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Schönes für die Kleinsten
Mit ihrem Label und Ladengeschäft Lillemar hat sich Dreifachmama Marlitt Buchal einen Traum erfüllt. Ihre nachhaltigen, fairen und handgefertigten Produkte kommen in Wolfenbüttel gut an.
Marlitt Buchal
© Andreas Rudolph
Klein, aber schön. So lässt sich die Fußgängerzone Wolfenbüttels kurz und knapp beschreiben. Klar, auch hier, zwischen Kornmarkt und Langer Herzogstraße, zwischen Großem Zimmerhof und Breiter Herzogstraße sieht man das eine oder andere leere Schaufenster, das den vorbeibummelnden Besucher traurig anzublicken scheint. Tot allerdings, wie manch einer behauptet, der wahrscheinlich selbst seit Jahren nicht mehr dort war, ist die Fachwerk-City der Lessingstadt keineswegs, findet Marlitt Buchal. „Es gibt hier viele inhabergeführte Geschäfte, die mit ganz viel Herz und Leidenschaft geführt werden“, sagt die Frau, die seit rund 15 Monaten eines dieser Geschäfte selbst betreibt. Ende Februar 2023 eröffnete sie ihren Laden Lillemar in den Krambuden.
Seit über einem Jahr ist das Geschäft Lillemar in Wolfenbüttels schöner Fachwerk-Innenstadt zu Hause.
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Sieht man sich in dem Lädchen um, findet man viele schöne Produkte, die sich vor allem an die Kleinen und ganz Kleinen beziehungsweise deren Eltern oder Großeltern richten. Kinderkleidung zum Beispiel, hergestellt aus Bio-Baumwolle oder anderen nachhaltigen Materialien. „Ich achte bei der Kleidung auf hochwertige Qualität, aber auch auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis“, verrät die Gründerin, die vor allem auf vier Marken setzt, allen voran auf das deutsche Bio-Mode-Label People Wear Organic: „Ich setze auf zertifizierte Ware, am besten mit GOTS-Siegel, wo vom Anbau der Baumwolle über die Produktion bis zur Lagerung alles zertifiziert ist und Bio-Qualität hat. Dabei geht es auch um die faire Entlohnung der Arbeitenden.“
Auch niedliches Holzspielzeug hat Gründerin Marlitt Buchal in ihrem Sortiment.
© Andreas Rudolph
Die Geschichte von Lillemar beginnt im Internet
Doch bei Kleidung hört die Auswahl noch lange nicht auf, vom hölzernen Beißring über Spielzeug oder Kuscheltiere bis hin zu künstlerischen Postkarten – das meiste in einem eher schlichten, nordischen Stil – findet man in dem Laden allerlei. Allzu knallige Farben oder Plastikramsch sucht man im Sortiment von Lillemar vergebens. „Es sind alles Dinge, mit denen Kinder gut zurechtkommen und die auch etwas aushalten, die aber auch praktisch sind und die Kinder nicht zu sehr vom Kindsein ablenken“, erläutert Marlitt Buchal, die als Mutter von drei Jungs (4, 7 und 9 Jahre alt) ganz genau weiß, wovon sie spricht.
Mit den von Gründerin Marlitt Buchal selbstgenähten Babynestchen fing alles an.
© Andreas Rudolph
Dass Buchal heute in Wolfenbüttel einen Shop mit Waren für Kinder im Alter von null bis sechs Jahren betreibt, war zunächst nicht abzusehen. Geboren in Schwaben und aufgewachsen in der Südpfalz, einen Spaziergang von der französischen Grenze entfernt, jobbte sie während des Lehramtsstudiums zunächst als Flugbegleiterin bei der Lufthansa, ehe sie sich ganz diesem Beruf widmete. In unsere Region kam sie schließlich durch ihren Mann, einen Gymnasiallehrer, den sie 2012 kennenlernte. Mit der ersten Schwangerschaft musste der reiseintensive Beruf ruhen. Dafür widmete sich die heute 39-Jährige, die mit ihrer Familie in einem Dorf zwischen Elm und Asse wohnt, einer Leidenschaft und einem Talent, das sie quasi in die Wiege gelegt bekam: der Handarbeit. Ihr Großvater sei Schneider gewesen, berichtet sie, auch ihre Mutter war in diesem Bereich begabt, und schließlich tat auch sie selbst sich schon bald darin hervor. Ihr eigenes Label Lillemar gründete sie im Jahr 2018, ihr erster Verkaufsschlager auf der Handmade-Plattform Etsy.com waren ihre selbstgenähten Babynestchen. „Davon habe ich teilweise 20 pro Woche verkauft“, erinnert sie sich, dass sie mit der Produktion kaum hinterher kam. Noch heute finden sich die gemütlichen Nestchen und weitere handgefertigte Produkte, bei denen ihr mittlerweile auch eine Näherin aus der Region hilft, in ihrem Laden in den Krambuden.
