Ungeschminkter Mittelstandsdialog mit Dr. Robert Habeck

Der Bundeswirtschaftsminister hörte am Mittwoch rund 50 Unternehmer:innen aus dem Ruhrgebiet zu und ging auf ihre wirtschaftspolitischen Sorgen ein.
Direkt, kontrovers und konstruktiv – das war der Mittelstandsdialog der IHK Mittleres Ruhrgebiet mit Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck. Das Bergfest seiner Sommerreise hatte der Minister am Mittwoch mit rund 50 Unternehmer:innen aus dem Ruhrgebiet, die sehr viele Themen dabei hatten: Energieversorgung, Bürokratieabbau, Fachkräftemangel und eine generelle Unsicherheit bei den Fragen: In welche Technologien sollen wir investieren? Wann bekommen wir Planungssicherheit von der Politik? Welche Unterstützung kann der Mittelstand bei den großen Transformationsthemen erwarten? Aus den Kammerbezirken aller sechs IHKs im Ruhrgebiet – von Duisburg bis Hagen – waren Unternehmer:innen eingeladen.
Habeck hörte zu, machte sich Notizen und ermutigte die Unternehmer:innen, einige Beispiele im Nachgang ausführlich an sein Team weiterzugeben. Beim Thema Antriebstechnologien wagte er sich etwas vor: „Ich will nicht über die Technik bestimmen, mit der wir CO2-neutral werden, aber für mich sieht es derzeit so aus, dass der elektrische Antrieb das Rennen machen wird.“ Gerade erst habe er gemeinsam mit Verkehrsminister Volker Wissing den Startschuss für das Lkw-Schnellladenetz an den Bundesautobahnen gegeben.
Es gab auch deutlich Kritik am Minister. Ein Unternehmer aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis forderte: „Schalten Sie zwei Gänge zurück, wir schaffen dieses Tempo der Transformation nicht. Kommen Sie von der ideologischen Politik zurück auf den pragmatischen Pfad.“
Darauf kam von Habeck entschiedener Widerspruch. Im anschließenden Pressestatement sagte er: „Bei der IHK war vielleicht der emotionalste Punkt die Frage darüber, dass alles zu viel und zu schnell ist. Aber das ist nicht mein Blick auf die Situation von Deutschland in der Welt. Langsamer werden, sich zurücknehmen, die Dinge laufen lassen – das ist die falsche Antwort.“ Man müsse dagegen „schneller, entschiedener, entbürokratischer“ werden. In der Diskussionsrunde wies Habeck außerdem darauf hin, dass die „Dynamik der Weltmärkte keine Rücksicht auf uns“ nehme und dass seine Ziele „ehrgeizig, aber nicht unlösbar“ seien.
Die Situation Deutschlands auf dem Weltmarkt war ein weiteres Sorgenthema der Unternehmer:innen: Wie positioniert sich die europäische Wirtschaft in einem Weltmarkt, der deutlich günstiger produzieren kann? Können wir unsere Märkte schützen? Habecks Vorschlag: Es könne nur funktionieren, wenn Europa mit „qualitativen Kriterien“ punkte wie Einhaltung der Menschenrechte oder CO2-Neutralität. Das ließ viele Unternehmer:innen unbefriedigt zurück: Wie könne man damit punkten, wenn es den Kunden nicht interessiere, welche qualitativen Kriterien zugrunde liegen, sondern es am Ende nur um den Preis gehe?
Habeck bedankte sich bei den Unternehmer:innen aus dem Ruhrgebiet für die offenen Worte und bezeichnete den Austausch als bereichernd. „Wir haben miteinander geredet – Sie treten für Ihre Interessen ein, aber immer in einer konstruktiven Atmosphäre.“ Das schätze er sehr.
IHK-Präsident Philipp Böhme wertete den Austausch mit dem Bundeswirtschaftsminister positiv. „Es ist ein echter Dialog entstanden.“ Er hoffte, dass die Unternehmer:innen dem Minister vor allem eines mit auf den Weg gegeben haben: „Orientierung, Verlässlichkeit, Zuverlässigkeit sind die Grundthemen, die unsere Wirtschaft braucht, um sinnvoll zu investieren und den richtigen Kurs für die Zukunft zu finden.“