Fahrtwind der Veränderung: Teilqualifizierung in der Logistik

Neue Wege zum Berufskraftfahrer: Erfolgreich gegen den Fachkräftemangel
Die IHK Braunschweig ist mit einem neuen Serviceangebot an den Start gegangen. Als Ihre Quelle für Inspiration, Rat und Unterstützung präsentiert sich der erste Podcast der IHK. Gleich zu Beginn haben wir ein heißes Eisen in die Hand genommen: den Fachkräftemangel in der Logistikbranche. Dr. Christina Schlegl, Teamleiterin für Weiterbildungsberatung und Bildungsprojekte, diskutierte hierzu mit zwei ausgewiesenen Branchenexperten über mögliche Lösungen für dieses drängende Problem.
Matthias Afken, Geschäftsleitungsassistent bei der Bildungsakademie Rüdebusch, und Sascha ­Rhodgess, Ausbilder und Projektleiter bei der Dekra Akademie, griffen tief in die Kiste ihrer Erfahrungsschätze. Herausgekommen sind dabei einerseits wertvolle Einblicke in die aktuelle Problemlage und potenzielle Lösungsansätze.

Das Gegenmittel zum eklatanten Fachkräftemangel

Afken ging auf die alarmierende Situation des Fachkräftemangels ein: Laut dem Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e. V. sind die Zahlen dramatisch. Zwischen 80 000 bis 100 000 Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer fehlen derzeit im Bereich des Logistikgewerbes – Tendenz steigend. Und das Problem ist altbekannt, ergänzte Afken. So bildet beispielweise die Bundeswehr weniger Fahrer aus, wodurch das Gewerbe sehr viele Fahrlehrende und Fahrende verliert. Als Mittel zur Lösung des Problems erläuterte Rhodgess die Bedeutung von Teilqualifikationen. Mit deren Einsatz ließe sich die Ausbildungszeit verkürzen. Arbeits­suchende könnten so schneller in den Markt integriert und Mitarbeitende im Zuge der Beschäftigtenqualifizierung weitergebildet werden.

Das Bewusstsein wächst nur langsam

Gleichzeitig verdeutliche die Diskussion jedoch zwei Defizite, mit denen das Modell der Teilqualifizierung zu kämpfen hat. Das ist zum einen die Notwendigkeit, Mitarbeitende für eine gewisse Zeit freizustellen. Zum anderen ist es die mangelnde Bekanntheit und Akzeptanz von Teilqualifikationen in der Unternehmenswelt.
Demgegenüber stehen entscheidende Vorteile für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, auf die beide Experten hinwiesen. Bildungsträger seien bestrebt, die Interessen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Einklang zu bringen. „Wir können auch andere Angebote stricken, die vielleicht in den Arbeitsalltag des Arbeitgebers auch reinpassen“, erläutert Rhodgess.
Auch auf Seiten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind Herausforderungen zu bewältigen. Neben privaten Schwierigkeiten ist die hohe Nachfrage nach Arbeitskräften im Allgemeinen ein Faktor, die Beschäftigten auch ohne Qualifizierung genug Möglichkeiten bietet.

Den Beruf attraktiver machen

Zuletzt appellierte Rhodgess an alle Beteiligten, den Beruf generell attraktiver zu machen, um sich an die Gegebenheiten eines Arbeitnehmermarktes anzupassen. Auch die Politik könnte einen Beitrag leisten. Denken wir nur an fehlende Parkplätze oder marode Infrastruktur.
Die Diskussion endete mit dem Appell, die Attraktivität des Berufs der Berufskraftfahrenden zu steigern, indem die Rahmenbedingungen verbessert und die Unterstützung für Qualifizierungsmaßnahmen verstärkt werden. Die Weiterbildung von Angestellten sei eine klassische Win-win-Situation, so lautet das Fazit von Afken und Rhodgess. „Der Arbeitnehmer hat die Chance aufzusteigen und der Arbeitgeber kann sich auf gut geschultes Personal verlassen“, schließt Rhodgess.
sle
5/2024