EU-Verordnung über entwaldungsfreie Produkte (EUDR)

Mit der EU-Entwaldungsverordnung (VO (EU) 2023/1115) will die Europäische Union einen Beitrag zur Eindämmung der weltweiten Entwaldung und zur Reduzierung von Waldschädigung leisten. In der EU ansässige Unternehmen, die in der Verordnung (VO) genannte Waren auf dem Binnenmarkt in Verkehr bringen, sehen sich mit umfangreichen Compliance-Pflichten konfrontiert, die ab dem 30. Dezember 2024 einzuhalten sind. Kleinste und kleine Unternehmen werden ab dem 30. Juni 2025 in die Pflicht genommen.
Die Verordnung enthält Vorschriften für das Inverkehrbringen und die Bereitstellung auf dem Unionsmarkt sowie für die Ausfuhr von Waren aus der Union, die relevante Rohstoffe enthalten, mit diesen gefüttert wurden oder unter deren Verwendung hergestellt wurden.
Sicherzustellen ist, dass diese aus – seit 2020 – entwaldungsfreien Gebieten stammen und dass die vor Ort geltenden Rechtsvorschriften eingehalten wurden.
Gemäß Anhang I fallen die folgenden Warengruppen unter die EUDR-Verordnung:
  • Rinder
  • Kakao
  • Kaffee
  • Ölpalme
  • Kautschuk
  • Soja
  • Holz
Die Europäische Union behält sich das Recht vor, im Rahmen einer Folgenabschätzung die Liste der relevanten Erzeugnisse zukünftig um weitere Waren zu erweitern.

Was müssen die betroffenen Unternehmen beachten?

Von der VO betroffen sind sowohl Marktteilnehmer als auch Händler. Marktteilnehmer sind Betriebe, die relevante Rohstoffe oder Erzeugnisse auf dem Unionsmarkt in Verkehr bringen oder aus diesem ausführen. Händler sind Unternehmen in der Lieferkette, die relevante Rohstoffe oder Erzeugnisse auf dem Unionsmarkt bereitstellen.
Relevante Erzeugnisse erkennt man mit genauem Blick in Anhang I der EUDR-VO. Von den verschiedenen relevanten Rohstoffen fallen unterschiedliche Verarbeitungsstufen unter den Anwendungsbereich. Die Orientierung anhand der Zolltarifnummer kann hier hilfreich sein.
Damit die in Anhang I der EUDR-VO genannten relevanten Rohstoffe und Erzeugnisse daraus auf dem Unionsmarkt in Verkehr gebracht, bereitgestellt oder ausgeführt werden dürfen, müssen alle der folgenden Bedingungen erfüllt sein:
  1. Die Ware muss entwaldungsfrei sein.
  2. Die Ware wurde gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt.
  3. Für die Ware liegt eine Sorgfaltserklärung vor.
1. Entwaldungsfrei bedeutet,
  • dass die entsprechenden Erzeugnisse relevante Rohstoffe enthalten, mit diesen gefüttert wurden oder unter deren Verwendung hergestellt wurden, die auf Flächen erzeugt wurden, die nicht nach dem 31. Dezember 2020 entwaldet wurden, und
  • im Fall relevanter Erzeugnisse, die Holz enthalten oder unter Verwendung von Holz hergestellt wurden; dass das Holz aus dem Wald geschlagen wurde, ohne dass es dort nach dem 31. Dezember 2020 zu Waldschädigung gekommen ist.
2. Erzeugung gemäß einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes verlangt
  • die Einhaltung einschlägiger Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes. Hierbei handelt es sich unter anderem um Rechtsvorschriften in Bezug auf Landnutzungsrechte, Umweltschutz und forstbezogene Vorschriften, aber auch völkerrechtlich geschützte Menschenrechte, Arbeitnehmerrechte sowie Steuervorschriften, Korruptionsbekämpfungs-, Handels- und Zollvorschriften.
  • Ortsansässige Zulieferer müssen diese Vorgaben einhalten, damit die Rohstoffe und Erzeugnisse in der EU marktfähig sind.
3. Sorgfaltserklärungen beinhalten
  • die in Anhang II der EUDR-VO aufgeführten Informationen für relevante Erzeugnisse als auch
  • die Erklärung des Marktteilnehmers, dass er die Sorgfaltspflicht erfüllt hat und kein oder nur ein vernachlässigbares ­Risiko festgestellt wurde.

