Nachhaltigkeit schießt keine Tore? Doch!

Weil die Niggemeyer Pro Imaging GmbH aus Bochum ihre textilen Werbebanner nach der Europameisterschaft abholt und komplett wiederverwertet, hat sie den Zuschlag der Stadt Düsseldorf bekommen. Außerdem ist die Firma die erste in Bochum mit einer EMAS-Zertifizierung. Roland Niggemeyer erklärt, warum das Zukunft hat.
Von Christina Kiesewetter
Die Düsseldorfer Public-Viewing-Fanzone der Fußball­europameisterschaft ist von einem Bochumer Unternehmen schick gemacht worden. Die Niggemeyer Pro Imaging GmbH hat über 600 Stoffbanner im Format 340 x 170 cm produziert und vor Ort montiert. Doch die Stadt Düsseldorf hat das Unternehmen nicht ausgewählt, weil es das günstigste Angebot abgegeben hat. „Wir haben damit gepunktet, dass wir die Banner recyceln. Der Nachhaltigkeitsaspekt war das wesentliche Entscheidungskriterium bei der Auswahl der Druckerei“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter Roland Niggemeyer und freut sich.
Denn in diesen Prozess hat er viel Kraft, Geld und Zeit investiert. „Ich bin davon überzeugt, dass sich das auszahlt. Viele unserer Kunden fragen schon jetzt nach unseren Umweltstandards, und das wird sicher noch zunehmen.“ Die Stoffe werden nicht wie üblich verbrannt, sondern im Sinne der Kreislaufwirtschaft wieder abgeholt und zum Hersteller zurücktransportiert, der daraus neues, wiederbedruckbares Material macht. „Im konkreten Fall beziehen wir vom Stoffhersteller rund 5000 Quadratmeter Stoffmaterial, bedrucken es und bekommen nach dem Recycling exakt diese Menge wieder neu zur Verfügung gestellt. Wir reduzieren die Abfallquote also um 100 Prozent“, so Niggemeyer.
Zum ersten Mal werde in Deutschland mit dem bedruckten Material eines Events so verfahren. „Dieser Prozess könnte wegweisend für den zukünftigen Umgang mit bedruckten Stoffpostern in einer grundsätzlich nicht sehr nachhaltigen Branche sein und massiv Ressourcen einsparen.“ Allerdings sei dieser Prozess derzeit noch teurer als das Verbrennen des Materials. Niggemeyer Pro Imaging legt nicht erst seit gestern Wert auf eine nachhaltige Produktion. Das Unternehmen stellt seine Prozesse seit Jahren umweltfreundlicher auf und war auch 2022 beim ersten Nachhaltigkeits-Versprechen der IHK Mittleres Ruhrgebiet dabei. Thomas Gesing, Referent für Nachhaltigkeit, sagt: „Roland Niggemeyer hat mit seiner Firma schon einen beeindruckenden Transformationsweg hinter sich und ist für mich ein Leuchtturmprojekt für Nachhaltigkeit im Kammerbezirk.“
Niggemeyer Pro Imaging ist das erste EMAS-zertifizierte Unternehmen in Bochum (siehe Kasten). Als digitale Großformatdruckerei setzt die Firma auf reines Polyestermaterial. Das Unternehmen produziert in Bochum-Weitmar an zwei Standorten. Von insgesamt 57 Beschäftigten, davon 25 Mitarbeiter:innen in der Bildproduktion und rund 20 Mitarbeiter:innen in der Konfektion, werden täglich rund 1500 Quadratmeter Material bedruckt und verarbeitet.
„Für die EMAS-Zertifizierung haben wir uns sehr bewusst entschieden, weil wir langfristig nachhaltiger werden wollen, anstatt uns eine Zertifizierung zu erkaufen“, so Niggemeyer. Der Prozess war durchaus aufwändig. Die Firma hat eine spezialisierte Agentur hinzugezogen und selbst ein Team aus fünf Mitarbeiter:innen aller Abteilungen bereitgestellt, das alle nötigen Zahlen und Daten zusammengetragen hat. Und das sind nicht wenige. „Sie machen sich komplett nackig“, sagt Niggemeyer.
Allen Unternehmen, die an einer EMAS-Zertifizierung arbeiten wollen, rät der Unternehmer: „Stellen Sie frühzeitig umfangreiche Kennzahlen zusammen und dokumentieren sie so viel wie möglich schon jetzt.“ Sein nächstes Ziel: CO2-neutral werden. „Ich suche händeringend nach regionalen Projekten, bei denen ich CO2-Zertifikate kaufen kann, um unseren CO2-Ausstoß zu kompensieren.“ Derzeit produziert Niggemeyer Pro Imaging pro Jahr 110 Tonnen CO2. „Für Kund:innen kann es sehr attraktiv sein, wenn unsere Bilanz bei Null ist, das schont ihre eigene CO2-Bilanz.“
EMAS-Zertifizierung – was ist das?
Jedes Produkt und jede Leistung verbraucht Energie und Ressourcen. EMAS-Organisationen stellen sämtliche Bereiche des Umweltschutzes auf den Prüfstand. Kernindikatoren wie Abfall, Emissionen, Wasser, Energie und Material zeigen, ob die Maßnahmen den Zielen entsprechend umgesetzt werden. Damit werden die Leistungen für die Umwelt sichtbar und vergleichbar.

Das Eco-Management and Audit Scheme – kurzEMAS – ist das weltweit anspruchsvollste System für Umweltmanagement. Erfüllen Organisationen die Anfor­derungen der europäischen EMAS-Verordnung (EG, Nr. 1221/2009), werden sie mit dem EMAS-Logo ausgezeichnet. EMAS-Organisationen werden von staatlich beaufsichtigten, unabhängigen Umweltgutachter:innen regelmäßig vor Ort überprüft. Eine Umwelterklärung informiert die Öffentlichkeit über die Verbesserungen im Umweltschutz. Zahlen, Daten und Fakten werden jährlich aktualisiert.

Alle EMAS-Organisationen und -Standorte werden in öffent­liche Register eingetragen:
für Deutschland: www.emas-register.de
für die EU: www.emas-register.eu