Außenwirtschaft

Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM)

Der Carbon Border Adjustment Mechanism ist ein neues Instrument der EU-Klimaschutzpolitik und wird weitreichende Auswirkungen auf große Teile der deutschen Industrie und Europas haben. Für die Einfuhr in die EU müssen CO2-intensive vor- und nachgelagerte Produkte, unabhängig davon, ob sie in Reinform oder verarbeitet daliegen, ab dem 1. Oktober 2023 gesondert quartalsweise gemeldet werden. Dabei berichtspflichtig sind entweder der Zollanmelder oder dessen indirekter Vertreter. Die Unternehmen müssen sich erstmals bei der zuständigen Behörde ab Ende Januar 2024 melden. Nach Ablauf einer Übergangsphase wird diese Meldepflicht durch eine Einfuhrsteuer in Form eines Emissionshandels ergänzt.

1. Hintergrund

Die Einführung eines CO2-Grenzausgleichssystems, der CBAM, ist ein wichtiger Teil des Fit for 55-Pakets der Europäischen Kommission. Im Sinne des Pariser Übereinkommens soll dieses System die CO2-Emissionen bis 2023 um 55% im Vergleich zu denen im Jahr 1990 senken. 
Seit 2005 gibt es bereits einen innereuropäischen Emissionshandel, kurz EU-ETS, der eines der zentralen Klimaschutzinstrumente darstellt. Hierbei besteht jedoch das Risiko eines sogenannten “Carbon Leakage”. Das bedeutet, dass Unternehmen bestimmter Sektoren oder Teilsektoren ihre Produktion aus klimapolitisch bedingten Kostengründen in Länder außerhalb der europäischen Grenzen verlagern. 
Um diesem Umstand entgegenzuwirken, wurde der CBAM entwickelt: Durch den Erwerb von CBAM-Zertifikaten wird ausgeglichen, dass Unternehmen, die emissionsstarke Waren in die EU importieren in den Produktionsländern keine oder weniger klimapolitischen Abgaben die Preise für EU-Kohlenstoffzertifikate zahlen müssen. 
Darüber hinaus soll dieser Mechanismus einen fairen Wettbewerb sicherstellen und eine etwaige Benachteiligung durch klimaschutzbedingte Mehrkosten einer Produktion in Europa im Gegensatz zu außereuropäischer Konkurrenz vermieden werden. Es sollen Anreize dafür entstehen, dass Unternehmen, wenn sie auf den EU-Markt zugreifen wollen, die Reduktion von Emissionen in ihrer Produktion zu intensivieren. 

