Erlaubnisbefreiung für produktakzessorische Versicherungsvermittler
- 1. Welche Regelungen gelten für Gewerbetreibende, die Versicherungen vermitteln?
- 2. Wer kann sich von der Erlaubnispflicht befreien lassen?
- 3. Wann ist der Gewerbetreibende ein sog. produktakzessorischer Versicherungsvermittler?
- 4. Unter welchen Voraussetzungen wird die Erlaubnisbefreiung erteilt?
- 5. Was ist zu beachten, wenn der produktakzessorische Vermittler im Auftrag eines anderen Versicherungsvermittlers tätig wird?
- 6. Welchen Anforderungen muss die Berufshaftpflichtversicherung genügen?
- 7. Muss ein produktakzessorischer Vermittler eine Sachkundeprüfung bei der IHK ablegen?
- 8. Wer ist Antragsteller?
- 9. Wo können Erlaubnisbefreiung und Registrierung beantragt werden?
- 10. Kann sich ein produktakzessorischer Vermittler in mehreren Kategorien des Versicherungsvermittlerregisters eintragen lassen?
- 11. Kann eine Erlaubnisbefreiung auch erteilt werden, wenn gleichzeitig noch andere, nicht akzessorische Versicherungsprodukte vermittelt werden?
- 12. Was passiert, wenn Erlaubnisbefreiung und Registrierung nicht vorgenommen werden?
- 13. Ist eine Vermittlung auch ohne Erlaubnisbefreiung und Registrierung möglich?
- 14. Gelten die Beratungs- und Dokumentationspflichten für alle Versicherungsvermittler?
- 15. Was ist sonst noch zu beachten?
Produktakzessorische Vermittler nach § 34d Abs. 6 GewO benötigen keine Erlaubnis, aber eine Erlaubnisbefreiung, die bei der Handelskammer Bremen zu beantragen ist. Prüfen Sie vor der Beantragung ob ihre Tätigkeit nicht als registrierungsfreie geringfügige Annextätigkeit (§ 34d Abs. 8 GewO) gesehen wird und ob eine Eintragung als gebundener Vermittler über ein Versicherungsunternehmen (§ 34d Abs. 7 GewO) möglich ist.
1. Welche Regelungen gelten für Gewerbetreibende, die Versicherungen vermitteln?
Im Zuge der Umsetzung der Versicherungsvermittlerrichtlinie in nationales Recht wurde das bislang frei zugängliche Gewerbe des Versicherungsvermittlers als erlaubnispflichtige Tätigkeit gemäß § 34d Abs.1 der Gewerbeordnung (GewO) ausgestaltet. Zudem besteht eine Registrierungspflicht in einem zentralen Register.
2. Wer kann sich von der Erlaubnispflicht befreien lassen?
Versicherungsvermittler, die Versicherungen als Ergänzung der im Rahmen ihrer Haupttätigkeit angebotenen Waren oder Dienstleistungen vermitteln, haben bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen die Möglichkeit, sich auf Antrag von der Erlaubnispflicht befreien zu lassen. Diese Personen lassen sich in der Gruppe der sog. produktakzessorischen Vermittler zusammenfassen.
3. Wann ist der Gewerbetreibende ein sog. produktakzessorischer Versicherungsvermittler?
Das Merkmal der Produktakzessorietät ist nach dem Willen des Gesetzgebers eng auszulegen. Die Vermittlung von Versicherungen ist Nebensache und steht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Hauptleistung des Gewerbetreibenden.
Produktakzessorietät ist gegeben bei der im Kfz-Handel üblichen Vermittlung von
– Haftpflichtversicherungen,
– Teil-/Vollkaskoversicherungen,
– Garantie-/Reparaturversicherungen,
– Verkehrsservice-/Mobilitätsversicherungen,
– Insassenunfallversicherungen.
– Teil-/Vollkaskoversicherungen,
– Garantie-/Reparaturversicherungen,
– Verkehrsservice-/Mobilitätsversicherungen,
– Insassenunfallversicherungen.
