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IHK-Ausbildungsumfrage 2024: Lage bleibt weiter angespannt
Alljährlich erfragen die deutschen Industrie- und Handelskammern im Rahmen der Ausbildungsumfrage die aktuelle Ausbildungssituation in den Betrieben. Die jüngste Ermittlung hat offenbart, dass mehr als ein Drittel der befragten Ausbildungsbetriebe im Kammerbezirk der IHK Braunschweig im vergangenen Jahr nicht alle Ausbildungsplätze besetzen konnten.
Mehr als ein Drittel der befragten Unternehmen konnten ihre Ausbildungsplätze 2023 nicht besetzen.
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Als einen der Hauptgründe für die Nichtbesetzungen gaben knapp 70 Prozent der Befragten an, dass keine geeigneten Bewerbungen eingereicht wurden. Ein weiterer Grund ist die Auflösung des Ausbildungsvertrages nach Beginn der Ausbildung (25 Prozent), aber auch das Nicht-Antreten des Ausbildungsplatzes durch den Auszubildenden (18 Prozent). 11 Prozent verzeichneten sogar keinerlei Bewerbungen.
Die Gründe des Nicht-Besetzens sind vielfältig.
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Die Gründe für den Auszubildenden-Mangel sind vielfältig. „Neben dem demografischen Wandel ist es unter der Vielzahl der Angebote in der beruflichen Bildung für junge Menschen oft schwierig, das Richtige für sich zu finden. Aus diesem Grund informiert die bundesweite Azubikampagne „Ausbildung macht mehr aus uns“ der IHK-Organisation sie über die Chancen einer Ausbildung in IHK-Berufen“, so Dr. Kirsten Anna van Elten, Abteilungsleiterin Beruf & Bildung der IHK Braunschweig.
Maßnahmen zur Gewinnung potenzieller Auszubildenden
Um junge Menschen für die eigene Branche zu begeistern, nutzen Betriebe verschiedene Rekrutierungsmaßnahmen. Unter anderem setzen sie zur Gewinnung potenzieller Auszubildenden sowohl auf den persönlichen Kontakt als auch auf digitale Medien. So gibt der Großteil der Unternehmen an, ihre eigene Website zur Ansprache von Nachwuchskräften zu nutzen. Viele Firmen verwenden auch den Synergieeffekt aus der Aktion „Mitarbeiter werben Azubi“. Daneben lernen 64 Prozent künftige Auszubildende über Schul- und Schnupperpraktika und 44 Prozent über Ausbildungsmessen kennen. Die Suche nach Auszubildenden hat sich längst aber auch in die sozialen Medien verlagert. Mehr als die Hälfte der Ausbildungsbetriebe betreiben aktives Marketing auf Social Media. Zudem sind fast zwei Drittel der Betriebe auf Online-Stellenbörsen vertreten – die Befragten verzeichnen anhand dieser Vorgehensweisen gute bis sehr gute Erfolge.
Unternehmen gehen zumeist digitale Wege, um potenzielle Auszubildende zu finden.
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Steigerung der Attraktivität
Neben finanziellen sowie materiellen Anreizen legen 73 Prozent der Betriebe Wert auf flache Hierarchien im Miteinander. Fast jedes zweite Unternehmen (47 Prozent) setzt auf eine moderne IT-Ausstattung. Weitere Veränderungen, um die Attraktivität zu steigern, sind unter anderem Umgestaltungen beim Rekrutierungs- und Einstellungsprozess sowie Ausarbeitungen und Ergänzungen der Lehr- und Lernkonzepte durch Ausbildende.
Unterstützende Angebote für Schulabgängerinnen und Schulabgänger mit mangelnder Ausbildungsreife
Schulabgängerinnen und Schulabgänger müssen mit ausreichenden Basiskompetenzen für eine Berufsausbildung ausgestattet sein, damit die Ausbildung für Auszubildende und vor allem Betriebe erfolgreich ausgestaltet werden kann. Bisweilen komme es aber vor, dass eine unzureichende Ausbildungsreife vorliegt, was Ausbildungsbetriebe bei der Vermittlung von Ausbildungsinhalten vor größere Herausforderungen stellen kann. Gleichwohl gibt ein Drittel der Unternehmen lernschwächeren Jugendlichen die Chance einer Ausbildung. Durch eigene Nachhilfeangebote im Betrieb sollen junge Menschen mit Startschwierigkeiten unterstützt werden. Für rund ein Viertel der Befragten ist die Ausbildung leistungsschwächerer Schulabgängerinnen und Schulabgänger herausfordernd.
Schwerpunktthema: Auszubildende aus Drittstaaten
Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG), das seit November 2023 schrittweise in Kraft getreten ist, erleichtert jungen Menschen aus Drittstaaten den Zugang zum deutschen Bildungssystem. Mit dem FEG wird der potenzielle Bewerberpool für deutsche Ausbildungsbetriebe erweitert. Dennoch geben von 108 Firmen mehr als die Hälfte an, noch keine Auszubildenden aus anderen Herkunftsländern ausgebildet zu haben. Nur ein Bruchteil der Betriebe habe bereits Erfahrungen mit Auszubildenden aus anderen Herkunftsländern sammeln können. Gleiches gilt für Auszubildende aus Ländern der Europäischen Union.
Hürden bei der Einstellung internationaler Auszubildenden
Bestehende Herausforderungen bei der Einstellung von Auszubildenden aus anderen Herkunftsländern sind unter anderem zu geringe Deutschkenntnisse (84 Prozent), langwierige und umständliche bürokratische Prozesse wie bei Visum- und Aufenthaltsverfahren (47 Prozent) sowie fehlende Unterstützungsangebote für die betriebliche Integration (24 Prozent). Weitere Probleme wie mangelnder Wohnraum in Betriebsnähe und unzureichende Vermittlungsstrukturen unterstreichen die Notwendigkeit, die Integration ausländischer Auszubildenden bundesweit durch gezielte administrative und systematische Vorgehensweisen zu stärken.
Geringe Deutschkenntnisse erschweren das Einstellen ausländischer Auszubildenden erheblich.
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Die IHK-Ausbildungsumfrage spiegelt wider, dass Betriebe auf vielfältige Rekrutierungsmaßnahmen und attraktive Arbeitsbedingungen setzen, um geeignete Auszubildende zu gewinnen. Dennoch ist das Besetzen der Ausbildungsstellen mit zahlreichen Hindernissen verbunden. „Zahlreiche Unternehmen gehen neue Wege auf der Suche nach angehenden Fachkräften. Mit Blick auf Auszubildende aus anderen Ländern bleibt vor allem die Sprachbarriere als Hürde bestehen. Unterstützung durch Projekte wie „VERA“ oder „ASAflex“ und anderen bei verschiedenen Anbietern können hilfreich sein und einen Mehrwert für Auszubildende und Betrieb schaffen“, so Dr. van Elten.
8/2024
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Dr. Kirsten Anna van Elten