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Flächen dringend gesucht
Wollen das Gelände der Zeche "General Blumenthal" in Herne entwickeln: Projektleiterin Laura Grothues von der SEG Herne, Dr. Svenja Rebsch, Projektleiterin für das 5-Standorte-Programm in Herne, Stadtdirektor Dr. Hans Werner Klee und SEG-Geschäftsführer Ronald Graf. Foto: Holger Jakoby/IHK
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Von Sven Frohwein
Wird sich in Herne wiederholen, was in der Nachbarstadt Bochum so gut geklappt hat? Hernes Stadtdirektor Dr. Hans Werner Klee und Dr. Svenja Rebsch von der Herner Wirtschaftsförderung blicken auf die riesige Fläche. Vor ihnen liegen 25 Hektar ehemaliger Zechenstandort Blumenthal. Ein Gelände, so groß wie 35 Fußballfelder. Hier, im Herner Ortsteil Wanne-Eickel, wo bis in die 90er-Jahre Tausende Kumpel Millionen Tonnen Kohle förderten, soll etwas völlig Neues entstehen: ein Technologiepark, neue Heimat für innovative und zukunftsorientierte Unternehmen, die „Techno Ruhr International“. Die Fläche ist ein Glücksfall für Herne. Denn Gewerbeflächen sind Mangelware im Ruhrgebiet. In fast jeder Stadt im Revier ringen Stadtplaner:innen und Wirtschaftsförder:innen mit der Flächenknappheit. Oft ist viel Kreativität gefragt, um Bestandsunternehmen und Investor:innen attraktive Angebote machen zu können.
Bagger reißen das alte Opel-Werk in Bochum ab: Die Sanierung von Altflächen ist unabdingbar für die Schaffung neuer Gewerbegebiete. Foto: Bochum Wirtschaftsentwicklung
Die hohe Nachfrage von Unternehmen, die wachsen möchten, können wir nur schwer bedienen.
Doch an diesem Punkt sind die Herner Stadtplaner:innen und Wirtschaftsförderer:innen noch gar nicht. „Blumenthal ist eine Chance für Herne“, sagt Dr. Dirk Drenk, Geschäftsführer der hiesigen Wirtschaftsförderung Herne.Business. Drenk freut sich. Erst kürzlich bekam die Stadt die Aussicht auf viereinhalb Millionen Euro aus dem sogenannten 5-StandorteProgramm der NRW-Landesregierung (siehe Kasten S. 12). Mit dem dringend benötigten Geld sollen eine Projektentwicklungsgesellschaft für „General Blumenthal“ auf den Weg gebracht und die Machbarkeit sowie Nutzungsmöglichkeiten durch diverse Gutachten bzw. Vertiefungsstudien untersucht werden. Die Millionen aus Düsseldorf verstehen sich als Anschubfinanzierung; die Reaktivierung der Fläche wird ein Vielfaches verschlingen. „Das ist ein Dekadenprojekt“, sagt Drenk. Wiederholt sich dann in Herne, was in Bochum auf der ehemaligen Opel-Fläche so gut geklappt hat? „Wir haben erst einmal das begründete Vorurteil, dass es funktioniert“, sagt Hernes Stadtdirektor Dr. Hans Werner Klee. „Wir müssen jetzt ermitteln, wie viel Fläche wir für eine neue Nutzung verfügbar machen können und welche Hinterlassenschaften konkret im Boden schlummern“, so Klee weiter. „Wenn wir wissen, wie es hier weitergehen kann, werden wir uns natürlich um weitere Fördermittel aus dem 5-StandorteProgramm bemühen“, sagt Projektleiterin Dr. Svenja Rebsch beim Ortstermin in Wanne-Eickel.