Produktakzessorisch ist auch die Vermittlung von
– Lebensversicherungen beim Abschluss eines Darlehensvertrages zur Sicherheit für die Bedienung des Darlehens
– Transportversicherungen im Speditionsgewerbe
– Transportversicherungen im Speditionsgewerbe
Keine Produktakzessorietät hingegen liegt z. B. vor
– bei der Vermittlung einer Hausratversicherung durch ein Kreditinstitut bei Aufnahme eines Hausbaudarlehens oder
– wenn die Versicherung als zusätzlicher Baustein eines Finanzierungsmodells eingesetzt wird. In diesem Fall hat die Versicherung nur reine Anlagefunktion und sichert kein mit der Hauptleistung (Kfz-Verkauf, Darlehensvermittlung usw.) unmittelbar verbundenes Risiko.
– wenn die Versicherung als zusätzlicher Baustein eines Finanzierungsmodells eingesetzt wird. In diesem Fall hat die Versicherung nur reine Anlagefunktion und sichert kein mit der Hauptleistung (Kfz-Verkauf, Darlehensvermittlung usw.) unmittelbar verbundenes Risiko.
4. Unter welchen Voraussetzungen wird die Erlaubnisbefreiung erteilt?
Bei Vorliegen der folgenden Voraussetzungen kann die zuständige IHK von der Erlaubnispflicht befreien:
– Der Versicherungsvermittler stellt einen schriftlichen Antrag auf Befreiung
– Die Vermittlung von Versicherungen dient als Ergänzung der im Rahmen der jeweiligen Haupttätigkeit gelieferten Waren oder erbrachten Dienstleistungen (=Akzessorietät).
– Die Versicherungsvermittlung erfolgt unmittelbar im Auftrag eines oder mehrerer Versicherungsvermittler mit Erlaubnis nach § 34d Abs.1 GewO oder eines oder mehrerer Versicherungsunternehmen.
– Nachweis einer geeigneten Berufshaftpflichtversicherung. (siehe dazu Nr. 6)
– Schriftliche Erklärung des/der Auftraggeber(s), dass der Gewerbetreibende zuverlässig ist, nicht in ungeordneten Vermögensverhältnissen lebt und über eine angemessene Qualifikation im Bereich Versicherungsvermittlung verfügt. (siehe dazu Nr. 7)
5. Was ist zu beachten, wenn der produktakzessorische Vermittler im Auftrag eines anderen Versicherungsvermittlers tätig wird?
Wird die Tätigkeit im Auftrag eines anderen Versicherungsvermittlers durchgeführt, kann eine Erlaubnisbefreiung des produktakzessorischen Versicherungsvermittlers nur dann erfolgen, wenn der auftraggebende Versicherungsvermittler (sog. Obervermittler) eine Erlaubnis nach § 34d Abs. 1 der Gewerbeordnung besitzt und im Vermittlerregister eingetragen ist. Nicht möglich ist eine Erlaubnisbefreiung, wenn der Obervermittler z.B. als gebundener Versicherungsvertreter oder selbst als produktakzessorischer Versicherungsvermittler registriert ist. Da die Erlaubnisbefreiung erst erteilt werden kann, wenn der Obervermittler seine Erlaubnis bereits hat, empfehlen wir eine Abstimmung mit dem auftraggebenden Versicherungsvermittler vor Antragstellung.
6. Welchen Anforderungen muss die Berufshaftpflichtversicherung genügen?
Haftungsansprüche aus beruflichem Fehlverhalten (=Vermögensschäden aus Vermittlungs- und Beratungstätigkeit) müssen mit Deckungsbeträgen von mindestens 1.300.380,00 Euro pro Versicherungsfall und mindestens 1.924.560,00 Euro für alle Versicherungsfälle eines Jahres versichert werden. Die Haftpflichtversicherung muss unabhängig von einer Auslandstätigkeit des Vermittlers für das gesamte Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gelten. Der Nachweis gegenüber der IHK erfolgt durch Vorlage einer Bescheinigung des Versicherungsunternehmens.
7. Muss ein produktakzessorischer Vermittler eine Sachkundeprüfung bei der IHK ablegen?
Nein. Im Gegensatz zu ungebundenen Versicherungsvertretern und –maklern muss der produktakzessorische Vermittler keine besondere Sachkunde nachweisen und deshalb auch nicht an einer IHK-Sachkundeprüfung teilnehmen. Gleichwohl muss er die Risiken seiner Produkte einschätzen können und sich mit den von ihm vermittelten Versicherungen auskennen.
