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Buchführungspflichten für Kaufleute

Nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) unterliegen alle Kaufleute der Buchführungspflicht. Buchführungspflichtige müssen ihren Jahresabschluss innerhalb bestimmter Fristen aufstellen und aufbewahren. Das HGB trifft ergänzende Regelungen für Kapitalgesellschaften und bestimmte Handelsgesellschaften in Abhängigkeit von der Größenklasse. Diese Regelungen betreffen eine erweiterte Aufstellungspflicht, Prüfungspflicht und Publizitätspflicht. Die gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft sind für die Einhaltung der Pflichten verantwortlich; bei Verstößen müssen sie mit Zwangsmaßnahmen rechnen.

Buchführungspflicht

Zur kaufmännischen Buchführung (Bilanzierung) sind verpflichtet:
  • der eingetragene Kaufmann (e.K.)
  • die offene Handelsgesellschaft (oHG)
  • die Kommanditgesellschaft (KG)
  • die Aktiengesellschaft (AG)
  • die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
  • die UG (haftungsbeschränkt)
Gewerbliche Unternehmer, die nicht im Handelsregister eingetragen sind, sind nach dem Steuerrecht (§ 141 Abs. 1 Satz 1 AO) zur Bilanzierung verpflichtet, wenn sie mehr als 800.000 Euro Umsatz oder mehr als 80.000 Euro Gewinn im Jahr erzielen.
Ausnahme: Einzelkaufleute, die an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren nicht mehr als jeweils 800.000 EUR Umsatzerlöse und jeweils 80.000 EUR Jahresüberschuss aufweisen, sind von der handelsrechtlichen Pflicht zur Buchführung und Erstellung eines Inventars befreit (§ 241a Satz 1 HGB).
Die ordnungsgemäße Buchführung umfasst, dass der Unternehmer den Stand seiner Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens wiedergibt. Hierzu gehört neben einer jährlichen Bestandsaufnahme (Inventur), dass der Kaufmann auf den Schluss eines jeden Geschäftsjahres einen das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden darstellenden Abschluss (Bilanz) und eine Gegenüberstellung seiner Aufwendungen und Erträge (Gewinn- und Verlustrechnung) aufstellt. Die Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung bilden den Jahresabschluss (§ 242 HGB). Der Jahresabschluss ist nach den Grundsätzen der Buchführung innerhalb der einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entsprechender Zeit aufzustellen (§ 243 HGB). Er muss in deutscher Sprache abgefasst werden (§ 244 HGB). Der Kaufmann muss den Jahresabschluss zehn Jahre aufbewahren (§ 257 HGB).
Hinweis: Unternehmer, die nicht zur kaufmännischen Buchführung verpflichtet sind, weil sie nicht im Handelsregister eingetragen sind oder die steuerlichen Buchführungsgrenzen (s.o.) nicht überschreiten, können ihren Gewinn mit einer einfachen Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln.

Buchführungspflichten für Kapitalgesellschaften und bestimmte Handelsgesellschaften