Dr. Dirk Drenk, Geschäftsführer der Herner Wirtschaftsförderung: "General Blumenthal ist eine Chance für Herne." Foto: herne.business
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Ein Umstand, den man in Witten nur zu gut kennt. Aktuell ist ein Streit um die Ausweisung eines neuen Gewerbegebietes im Stadtteil Stockum entbrannt. Der RVR hat die zurzeit landwirtschaftlich genutzte Fläche als potenzielles Gewerbegebiet ausgewiesen, der Rat der Stadt hatte dafür auch 2019 grünes Licht gegeben, 2020 dann aber wegen veränderter politischer Mehrheiten einen Rückzieher gemacht: Die Verbandsversammlung des RVR soll aufgefordert werden, den an der Autobahn A44 gelegenen Vöckenberg als landwirtschaftliche Nutzfläche festzuschreiben, fordert eine Mehrheit des Wittener Stadtrates.
Dabei stünden der Stadt neue Gewerbeflächen gut zu Gesicht, um beispielsweise die Abwanderung von Bestandsunternehmen zu vermeiden. „Wir können den Firmen keine attraktiven Angebote machen“, sagt Heiko Kubski, Abteilungsleiter Wirtschaftsentwicklung und Standortmanagement bei der Stadt Witten. Das sei auch Wittens Topografie geschuldet, pflichtet ihm Philipp Pössel, Abteilungsleiter Gesamtstädtische Planung im Planungsamt, bei: „Nördlich der Ruhr macht die Dichte der Bebauung eine Ausweisung neuer Flächen schwierig. Und südlich der Ruhr verhindern freiraumbezogene Restriktionen entsprechende Flächenentwicklungen“, betont Pössel. „Es ist politisch nicht gewünscht, auf der grünen Wiese zu entwickeln.“ Das Fazit des Wittener Planers: „Dann sind uns die Hände gebunden, und wir müssen uns auf komplexe Flächensanierungen konzentrieren.“
BMR-Geschäftsführerin Prof. Dr. Julia Frohne: "Wir erhoffen uns noch für 2023 die Erarbeitung konkreter Lösungsansätze mit der Landesregierung." Foto: Volker Wiciok/BMR
© BMR/Volker Wiciok
Die Vermarktungserfolge der vergangenen Jahre haben aber auch eine Kehrseite.
Fördermittel, wie sie seit 2015 nach Bochum geflossen sind. Nachdem der Autobauer Opel 2012 seinen Rückzug aus der Stadt bekannt gab, ersannen Landesregierung und Stadt einen Plan, was mit der riesigen Brache, immerhin 70 Hektar groß, passieren sollte. Ein zweistelliger Millionenbetrag wird nach Bochum geflossen sein, wenn das heute MARK 51°7 getaufte ehemalige Opel-Gelände vollständig erschlossen und vermarktet ist. Die eigens für die Revitalisierung der Fläche gegründete Bochum Perspektive GmbH, ein Unternehmen der Bochumer Wirtschaftsförderungsgesellschaft, übernahm 2015 das Gelände, riss die alten Gebäude ab, sanierte den Boden und begann parallel mit Erschließung und Vermarktung. Künftig sollen mehr als 10.000 Menschen auf der Fläche arbeiten, dreimal so viele wie zuletzt bei Opel. MARK 51°7 ist Heimat von Forschungsinstituten und technologieaffinen Unternehmen. Der Plan, Jobs mit Zukunft auf der Fläche zu schaffen, ist aus Sicht der Stadt aufgegangen.
Rouven Beeck, Geschäftsführer der Bochum Wirtschaftsentwicklung: "Wir sind zwar noch nicht komplett ausverkauft, aber haben nur noch wenige verfügbare Flächen." Foto: BoWE
Vorbild MARK 51°7: Die Fläche des ehemaligen Opel-Werks in Bochum wurde erfolgreich transformiert. Foto: Bochum Wirtschaftsentwicklung
Das knappe Flächenangebot plagt viele Städte, sie brauchen Unterstützung aus Düsseldorf und Berlin, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Michael Bergmann. „Die Wirtschaft braucht Flächen und intakte Infrastruktur. Deshalb ist es so wichtig, Altflächen aufzubereiten. Das schaffen die Städte nicht allein, sondern brauchen dafür weitere Unterstützung durch Bund und Land.“
Bochum will versuchen, einige Flächen ohne Fördermittel zu entwickeln. „Das wird aber nicht überall klappen“, so Beeck weiter. So sei beispielsweise die Fläche Prinz Regent, ein ehemaliger Kraftwerksstandort von RWE, so stark belastet, dass eine Erschließung ohne Drittmittel nicht machbar sei. „Dreck zum Quadrat“ finde man dort. Ist die Sanierung vollbracht, soll auf der Fläche der „Gesundheitscampus II“ entstehen – mit neuem Platz für den Wachstumsmarkt Gesundheitswirtschaft. Denn der erste Gesundheitscampus in unmittelbarer Nähe zum Campus der Ruhr-Universität Bochum ist bereits voll vermarktet.
