremen nach ersten Berechnungen der statistischen Ämter um 5,1 Prozent gewachsen ist. Damit lag das Wachstum der bremischen Wirtschaft deutlich über dem im Bundesdurchschnitt (+1,8 Prozent). Dr. Matthias Fonger, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer Bremen, sagte allerdings auch: „Trotz der erfreulichen Wirtschaftsleistung im Land Bremen bleibt die wirtschaftliche Entwicklung weiterhin mit Risiken behaftet.“
Der Hauptgeschäftsführer nannte als Herausforderungen und Geschäftsrisiken für die Unternehmen die allgemeinen Rahmenbegingen, den Fach- und Arbeitskräftemangel, die hohe Inflation und die Entwicklungen der Preise von Energie- und Rohstoffen. Dr. Matthias Fonger betonte: „In der Handelskammer-Konjunkturumfrage aus dem Frühjahr zeigten sich die Geschäftserwartungen der Unternehmen in der Summe überwiegend negativ. Eine Ausnahme bildete die bremische Industrie, die vor allem an das Exportgeschäft positive Erwartungen knüpft.“
Zur Konjunktur 2022 in den einzelnen Branchen im Land Bremen

Die bremische Industrie hatte maßgeblichen Anteil am hohen Wirtschaftswachstum im Land Bremen. So ist die preisbereinigte Wertschöpfung laut den vorläufigen Berechnungen 2022 um 11,5 Prozent gewachsen. Der Industrieumsatz legte gleichzeitig um 31,5 Prozent zu und lag 2022 wieder leicht über dem Vorkrisenniveau aus dem Jahr 2019. Maßgeblich für die hohen Umsatzzuwächse war die Entwicklung im Fahrzeugbau (+37,2 Prozent), auf den insgesamt etwas mehr als zwei Drittel des gesamten Industrieumsatzes zurückzuführen sind.

Insgesamt wurden vor allem im Auslandsgeschäft hohe Umsatzsteigerungen realisiert (+38,0 Prozent). Mit einem Anteil von 68,6 Prozent am Gesamtumsatz verzeichnete das Land Bremen im Bundesländervergleich nach wie vor mit Abstand die höchste Exportquote.

Für die Bauwirtschaft ist 2022 zu den Problemen mit Preissteigerungen und Materialengpässen noch das steigende Zinsniveau hinzugekommen, was nach der über einen längeren Zeitraum positiven Baukonjunktur zu einem starken Rückgang geführt hat.

Im Handel resultierten Umsatzzuwächse im Wesentlichen auf Preissteigerungen. Sowohl der Großhandel als auch der Einzelhandel und der Handel mit Kraftfahrtzeugen verzeichneten real leichte Umsatzrückgänge im Vergleich zum Vorjahr.

Nach der zwischenzeitlichen Erholung im Jahr 2021 ist der Seegüterumschlag in den bremischen Häfen im Jahr 2022 um 8,2 Prozent gesunken und lag mit insgesamt rund 64 Mio. Tonnen sogar um 3,8 Prozent unter dem Niveau von 2020.

Im Containerverkehr ist der Gesamtumschlag, gemessen in TEU, ebenfalls deutlich gesunken (-8,9 Prozent). Ebenfalls negativ war die Entwicklung der Anzahl der umgeschlagenen Fahrzeuge, die im Vergleich zum Vorjahr um 4 Prozent zurückging.

Nachdem der Passagierverkehr auf Kreuzfahrtschiffen über Bremerhaven während der Pandemie nahezu vollständig zum Erliegen gekommen ist, hat sich die Zahl der Passagiere im Jahr 2022 dem Vorkrisenniveau wieder deutlich angenähert.

Im gesamten Dienstleistungsbereich zusammengenommen lag die wirtschaftliche Dynamik laut den Berechnungen der statistischen Ämter mit einem Zuwachs von plus 3,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr über dem Bundesdurchschnitt (plus 2,9 Prozent).