Für die angemessenen versicherungsspezifischen Kenntnisse des produktakzessorischen Vermittlers hat der auftraggebende Versicherungsvermittler oder das auftraggebende Versicherungsunternehmen zu sorgen. Ein Wissensstand, wie er für die Sachkundeprüfung vorgeschrieben wird, ist hierbei nicht erforderlich. Ausreichend sind Kenntnisse, die der Komplexität der jeweiligen Versicherung gerecht werden.
8. Wer ist Antragsteller?
Antragsteller kann eine natürliche oder juristische Person (z.B. GmbH) sein. Bei Personengesellschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit (z.B. BGB-Gesellschaft, OHG, KG, GmbH & Co. KG) ist die Erlaubnisbefreiung für jeden geschäftsführenden Gesellschafter erforderlich. Die nicht rechtsfähigen Personengesellschaften können im Gegensatz zu den juristischen Personen keine eigene Erlaubnisbefreiung erhalten. Bei einer GmbH & Co. KG ist es die GmbH, die die Erlaubnisbefreiung beantragen müsste. Auch Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft haben einen Antrag zu stellen, sofern sie Geschäftsführungsbefugnis besitzen und somit als Gewerbetreibende anzusehen sind. Bei der juristischen Person stellt diese selbst, vertreten durch ihre Organe (z.B. der/die Geschäftsführer bei der GmbH), den Antrag auf Erlaubnisbefreiung.
9. Wo können Erlaubnisbefreiung und Registrierung beantragt werden?
Zuständig ist in beiden Fällen die Industrie- und Handelskammer am Sitz des Gewerbetreibenden, der in Ergänzung seiner Haupttätigkeit Versicherungen vermittelt. Maßgeblich ist also nicht die Niederlassung des auftraggebenden Versicherungsvermittlers oder Versicherungsunternehmens.
10. Kann sich ein produktakzessorischer Vermittler in mehreren Kategorien des Versicherungsvermittlerregisters eintragen lassen?
Nein. Es gibt keine Doppelregistrierung! Ein Versicherungsvermittler, der von den Voraussetzungen her sowohl produktakzessorischer als auch gebundener Vermittler ist, kann sich nicht gleichzeitig als „Versicherungsvertreter mit Erlaubnisbefreiung” und als „gebundener Versicherungsvertreter” registrieren lassen.
Ein produktaktzessorischer Versicherungsvermittler hat die Möglichkeit, wenn er die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt, alternativ zur Registrierung als produktakzessorischer Vermittler als gebundener Versicherungsvertreter oder als Versicherungsvermittler mit Erlaubnis ins Register eingetragen zu werden. Dann müssen dazu jedoch die jeweils erforderlichen Nachweise (z. B. der Sachkunde) vorgelegt und das entsprechende Verfahren durchlaufen werden.
Hinweis: Die sog. gebundenen Versicherungsvertreter arbeiten nur für ein Versicherungsunternehmen bzw. für mehrere, wobei die Versicherungsprodukte nicht in Konkurrenz stehen. Die Erlaubnispflicht entfällt nur, wenn durch das oder die Versicherungsunternehmen die uneingeschränkte Haftung aus der Vermittlertätigkeit übernommen wird. Gebundene Vermittler bedürfen keiner Erlaubnis. Notwendig hingegen ist die Registrierung. Diese erfolgt über das/die Versicherungsunternehmen.
11. Kann eine Erlaubnisbefreiung auch erteilt werden, wenn gleichzeitig noch andere, nicht akzessorische Versicherungsprodukte vermittelt werden?
Für die Erlaubnisbefreiung ist erforderlich, dass alle vermittelten Versicherungsprodukte als produktakzessorisch betrachtet werden. Werden darüber hinaus noch weitere, nicht akzessorische Versicherungen angeboten, kann keine Erlaubnisbefreiung erfolgen. In diesen Fällen muss entweder eine Erlaubnis und Registrierung als ungebundener Versicherungsvermittler beantragt werden oder eine Registrierung als gebundener Versicherungsvertreter, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind.
