Grüne Dienstleistungen im Kommen

Der Dienstleitungssektor ist heute der dominierende Bereich der Volkswirtschaft. Dabei ist er ausgesprochen heterogen und umfasst eine Vielzahl von unterschiedlichen Geschäftsmodellen von Beratungsleistungen über Finanzdienstleistungen bis hin zu Reparatur- und persönlichen Dienstleistungen in Frisör- oder Kosmetiksalons. Entsprechend unterschiedlich werden verschiedene Unternehmen vom Green Deal betroffen sein. „Grüne“ Dienstleistungen werden sehr stark nachgefragt sein, während andere Dienstleister vor großen Herausforderungen stehen.

Auswirkungen des Green Deal: So vielfältig wie der Sektor

Schwieriger noch als für andere Bereiche lassen sich für den Dienstleistungssektor branchenübergreifende Auswirkungen des Green Deal formulieren. Zu sehr hängen diese vom Geschäftsmodell und den notwendigen Betriebs- und Arbeitsmitteln, Gebäuden, Fahrzeugen usw. ab.
  • Dienstleister, die ein dem Handel vergleichbares Ladengeschäft betreiben, werden hinsichtlich der Gebäude und der Erreichbarkeit der Innenstädte etc. auch dem Handel vergleichbar betroffen sein.
  • Wird eine größere Fahrzeugflotte unterhalten, sind die Auswirkungen der Verkehrswende relevant.
  • Werden Chemikalien eingesetzt, z. B. in Laboren oder als Reinigungsmittel, könnten Änderungen des Chemikalienrechts Anpassungen erfordern.
Branchenübergreifend werden sich alle Dienstleistungsunternehmen mit der EU-Taxonomie und erweiterten Nachhaltigkeitsberichtspflichten auseinandersetzen müssen. Denn was für Hersteller der Industrie gilt, gilt auch für Dienstleistungsanbieter: Sie müssen – bei entsprechender Unternehmensgröße – ihren Umsatz sowie ihre Investitions- und Betriebsausgaben gemäß den Kriterien der Taxonomie-Verordnung aufgeschlüsselt offenlegen. Genauso werden kleinere Dienstleister mittelbar betroffen sein, wenn sie ihre Leistungen berichtspflichtigen (Groß)Unternehmen anbieten. Tatsächlich sind auch einige Dienstleistungen bereits in die bisher vorliegenden Kriterienkataloge zu den Klimazielen aufgenommen, z. B. in der Immobilienwirtschaft oder Forschungstätigkeiten im Bereich von „Green Tech“. Selbst Bildung oder Kunst können als ermöglichende Tätigkeiten als nachhaltig im Sinne der Taxonomie gelten, wenn sie z. B. die Verbreitung oder Nutzung einer Technologie fördern, mit der die Resilienz gegenüber Klimarisiken oder Anpassungsbemühungen an den Klimawandel unterstützt werden.

„Green Services“: Große Chancen für nachhaltige Dienstleistungen

Dienstleistungen, die einen Beitrag zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen leisten, dürften in Zukunft deutlich stärker nachgefragt werden. Dies gilt z. B. für Beratungsleistungen rund um die Themen Energieeffizienz, Dekarbonisierung und Umweltschutz. Auch die neuen Nachhaltigkeitsberichtspflichten werden einen hohen Beratungsbedarf auslösen.
Aber nicht nur beratende und wissenschaftliche Dienstleistungen können profitieren, sondern auch ganz „praktische“ wie z. B. Reparaturservices oder der Garten- und Landschaftsbau. Eine hohe Bedeutung wird auch IT-Dienstleistungen zukommen. Die EU-Kommission selbst beschreibt digitale Technologien als „eine entscheidende Voraussetzung für die Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele des Green Deal“.

Dekarbonisierung der Wirtschaft: Auch der eigene Beitrag zählt

Mit Energieaudits, Reparaturen, der Entwicklung grüner Technologien und vielem mehr tragen Dienstleistungen zur grünen Transformation der Wirtschaft bei. Auf der anderen Seite verursacht auch die Erbringung von Dienstleistungen, bspw. durch Gebäudenutzung, Mobilität, Rechenkapazitäten und Verbrauchsmaterialien, Treibhausgase. Auch auf Dienstleister könnten daher Informationspflichten hinsichtlich ihres CO2-Fußabdrucks zukommen. Und wie alle anderen Unternehmen sind sie gehalten, ihren CO2-Ausstoß zu reduzieren, sei es durch Sanierung genutzter Gebäude, Umstellung auf E-Mobilität oder Nutzung von nachhaltigen Arbeitsmitteln.

Sustainable Finance: Finanzwirtschaft im Fokus

Die EU will in den kommenden 10 Jahren mindestens 1 Billion Euro an nachhaltigen Investitionen mobilisieren. Dem Finanzsektor kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Insofern ist er von den geplanten Maßnahmen für ein nachhaltiges Finanzwesen mehrfach betroffen:
  • Die Ausweitung der Nachhaltigkeitsberichtspflichten betrifft auch die Unternehmen der Finanzwirtschaft. Banken, Versicherer, Vermögensverwalter und Wertpapierfirmen müssen wie die Realwirtschaft verschiedene an der Taxonomie orientierte KPIs offenlegen.
  • Auch für einzelne Finanzprodukte müssen Angaben zu Nachhaltigkeitsauswirkungen und -risiken veröffentlicht werden. Insbesondere für Produkte, die als nachhaltig beworben werden, gibt es detaillierte Offenlegungspflichten.
  • Kunden müssen in der Anlageberatung und Vermögensverwaltung nach ihren Nachhaltigkeitspräferenzen befragt und diese bei Anlageempfehlungen berücksichtigt werden.
  • Banken werden Nachhaltigkeitsrisiken zukünftig v. a. auch im Kreditgeschäft stärker berücksichtigen müssen – sowohl physische Risiken, wie etwa mögliche Schäden durch Extremwetterereignisse, als auch Transformationsrisiken, also z. B. im Zusammenhang mit der Umstellung auf ein kohlenstoffarme Wirtschaft oder sich wandelnde Erwartungen von Kunden oder der Gesellschaft. Entsprechende Risikobewertungsmodelle und -prozesse werden derzeit von vielen Banken entwickelt.