Handelskammer-Jahresbilanz 2022 und Ausblick 2023: Sorgen um die Energieversorgung, Inflation und fehlendes Personal/Aufholtendenzen in der bremischen Industrie/Klimaschutz als Chance für den Wirtschaftsstandort

(PM 52-2022, 13.12.2022) Die Mehrheit der Unternehmen in Bremen und Bremerhaven ist durch die hohen Preissteigerungen, verbunden mit Lieferengpässen bei Rohstoffen, Materialen und Vorprodukten stark gefordert. Die multiplen Krisen und geopolitische Veränderungen, ausgelöst durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine, sorgen für erhebliche Belastungen. Die nach der Bürgerschaftswahl 2023 neue Landesregierung muss aus Sicht der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven alle Kraft in eine wirtschaftsstärkende Politik setzen, um Wachstumsimpulse zu generieren und damit die Einnahmebasis des Landes langfristig zu verbessern.
Eduard Dubbers-Albrecht, Präses der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven, sagte heute vor der Landespressekonferenz:
„Die starken Preissteigerungen bei der Energieversorgung verbunden mit Lieferengpässen bei Rohstoffen, Materialen und Vorprodukten haben den Unternehmen erheblich zu schaffen gemacht.“
Insgesamt sei es der bremischen Wirtschaft bislang jedoch gelungen, die Schwierigkeiten zu meistern:
„Wir sehen aber, dass die Unternehmen ihre Investitionstätigkeit auf Grund fehlender Planbarkeit heruntergefahren haben. Für die wirtschaftliche Entwicklung im kommenden Jahr bedeutet dies, dass wichtige Wachstumsimpulse ausbleiben“, sagte Präses Eduard Dubbers-Albrecht: „Bremen steht vor der Herausforderung, trotz hoher Verschuldung und weiterhin drohender Haushaltsnotlage die Folgekosten des Kriegs in der Ukraine zu bewältigen, Klimaschutzmaßnahmen in erheblichem Umfang zu finanzieren und die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes durch Investitionen in Bildung, Forschung und Infrastrukturen langfristig zu sichern und zu verbessern.“
Es sei wichtig, bei allen Ausgaben zunächst die vorhandenen Möglichkeiten effizienter zu nutzen, damit mehr Mittel in standortstärkende Investitionen fließen können, um so die Einnahmebasis des Landes Bremen langfristig zu erhöhen.
Wichtig, so der Handelskammer-Präses, sei hier eine konsequente Nutzen-Kosten-Analyse. Von besonderer Bedeutung für Bremen und Bremerhaven seien Investitionen in die Standortsicherung, in öffentliche Infrastrukturen, in Bildung und Wissenschaft. Wichtig sei mit Blick auf die Folgen des Klimawandels und die Energieversorgung auch, mögliche Chancen für die Wirtschaft in Bremen und Bremerhaven abzuleiten, betonte Präses Eduard Dubbers-Albrecht:
„Der Nordwesten ist mit Blick auf Offshore-Windenergie oder Energiekooperationen mit Norwegen und den Niederlanden ein wichtiger Knotenpunkt. Diese Rolle wird durch den Ausbau von Windparks sowie die Inbetriebnahme von Terminals für Flüssiggas und künftig Wasserstoff weiter zunehmen.“
Die Wirtschaft im Land Bremen wie auch in Deutschland habe durch vielfältige Initiativen und Projekte gezeigt, dass sie notwendige Veränderungsprozesse für einen verstärkten Klimaschutz konstruktiv unterstütze. Sie stelle sich der Verantwortung, ihren Beitrag zum Klimaschutz durch Innovationen bei Produkten, Dienstleistungen und der Produktion weiter zu steigern, sagte er.
Zur Konjunktur: Trotz der massiven Preissteigerungen, verbunden mit Lieferengpässen bei Rohstoffen, Materialien und Vorprodukten, lief es für die bremische Wirtschaft im Jahr 2022 insgesamt noch vergleichsweise gut. Deutliche Aufholtendenzen zeigen sich in der bremischen Industrie, wo der Umsatz in den ersten drei Quartalen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum noch um knapp 40 Prozent zugelegt hat und sich damit wieder in etwa auf dem Vorkrisenniveau aus dem Jahr 2019 befindet.
Dr. Matthias Fonger, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer Bremen, sagte:
„Die Aussicht auf eine deutlichere konjunkturelle Erholung nach der Pandemie, die wir zu Jahresbeginn hatten, wurde für viele Branchen durch die Folgen des Krieges in der Ukraine, durch Preissteigerungen, Lieferengpässe und nicht zuletzt durch anhaltende Probleme bei der Besetzung offener Stellen getrübt.“
Große Erwartungen lägen jetzt auf der leichten Stabilisierung der Energiepreise und einer verbesserten Planungssicherheit durch die Energiepreisbremse. Dr. Matthias Fonger:
„Wie sehr die stark exportorientierte bremische Wirtschaft 2023 von der konjunkturellen Abschwächung betroffen sein wird, hängt auch davon ab, ob und in welchem Maße die Kostensteigerungen in der Produktion zu einer Schwächung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit führen.“
Der Fachkräftemangel und fehlender Fachkräftenachwuchs seien eine große Belastung für die Entwicklung der bremischen Wirtschaftsleistung, betonte der Handelskammer-Hauptgeschäftsführer. Trotz der momentan negativen Geschäftsaussichten versuchten viele Unternehmen, ihre Mitarbeiter zu halten.
„Unsere Konjunkturumfrage zum Herbst hat deutlich gemacht, dass der Fachkräftemangel weiterhin von der Mehrheit der Unternehmen zu den größten Risiken für die eigene Geschäftsentwicklung gezählt wird.“
Die Schwierigkeiten bei der Besetzung von offenen Stellen mit geeignetem Personal erstrecken sich über alle Qualifikationsebenen. Dr. Matthias Fonger betonte:
„Bremen und Bremerhaven haben ein Problem mit einer hohen Zahl von unbesetzten Ausbildungsplätzen. Es mangelt an den Schulen vor allem an der Berufsorientierung. Dies lässt sich nicht durch eine Ausbildungsumlage lösen, die politisch im Augenblick verfolgt wird. Stattdessen fordern wir den Senat dazu auf, gemeinsam mit der Wirtschaft einen Pakt zur Verbesserung der Berufsorientierung zu schmieden. Wir brauchen statt einer Staatsumlage eine Stärkung der beruflichen Bildung, den Abbau von bürokratischen Hürden und Erleichterungen bei der Einstellung von ausländischen Fach- und Arbeitskräften“, sagte der Hauptgeschäftsführer.