IHK-Handelsforum 2023

Beim IHK-Handelsforum Ruhr 2023 in der EBZ Business School Bochum ging es um Chancen und Herausforderungen für Handel und Stadt. Die Handelsreferent:innen der Ruhr-IHKs planen das Format gemeinsam. Ausrichterin war dieses Jahr die IHK Mittleres Ruhrgebiet, da sie die Federführung innehat. Im Fokus des Handelsforums stehen Austausch und Netzwerkaufbau der Handelsakteur:innen untereinander. Eins wird schon zu Beginn des prallgefüllten Programms deutlich: Die Innenstädte müssen sich neu erfinden.
Die Innenstadt der Zukunft
Beim Impulsvortrag von Martin Kremming, Geschäftsführer der CIMA Beratung + Management GmbH, zur Deutschlandstudie Innenstadt, „Die Innenstadt aus der Perspektive der Besucher:innen“, spiegelt sich wider, was sich die Menschen von einer Innenstadt der Zukunft wünschen: Eine attraktive Einkaufsatmosphäre mit schönen und sauberen Sitzmöglichkeiten in begrünten Ruhezonen, die gut beleuchtet und ausgestattet sind mit öffentlichen Toiletten. Wochenmärkte, Feierabendmärkte oder Markthallen mit regionalen und hochwertigen Angeboten seien für Besucher:innen ebenso attraktiv wie verlängerte Öffnungszeiten und Parkmöglichkeiten am Innenstadtrand, konstatiert Kremming.
Um die Frequenz und Aufenthaltsdauer in den Innenstädten zu erhöhen, muss man neu und umdenken: „Multifunktionale Orte schaffen“ lautet das Credo, damit Leerstände wieder bespielt und auch angenommen werden.
Einfach mal machen und nicht direkt mit Widerständen im Kopf agieren.
Andere europäische Städte machen es vor, wie das dänische Aarhus: Hier wird das DOKK1 als Bürgerservice, Kulturhaus und Bibliothek genutzt. „Genau dahin müssen wir auch kommen, einfach mal machen und nicht direkt mit Widerständen im Kopf agieren, sondern experimentieren – die Monopolfunktion des Handels in den Innenstädten haben wir verloren, und der Anteil des Online-Handels wird auch noch weiter in andere Bereiche schwappen“, proklamiert Kremming.

Auch in der Paneldiskussion „Zukunft gestalten“ geht es um Ansätze, wie man Innenstädte wieder bespielen kann: „Wir müssen die Wünsche der Besucher:innen sichtbar machen!“ merkt Alexander Eiskirch von „Das Z!mmer“ an. Der Modehändler hat in der Bochumer Innenstadt ein besonderes Ladenkonzept eröffnet, das durch das Sofortprogramm Innenstadt des Landes NRW realisiert werden konnte. Er kuratiert Produkte von verschiedenen regionalen Einzelhändler:innen und schafft so Begehrlichkeiten, welche die Kundschaft vielleicht noch gar nicht kannte. Man kann sich alles anschauen und wird informiert, wie man die einzelnen Stücke beziehen kann. „Mut haben und Neues ausprobieren, weil ich diesen Straßenzug nicht auch noch verlieren wollte“, fasst Eiskirch sein Engagement zusammen. Wenn man etwas verändern will, dann muss man am Ball bleiben und hartnäckig sein – so wie Svenja Krämer von Essen Marketing. Sie unternimmt mit ihrem Team einiges, um Immobilienbesitzer:innen ausfindig zu machen, damit Flächen gemeinsam gestaltet werden, die richtige Nutzung für eine Immobilie gefunden und so auch Verantwortung für den Ort übernommen wird.
Beteiligungsformate schaffen Einbindung der Digital Natives.
Ausflug in die Generation Z
Gerade in Hinblick auf nachfolgende Generationen tragen wir Verantwortung – die Generation Z setzt sich wenig mit der Innenstadt von heute auseinander, weil sie dort einfach nicht stattfindet. Beim Panel „Ausflug in die Generation Z“ wird deutlich, dass gerade die „Digital Natives“ eingebunden werden müssen, wenn die Innenstädte überleben wollen.
Verschiedene Projektansätze im Ruhrgebiet zeigen, wie man mit kleinen Schritten anfangen kann: In der Dortmunder Innenstadt ist z. B. Ende 2022 der neue Innovationsraum „Projektor – Raum für Innovationen und Zusammenarbeit” eröffnet worden. In dem ehemaligen Ladengeschäft werden neue Ideen in die Stadt projiziert. Oder wie hier in Bocholt: In einem Kino hat man sehr erfolgreich ein Beteiligungsformat zum Thema Innenstadt für die Generation Z veranstaltet.
Da trifft es sich gut, dass auch eine Vertreterin dieser Generation beim IHK-Handelsforum vor Ort mitreden kann, Amelie Groß, Schülerpraktikantin bei der IHK Mittleres Ruhrgebiet. „Wir haben oft das Gefühl, dass wir im innerstädtischen Raum stören, und suchen uns dann eher ruhigere Orte. Es wäre toll, wenn man schön gestaltete konsumfreie Räume für junge Menschen hätte und zusätzlich einen Mix aus Konsum- und konsumfreien Zonen“, findet sie. „Wenn wir immer das Gefühl haben, dass wir unerwünscht sind, weil wir eben lauter sind, dann gehen wir nicht mehr in die City.“
“Wir müssen die ganze Stadtgesellschaft mit einbinden und Ideen aus dem Ort herausentwickeln!
Einbinden der Stadtgesellschaft
Die Generation Z will mitreden und hat viele spannende Gedanken, die wir nicht überhören sollten. „Wir müssen die ganze Stadtgesellschaft einbinden und Ideen aus dem Ort heraus entwickeln!“, meint auch Jörg Lehnerdt von der BBE Handelsberatung. Und wenn das gelingt, dann kann man auch erlebnisstiftende Aktivitäten entwickeln, die auf die Zielgruppe abgestimmt sind und funktionieren, weil man sie miteingebunden hat.
Einbinden – das bezieht sich aus der Sicht des Handels auch auf alle Stakeholder der Innenstädte - oder um es mit den Begrüßungsworten von Andor Baltz auszudrücken: „Die Rahmenbedingungen zwingen uns geradezu dazu, mehr Gemeinsamkeit mit allen Branchen zu wagen. Insofern muss es Ziel einer jeden Kommunal- oder Landespolitik sein, diese Gemeinsamkeiten auch zu fördern.“
Die Ruhr-IHKs stehen als Sparringspartnerinnen und Impulsgeberinnen zur Verfügung. Packen wir es an!