Sustainable Finance

Zur Erreichung ihrer klima- und energiepolitischen Ziele geht die EU von einem zusätzlichen Investitionsbedarf in Höhe von etwa 180 Milliarden Euro jährlich aus. Mit einer nachhaltigen Regulierung des Finanzsektors sollen Investitionen in Klima- und Umweltschutz, Kreislaufwirtschaft sowie eine höhere Ressourceneffizienz forciert werden. Für den Finanz- und Immobilienmarkt wird dies eine neue Bewertung von Investitionen zur Folge haben. Der Darstellung der eigenen nachhaltigen Unternehmensführung kommt damit eine immer größere Bedeutung zu.

Welche Rahmenbedingungen setzt der Green Deal?

Im Rahmen des Green Deals hat die Kommission am 14. Januar 2020 den Green Deal-Investitionsplan vorgestellt, der in den nächsten zehn Jahren mindestens 1 Billion Euro an nachhaltigen Investitionen mobilisieren soll. Allein für das Erreichen der aktuellen Klima- und Energieziele für 2030 geht die Kommission von zusätzlichen Investitionen in Höhe von rund 260 Milliarden Euro pro Jahr aus. Der Investitionsplan soll öffentliche wie private Investoren anregen, die für den Übergang zu einer klimaneutralen, wettbewerbsfähigen und integrativen Wirtschaft erforderlichen Finanzmittel bereit zu stellen.
Dabei weist die Kommission dem Finanzsektor eine Schlüsselrolle zu. Der Finanzsektor soll im Rahmen der “Strategie für ein nachhaltiges Finanzwesen” zur Erreichung der Ziele des Green Deal beitragen, indem
  • Investitionen auf nachhaltigere Technologien und Unternehmen umorientiert werden,
  • Wachstum langfristig auf nachhaltige Weise finanziert wird und damit
  • ein Beitrag zur Schaffung einer kohlenstoffarmen, klimaresistenten und kreislauforientierten Wirtschaft geleistet wird.
Das zentrale Instrument zur nachhaltigen Regulierung des Finanzsektors ist die sogenannte Verordnung zur EU-Taxonomie. Sie enthält die Kriterien zur Bestimmung, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit als nachhaltig einzustufen ist. Nachhaltig im Sinne der EU-Taxonomie ist eine Tätigkeit dann, wenn sie zu mindestens einem der sechs Umweltziele der EU erheblich beiträgt, ohne dabei einem anderen Ziel signifikant zu schaden. Die in der Taxomonie verankerten Umweltziele sind:
  • der Klimaschutz,
  • die Anpassung an den Klimawandel,
  • die nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen,
  • der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft,
  • die Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie
  • der Schutz und die Wiederherstellung von Biodiversität und Ökosystemen.
Erfasst werden sowohl Tätigkeiten, die durch ihre eigene Leistung einen direkten Beitrag leisten (beispielsweise CO 2-arme Strombereitstellung), als auch Tätigkeiten, die den positiven Beitrag einer anderen Tätigkeit ermöglichen (beispielsweise Herstellung einer Windkraftanlage).
Die Erarbeitung der konkreten Nachhaltigkeitskriterien für die sechs genannten Umweltziele obliegt der Sustainable Finance Platform. Die Kriterien werden anschließend von der Kommission mittels delegiertem Rechtsakt festgelegt. Für die beiden erstgenannten Ziele, also Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel, ist die entsprechende delegierte Verordnung bereits verabschiedet. Für die übrigen Ziele soll sie bis Jahresende folgen.

Was kommt auf Unternehmen zu?