12. Was passiert, wenn Erlaubnisbefreiung und Registrierung nicht vorgenommen werden?
Grundsätzlich darf nur derjenige Gewerbetreibende Versicherungen vermitteln, der eine Erlaubnis bzw. Erlaubnisbefreiung hat und registriert ist. Die Versicherungsvermittlung ohne diese hoheitlichen Maßnahmen wird sanktioniert. Derjenige Vermittler, der sich nicht oder nicht rechtzeitig eine Erlaubnis bzw. Erlaubnisbefreiung verschafft und die Registereintragung nicht ordnungsgemäß vornehmen lässt, muss mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 EUR und einem Berufsverbot rechnen.
13. Ist eine Vermittlung auch ohne Erlaubnisbefreiung und Registrierung möglich?
Unter bestimmten Voraussetzungen ist die Versicherungsvermittlung ohne Erlaubnisbefreiung und Registrierung möglich. Der Gesetzgeber befreit zunächst die sog. Bagatellvermittler. Dies sind Gewerbetreibende, die:
– nicht hauptberuflich Versicherungen vermitteln und
– diese Versicherungen eine Zusatzleistung zur Lieferung einer Ware oder der Erbringung einer Dienstleistung darstellen (z. B. Reisegepäck oder Reiserücktritt, nicht Lebens- oder Haftpflichtversicherungen) und
– wenn die Jahresprämie (für die jeweilige Versicherung) max. 600 Euro und
– die Prämie je Person einen Betrag von 200 Euro nicht übersteigt, wenn die Versicherung eine Zusatzleistung zu einer Dienstleistung mit einer Dauer von höchstens drei Monaten darstellt und
– die Gesamtlaufzeit einschließlich etwaiger Verlängerungen nicht mehr als fünf Jahre beträgt.
Die genannten Voraussetzungen müssen gemeinsam bzw. gleichzeitig vorliegen!
Von der Erlaubnis- und Registrierungspflicht ausgenommen sind auch Gewerbetreibende,
– die als Bausparkasse oder als von einer Bausparkasse beauftragter Vermittler für Bausparer als Bestandteile der Bausparverträge Versicherungen (Risikolebensversicherungen) im Rahmen eines Kollektivvertrages vermitteln, die ausschließlich dazu bestimmt sind, die Rückzahlungsforderungen der Bausparkasse aus gewährten Darlehen abzusichern;
– die als Zusatzleistung zur Lieferung einer Ware oder der Erbringung einer Dienstleistung im Zusammenhang mit privaten und gewerblichen Darlehens- und Leasingverträgen Restschuldversicherungen vermitteln, deren Jahresprämie einen Betrag von 500 Euro nicht übersteigt.
14. Gelten die Beratungs- und Dokumentationspflichten für alle Versicherungsvermittler?
Grundsätzlich ja. Eine Ausnahme wird bei den sogenannten Bagatellvermittlern (siehe Nr. 13) gemacht. Begünstigt sind also beispielsweise die Reisebüros hinsichtlich der Vermittlung von Reisezusatzversicherungen. Aber auch andere Gewerbetreibende, die zum Beispiel im Versand- und Einzelhandel Garantieversicherungen zur Verlängerung der Gewährleistung oder im Elektrohandel Garantie- und Reparaturversicherungen vermitteln, sind befreit.
Die anderen Vermittlergruppen, die weder der Erlaubnis- noch der Registrierungspflicht unterliegen (vergleiche Nr. 13 – Bausparverträge und Restschuldversicherungen), sind nicht befreit und müssen daher entsprechend den gesetzlichen Vorgaben beraten und dokumentieren.
15. Was ist sonst noch zu beachten?
Auch produktakzessorische Vermittler müssen nach § 14 GewO ein Gewerbe als Versicherungsvermittler beim örtlichen Gewerbeamt anzeigen. Falls sie im Handelsregister eingetragen sind, muss Versicherungsvermittlung auch hier als Gegenstand angemeldet werden.
Hinweis: Dieses Merkblatt soll als Service nur erste Hinweise geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.