Recht und Steuern
In diesen Fällen sind die jeweiligen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach wie vor dazu verpflichtet, das Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer feststellen und sich eine ärztliche Bescheinigung aushändigen zu lassen. Allerdings entfällt die Pflicht zur Vorlage der physischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Stattdessen sind die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte dazu verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeitsdaten unmittelbar an die jeweiligen Krankenkassen zu übermitteln. Die Krankenkassen werden sodann nach Eingang der Arbeitsunfähigkeitsdaten eine Meldung für die jeweiligen Arbeitgeberinnen oder Arbeitgeber erstellen, welche insbesondere die folgenden Daten enthält:
Die neue elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)
Seit dem 1. Januar 2023 ersetzt die neue elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) teilweise die physische Vorlagepflicht. Während nach der alten Rechtslage Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber lediglich eine passive Pflicht zur Entgegennahme einer physischen Ausfertigung des Nachweises über die Arbeitsunfähigkeit traf, sind diese mit der Ergänzung des § 5 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EntgFG) um den Absatz 1a und der gleichzeitigen Neufassung des § 109 des Vierten Sozialgesetzbuches (SGB IV) im neuen Jahr nun dazu verpflichtet, die für sie relevanten Arbeitsunfähigkeitsdaten bei der jeweiligen Krankenkasse selbst abzurufen.
In welchen Fällen gilt die Regelung?
Die neuen Regelungen zur Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsdaten vom Arzt über die Krankenkasse an die Arbeitgeberinnen und Arbeitnehmer gelten jedoch nur dann, wenn
- die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer gesetzlich krankenversichert ist (§ 5 Abs. 1a S. 1 EFZG n.F.)
- die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer keine geringfügige Beschäftigung in einem Privathaushalt ausübt (§ 5 Abs. 1a S. 3 Nr. 1 EFZG n.F.) und die oder der die Arbeitsunfähigkeit feststellende Ärztin oder feststellender Arzt an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt (§ 5 Abs. 1a S. 3 Nr. 2 EFZG n.F.)
In diesen Fällen sind die jeweiligen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach wie vor dazu verpflichtet, das Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer feststellen und sich eine ärztliche Bescheinigung aushändigen zu lassen. Allerdings entfällt die Pflicht zur Vorlage der physischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Stattdessen sind die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte dazu verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeitsdaten unmittelbar an die jeweiligen Krankenkassen zu übermitteln. Die Krankenkassen werden sodann nach Eingang der Arbeitsunfähigkeitsdaten eine Meldung für die jeweiligen Arbeitgeberinnen oder Arbeitgeber erstellen, welche insbesondere die folgenden Daten enthält:
- den Namen der Beschäftigten oder des Beschäftigten,
- den Beginn und das Ende der Arbeitsunfähigkeit,
- das Datum der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit,
- die Kennzeichnung als Erst- oder Folgemeldung und
- die Angabe, ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Arbeitsunfähigkeit auf einem Arbeitsunfall oder sonstigen Unfall oder auf den Folgen eines Arbeitsunfalls oder sonstigen Unfall beruht.
Was ist zu beachten?
Folgendes müssen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ab dem 1. Januar 2023 daher beachten:
- Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen die technischen Voraussetzungen zum Abruf der jeweiligen Arbeitsunfähigkeitsdaten schaffen. Da die Übermittlung dieser Daten nur durch gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung erfolgen kann, werden hierfür ein systemgeprüftes Entgeltabrechnungsprogramm, eine elektronische gestützte systemgeprüfte Ausfüllhilfe oder ein systemüberprüftes Zeiterfassungssystem benötigt.
- Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sollten die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über die Umstellung des Verfahrens zur Meldung von Arbeitsunfähigkeiten und die neuen Regelungen informieren. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hat hierfür ein Musteranschreiben erstellt.
- Arbeitsverträge, die vor dem 1. Januar 2023 geschlossen wurden und Bezug auf die bisherige Rechtslage nehmen, müssen nicht zwingend angepasst werden. Gemäß § 12 EntgFG darf nicht zuungunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von den Vorschriften des EntgFG abgewichen werden, sodass anstelle abweichender Vereinbarung die neuen Regelungen treten. Für Arbeitsverträge, die ab dem 1. Januar 2023 geschlossen werden, sollte jedoch berücksichtigt werden, dass die Umstellung des Verfahrens zur Meldung von Arbeitsunfähigkeiten nur gesetzlich versicherte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betrifft und dass die Vorlagepflicht nur entfällt, wenn die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch eine Ärztin oder einen Arzt erfolgt, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Die Arbeitsverträge sollten zudem um eine Klausel erweitert werden, nach der die Mitteilungs- und Feststellungspflicht auch dann besteht, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als in der elektronischen Bescheinigung angegeben besteht.
Wie ist im Falle einer (technischen) Störung zu verfahren?
Da es – vor allem in der Anfangszeit – vorkommen kann, dass eine Übermittlung fehlschlägt, sei es von der Ärztin oder dem Arzt zur Krankenkasse oder von der Krankenkasse zu den jeweiligen Arbeitgeberinnen oder Arbeitgebern, erhalten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine physische Ausfertigung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.
- Sofern eine elektronische Übermittlung durch die feststellende Ärztin oder den feststellenden Arzt fehlschlägt, so muss der Arzt eine Ersatzbescheinigung per Post an die Krankenkasse senden.
- Sofern der Krankenkasse zum Zeitpunkt des Abrufs der Arbeitsunfähigkeitsdaten durch die jeweiligen Arbeitgeberinnen oder Arbeitgeber keine Daten vorliegen, so erfolgt eine ablehnende Mitteilung. Innerhalb von 14 Tagen ist die Krankenkassen verpflichtet zu prüfen, ob die Daten noch eingehen. Sofern dies eintritt, werden den jeweiligen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ohne erneute Anfrage die Arbeitsunfähigkeitsdaten zum Abruf zur Verfügung gestellt.
- Trotz der Neueinführung des Absatzes 1a wird § 7 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 EntgFG nicht angepasst, wonach Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber nur dann zur Weigerung der Fortzahlung des Arbeitsentgelts berechtigt sind, solange der Arbeitnehmer die von ihm nach § 5 Abs. 1 EntgFG vorzulegende ärztliche Bescheinigung nicht vorlegt. Die von der Umstellung des Verfahrens zur Meldung von Arbeitsunfähigkeiten betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unterliegen aber gerade nicht mehr dieser Nachweis- bzw. Vorlagepflicht, sodass Rechtsunsicherheit dahingehend besteht, ob Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in den Fällen, in denen der Abruf der Arbeitsunfähigkeitsdaten nicht oder noch nicht möglich ist, die Entgeltzahlung verweigern können.
Weitere Informationen
Weitere Informationen zu den Grundsätzen für die Meldung der Arbeitsunfähigkeitszeiten und zur Verfahrensbeschreibung hierzu finden Sie auf der Website des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband). Auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) stellt diesbezüglich umfangreiche Informationen und FAQs zur Verfügung.