Der CO2-Grenzausgleich in Europa
Die im Rahmen des Green Deals verschärften Klimaziele werden absehbar zu höheren CO2-Preisen in der EU führen. Dies führt zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen von Herstellern energieintensiver Produkte in der EU. Ausgeglichen werden sollen diese Nachteile durch das CO2-Grenzausgleichssystem “CBAM” (Carbon Border Adjustment Mechanism), das im Rahmen von „Fit for 55“ vorgestellt wurde.
Was ist das Ziel der CO2-Grenzausgleichsabgabe?
Ein wesentlicher Beitrag zu den neuen Klimazielen der EU entfällt auf die dem EU-Emissionshandel unterliegenden Unternehmen – bis 2030 sollen hier die Emissionen um 61% statt wie bisher geplant um 43% im Vergleich zum Jahr 2005 reduziert werden. Dazu werden voraussichtlich ab 2024 die im Handelssystem zur Verfügung stehenden Zertifikate deutlich schneller reduziert, als bisher vorgesehen – was absehbar zu (noch) höheren CO2-Preisen führen wird. Damit steigt bei energieintensiven Produkten, die in einem starken internationalen Wettbewerb stehen, die Gefahr, dass Produktion und Nachfrage in Länder abwandern, die keine vergleichbaren Klimaschutzambitionen haben. Dies bedroht nicht nur Wertschöpfung und Arbeitsplätze in der EU , sondern führt auch zu global steigenden Emissionen, wenn die Produkte im Ausland “grauer” produziert werden als in der EU. Daher spricht man hier auch von Carbon Leakage.
Das Carbon Leakage-Risiko besteht selbstverständlich auch heute schon. Dem wird bisher damit begegnet, dass Unternehmen entsprechender Sektoren (Chemie, Papier, Glas, Zement, Stahl und andere) einen Teil der benötigten Zertifikate nicht ersteigern bzw. kaufen müssen, sondern kostenlos zugeteilt bekommen. Diese kostenlosen Zuteilungen sollen ab 2026 schrittweise durch eine CO2-Grenzausgleichsabgabe ersetzt werden
Wie soll der neue Mechanismus funktionieren?
Das neue Instrument der CO2-Grenzausgleichsabgabe soll zunächst nur gelten für die Einfuhr von
- Aluminium,
- Düngemittel,
- Eisen und Stahl,
- Strom und
- Zement.
Grundsätzlich fallen Einfuhren dieser Waren aus allen Nicht-EU-Ländern unter den neuen Mechanismus des CBAM. Ausgenommen sind Einfuhren aus der Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein.
Die Einführer betroffener Produkte müssen zukünftig Zertifikate erwerben, deren Preis dem der Zertifikate aus dem Emissionshandelssystem entspricht. Um zu ermitteln, wie viele Zertifikate erworben werden müssen, kann auf Standardwerte zurückgegriffen werden. Alternativ können die tatsächlich im konkreten Herstellungsprozess entstandenen CO2-Emissionen angesetzt werden, soweit diese vom jeweiligen Hersteller durch entsprechende Nachweise belegt werden können. Kann ein Nicht-EU-Hersteller nachweisen, dass er im Drittland bereits einen CO2-Preis entrichtet hat, kann der EU-Einführer sich dies anrechnen lassen.
Um entsprechende Waren zu importieren, müssen sich EU-Einführer vorab entweder einzeln oder über einen Vertreter bei noch festzulegenden nationalen Behörden registrieren. Die nationalen Behörden genehmigen die Registrierung der Anmelder im CBAM-System und überprüfen und verifizieren die Erklärungen. Die nationalen Behörden werden auch für den Verkauf der CBAM-Zertifikate an die Importeure verantwortlich sein.
Die Pflicht zum Kauf von Zertifikaten soll erst 2026 einsetzen. Für 2023 - 2025 ist eine Einführungsphase geplant, in der die Einführer zunächst nur verpflichtet sein sollen, die mit der Herstellung der von ihnen eingeführten Waren verbundenen CO2-Emissionen zu melden. In dieser Übergangsphase ist noch kein Ausgleich für die CO2-Emissionen zu zahlen.
Wie ist der CO2-Grenzausgleich zu bewerten?
Diskutiert wird, ob das geplante CBAM mit den Regelungen der Welthandelsorgansiation (WTO) vereinbar ist. Die EU-Kommission sieht dies mit dem jetzigen Entwurf gewährleistet. Andere Stimmen aus Politik und Wirtschaft befürchten, dass die geplante Grenzausgleichsabgabe zu neuen Handelskonflikten führen und zum Einfallstor für mehr Protektionismus werden könnte.
Stand: 15.10.2021