Im „Laden auf Zeit“ wichtige Erkenntnisse gesammelt
Nur wenige Minuten, nachdem die Lillemar-Betreiberin am Tag unseres Gesprächs, an einem Dienstag um 10 Uhr die Türen ihres Geschäfts geöffnet hat, stöbern bereits mehrere Kundinnen und Kunden durch die Regale, stellen Fragen oder erkundigen sich nach bestimmten Artikeln. „Der Laden kommt gut an in Wolfenbüttel“, bestätigt Buchal den ersten Eindruck. Natürlich sei das Städtchen südlich von Braunschweig nicht Hamburg-Innenstadt, stellt sie klar und räumt ein, dass es natürlich auch mal ruhigere Tage gebe. Doch nachhaltige und faire Kleidung und Produkte für Kinder werden nachgefragt – nicht nur im Netz, sondern auch auf der Bummelmeile, wo Beratung, Service oder einfach auch mal ein nettes Gespräch zum Einkaufserlebnis dazugehören.
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Mir ist wichtig, dass ich Produkte im Laden habe, die es nicht überall zu kaufen gibt.Marlitt Buchal
„Ich habe mich bewusst für Wolfenbüttel entschieden, weil ich gesehen habe, dass es diese Einkaufsmöglichkeit hier noch nicht gab – und ich das gerne ändern wollte“, erklärt Buchal. Leicht machte ihr die Entscheidung ein Angebot der Stadt Wolfenbüttel, der sogenannte „Laden auf Zeit“ in der Langen Herzogstraße. Dabei konnte sie im Herbst 2022 vier Wochen lang mietfrei ausprobieren, wie es sich anfühlt, Geschäftsinhaberin in der Fußgängerzone zu sein, und mit Wolfenbüttelerinnen und Wolfenbüttelern ins Gespräch kommen. Danach war schnell klar, dass aus dem „Laden auf Zeit“ eine feste Institution werden sollte. Innerhalb von viereinhalb Monaten war, „mit tatkräftiger Unterstützung von meinem Mann“, die Planung und der Umbau in den Krambuden gestemmt und es konnte losgehen.
Mit hübschen Tassen und zahlreichen anderen Accessoires ist Lillemar mehr als nur ein Laden für Kinder.
© Andreas Rudolph
Entwicklung hin zum Family-Concept-Store
„Do small things with great love“ lautet das Motto von Lillemar, das auch die Rückwand des Verkaufsraumes ziert. Marlitt Buchal, das merkt man, wenn man sie in ihrem Laden besucht, ist mit viel Herzblut dabei. „Man kommt auch schon mal seine Grenzen“, berichtet sie freimütig über die Herausforderung, stets die richtige Balance zwischen Unternehmen und Familie zu finden. Neben der Näherin soll sie schon bald auch eine Verkäuferin im Laden unterstützen. Bei der Qualität ihrer Produkte macht sie dagegen keine Kompromisse. „Ich weiß nicht, wie viele Mails pro Woche ich aus China bekomme, die Sachen für mich produzieren und hinterher mein Label draufstempeln wollen“, schmunzelt sie, um sogleich klarzustellen: „Das ist natürlich genau das, was ich nicht möchte. Wenn ich auf Masse hätte produzieren wollen, hätte ich das Ganze schon vor Jahren nach China verlagern können.“
Auch für die Allerkleinsten ist im Lillemar-Sortiment einiges dabei.
© Andreas Rudolph
Veränderungen stehen bei Lillemar dennoch an. Künftig soll es auch Mode für Kinder bis zehn Jahre geben, außerdem plant die Inhaberin einen kleinen Kursschwenk: Aus dem Kids- soll ein Family-Concept-Store werden, das Angebotssortiment für Mama und Papa soll erweitert werden. Ansonsten soll der Laden in den Krambuden aber so bleiben, wie er ist. Eben klein, aber schön – genau wie die liebenswerte Fußgängerzone der Lessingstadt.
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4/2024