Produktsicherheit - Neue Vorschriften ab Dezember 2024

Im Mai 2023 hat die EU die neue Verordnung zur allgemeinen Produktsicherheit (General Product Safety Regulation – GPSR) im europäischen Amtsblatt veröffentlicht. Nach einer Übergangszeit von 18 Monaten tritt die neue Verordnung nun am 13.12.2024 in jedem EU-Mitgliedsstaat in Kraft. Die neue Verordnung über die allgemeine Produktsicherheit soll gewährleisten, dass auch weiterhin nur sichere Produkte in der EU in Verkehr gebracht werden.
Die GPSR betrifft Hersteller, Importeure, Händler und Online-Anbieter gleichermaßen.
Im Zuge dessen soll auch das deutsche Produktsicherheitsgesetz an die neuen Regelungen angepasst werden. Die betroffenen Wirtschaftsakteure sollten ihre Aktivitäten im Hinblick auf die neuen Anforderungen prüfen und sich auf die neuen produktsicherheitsrechtlichen Regelungen einstellen.

Geltungsbereich

Die Verordnung gilt für alle neuen, gebrauchten, reparierten oder wiederaufgearbeiteten Produkte, die in Verkehr gebracht oder auf dem Markt bereitgestellt werden, sofern keine spezifischen Produktbestimmungen existieren.
Ausdrücklich ausgenommen sind:
  • Human- und Tierarzneimittel
  • Lebens- und Futtermittel
  • lebende Pflanzen und Tiere, tierische Nebenprodukte und Folgeprodukte
  • Pflanzenschutzmittel
  • Beförderungsmittel und Luftfahrzeuge
  • Antiquitäten
  • Produkte, die vor ihrer Verwendung repariert oder wiederaufgearbeitet werden müssen und eindeutig als solche gekennzeichnet sind
Alle Hersteller, Bevollmächtigte, Einführer (Importeure), Händler, Fulfilment-Dienstleister sowie alle anderen natürlichen oder juristischen Personen, die Pflichten im Zusammenhang mit der Herstellung von Produkten oder deren Bereitstellung auf dem Markt haben, sind nach dieser Verordnung verpflichtet.

Angepasste Sicherheitsbewertung von Produkten

Im Grundsatz gilt weiterhin: Nur sichere Produkte dürfen in den Verkehr gebracht oder auf dem Markt bereitgestellt werden.
Allerdings gibt es keine 100 % sicheren Produkte. Erforderlich ist vielmehr, dass das Produkt bei normaler und vernünftigerweise vorhersehbarer Verwendung keine oder nur geringe mit seiner Verwendung zu vereinbarende Risiken aufweist, die als annehmbar erachtet werden und mit einem hohen Schutzniveau für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher vereinbar sind.
In Artikel 6 der GPSP werden neue Kriterien für die Sicherheitsbewertung von Produkten definiert. Folgende Aspekte sollen dabei Berücksichtigung finden:
  • Eigenschaften des Produkts (Aussehen, technische Merkmale, Zusammensetzung, Verpackung, Gebrauchsanweisung)
  • Wechselwirkung mit anderen Produkten
  • Aufmachung des Produkts (Etikettierung, Alterskennzeichnung, Warnhinweise, Entsorgung)
  • Verbraucherspezifische Aspekte (Produktverwendung durch Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderung)
  • Erscheinungsbild des Produkts, wenn es den Verbraucher zu einer anderen als der bestimmungsgemäßen Verwendung verleitet
  • Cybersicherheitsmerkmale (Schutz vor äußeren Einflüssen böswilliger Dritter)
  • Sofern die Art des Produkt dies erfordert, die sich entwickelnden, lernenden und prädikativen Funktionen des Produkts

Neue Herstellerpflichten

Neben bereits in der vorangegangenen Richtlinie 2001/95/EG enthaltenen Pflichten müssen Hersteller nun die Pflichten aus Artikel 9 GPSP berücksichtigen. In diesem Zusammenhang bereits bekannt ist beispielsweise die Pflicht des Herstellers auf dem Produkt seine Kontaktdaten (Name, Postanschrift, elektronische Adresse) anzubringen und dem Produkt klare Anweisungen und Sicherheitsinformationen beizufügen.
Neu hinzugekommen: Hersteller müssen nunmehr für ausnahmslos jedes Produkt – eine Bagatellgrenze gibt es nicht – eine interne Risikoanalyse durchführen und technische Unterlagen erstellen.
Die technischen Unterlagen müssen mindestens eine allgemeine Beschreibung des Produkts und die für die Sicherheitsbewertung relevanten wesentlichen Eigenschaften enthalten. Im Übrigen müssen sie für mindestens 10 Jahre ab dem Inverkehrbringen des Produkts aufbewahrt und auf dem neuesten Stand gehalten werden.

Erweiterung des Geltungsbereiches

Die Verordnung trägt den Entwicklungen im Zusammenhang mit neuen Technologien und Online-Verkäufen Rechnung. So wird der Anwendungsbereich auch auf Fulfilment-Dienstleister und Anbieter von Online-Marktplätzen ausgeweitet (Artikel 3 Nr. 13 und Artikel 4 GPSP).
Fulfilment-Dienstleister unterliegen keinen spezifischen Pflichten, wohingegen Online-Marktplätze in Artikel 22 neuen Informationspflichten unterworfen sind.

