Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie

Die Richtlinie ermöglicht erstmals europaweit harmonisierte Regelungen zur grenzüberschreitenden Umwandlung bzw. Sitzverlegung und Spaltung von Kapitalgesellschaften durch die Mitgliedstaaten. Die größte Änderung besteht somit darin, dass es nun für sämtliche grenzüberschreitenden Umwandlungsmaßnahmen europaweit eine einheitliche gesetzliche Regelung geben wird. Bislang war dies nur im Falle einer Verschmelzung der Fall.
Die Richtlinie wurde durch das am 28. Februar 2023 im (BGBl. 2023 I Nr. 51) verkündete “Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Gesetze” in deutsches Recht umgesetzt. Das Gesetz trat 2 Tage nach Verkündung in Kraft. Die Artikel 22 (Weitere Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) und 24 (Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs) traten allerdings bereits am 01. Januar 2023 in Kraft.
Während sich die neuen Vorschriften größtenteils an den bereits bestehenden Regelungen zu grenzüberschreitenden Verschmelzungen orientieren, wurden insbesondere im Bereich des Schutzes der Minderheitsgesellschafter, Gläubiger und Arbeitnehmer einige Änderungen vorgenommen.
Die wichtigsten Änderungen im Überblick:
  • Zum Schutz von Gläubigern, Anteilsinhabern und Arbeitnehmern ist nun für alle Umwandlungsvorgänge ein notariell beglaubigter Entwurf des Umwandlungsplans erforderlich, welcher gewisse Mindestangaben enthalten muss und dem die Anteilsinhaber der beteiligten Rechtsträger anschließend per Beschluss mit qualifizierter Mehrheit zustimmen müssen. Zu den Mindestangaben gehören z.B. die Sicherheiten, die den Gläubigern angeboten werden (Rechte der Gläubiger), Einzelheiten zur Barabfindung widersprechender Anteilseigner (Rechte der Anteilseigner), die voraussichtlichen Auswirkungen der grenzüberschreitenden Umwandlung auf die Beschäftigung der Arbeitnehmer (Rechte der Arbeitnehmer).
  • Für grenzüberschreitende Umwandlungen wird ein rechtssicheres europaweit kompatibles Verfahren eingeführt, welches den beteiligten Handelsregistern eine digitale Kommunikation ermöglicht. Bislang waren die Handelsregister zwar bereits digitalisiert, konnten jedoch nicht grenzüberschreitend miteinander kommunizieren. Das Registergericht soll beispielsweise eine Verschmelzungsbescheinigung ausstellen, welche über das Europäische Justizportal für andere Register zugänglich ist. Ziel ist es, dass der aktuelle Stand der Umwandlung für das Registergericht des übernehmenden Rechtsträgers jederzeit einsehbar ist und daher, aufgrund der erstellten Verschmelzungsbescheinigung, eine Eintragung in das Handelsregister schneller vorgenommen werden kann.
  • Für grenzüberschreitende und für innerstaatliche Umwandlungen werden die Rechte der Minderheitsgesellschafter vereinheitlicht, die Ungleichbehandlung von Minderheitsgesellschaftern übertragender und übernehmender Gesellschaften bei der Verschmelzung wird beendet. Das Spruchverfahren steht künftig beiden Gruppen von Minderheitsgesellschaftern zur Verfügung.
  • Wird gegen die Wirksamkeit eines Verschmelzungsbeschlusses geklagt, so kann die Klage nicht auf die fehlende Angemessenheit des Umtauschverhältnisses der Anteile oder darauf, dass die Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Rechtsträger ein unangemessener Gegenwert für die Anteile oder Mitgliedschaft bei dem übertragenden Rechtsträger sei, gestützt werden. Die Gesellschafter können die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses im Rahmen des Spruchverfahrens gerichtlich klären lassen. Dies gilt unabhängig davon, ob die anderen beteiligten Rechtsordnungen das “Spruchverfahren” kennen.
  • Aktiengesellschaften erhalten die Möglichkeit, erforderliche Anpassungen der Wertverhältnisse übertragender und übernehmender Gesellschaften durch zusätzliche Aktien auszugleichen. Das schont die Liquidität und erleichtert Investitionen im Zuge von Umstrukturierungen.
  • Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten bei grenzüberschreitenden Umwandlungen ihrer Arbeitgeber eigene Rechte auf frühzeitige und umfassende Information über das Umwandlungsvorhaben, um ihre Rechte effektiv wahrnehmen zu können.
  • Der Schutz der Gesellschaftsgläubiger und Anteilseigner im Umwandlungsverfahren soll gestärkt und ihr Rechtsschutz effizienter ausgestaltet werden:
  • Zum Schutz der Anteilseigner soll diesen bei grenzüberschreitenden Umwandlungen ein Recht zum Austritt gegen  Barabfindung eingeräumt werden. Gleiches gilt für den grenzüberschreitenden Formwechsel.
  • Zum Schutz der Gläubiger ist ein Anspruch auf Sicherheitsleistung, eine Ausfallhaftung bei grenzüberschreitender Spaltung und ein besonderer Gerichtsstand für den grenzüberschreitenden Formwechsel vorgesehen.
  • Bislang galt bei grenzüberschreitenden Umwandlungen das Sitzstaatprinzip, welches vorsah, dass für jede aus einer solchen Umwandlung hervorgehenden Gesellschaft die Mitbestimmungsregeln des Mitgliedsstaates gelten, in welchem sie ihren neuen Satzungssitz hat. Dies bleibt durch die Umsetzung der EU-Umwandlungsrichtlinie zwar erhalten, jedoch gibt es sogenannte Verhandlungstatbestände. Liegen diese Tatbestände vor, so gilt nicht mehr automatisch das Sitzstaatprinzip, sondern es muss eine neue Verhandlung über die unternehmerische Mitbestimmung geführt werden. Hierfür wird von der Arbeitnehmerseite ein besonderes Verhandlungsgremium gewählt.
  • Neben diesen Änderungen enthält das Gesetz eine Reihe von Erleichterungen für innerstaatliche Umwandlungen von Unternehmen.