Verleihung des 37. Technologietransferpreises der IHK Braunschweig
Sentics GmbH und TU Braunschweig gewinnen mit ihrer innovativen Technologie für die präzise Echtzeit-Lokalisierung von Objekten in industriellen Anwendungsbereichen den TTP 2024.
Dr. Florian Löbermann (links) und Dr. Ralf Utermöhlen (rechts) mit den Preisträgern des IHK-Technologietransferpreises 2024: Dr.-Ing. Michael Demes, Robin Wieloch und Sebastian Bienia (v. l. n. r.).
© Philipp Ziebart
Die feierliche Eröffnung
Gleich zu Beginn der diesjährigen Preisverleihung betonte Dr. Ralf Utermöhlen, 1. Stellvertreter des Präsidenten der IHK Braunschweig die immense Bedeutung des Technologietransfers für die deutsche Wirtschaft: „Deutschland ist kein Rohstoffland. Unser Rohstoff ist das Wissen in den Köpfen der Menschen. Deshalb ist die Verleihung des Technologietransferpreises eine besondere Herzensangelegenheit für die IHK Braunschweig.“
Es folgte eine inspirierende Keynote von RNDr. Stefan Kloth, zum Thema „Technologietransfer und Kommerzialisierung von Forschung“.
Keynotespeaker RNDr. Stefan Kloth, Seriengründer aus Kiel.
© Philipp Ziebart
Technologietransfer bedeute, Forschung und Entwicklung sowie Innovationen in marktfähige Produkte zu überführen. „Forschung und Entwicklung sind auf den Technologietransfer angewiesen und umgekehrt“, erläuterte der 55-Jährige. Doch trotz dieser Ressourcen funktioniere der Technologietransfer in Deutschland noch nicht optimal. RNDr. Kloth weist auf eine Reihe von Herausforderungen hin: Es würden zu wenige Patente angemeldet, auch von Hochschulen, und die Bürokratie hemme die Prozesse erheblich. Um den Technologietransfer zu verbessern, fordert er „mehr Mut zum Regelbruch“: „Hätten wir damals noch länger auf das Erteilen der Steuernummer gewartet und auf allen Rechnungen nicht ‚Steuernummer angefordert‘ eingetragen, wären wir bankrottgegangen“, so die einprägsame Anekdote des mehrfachen Unternehmensinhabers.
Nach einer Videovorstellung der Finalistenprojekte und der Abstimmung des anwesenden Publikums öffnete Dr. Florian Löbermann, Hauptgeschäftsführer der IHK, den Umschlag mit den Ergebnissen des Votings und übergab dem Wolfsburger Jungunternehmen Sentics GmbH den mit 10.000 Euro dotierten Hauptpreis. „Wir sind eine der forschungsstärksten Regionen Europas. Mit der Verleihung des Technologietransferpreises wollen wir auch den notwendigen Mut für Innovationen in unserer Region belohnen, denn es geht dabei auch um unsere Zukunft“, verdeutlicht Dr. Löbermann.
Der Preisträger: KI-unterstützte Echtzeit-Lokalisation von Objekten
In Zusammenarbeit mit dem Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik (IWF) der TU Braunschweig entwickelte die Sentics GmbH eine innovative Basistechnologie für die präzise Echtzeit-Lokalisierung von Objekten in industriellen Anwendungsbereichen. Die Technologie basiert auf der Echtzeit-Verarbeitung multipler Kamera-Streams mit Hilfe von KI-Modellen und ermöglicht die Erstellung eines digitalen Zwillings.
Klare Vorteile dieser Technologie sind:
- Arbeitssicherheit und Kollisionsprävention: Durch die präzise Echtzeit-Lokalisation können Unfälle vermieden und die Sicherheit am Arbeitsplatz erhöht werden.
- Effizienzsteigerung in der Intralogistik: Die Technologie ermöglicht eine optimierte Steuerung und Überwachung von Logistikprozessen, was zu einer signifikanten Effizienzsteigerung führt.
- Automatisierung und autonomer Betrieb in der Intralogistik und Infrastruktur: Die Technologie unterstützt die Entwicklung autonomer Systeme, die selbstständig und effizient arbeiten können.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Systemen, die auf zusätzliche technische Geräte wie Transponder angewiesen sind, benötigt das optische Echtzeit-Lokalisierungssystem von Sentics GmbH keine derartigen Zusatzgeräte. Dies reduziert den Verwaltungs- und Wartungsaufwand erheblich und eliminiert Fehlerquellen, die durch das Fehlen oder die Defekte solcher Geräte entstehen können. Darüber hinaus ist das System beliebig skalierbar, da es keine Beschränkungen hinsichtlich der Anzahl der zu verwaltenden Geräte gibt.
Technologietransferpreis Finalisten (v. l. n. r.): Dr. Ralf Utermöhlen (IHK), Dr.-Ing. Michael Demes, Robin Wieloch, Sebastian Bienia (alle Sentics GmbH), Dr. Stefanie Castell (HZI), Jan Böhme (beide SORMAs gGmbH), Prof. Dr. Wolfgang Maus-Friedrichs (TU Clausthal), Maria Barthels (Derichs GmbH) und Dr. Florian Löbermann (IHK).
Die Finalisten sind ebenfalls Sieger
Eine hohe Beachtung gilt den beiden weiteren Finalistenprojekten „Inlinefähiges Reinigungsverfahren von Walzen“ und „SORMAS – Surveillance Software“, die es in die Endausscheidung geschafft haben.
Finalist „Inlinefähiges Reinigungsverfahren von Walzen“
Im Rahmen eines ZIM-Projektes (Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand) entwickelten die TU Clausthal, die PlasmaGreen GmbH und die Derichs GmbH ein kontaktloses Plasmaverfahren, welches die inlinefähige Walzenreinigung ermöglicht.
Diese Technologie wird vorrangig in der Folien-Extrusion eingesetzt. Die Vorteile liegen auf der Hand:
- Die berührungslose Reinigung kann während des laufenden Betriebs und ohne Kontakt zur Walze durchgeführt werden.
- Der Wegfall der häufig manuell durchgeführten Reinigung während der Produktion minimiert das Unfallrisiko, erhöht somit die Sicherheit und reduziert die Produktionskosten deutlich.
- Die Amortisation der Anlage erfolgt in der Regel innerhalb von sechs Monaten, was das Potenzial dieser Innovation für einen breiten Markt unterstreicht.
Finalist „SORMAS – Surveillance-Software“
Die SORMAS gGmbH hat eine innovative Überwachungssoftware entwickelt, die es Ländern ermöglicht, in Pandemiezeiten Informationen in Echtzeit digital an alle zuständigen Behörden zu übermitteln. Ursprünglich ist sie 2015 im Rahmen eines Forschungsprojekts am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) entstanden. Nach und nach hat sich SORMAS zu einer umfassenden Lösung für die digitale Zusammenarbeit und Berichterstattung in der Krankheitsüberwachung entwickelt.
Ein zentrales Merkmal von SORMAS ist die vollständige Digitalisierung des Überwachungsprozesses und der gesamten Meldekette.
- Dies ermöglicht eine effiziente Zusammenarbeit aller beteiligten Personen und Organisationen in Echtzeit und in Übereinstimmung mit den Datenschutzvorgaben der DSGVO.
- Eine Lösung, die diese Tiefe der digitalen Zusammenarbeit, auch grenzüberschreitend, ermöglicht, ist zum aktuellen Zeitpunkt, einmalig auf dem Markt der Surveillance Software.
Die Videos der Finalisten
Stand: 09.07.2024