Bremsen lösen für Infrastrukturausbau und Gewerbeansiedlungen
Die Modernisierung des Wirtschaftsstandortes Deutschland stockt auf breiter Front – auch in der Region Braunschweig. Die schier endlosen Bemühungen um die Nordverlängerung der A39, den zweigleisigen Ausbau der Weddeler Schleife, die Bereitstellung ausreichender Gewerbeflächen, Standorte für Windenergieanlagen oder um den Ausbau der Breitbandinfrastruktur machen deutlich: Planen und Bauen dauert in Deutschland viel zu lange. Manchmal nicht nur Monate und Jahre, sondern ganze Jahrzehnte.
Entsprechend wächst der Unmut in der Wirtschaft. So bewerten die Unternehmen im IHK-Unternehmensbarometer den Zustand der Verkehrsinfrastruktur nur mit der Note 3,5 und den Ausbau der Digitalisierung sogar nur mit einer 3,7. Ähnliches gilt für Gewerbeansiedlungen oder den Stromnetzausbau, wie das IHK-Energiewendebarometer verdeutlicht. Vor diesem Hintergrund ließ der DIHK als Dachverband der Industrie- und Handelskammern analysieren, wo Beschleunigungen in Planungs- und Genehmigungsverfahren möglich sind. Die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung sind folgend zusammengefasst.
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Einheitliche Planverfahren
In Deutschland gibt es für alles Spezialgesetze und gesonderte Verfahren: Für Autobahnen, für Eisenbahnen sowie den Ausbau von Energienetzen. Dies verkompliziert die Planung und den Bau von Infrastrukturvorhaben. Die IHK-Organisation setzt sich dafür ein, dass zukünftig alle Infrastrukturen nach einem einheitlichen Planverfahren geplant und gebaut werden. Das schafft einerseits eine größere Transparenz. Andererseits können so die bereits in einzelnen Spezialgesetzen vorhandenen Beschleunigungseffekte für alle Planverfahren genutzt werden.
Planungsstufen reduzieren
Für die Planung aller Infrastrukturvorhaben sind mehrstufige Planungs- und Genehmigungsverfahren vorgeschrieben. In einem ersten Schritt wird der Bedarf förmlich festgestellt. Es folgen das Raumordnungsverfahren, die Linienbestimmung und schließlich das Planfeststellungsverfahren für die detaillierte Planung und Zulassung des Projekts. Diese einzelnen Verfahrensschritte nehmen sehr viel Zeit in Anspruch. Zudem kommt es dabei zu immer wiederkehrenden Prüfungsschritten. Aus diesem Grunde sprechen sich die Industrie- und Handelskammern dafür aus, die Anzahl der Planungsstufen zu reduzieren. Dies könnte etwa durch ein Hauptsacheverfahren geschehen, in das die einzelnen Verfahrensstufen integriert werden.
Öffentlichkeitsbeteiligung straffen
Bislang findet auf jeder einzelnen Planungsstufe eine gesonderte Öffentlichkeitsbeteiligung statt. Oftmals ist neben der Möglichkeit zur Stellungnahme auch zwingend ein Erörterungstermin vorgesehen. Häufig wissen weder Bürger noch Verbände oder Unternehmen, wann der richtige Zeitpunkt ist, ihre berechtigten Interessen in die Diskussion einzubringen. Die Industrie- und Handelskammern schlagen daher vor, die Öffentlichkeitsbeteiligung innerhalb eines stärker integrierten und strukturierten Hauptsacheverfahrens nur einmal durchzuführen und in den nachfolgenden integrierten Verfahrensschritten darauf zu verweisen. Darüber hinaus sollte die sogenannte „Präklusion“, also der Ausschluss von Einwendungen nach Ablauf von Beteiligungsfristen, wieder gestärkt werden.
Planungsprozess digitalisieren
Ein weiteres Problem: Häufig werden Infrastrukturvorhaben noch analog geplant, und viele wichtige Planungsunterlagen und Gutachten stehen nicht im Internet zur Verfügung. Die IHK-Organisation empfiehlt, grundsätzlich alle Plan- und Genehmigungsunterlagen bis hin zum Gerichtsverfahren auch digital zur Verfügung zu stellen. Das würde für mehr Verfahrensinformation und -transparenz sorgen. Zudem ließen sich auf diesem Wege Doppelprüfungen und -erhebungen vermeiden.
Gewerbeansiedlungen beschleunigen
Egal, ob es um die Erweiterung eines bestehenden Gewerbe- oder Industriebetriebes geht oder um eine Neuansiedlung: Grundsätzlich ist ein zweistufiges Bauleitplanverfahren erforderlich und überdies eine bau- oder immissionsschutzrechtliche Genehmigung nötig. Auch dieser Verfahrensablauf enthält Doppelprüfungen, beispielsweise mit Blick auf Umweltvorgaben und wegen der mehrfachen Beteiligung der Öffentlichkeit. Durch ein einheitliches Bauleitplanverfahren im Baurecht mit integrierter Zulassungsentscheidung können Verfahrensstufen zusammengefasst werden.
Erleichterungen bei Ersatzneubauten
Bei vielen Baumaßnahmen geht es lediglich um Erweiterungen bestehender Verkehrswege oder sogar nur um den Ersatz maroder Verkehrsanlagen. Insbesondere bei Ersatzneubauten sind die Eingriffe in die Natur und die Konsequenzen für Anwohner deutlich geringer als bei der Neuanlage eines Verkehrsweges. Häufig ergeben sich in der Folge sogar Verbesserungen, beispielsweise beim Schallschutz. Dennoch muss auch bei Ersatzneubauten ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden. Die Industrie- und Handelskammern schlagen vor, dass dort, wo es lediglich um den Ersatz bereits bestehender Verkehrsanlagen (beispielsweise Brücken) geht, auf die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens zugunsten einer Plangenehmigung verzichtet werden sollte.
Gerichtsverfahren verkürzen
Vielerorts gibt es Streit über neue Autobahnwege, Stromtrassen oder Gewerbeansiedlungen. Dann ist in der Regel der Verwaltungsgerichtsweg eröffnet. Häufig gehen die Verfahren durch alle Instanzen, und es dauert Jahre, bis eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt. Die Industrie- und Handelskammern setzen sich dafür ein, dass bei bedeutsamen Projekten, etwa infrastrukturellen und industriellen Großvorhaben, Spezialsenate bei den Oberverwaltungsgerichten fachlich versiert und effektiv entscheiden.
Langfristige Finanzierung sicherstellen
Die in der Vergangenheit vorhandene Unterfinanzierung bei öffentlicher Infrastruktur hat dazu geführt, dass die Planungskapazitäten bei Infrastrukturbetreibern, Verwaltungen und Planungsbüros heruntergefahren wurden. Mit den jüngsten Steigerungen der Haushaltsmittel hielten die Planungskapazitäten dann nicht mehr mit. Nun müssen diese Kapazitäten wieder ausgebaut werden. Die IHK-Organisation tritt generell dafür ein, die Finanzierungslinie für Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur längerfristig abzusichern. Dies gilt für alle Baulastträger gleichermaßen. Nur dann lassen sich auch die erforderlichen personellen Kapazitäten dauerhaft einrichten.