Beste Bohnen: Röstereien in der Nachbarschaft

Es war dieses einschneidende Erlebnis, das Dominik Münstermann handeln ließ. Der Medizinstudent half in Tansania beim Aufbau einer Krankenstation, als eine junge Frau eingeliefert wurde. Sie hatte versehentlich Pestizide getrunken. Die 16-Jährige starb. Da wuchs in dem heute 30-Jährigen die Idee, den Kaffeebauern zu helfen, ihre Pflanzen biologisch anzubauen. Die Idee zu Kijamii-Kaffee war geboren.
Münstermanns Unternehmen gibt es jetzt seit sechs Jahren. Seitdem importiert er hochwertigen Kaffee aus Tansania, röstet selbst und verkauft ihn im eigenen Café, im Einzelhandel und direkt an Großabnehmer. „Wir können so die lokale Wirtschaft in Tansania fördern und bessere Preise für die Erzeuger erzielen“, sagt Münstermann. Sein Wittener Unternehmen ist eine von zahlreichen Röstereien, die in der jüngsten Vergangenheit im Ruhrgebiet entstanden sind.
Richard Miklas startete sein Geschäft bereits im Jahr 2006. Seitdem kennt der Absatz seines Kaffees nur eine Richtung. „Wir wachsen noch immer“, sagt der Bochumer Unternehmer. RöstART hat er seinen Kaffee und sein Unternehmen getauft. Inklusive kleinem Café in der Bochumer Innenstadt und eigenem Röstbetrieb, nur einen Steinwurf von der Bochumer Justizvollzugsanstalt entfernt.
Wonach es hier riecht? „Nach verbranntem Toast“, sagt Miklas und muss lachen, als er uns in seine Rösterei führt. Die beiden Maschinen laufen auf Hochtouren. „Wir rösten mittlerweile sieben Tage die Woche.“ Pro Röstvorgang schluckt eine Maschine zwölf Kilogramm Rohkaffee. Eigentlich wollte Miklas sein Unternehmen ja in Dortmund oder Essen gründen. „Allein schon wegen der Größe der Städte“, erinnert er sich. Das Ladenlokal in Bochum war ein Zufallsfund. Und erwies sich als Glücksgriff: „Mittlerweile haben wir uns auch dank des Cafés eine große Stammkundschaft aufgebaut.“ Was Miklas und Münstermann gemeinsam haben: Die Corona-Pandemie verpasste ihren Geschäftsideen einen ordentlichen Schub. „Wo ich jetzt bin, wollte ich eigentlich erst in ein paar Jahren sein“, sagt Miklas. Und der Wittener Mitbewerber pflichtet bei: „Während Corona mussten wir uns alternative Vertriebswege ausdenken, beliefern seitdem den Einzelhandel und betreiben einen kleinen Onlineshop.“ Das habe dem Absatz gutgetan.
Miklas und Münstermann eint der Qualitätsanspruch. Kijamii und RöstART stehen für hochwertige Kaffees. Dominik Münstermann fliegt sogar zur Erntezeit jedes Jahr nach Tansania, um sich von der Qualität der Bohnen zu überzeugen und bei der Auslese mitzuhelfen. „Ich bin mit Leidenschaft dabei“, sagt Münstermann. Nicht nur für den Rohstoff Kaffee, sondern auch für die Bauern vor Ort. Umso mehr schmerzt ihn, dass die kleinen Genossenschaften im Land, die ihn beliefern, zurzeit mit massiven Dürreproblemen zu kämpfen haben. „Das ist für die Erzeuger, die keine Rücklagen haben, existenzbedrohend“, sagt Münstermann.
Richard Miklas kauft seinen Kaffee aus zahlreichen An­baugebieten: Brasilien, Mexiko, Äthiopien, Kolumbien. Zwischen 13 und 20 Euro kostet ein Pfund bei RöstART. „Wir sind damit nicht die billigsten, aber auch nicht die teuersten“, sagt der 52-Jährige. Seine Kundschaft schätze seine Kaffees und sei auch bereit, dafür einen angemessenen Preis zu bezahlen. „Unseren Kaffee kann man nicht mit dem vom Discounter vergleichen.“ Am Ende entscheide der Geschmack. Und wie geht es weiter mit dem Geschäft? „Ich kann davon sehr gut leben“, sagt der gelernte Statiker Miklas. „Solange es mir Spaß bereitet, werde ich weitermachen.“ An eine Rückkehr in den alten Job sei nach so langer Zeit sowieso nicht mehr zu denken. Dominik Münstermann hat noch andere Pläne. „Das Geschäft läuft“, sagt der 30-Jährige. Er wird in Kürze sein Medizinstudium beenden. „Ich will ab November nächsten Jahres als Anästhesist arbeiten.“ Die Leidenschaft am Kaffee werde ihm das aber nicht nehmen.
Neulich erst hat er gemeinsam mit einem Geschäftspartner ein weiteres Café eröffnet: das Oktober-Café in unmittelbarer Nähe zum Bochumer Rathaus. Und das Kijamii-Café in Witten ist jetzt auch Konditorei und Patisserie. „Das läuft mittlerweile auch ohne mich sehr gut“, sagt Münstermann. In Kürze wird er wieder nach Tansania aufbrechen. „Wer einmal dort war, will immer wieder dahin.“ Für den angehenden Arzt ist das Land im Osten Afrikas ein Sehnsuchtsort. „Kijamii, das steht für sozial.“ Und dieser Aspekt seiner Arbeit ist Münstermann mindestens genauso wichtig wie guter Kaffee.

Andere Röstereien in der der Region setzen ebenfalls auf Nachhaltigkeit und soziales Unternehmertum. Eine Auswahl:

Three Years One Day in Bochum-Weitmar: Die Rösterei mit Café bekommt ihre Rohstoffe aus den unterschiedlichsten Ländern – immer mit bestmöglicher Bezahlung und Qualität.
www.threeyearsoneday.de

Baristoteles in Bochum-Weitmar: In der Eventlocation mit eigenem Trauzimmer, Kaffeemaschinenmuseum und Café „vertickt“ die Rösterei Baristoteles ihr „Koks“ – den feinsten Stoff aus dem Pott.
www.baristoteles.de

Kaffeerösterei in den Werkstätten Gottessegen in Bochum-Wattenscheid: Hier rösten Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen fair gehandelte Kaffeebohnen.
www.wfb-gottessegen.de

Mayola Kaffee in Hattingen: Zwei Sorten Espresso, zwei Sorten Kaffee Crema – mehr braucht es bei Mayola nicht, wo Kaffee nach­haltig, einfach und gut sein soll.
www.mayola.de