Stadt-Über-Leben: IHK Braunschweig macht der Innenstadtentwicklung Mut

2023 werden laut einer Prognose des Handelsverbandes Deutschland (HDE) ungefähr 9000 Einzelhandelsgeschäfte von der Bildfläche verschwinden. Wie sich Innenstädte davor schützen können und weitere akute Herausforderungen des Handels waren am 13. Juli Thema bei der gemeinsamen Veranstaltung „Stadt-Über-Leben“ der IHK Braunschweig, des Handelsverbandes Harz-Heide e.V. und des Arbeitsausschusses Innenstadt Braunschweig e.V. (AAI).
Nach einer kurzen Eröffnung durch Mark Alexander Krack (Geschäftsführer Handelsverband Harz-Heide e.V.) leitete Dr. Florian Löbermann (Hauptgeschäftsführer der IHK Braunschweig) in die gemeinsam mit dem Handelsverband, dem AAI und der IHK organisierten Veranstaltung ein. In der Zusammenarbeit ist für die Veranstaltung eine gute Mischung aus Impulsvortrag und Beiträgen der Teilnehmenden an der Podiumsdiskussion entstanden, die die Herausforderungen und Sorgen der regionalen Innenstädte aufgreift. „Nach Wegfall der gespenstischen Eindrücke in den Innenstädten während der Coronapandemie sind Innenstädte nach wie vor mit weiteren massiven Herausforderungen konfrontiert. Aus diesem Grund ist ein Austausch zum Stadtleben bzw. mit Blick auf den Veranstaltungstitel 'Stadt-Über-Leben' besonders wichtig", so Löbermann.
Olaf Jaeschke, Vizepräsident der IHK Braunschweig und stellvertretender Präsident des Handelsverbandes Harz-Heide e.V., machte deutlich, dass die weitere Dynamik der Braunschweiger Innenstadt eine Herzensangelegenheit für ihn sei. Als Inhaber der Kunstgalerie Jaeschke inmitten der Innenstadt sei er selbst betroffen und erlebe die Konsequenzen hautnah. „Die sinkenden Innenstadtfrequenzen, die Coronakrise und die steigende Inflation haben uns in den letzten Jahren schwer getroffen und zu einem enormen Anstieg an Leerständen geführt“, so Jaeschke. Chancen sehe er in der Weiterentwicklung und Koexistenz von stationärem und Onlinehandel sowie präventiven Maßnahmen zur Krisenbewältigung.
Der darauffolgende Impulsvortrag von Dr. Alexander von Preen, Präsident des Handelsverbandes Deutschland e.V., führte die Missstände noch deutlicher vor Augen, machte aber mit weiteren Lösungsansätzen auch Hoffnung. So verzeichne Braunschweig das erste Mal einen Leerstand von 17 Prozent. Auch die Verbraucherstimmung habe nicht zu den alten Werten vor Corona zurückgefunden, sondern sei im Gegenteil noch wesentlich schwächer geworden. Der gesamte Einzelhandel verliere 2023 vier Prozent Umsatz. Laut Dr. von Preen sind diese Phänomene zu 50 Prozent psychologisch erklärbar, denn eine schwache Konsumstimmung werde durch schwerwiegende Ereignisse wie Krieg, steigende Energiepreise oder Inflation massiv beeinflusst. Alles Faktoren, die unsere Gesellschaft aktuell prägen. Positive Ausblicke für die Innenstadtentwicklung gebe es hingegen, wenn der Multi-Channel-Vertrieb im Einzelhandel funktioniere und die Unternehmen stationär und online agieren würden. „Darüber hinaus sind die Einzelhandelsangebote maßgeblich für die Aufenthaltsqualität einer Innenstadt verantwortlich. Händler müssen dem Konsumenten ein Einkaufserlebnis bieten“, ergänzte Dr. von Preen. Natürlich seien auch finanzielle Mittel zur Aufwertung der Innenstädte unumgänglich. „Dadurch können Städte auch die Umnutzung von Immobilien hin zu einem Mix aus Handel, Gastronomie, Büro- und Wohngebäuden realisieren, was ebenso als Chance zu begreifen ist.“ Dr. von Preen war sich sicher, der Handel sei und bleibe die Leitfunktion in den Innenstädten. Dies würden unter anderem 3,1 Millionen Beschäftigte der Branche bestätigen, denen er seinen Dank aussprach.
Zum Abschluss der Veranstaltung fand eine rege Talkrunde, moderiert durch Mark Alexander Krack, mit Dr. Alexander von Preen und weiteren Handelsexperten statt. Darunter Prof. Dr. Tatjana Schneider (Professorin für Architekturtheorie an TU Braunschweig und Leiterin des Instituts für Geschichte und Theorie der Architektur und Stadt), Tyark Breustedt (Einzelhändler aus Goslar), Felix Dossmann (Gründer des Logistikunternehmens „Grünfuchs“) und Jens Hofschröer (Wolfsburger Stadtrat für Wirtschaft und Digitales). Letzterer brachte auf den Punkt, was die IHK Braunschweig mit ihrer Kooperationsveranstaltung zeigen wollte: „Jeder, der allein losläuft, wird scheitern. Es ist falsch aus einer Fachrichtung auf die Innenstädte zu schauen. Wichtig ist, einen breiten Diskurs zu führen und alle Akteure mit einzubeziehen.“
Stand: 18.07.2023