Sorgfaltspflichten für Unternehmen im Detail

Nicht-KMU-Marktteilnehmer und Nicht-KMU-Händler sind Unternehmen, die im Jahresdurchschnitt mindestens 250 Beschäftigte haben und eine Bilanzsumme von 25 Mio. Euro oder Nettoumsatzerlöse von 50 Mio. Euro überschreiten (Richtlinie 2013/34/EU). Diese Betroffenen müssen eine Sorgfaltserklärung mit den Angaben gemäß Anhang II der EUDR-VO elektronisch an die zuständige Behörde übermitteln, bevor sie relevante Erzeugnisse in Verkehr bringen oder ausführen. Um diese Sorgfaltserklärung abgeben zu können, müssen sie die folgenden drei Schritte zur Erfüllung ihrer Sorgfaltspflicht befolgen:
1. Sammlung von Informationen, Daten und Unterlagen gemäß Artikel 9:
  • Beschreibung des Erzeugnisses inklusive einer Liste der relevanten Rohstoffe, die das Erzeugnis enthält oder unter deren Verwendung es hergestellt wurde.
  • Geolokalisierung aller Grundstücke, auf denen die relevanten Rohstoffe, die das Erzeugnis enthält oder unter dessen Verwendung es hergestellt wurde sowie den Zeitpunkt der Herstellung.
  • Menge des Erzeugnisses und Erzeugerland.
  • Name, Anschrift und E-Mail-Adresse aller Unternehmen oder Personen, von denen sie mit den relevanten Erzeugnissen beliefert wurden.
  • Name, Anschrift und E-Mail-Adresse aller Unternehmen, Marktteilnehmer oder Händler, an die die relevanten Erzeugnisse geliefert wurden.
  • Schlüssige und überprüfbare Informationen darüber, dass das Erzeugnis entwaldungsfrei ist.
  • Schlüssige und überprüfbare Informationen darüber, dass das Erzeugnis im Einklang mit den Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes produziert wurde.
2. Durchführung einer Risikobewertung anhand der gesammelten Informationen gemäß Artikel 10:
  • Risikobewertung eines Erzeugerlandes inklusive seiner Landesteile und -regionen.
  • Präsenz von Wäldern und indigenen Völkern im Erzeugerland.
  • Prüfung von Ansprüchen indigener Völker auf die Nutzung des Herstellungsgebietes oder deren Eigentumsverhältnisse.
  • Verbreitung der Entwaldung oder Waldschädigung im Herstellungsgebiet.
  • Ausmaß der Korruption, mangelnde Strafverfolgung, Verstöße gegen Menschenrechte.
Die Risikobewertung und insbesondere, wie der Umfang des Risikos ermittelt wurde, ist zu dokumentieren.
3. Ergreifung von Maßnahmen zur Risikominderung gemäß Artikel 11, sofern ein Verstoß gegen die EUDR-VO festgestellt werden konnte. Diese Maßnahmen können folgendes umfassen:
  • Anforderung weiterer Informationen, Daten oder Unterlagen.
  • Durchführung unabhängiger Erhebungen oder Audits.
Die Verpflichtungen für Unternehmen hängen von der Höhe des Risikos ab. Unter Umständen kann bei geringem Risikoprofil ein reduzierter Umfang der anzuwendenden Sorgfaltspflicht gelten.