Für Kapitalgesellschaften, wie AG, GmbH und UG (haftungsbeschränkt), gelten ergänzende Buchführungspflichten in Abhängigkeit von der Größe der Gesellschaft. Das HGB unterscheidet vier Größenklassen: Kleinstkapitalgesellschaft, kleine Kapitalgesellschaft, mittelgroße Kapitalgesellschaft und große Kapitalgesellschaft. Mit der Einordnung in eine dieser Größenklassen gehen unterschiedliche handelsrechtliche Konsequenzen für die Unternehmen einher, wie z.B. hinsichtlich des Umfangs der Jahresabschlussunterlagen und der Offenlegungs- und Prüfungspflichten.
Die Buchführungspflichten, die an die jeweilige Größenklasse anknüpfen, treten nur ein, wenn die Schwellenwerte an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren über- oder unterschritten werden. Im Falle der Umwandlung oder Neugründung treten die Rechtsfolgen schon ein, wenn die Voraussetzungen am ersten Abschlussstichtag nach der Umwandlung oder Neugründung vorliegen.
Es gelten die folgenden Schwellenwerte zur Einordnung der Größenklasse:
Kleinstkapitalgesellschaften sind kleine Kapitalgesellschaften, die mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale nicht überschreiten (§ 267a HGB):
  • 450 000 Euro Bilanzsumme
  • 900 000 Euro Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag
  • 10 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt
Kleine Kapitalgesellschaften sind solche, die mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale nicht überschreiten (§ 267 Abs.1 HGB):
  • 7. 500. 000 Euro Bilanzsumme
  • 15. 000. 000 Euro Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag
  • 50 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt
Mittelgroße Kapitalgesellschaft sind solche, die zwei der drei nachstehenden Merkmale nicht überschreiten (§ 267 Abs. 2 HGB):
  • 25. 000. 000 Euro Bilanzsumme
  • 50. 000. 000 Euro Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag
  • 250 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt
Ansonsten handelt es sich um eine Große Kapitalgesellschaft (§ 267 Abs. 3 HGB).
Bei den oben genannten Schwellenwerten handelt es sich um die 2024 vom Gesetzgeber um 25 % angehobenen Schwellenwerte. Die neuen Schwellenwerte sind für nach dem 31.12.2023 endende Geschäftsjahre zwingend anzuwenden. Für nach dem 31.12.2022 endende Geschäftsjahre können die neuen Schwellenwerte rückwirkend freiwillig angewendet werden.
Die Vorschriften für Kapitalgesellschaften finden auf bestimmte Handelsgesellschaften, insbesondere GmbH & Co. KG, entsprechend Anwendung. Die erweiterten Pflichten gelten nicht für solche Handelsgesellschaften, bei denen mindestens ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person oder eine andere Handelsgesellschaft mit einer natürlichen Person als persönlich haftendem Gesellschafter ist bzw. sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.
Änderung der Umsatzerlösdefinition
Durch das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) wurde des Weiteren eine Änderung der Umsatzerlösdefinition vorgenommen, die für Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2015 beginnen, gilt. Bisher galten als Umsatzerlöse die Erlöse aus dem Verkauf und der Vermietung oder Verpachtung von für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit der Kapitalgesellschaft typischen Erzeugnissen und Waren sowie aus von für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit der Kapitalgesellschaft typischen Dienstleistungen nach Abzug von Erlösschmälerungen und der Umsatzsteuer. Nach der neuen Definition sind Umsatzerlöse die Erlöse aus dem Verkauf und der Vermietung oder Verpachtung von Produkten sowie aus der Erbringung von Dienstleistungen der Kapitalgesellschaft nach Abzug von Erlösschmälerungen und der Umsatzsteuer sowie sonstiger direkt mit dem Umsatz verbundener Steuern (§ 277 Abs. 1 HGB). Mit der Streichung der Beschränkung auf Erlöse, die für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit typisch sind, werden die Umsatzerlöse inhaltlich erheblich ausgeweitet. Künftig sind auch der Verkauf von Produkten oder die Erbringung von Dienstleistungen außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit Umsatzerlöse und keine sonstigen betrieblichen Erträge. Der Anstieg der Umsatzerlöse kann dazu führen, dass die bisherigen Schwellenwerte überschritten werden und das Unternehmen einer höheren Größenklasse zuzuordnen ist.

Aufstellungspflicht

Kapitalgesellschaften haben den Jahresabschluss um einen Anhang zu erweitern und einen Lagebericht aufzustellen (§ 264 HGB). Der Anhang erläutert den Jahresabschluss, z. B. gibt er Auskunft über die angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden oder den Anteil der kurzfristigen Verbindlichkeiten an den Gesamtverbindlichkeiten (§ 284 f. HGB). Der Lagebericht stellt den Geschäftsverlauf und die Lage der Gesellschaft dar (§ 289 HGB). Diese Unterlagen müssen die gesetzlichen Vertreter der Kapitalgesellschaft aufstellen. Die Aufstellungsfrist beträgt drei Monate nach Abschluss des Geschäftsjahres. In dem Jahresabschluss sind die Firma, der Sitz, das Registergericht und die Nummer, unter der die Gesellschaft im Handelsregister eingetragen ist, anzugeben. Befindet sich die Gesellschaft in Liquidation, ist auch diese Tatsache anzugeben.
Ausnahme: Kleinstkapitalgesellschaften und Kleine Kapitalgesellschaften brauchen den Lagebericht nicht aufzustellen. Sie dürfen den Jahresabschluss auch später aufstellen, wenn dies einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entspricht, jedoch innerhalb der ersten sechs Monate nach Abschluss des Geschäftsjahres. Kleinstkapitalgesellschaften brauchen den Jahresabschluss nicht um einen Anhang zu erweitern, wenn sie bestimmte Angaben unter der Bilanz angeben (§ 264 Abs. 1 Satz 5 HGB).

