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Der RUB-Makerspace auf 51°7
Spielender Transfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. „2000 Quadratmeter Spielwiese – der kreativste Ort auf Mark 51°7“– all das sind Zuschreibungen, die diesem Ort in vollem Maße gerecht werden. Sie ploppen auf, wenn man die Homepage des RUB-Makerspace aufruft.
von Katrin Ziegast
Schon der Eingangsbereich macht Lust auf mehr...
© IHK Mittleres Ruhrgebiet/Volker Wiciok
Betritt man die riesige Fläche im ehemaligen Verwaltungsgebäude von OPEL fragt man sich direkt „Was kann ich als erstes ausprobieren und wer leitet mich an?“ Werkstätten, Co-Working-Flächen und Projekträume laden Hochschulangehörige, Unternehmen und auch Bürger:innen zum Experimentieren und zur Entwicklung von Prototypen ein. Insgesamt stehen fünf Werkstätten, darunter eine Holz-, Metallbau- sowie eine Elektrotechnikwerkstatt, zur Verfügung.
Hier, auf einem der bundesweit größten Makerspaces Deutschlands arbeiten Macher und Macherinnen. Leute, die den interdisziplinären Austausch suchen und sehen wollen, was alles gehen kann – denn es dreht sich einiges. Und das ziemlich zügig. Der Wandel dieses einmaligen Ortes ist besonders und lässt einen immer wieder spüren, dass hier die Geschichte einer Stadt in Schichten vor einem liegt. Mehr als ein halbes Jahrhundert OPEL-Werksfläche und jetzt hipper Industrie-, Technologie- und Wissens-Campus. Der RUB-Makerspace reiht sich nahtlos ein in die kreative Nachbarschaft.
Krohm führt durch den MakerSpace.
© IHK Mittleres Ruhrgebiet/Volker Wiciok
„Wir haben mit dem Makerspace aufgrund des Standortes, der Größe und der Angebote, die wir hier bieten, eine sehr starke Strahlkraft. Über NRW hinaus spannen wir internationale Transfer-Netzwerke“, erklärt Florian Krohm, der den RUB-Makerspace kommissarisch leitet. Und diese Netzwerke sind auch gut gefüllt mit Alumni der RUB, die Spinn-Offs gegründet haben. Die Liste ist lang und beinhaltet erfolgreiche und auch prominente Ausgründungen wie z.B. Ingplus. Pottsalat oder deeplify.
„Sie alle verspüren eine hohe Dankbarkeit, dass wir mit Ihnen diesen Weg gegangen sind – wir halten Kontakt, daten uns up und schaffen es immer wieder, dass Start-Ups auch an Lehrveranstaltungen teilnehmen und dort als Best Practice dienen und Studierende motivieren“, erklärt Krohm das Zusammenspiel, das erst durch den RUB-Makerspace ermöglicht wurde.
Best Practice – das wird hier gelebt – denn hier kann man zwar viel ausprobieren, aber keiner wird allein gelassen, sondern angeleitet und unterstützt – egal wie absurd die Idee oder das Vorhaben auch sein mag.
Opelaner Dietmar Krukowski ist nun Werkstattleiter der Metallwerkstatt.
© IHK Mittleres Ruhrgebiet/Volker Wiciok
Was man alles machen kann, erklärt Opelaner Krukowski.
© IHK Mittleres Ruhrgebiet/Volker Wiciok
Da kann besonders Werkstattleiter Dietmar Krukowski ein Lied von singen. Sich auf neue Gegebenheiten einlassen, das steckt in seiner DNA. Als ehemaliger Opelaner bewegt er sich eigentlich auf gewohntem Terrain. Das alte OPEL-Verwaltungsgebäude trägt teilweise noch den alten Anstrich und hier und da gibt es Relikte aus vergangenen Zeiten wie Maschinen, Stuhlgruppen oder eine riesige alte Waage. „Auf den Stühlen haben meine Kollegen und ich schon gesessen!“ Merkt Krukowski schmunzelt an. Und genau auf diesen Stühlen saßen vor kurzem zwei Bühnenbildner, die eine kugelförmige Leinwand produzieren wollten.„Die beiden anzuleiten, wie geht man da vor und wie komme ich dahin, wo ich hinwill, das ist richtig klasse“, beschreibt Krukowski den Prozess des Ausprobierens.
Sich grafisch und handwerklich austoben und nebenher Ideen realiseren.
© IHK Mittleres Ruhrgebiet/Volker Wiciok
„Wir wollen die Leute ans Machen kriegen.”
„Wir wollen die Leute ans Machen kriegen. Zu uns kommen ganz unterschiedliche Menschen, die für die Zukunft etwas entwickeln wollen – das macht es für mich als Ex-Opelaner besonders spannend“, fasst Krukowski den Reiz des RUB-Makerspace zusammen.
Macherinnen in der Holzwerkstatt.
