Im Dialog unter Tage: IHK vor Ort bei der BGE

Schon von Weitem für die Delegation der IHK Braunschweig sichtbar, ragt die Schachtanlage Konrad auf dem Gelände des ehemaligen Eisenerzbergwerks in Salzgitter in die Höhe. Gegenwärtig dient die denkmalgeschützte „Lebensader“ der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) für den Ausbau der Anlage zum ersten nach Atomrecht genehmigten Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle in Deutschland.
Mit einem fröhlichen „Glück auf“ begrüßt Johannes Schneider, Besucherführer Öffentlichkeitsarbeit Konrad, die Gruppe der IHK und stellt die BGE zunächst in den Räumlichkeiten über Tage vor. Im Auftrag und Besitz des Bundes für die dauerhafte Lagerung von radioaktiven Abfällen im Juli 2016 gegründet, setzt sich das Unternehmen aus dem Hauptsitz in Peine sowie weiteren Standorten in Salzgitter, Wolfenbüttel und Berlin zusammen. Zu den aktuellen Projekten zählen neben dem zukünftigen Endlager Konrad außerdem die Schachtanlage Asse II, das Bergwerk Gorleben sowie das Endlager Morsleben. Das Dreigespann der Geschäftsführung, bestehend aus Iris Graffunder, Marlis Koop und Dr. Thomas Lautsch, kommt gemeinsam mit etwa 2300 Mitarbeitenden ihrer Aufgabe nach. Jene beinhaltet neben der Suche und dem Bau von End­lagern für hochradioaktiven Atommüll außerdem die Stilllegung von Bergwerken sowie die Produktkontrolle und Rückholung von radio­aktiven Abfällen aus der Asse.

Ab 2030 geht das Endlager in Betrieb

Das Endlager Konrad wird voraussichtlich ab 2030 in Betrieb gehen und anschließend mit der Einlagerung von bis zu 303 000 Kubikmetern schwach- und mittelradioaktiven Abfällen beginnen. Bereits seit 2007 – damals noch unter der Leitung des Bundesamtes für Strahlenschutz – werden die Grubenhohlräume des ehemaligen Eisenerzbergwerks für diesen Zweck umgebaut. Gegenwärtig legt die BGE die dafür notwendige Infrastruktur über und unter Tage an und saniert die beiden Schächte – der zweite Schacht befindet sich im unmittelbaren Umfeld der Salzgitter Flachstahl GmbH. In dem für die BGE aktuell „wichtigsten Projekt“, wie Schneider verrät, entstehen in rund 850 Metern Tiefe eine Umladestation, Transportstrecken sowie die Einlagerungsbereiche. Radioaktive Abfälle aus ganz Deutschland warten derzeit in Zwischenlagern und Landessammelstellen auf die Fertigstellung von Konrad.

Kilometerlanges Tunnelsystem

Jegliche Umbaumaterialien werden über den Schacht Konrad 1 mit seinen 1232 Metern Tiefe befördert, erklärt Schneider weiter. Feste Seilzeiten legen die Auf- und Abfahrten fest. So findet sich auch die Gruppe der IHK, die die unterirdische Baustelle besuchen darf, um Punkt 9:30 Uhr am Fahrstuhl des Schachtes ein. Unisono gekleidet in roten Overalls, weißem Halstuch und Schutzhelm betreten die Mitarbeitenden der IHK den Fahrstuhl, der sie mit vier Metern pro Sekunde in den Untergrund transportiert. Im Tunnelsystem angekommen, steigen die Besucherinnen und Besucher auf einen umgebauten Geländewagen um, mit dem sie durch einen kleinen Teil der kilometerlangen Strecken fahren. In den engen Schächten fällt es bei anhaltender Dunkelheit, Temperaturen um die 28 Grad, hoher Luftfeuchtigkeit und merklichem Druckausgleich schwer, die Orientierung zu behalten. Unter diesen Bedingungen wirkt das anfänglich als Last empfundene etwa fünf Kilo schwere Atemgerät namens „Sauerstoffselbstretter“, das jeder „Kumpel“ unter Tage mit sich trägt, auf einmal sehr beruhigend. Vor Ort kann sich die Gruppe selbst ein Bild davon machen, warum sich Schacht Konrad besonders gut als End­lager eignet: Die Grube ist sehr trocken, zudem verhindern dicke Tonschichten das Eindringen von Wasser – radioaktive Stoffe werden so für einen äußert langen Zeitraum vor dem Austreten geschützt.
Wieder an der Oberfläche angekommen – nach fast drei Stunden in der wohl tiefsten Baustelle des Landes – nehmen die Mitarbeitenden der IHK Braunschweig nicht weniger als einen bleibenden Eindruck des außergewöhnlichen Arbeitsfeldes des Peiner Mitgliedsunternehmens mit.
ar
6/2024