Um den dringenden Flächenbedarf zu lindern, hat die BMR gemeinsam mit weiteren Partner:innen kürzlich eine weitere Möglichkeit ins Spiel gebracht: die sogenannte Nachverdichtung. In einer modellhaften Untersuchung ging die Business Metropole Ruhr der Frage nach, ob bestehende Gewerbegebiete noch Freiflächen böten, um weiteren Unternehmen ein Angebot zu machen. „Von den knapp 21.000 Hektar genutzten Flächen in Bestandsgebieten in der Region wurden in zehn Pilotgebieten rund 506 Hektar untersucht“, sagt BMR-Geschäftsführerin Frohne. „Dabei identifizierten die Projektbeteiligten ein Nachverdichtungspotenzial von rund 78 Hektar, teilweise sehr kleinteilig verteilt und oft in privater Hand.“ Für die Entwicklung großflächiger, zusammenhängender Gewerbegebiete oder die Ansiedlung großer neuer Unternehmen sei dieses Instrument aber nicht geeignet, so Frohne weiter.
Aber auch um kleinere Anfragen zu bedienen, sei das Thema Nachverdichtung schwierig, erklärt Wittens Wirtschaftsförderer Heiko Kubski: „Selbst wenn wir eine Teilfläche identifiziert haben, die man entwickeln könnte, muss das Unternehmen, dem die Fläche gehört, mitspielen.“ Den Firmen sei der Mangel an Gewerbeflächen natürlich auch bewusst. „Und deshalb haben sie kein Interesse daran, nicht genutzte Areale zu verkaufen“, sagt Kubski. „Die fehlen ihnen spätestens dann, wenn sie selbst wachsen möchten.“
Geld für ehemalige Kraftwerksstandorte
Die NRW-Landesregierung stellt im 5-StandorteProgramm Strukturhilfen für die fünf Steinkohlekraftwerksstandorte Duisburg, Gelsenkirchen, Hamm, Herne und Kreis Unna zur Verfügung. Durch innovative Projekte sollen laut Landesregierung neue und gut bezahlte Jobs vor Ort entstehen, bevor die Kraftwerke vom Netz genommen werden. Die Bundesregierung stellt bis zum Jahr 2038 eine Milliarde Euro für die Transformation von Steinkohlekraftwerksstandorten zur Verfügung. Auf Nordrhein-Westfalen entfallen hiervon 662 Millionen Euro. Ein Fokus des 5-StandorteProgramms liegt auf der nachhaltigen Entwicklung von Brachflächen.
Die NRW-Landesregierung stellt im 5-StandorteProgramm Strukturhilfen für die fünf Steinkohlekraftwerksstandorte Duisburg, Gelsenkirchen, Hamm, Herne und Kreis Unna zur Verfügung. Durch innovative Projekte sollen laut Landesregierung neue und gut bezahlte Jobs vor Ort entstehen, bevor die Kraftwerke vom Netz genommen werden. Die Bundesregierung stellt bis zum Jahr 2038 eine Milliarde Euro für die Transformation von Steinkohlekraftwerksstandorten zur Verfügung. Auf Nordrhein-Westfalen entfallen hiervon 662 Millionen Euro. Ein Fokus des 5-StandorteProgramms liegt auf der nachhaltigen Entwicklung von Brachflächen.
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