© IHK Mittleres Ruhrgebiet/Volker Wiciok
Ein Ort, der wiederbelebt wird mit neuen Ideen, das ist der RUB-Makerspace. „Man darf hier Dinge falsch machen, austesten und wieder neu anfangen“, erklärt Krohm beim Rundgang durch die Werkstätten im Untergeschoss. Und hier wird ausprobiert und verworfen, es fliegen Späne – man spürt die Arbeitsatmosphäre und den Willen etwas zu kreieren.
Im Fokus steht jedoch immer die Transfer-Idee, die durch das Zusammenspiel vom RUB-Makerspace und dem Transfer- und Gründungscenter Worldfactory bzw. dem Worldfactory Start-Up Center wunderbar funktioniert. Beide Institutionen sind an der RUB angedockt und verfolgen das Ziel den Transfer von Forschungsergebnissen in wissensbasierte, international ausgerichtete Gründungsideen zu übersetzen.
Plastikreycling mit einer wundersamen Maschine.
© IHK Mittleres Ruhrgebiet/Volker Wiciok
Geschäftsführender Direktor der Worldfactory Marc Seelbach erklärt aus der Rückschau den Erfolg des Projektes: „Ausgründungen oder Transfers aus dem Wissenschaftsbetrieb in die Wirtschaft galten vor Gründung des Worldfactory Start-Up Centers (WSC) eher als Nischenthema“. Nun landete die Ruhr-Universität Bochum beim Gründungsradar 2022 des Stifterverbandes auf dem achten Platz – die RUB gehört somit zu den besten 25 % ihrer Größenklasse. Das WSC bietet Gründungsinteressierten Beratung, informiert über Finanzierungen und kann mit einem breitgefächerten Expert:innen- und Mentor:innen-Netzwerk aufwarten.
Visionen werden in Geschäftsmodelle umgewandelt und dann geht es raus in Welt. Für sein innovatives Konzept erhielt das Worldfactory Start-Up Center in den letzten sechs Jahren 21 Millionen Euro Landesförderung und darf den Titel „Exzellenz Start-up Center.NRW“ tragen. Eine Anschlussförderung bis 2025 ist auch eingestielt. 30 Aus- gründungen jährlich zählt die RUB – eine beeindruckende Zahl. Und das funktioniert nur so reibungslos, weil WSC und RUB-Makerspace Hand in Hand arbeiten.
„Mit dem RUB-Makerspace schaffen wir auf verschiedene Arten einen Transfer in die Unternehmen.”
„Mit dem RUB-Makerspace schaffen wir auf verschiedene Arten einen Transfer in die Unternehmen: da ist einmal der Bereich Ausbildung und Qualifikation, wo Studierende und Berufskollegs zu uns kommen, sich ausprobieren und spannende Fachkräfte von morgen werden“, erklärt Florian Krohm.
MakerSpace im Kleinformat.
© IHK Mittleres Ruhrgebiet/Volker Wiciok
Zudem ist der RUB-Makerspace durch den universitären Rahmen darauf spezialisiert wissensbasierte Start-Ups zu gründen, d.h. Forschende, die hier in bestimmten Themenbereichen neue Dinge entwickeln und daraus neue Unternehmen gründen, schaffen auf diese Weise den Transfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft.
Und das sehr erfolgreich, wie man an Spinn-offs wie Ingplus sehen kann. „Die direkte Zusammenarbeit mit den Unternehmen – sei es, dass sie hier hinkommen, um Maschinen zu nutzen oder sich an Lehrveranstaltungen beteiligen oder ein Event abhalten – all das trät dazu bei, dass wir uns gegenseitig befruchten und weiterentwickeln“, führt Krohm den Transfer-Gedanken aus. Und dass dieser Transfer sehr erfolgreich ist, das konnte man im September 2023 verfolgen, als das Unternehmen betaSENSE den Innovationspreis NRW 2023 erhalten hat. Ein Spinn-off der RUB. Und auch Wirtschaftsministerin Mona Neubauer hebt in ihrer Laudatio genau diesen Transfer-Gedanken hervor:
„Als Wirtschaftsministerin bin ich beeindruckt, wie Sie die exzellente Wissenschaft an der Ruhr-Universität durch ihre Ausgründung betaSENSE mit der Wirtschaft verbinden. Dadurch geben Sie jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Nordrhein-Westfalen den Mut, an sich und ihre Teams zu glauben.“
Mut an sich zu glauben und einfach mal machen – das ist das Credo des RUB-Makerspace.
„Wir möchten hier eine Entwicklungs-Umgebung schaffen und offen sein für Ideen der Start-Ups“, fasst Florian Krohm zusammen. Und das kann man nur, wenn man „zusammen brennt“ – und das tut das Team des RUB-Makerspace definitiv und das spürt man auch. Wir sind auf jeden Fall entbrannt und Feuer und Flamme.
Das Interview mit Florian Krohm finden Sie hier:
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Jenni Duggen