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass sich alle Unternehmen zukünftig verstärkt mit dem Thema einer nachhaltigen Berichterstattung auseinandersetzten müssen:
Bereits heute verpflichten Gesetze und Verordnungen einige Unternehmen direkt und unmittelbar zu einer nachhaltigen Berichterstattung. So müssen größere kapitalmarktorientierte Unternehmen, Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute und Versicherungsunternehmen, die unter den Anwendungsbereich der Corporate Social Responsibility (CSR)-Richtlinie fallen, nichtfinanzielle Informationen u. a. zu Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen, der Achtung der Menschenrechte, der Korruptionsbekämpfung und ihres Diversitätskonzeptes offenlegen. Zukünftig sind diese Erklärungen um Angaben darüber zu erweitern, welcher Anteil der Umsatzerlöse, Investitions- und Betriebsausgaben auf nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten im Sinne der Taxonomie entfällt.
Der Kreis der nach CSR-Richtlinie berichtspflichtigen Unternehmen wird ab dem Geschäftsjahr 2025 zudem deutlich ausgeweitet werden und unabhängig von der Kapitalmarktorientierung alle im Sinne des § 267 HGB großen Kapital- und denen über § 264a HGB gleichgestellten Personenhandelsgesellschaften erfassen.
Aber auch kleinere Unternehmen müssen damit rechnen, dass große Unternehmen die neuen Anforderungen in der Berichtspflicht in der Lieferkette weitergeben. Für Unternehmen, die nicht direkt unter den Anwendungsbereich der Taxonomie-Verordnung oder der CSR-Richtlinie fallen, bedeutet dies mittelbar, ebenfalls Auskunft über ihre Tätigkeiten mit Blick auf Nachhaltigkeitskriterien geben zu können.
Darüber hinaus sind Banken in diesem Kontext angehalten, Nachhaltigkeitsrisiken, inklusive Klimarisiken und Risiken aus dem Übergang in eine nachhaltige Wirtschaft, in angemessener Weise zu berücksichtigen. Entsprechend ist davon auszugehen, dass Banken, Kreditinstitute und Versicherungen verstärkt Kundenbeziehungen auf Transformationsrisiken hin überprüfen und entsprechende Berichte von Unternehmen bei der Unternehmensfinanzierung einholen werden.
Nachhaltige Unternehmen könnten daher zukünftig von günstigen Finanzierungsmöglichkeiten und einer Diversifizierung ihrer Finanzierungsquellen profitieren. Betrieben hingegen, die keine hinreichende Aussagen zur Nachhaltigkeit ihrer Tätigkeiten vorlegen oder deren Geschäftszweck die oben benannten Ziele nicht eindeutig befördert, könnte der Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten eher erschwert werden.

Was können Unternehmen tun?

Nachhaltigkeitsberichterstattung verursacht zusätzlichen Aufwand, kostet Zeit und Geld. Aber – in vielen Unternehmen liegen benötigten Daten zumindest teilweise ohnehin vor. In einem ersten Schritt sollten Unternehmen prüfen, auf welche etablierten Berichte und Audits zurückzugriffen werden kann, und diese in einem übergeordneten Nachhaltigkeitsbericht zusammenzuführen. Denn in vielen Fällen bestehen bereits Zertifizierungen und Audits, welche sich den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit (Ökonomie, Ökologie und Soziales) zuordnen lassen. So ist etwa der ganze Bereich des Arbeitsschutzes und der Mitarbeiterförderung der sozialen Dimension von Nachhaltigkeit zuzuordnen. Maßnahmen und Managementinstrumente, wie beispielsweise EMAS (Eco Management and Audit Scheme) im Themenfeld der Energie- und Ressourceneffizienz, sind hingegen Bestandteil der ökologischen Perspektive. Aber auch europäische Vorgaben. wie beispielsweise die Informationspflichten nach REACH Artikel 33, können der ökologischen Dimension zugeordnet werden. Letztlich sind insbesondere auch die wirtschaftlichen Kennzahlen von Interesse für die ökonomische Perspektive, denn nur ein wirtschaftlich gut aufgestelltes Unternehmen kann in die sozialen und ökologischen Dimensionen von Nachhaltigkeit dauerhaft investieren.
Die vorhandenen Informationen können anschließend in einem gebündelten Bericht zusammengeführt werden, welcher zukünftig gegenüber Kunden, Banken und Versicherungsinstituten als Nachhaltigkeitsbericht zur Verfügung gestellt werden kann.
Für manche Unternehmen kann es sinnvoll sein, ihr Engagement darüber hinaus im Rahmen einer CO 2-Bilanz, einem externen Auditing nach ISO 14064 zur Reduktion von Treibhausgasen oder im Rahmen eines anerkannten Kodex wie dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) zu verdeutlichen. Eine kostenfreie Möglichkeit, eine CO 2-Bilanz für das Unternehmen oder einzelne Produkte zu erstellen, bietet das Online-Tool Ecocockpit.
Die Regulierungen eines nachhaltigen Finanzwesens bedeuten eine große Herausforderung, insbesondere für kleinere Unternehmen. Wer sich frühzeitig darauf einstellt, hat die Chance, die sich abzeichnenden Bürokratiekosten zu begrenzen und weiterhin gute Konditionen bei der Unternehmensfinanzierung zu erzielen. Nicht zuletzt kann die öffentlich wahrgenommene Nachhaltigkeit von Unternehmen und Produkten auch wesentlich zur Gewinnung neuer Kunden beitragen.