Die Maut für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen kommt

Ab Juli 2024 wird in Deutschland die Maut für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen auf allen Bundesstraßen und Autobahnen eingeführt. Dies betrifft insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen aus dem Transportgewerbe und anderen Branchen wie Messebau oder Gartenbau. Sie stehen vor der Herausforderung, die entstehenden Mehrkosten am Markt durchzusetzen.
Nachdem die Lkw-Maut in Deutschland bereits zum 1. Dezember letzten Jahres deutlich erhöht wurde, wird sie ab dem 1. Juli 2024 auf kleinere Fahrzeuge mit einer technisch zulässigen Gesamtmasse (tzGm) von mehr als 3,5 Tonnen ausgeweitet. Wie hoch die Mautgebühren ausfallen, die damit auf die betroffenen Betriebe zukommen, lässt sich nicht pauschal sagen. Klar ist jedoch, dass insbesondere kleinere Firmen mit erheblichen Mehrkosten konfrontiert sein werden. Die Höhe der Maut hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie etwa von der Länge der zurückgelegten Strecke oder der Schadstoffklasse. Emissionsfreie Fahrzeuge sind vorerst von der Mautpflicht befreit. Erfasst werden kann die Maut mithilfe einer für diesen Zweck eingebauten On-Board-Unit (OBU), oder aber jede einzelne Fahrt wird manuell eingebucht. Die Mehreinnahmen durch die Maut sollen der Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur dienen und vor allem für den Ausbau des Schienennetzes genutzt werden.
Ausgenommen von der Mautpflicht sind Handwerksbetriebe und handwerksähnliche Gewerbe. Dass eine Fahrt unter diese Handwerkerausnahme fällt, ist bei einer Mautkontrolle nachzuweisen. Dazu müssen beispielsweise die Handwerks- beziehungsweise Gewerbekarte, eine Kopie der Gewerbeanmeldung, ein Lieferschein oder Kundenaufträge vorgelegt werden. „Wir begrüßen es, dass Forderungen der Industrie- und Handelskammern, auch handwerksähnliche Gewerbe von der Maut zu befreien, entsprochen wurde. Allerdings wurde der Kreis der Begünstigten zu eng gefasst“, sagt Patrick Thiele, Leiter des Referats Nationale Verkehrspolitik und Verkehrswirtschaft bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer. Betroffen von der Neuregelung sind nicht nur der Güterkraftverkehr, sondern auch Gewerbe wie Messebauunternehmen, Gartenbaubetriebe, Veranstaltungstechniker oder Hausmeisterdienste, die zwar als handwerksähnliche Gewerbe angesehen werden können, aber bei der Ausnahmeregelung nicht berücksichtigt wurden. „Viele Betriebe aus diesen Branchen haben sich in den vergangenen Monaten besorgt an die regionalen IHKs und die DIHK gewandt, weil sie davon ausgegangen waren, dass sie unter die Ausnahmeregelung fallen und nun verunsichert sind angesichts der Kosten, die ab Sommer auf sie zukommen.“
Die DIHK setzt sich derzeit bei der Bundesregierung dafür ein, dass weitere Gewerbe unter die Ausnahmeregelung fallen.
Die DIHK setzt sich derzeit bei der Bundesregierung dafür ein, dass weitere Gewerbe unter die Ausnahmeregelung fallen. Gleichwohl sollten sich die betroffenen Unternehmen jetzt auf die Gesetzesänderung einstellen. Das bedeutet laut Thiele nicht nur, sich schnellstmöglich um den Einbau der Geräte zur Mauterfassung und die Registrierung der Fahrzeuge zu kümmern. „Wichtig ist, dass die betroffenen Betriebe jetzt ihre Kalkulation überdenken und die aus der Mautpflicht resultierenden Mehrkosten gegenüber ihren Kundinnen und Kunden erläutern, und entsprechende Kostenerhöhungen durchsetzen. Und zwar so schnell wie möglich und nicht erst, wenn die neue Regelung in Kraft getreten ist.” Die örtlichen IHKs unterstützen die Unternehmen dabei.
Selbst wenn die Mehrkosten vollständig weitergegeben werden können, könne dies zu Einbußen bei der Liquidität führen, da zwischen der Mautzahlung und dem Zahlungseingang durch die Kundinnen und Kunden häufig sechs bis acht Wochen vergingen, warnt die DIHK. Zudem ist es laut Thiele fraglich, ob durch die Änderungen bei der Lkw-Maut mehr Firmen auf klimafreundliche Fahrzeuge umsteigen werden. „Der Lenkungseffekt, den die Politik sich erhofft, wird voraussichtlich nicht eintreten. Denn das Problem besteht nicht darin, dass die Unternehmen kein Bewusstsein dafür haben. Die meisten hätten durchaus Interesse, auf alternative Antriebe umzusteigen“, sagt Thiele. Dies sei jedoch für viele nicht möglich. Zum einen, weil die Anschaffungskosten für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben – insbesondere für kleinere Betriebe – zu hoch seien. Zum anderen mangele es am Angebot geeigneter Elektro- oder Wasserstofffahrzeuge. „Die begrenzte Auswahl an Modellen sowie Lieferengpässe können die Umstellung für Unternehmen deutlich erschweren.
Hinzu kommt, dass die Infrastruktur noch nicht flächendeckend ausgebaut ist und den breiten und bundesweiten Einsatz von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben verhindert“, sagt Louise Maizieres, Leiterin des Referats Wasserstoff, Wärme und alternative Antriebe bei der DIHK. Mautpflicht und CO2-Preis könnten als Signale auf den Markt wirken, Voraussetzung für eine erfolgreiche Transformation sei jedoch die Verfügbarkeit von Fahrzeugen inklusive Ladeinfrastruktur zu einem wettbewerbsfähigen Preis. „Dies erfordert im Vorfeld einen starken Ausbau der Energieerzeugung sowie der Strom- und Wasserstoffnetze.“
Autorin:
Mascha Dinter, freie Journalistin
5/2024