Prüfungspflicht

Jahresabschluss und Lagebericht sind von einem Abschlussprüfer zu prüfen (§ 316 f. HGB).
Ausnahme: Die Prüfungspflicht besteht nicht für Kleine und Kleinstkapitalgesellschaften.
Zuständig für die Abschlussprüfungen großer Kapitalgesellschaften sind Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, für die Jahresabschlüsse und Lageberichte mittelgroßer Gesellschaften vereidigte Buchprüfer und Buchprüfungsgesellschaften.
Der Abschlussprüfer erstattet über die Prüfung einen unparteiischen schriftlichen Prüfungsbericht (§ 321 HGB) und versieht den Jahresabschluss mit einem Bestätigungsvermerk über das Ergebnis der Prüfung (§ 322 HGB). Mit seinem Bestätigungsvermerk gibt der Abschlussprüfer gegenüber der Gesellschaft und den Gesellschaftern sowie mit Wirkung nach außen sein Gesamturteil über Buchführung und Jahresabschluss der Gesellschaft ab. Er bescheinigt die Übereinstimmung der Rechnungslegung mit den gesetzlichen Vorschriften.
Die Prüfer haben ein weitgehendes Recht auf Auskunft und Einsichtnahme in Bücher, Kasse, Bestände an Wertpapieren und Waren. Sie sind zur unbedingten Verschwiegenheit verpflichtet.
Den Abschlussprüfer wählen die Gesellschafter vor Ablauf des Geschäftsjahres, auf das sich seine Prüfungstätigkeit bezieht (§ 318 HGB). Abschlussprüfer kann nicht sein, wer daran mitgewirkt hat, den Jahresabschluss zu erstellen. Sofern die Gesellschafter einen Abschlussprüfer nicht rechtzeitig gewählt haben, erfolgt die Bestellung auf Antrag durch das zuständige Gericht.

Publizitätspflicht

Die gesetzlichen Vertreter der Kapitalgesellschaft haben den festgestellten oder gebilligten Jahresabschluss, den Lagebericht und den Bestätigungsvermerk spätestens ein Jahr nach dem Abschlussstichtag des Geschäftsjahrs, auf das sie sich beziehen, elektronisch auf der Publikationsplattform der Bundesanzeiger Verlag GmbH (www.publikations-plattform.de) einzureichen. Der Betreiber des Bundesanzeigers stellt fest, ob die Kapitalgesellschaft die gesetzlichen Vorschriften für die Aufstellung, Prüfung und Publizierung beachtet hat (§ 329 HGB).
Ausnahme: Kleine Kapitalgesellschaften brauchen lediglich den Jahresabschluss und den Anhang beim Betreiber des Bundesanzeigers einzureichen; der Anhang muss keine Angaben über die Gewinn- und Verlustrechnung enthalten (§ 326 Abs. 1 HGB). Kleinstkapitalgesellschaften können wählen, ob sie ihre Jahresabschlüsse beim Bundesanzeiger einreichen und bekannt machen lassen oder einen Hinterlegungsauftrag erteilen (§ 326 Abs. 2 HGB). Dem Bundesanzeiger muss dabei mitgeteilt werden, dass die Größenmerkmale für die Kleinstkapitalgesellschaft eingehalten werden. Der Bundesanzeiger hat einen Bilanznavigator eingerichtet. Dieser soll den Unternehmen helfen zu prüfen, ob sie die Hinterlegungsoption wählen können.

Zwangsmaßnahmen

Wer gegen die Publizitätspflichten verstößt, handelt ordnungswidrig. Das Bundesamt für Justiz kann Ordnungsgelder von bis zu 25.000 Euro verhängen. Das Handelsregister ist darüber hinaus befugt, Ordnungs- und Zwangsgelder festzusetzen, um zur Erfüllung der o.g. Pflichten anzuhalten.

Übersicht Pflichten nach Größenklassen

Einzelkaufleute ≤ 800.000 EUR
Umsatzerlöse und ≤ 80.000 EUR
Jahresüberschuss (jeweils an den Abschlussstichtagen zweier aufeinanderfolgender Geschäftsjahre)
Befreiung von der handelsrechtlichen Buchführungspflicht, Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung
Kleinstkapitalgesellschaft
Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang bzw. Angaben unter der Bilanz, Veröffentlichung oder Hinterlegung
Kleine Kapitalgesellschaft
Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang, Veröffentlichung
Mittelgroße Kapitalgesellschaft
Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang, Lagebericht, Abschlussprüfung, Veröffentlichung
Große Kapitalgesellschaft
Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang, Lagebericht, Abschlussprüfung, Veröffentlichung
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