Besondere Pflichten für Anbieter von Online-Marktplätzen

Anbieter von Online-Marktplätzen müssen sich künftig beim Safety-Gate-Portal registrieren und dort die Angaben zu ihrer zentralen Anlaufstelle hinterlegen (Artikel 22).
Darüber hinaus müssen Anbieter von Online-Marktplätzen
  • eine zentrale Kontaktstelle für Verbraucherfragen benennen,
  • über interne Verfahren zur Gewährleistung der Produktsicherheit verfügen,
  • Inhalte, die sich auf ein Angebot eines gefährlichen Produkts beziehen auf Anordnung der Marktüberwachungsbehörde innerhalb von zwei Arbeitstagen entfernen, den Zugang dazu sperren oder einen ausdrücklichen Warnhinweis platzieren,
  • Meldungen zu Fragen der Produktsicherheit unverzüglich, spätestens innerhalb von drei Arbeitstagen, bearbeiten,
  • bereits in jedem Produktangebot unter anderem den Namen, die Anschrift und die elektronische Adresse des Herstellers und etwaige Warnhinweise und Sicherheitsinformationen angeben,
  • die Erbringung ihrer Dienste bei Anbietern, die häufig gegen die vorliegende Verordnung verstoßende Produkte anbieten, für einen angemessenen Zeitraum und nach vorheriger Warnung aussetzen,
  • die betroffenen Verbraucher bei Produktsicherheitsrückrufen unterrichten.

Rückverfolgbarkeitsanforderungen

Für bestimmte Produkte, Produktkategorien oder Produktgruppen, die wahrscheinlich ein ernstes Risiko für die Gesundheit und Sicherheit von Verbrauchern darstellen, kann die Kommission ein Rückverfolgbarkeitssystem einrichten, das die Wirtschaftsakteure, die dieses Produkt in Verkehr bringen und auf dem Markt bereitstellen, übernehmen müssen (Artikel 18 GPSR).

Pflichten im Fernabsatz

Stellt ein Wirtschaftsakteur Produkte online oder über eine andere Form des Fernabsatzes auf dem Markt bereit, so muss das Angebot mindestens die folgenden eindeutigen und gut sichtbaren Angaben enthalten:
  • Name, eingetragener Handelsname oder Handelsmarke des Herstellers, Postanschrift und elektronische Adresse, unter denen er kontaktiert werden kann
  • falls der Hersteller nicht in der Union niedergelassen ist: Name, Postanschrift und elektronische Adresse der verantwortlichen Person nach Artikel 16 Abs. 1 GPSR
  • Angaben, die die Identifizierung des Produkts ermöglichen, einschließlich einer Abbildung des Produkts, seiner Art und sonstiger Produktidentifikatoren
  • etwaige Warnhinweise oder Sicherheitsinformationen, die in einer vom Mitgliedsstaat, in dem das Produkt auf den Markt bereitgestellt wird, festgelegten und leicht verständlichen Sprache, auf dem Produkt oder auf der Verpackung anzubringen oder in einer Begleitunterlage beizufügen sind

Meldung bei Unfällen durch das Produkt

Der Hersteller ist verpflichtet, Unfälle, die durch ein in Verkehr gebrachtes oder auf dem Markt bereitgestelltes Produkt verursacht wurden, ab dem Zeitpunkt, zu dem er Kenntnis von dem Unfall hat, den zuständigen Behörden des Mitgliedsstaats, in dem sich der Unfall ereignet hat, über das Safety-Business-Gateway zu melden (Artikel 20 GPSR).

Sicherheitswarnungen und Rückruf

Alle Wirtschaftsakteure und Anbieter von Online-Marktplätzen müssen betroffene Verbraucher im Falle eines Produktsicherheitsrückrufs oder bei Sicherheitswarnungen ermitteln und anschließend direkt und unvermittelt unterrichten (Artikel 35 GPSR).
Der Rückruf des Produkts erfolgt schriftlich über eine Rückrufanzeige, dessen Inhalt durch Artikel 36 GPSR bestimmt wird. In der Durchführungsverordnung (EU) 2024/1435 hat die Kommission eine einheitlich standardisierte Vorlage für die Rückrufanzeige festgelegt. Die Vorlage soll ab dem 13.12.2024 zum Download angeboten werden.
Neu eingeführt wurde zudem der Anspruch des Verbrauchers auf Abhilfemaßnahmen im Falle eines Produktsicherheitsrückrufs (Artikel 37 GPSR). Die Wirtschaftsakteure müssen dem Verbraucher eine wirksame, kostenfreie und zeitnahe Abhilfe anbieten, wobei die Wahl der Abhilfemaßnahmen mindestens zwei der Folgenden enthalten muss:
  • Reparatur des zurückgerufenen Produkts,
  • Ersatz des zurückgerufenen Produkts durch ein sicheres Produkt desselben Typs mit mindestens demselben Wert und derselben Qualität
  • angemessene Erstattung des Wertes des zurückgerufenen Produkts, sofern der Erstattungsbetrag mindestens dem vom Verbraucher gezahlten Preis entspricht

Dieser Artikel gibt nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.