Eingeschränkte Sorgfaltspflichten für KMUs

Für KMUs, die mit den relevanten Erzeugnissen handeln und diese auf dem Markt bereitstellen wollen, gelten nur eingeschränkte Sorgfaltspflichten. Sie müssen diese erst ab dem 30. Juni 2025 verpflichtend erfüllen.
Die folgenden Informationen müssen KMUs gemäß Artikel 5 Absatz 2 und 3 zu den relevanten Erzeugnissen, die sie auf dem Markt bereitstellen wollen, erfassen:
  • Vom Lieferanten: Name, eingetragener Handelsname oder eingetragene Handelsmarke, Postanschrift, E-Mail-Adresse und, falls verfügbar, eine Internetadresse sowie die Referenznummern der diesen Erzeugnissen zugeordneten Sorgfaltserklärungen.
  • Vom Kunden, an den die Erzeugnisse geliefert werden: Name, eingetragener Handelsname oder eingetragene Handelsmarke, Postanschrift, E-Mail-Adresse und, falls verfügbar, eine Internetadresse.
Die genannten Informationen müssen ab dem Datum der Bereitstellung auf dem Markt mindestens fünf Jahre lang aufbewahrt werden. Die Erleichterungen gelten nicht für das erstmalige Bereitstellen eines relevanten Erzeugnisses auf dem Unionsmarkt.

Berichterstattung und Aufzeichnungen

Von der Verordnung Verpflichtete, die keine KMU oder natürliche Personen sind, müssen jährlich öffentlich (auch im Internet) über ihre Sorgfaltspflichtregelung berichten (Artikel 12 Absatz 3). Verpflichtete, die auch in den Anwendungsbereich anderer Rechtsakte der EU fallen, in denen Anforderungen an die Sorgfaltspflicht in der Wertschöpfungskette festgelegt sind, können ihre Berichterstattungspflichten erfüllen, indem sie die erforderlichen Informationen in die Berichterstattung im Zusammenhang mit diesen anderen Rechtsakten der EU aufnehmen.
Die im Zusammenhang mit der Sorgfaltspflicht der EUDR-VO stehenden Unterlagen, wie beispielsweise alle Aufzeichnungen, Maßnahmen und Verfahren gemäß Artikel 8, sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren. Diese Unterlagen müssen auf Verlangen den zuständigen Behörden zur Verfügung gestellt werden.  

Durchsetzung und Sanktionen

Die EU-Mitgliedstaaten sind für die Durchsetzung und Kontrolle der Verordnung verantwortlich. In Deutschland ist die zuständige Behörde die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).
Verstöße gegen die neue EU-Verordnung können mit
  • hohen Bußgeldern, bis vier Prozent des Jahresumsatzes,
  • dem Einzug der relevanten Erzeugnisse,
  • der Einziehung der Einnahmen aus der Transaktion mit den relevanten Erzeugnissen,
  • den vorübergehenden, im Höchstfall zwölf Monate dauernden Ausschluss von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge und vom Zugang zu öffentlicher Finanzierung, darunter auch Ausschreibungsverfahren, Finanzhilfen und Konzessionen,
  • einem vorübergehenden Verbot des Inverkehrbringens oder der Bereitstellung auf oder der Ausfuhr aus dem Unionsmarkt von relevanten Rohstoffen und relevanten Erzeugnissen und
  • einem Verbot der Anwendung der vereinfachten Sorgfaltspflicht gemäß Artikel 13 bestraft werden.
Die EU-Kommission hat einen FAQ-Leitfaden in englischer Sprache erstellt, der laufend aktualisiert wird. Eine deutsche Übersetzung stellt die BLE auf ihren Seiten unter dem Reiter „Entwaldungsfreie Produkte – FAQ“ zur Verfügung.  

Verhältnis zur EU-Holzhandelsverordnung

Die EU-Holzhandelsverordnung (EU) 995/2010 wird mit Wirkung vom 30. Dezember 2024 aufgehoben. Für die im Anhang der EU-Holzhandelsverordnung genannten Erzeugnisse, die vor dem 29. Juni 2023 erzeugt und ab dem 30. Dezember 2024 in Verkehr gebracht werden, gilt eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2027 (Artikel 37).
Im Zusammenhang mit der bisherigen Holzhandelsverordnung ist zudem darauf hinzuweisen, dass in Anhang I der EUDR-Verordnung eine erhebliche Ausweitung der erfassten Holzprodukte vorgenommen wurde. Folglich werden zukünftig auch zahlreiche Wirtschaftsakteure in Bezug auf Holz betroffen sein, die bislang nicht in den Anwendungsbereich der Sorgfaltspflichten nach der Holzhandelsverordnung fielen.
tp
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6/2024