2. Anwendungsbereich

Der CBAM betrifft den Import von Waren aus dem Anhang I der Verordnung (EU) 2023/956 ab Seite 90. Entscheidend sind hierbei die Warennummer/Zolltarifnummer/Kombinierte Nomenklausur. Betroffen sind folgende Waren(nummern): 
  • Eisen und Stahl (Kapitel 72)
    • Ausnahme sind einzelne Waren der Position 7202: 7202 X, 7202 30, 7202 50, 7202 70 – 7202 9980
  • Waren aus Eisen und Stahl (Kapitel 73)
    • Erfasst sind die Positionen 7301-7311, 7318, 7326
    • Ausgenommen sind: 7312 – 7317, 7319 – 7325
  • Aluminium und Waren (Kapitel 76)
    • Erfasst sind die Positionen 7601, 7603 – 7614, 7616
    • Ausgenommen sind: 7602, 7615
  • Eisenerz
    • 2602 1200
  • Wasserstoff
    • 2804 1000
  • Elektrizität
    • 2716
  • Zement
    • 2507 0080, 2523
  • Ammoniak
    • 2814
  • Kaliumnitrat
    • 2834 2100
  • Düngemittel
    • 3102, 3105
Die Kapitel 72, 73 und 76 enthalten ferner Schrauben und ähnliche Waren aus Eisen, Stahl oder Aluminium. Erfasst sind die betroffenen Waren mit ihrer Position oder der kombinierten Nomenklatur (KN). Ob eine Ware dem CBAM unterliegt, hängt davon ab, ob die verwendete Warennummer/Zolltarifnummer in Anhang I der CBAM-Verordnung genannt wird. Wenn sie dort nicht genannt ist, dann ist sie davon nicht abgedeckt, unabhängig davon, ob darin Eisen, Stahl oder Aluminium enthalten ist. Es ist dennoch wahrscheinlich, dass die Liste der betroffenen Waren bis 2026 erweitert wird. 
Grundsätzlich betrifft der CBAM nur die Anmeldung von Waren mit Ursprung in einem Drittland zur Überlassung zum zollrechtlichen freien Verkehr. Damit Umgehungsmöglichkeiten eingeschränkt werden, gilt das CO2-Grenzausgleichssystem auch für Waren oder Verarbeitungserzeugnisse im Rahmen der aktiven Veredelung. Von diesem sachlichen Anwendungsbereich sind folgende Dinge ausgenommen: 
  • Kleinsendungen, bedeutet Waren, die zwar von Anhang I erfasst sind, aber deren Gesamtwert je Sendung 150,00 € nicht übersteigt
  • Waren, die für den persönlichen Gebrauch bestimmt sind
  • Waren, die aus Ländern und Hoheitsgebieten kommen, die in Anhang III genannt sind (Weitere Ausnahmen gibt es im Moment nicht.):
    • Schweiz
    • Liechtenstein
    • Norwegen
    • Island
Daher genießen auch Unternehmen mit wenig Importen keine Ausnahmeregelungen. Der aktuellen Fassung zur Folge müssen alle ihre  Importe melden, u.a. auch Privatpersonen. 
Zu beachten: Künftig muss der Ursprung der importierten Waren immer bekannt sein. Bestimmt wird dieser nach den nichtpräferenziellen Ursprungsregeln des Zollkodex der Union. 

3. Welche Pflichten kommen auf mich als Unternehmen zu? 

Die Übergangsphase (2023 – 2025)

Der CBAM wird schrittweise ab dem 01. Oktober 2023 mit einer Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2025 (insb. Art. 32 und 35 (1) und (2) eingeführt. Die Pflichten für Importeure innerhalb sind hier auf folgende festgelegt:
  • Berechnung und Dokumentation der direkten und indirekten Emissionen, welche im Produktionsprozess der importierten Güter entstanden sind
  • Registrierung im CBAM-Meldeportal
  • Pflicht zu quartalsweiser Vorlage eines “CBAM-Berichts” spätestens einen Monat nach Quartalsende mit folgenden Angaben: 
    • Die Gesamtmenge jeder Warenart, ausgedrückt in Megawattstunden bei Elektrizität und in Tonnen bei anderen Waren, angegeben für jede Anlage, die Waren im Ursprungsland herstellt
    • Die tatsächlichen eingebetteten Gesamtemissionen, ausgedrückt in Tonnen CO2e-Emissionen pro Megawattstunde Elektrizität oder für andere Waren in Tonnen CO2e-Emissionen pro Tonne jeder Warenart, berechnet nach der in Anhang IV beschriebenen Methode
      (Alternative: Verwendung von Standardwerten, bereitgestellt von der EU-Kommission)
    • Die gesamten indirekten Emissionen
      (Alternative: Verwendung von Standardwerten)
    • Den CO2-Preis, der in einem Ursprungsland für die in den eingeführten Gütern enthaltenen Emissionen zu zahlen ist, unter Berücksichtigung einschlägiger Rabatte oder sonstiger Formen des Ausgleichs
    • Der CBAM-Bericht kann bis zu zwei Monate nach Abgabe korrigiert werden, die ersten beiden Berichte für das 4. Quartal 2023 und das 1. Quartal 2024 sogar mit einer verlängerten Frist bis September 2024. Sofern die Kommission die eingereichten Berichte als fehlerhaft oder unvollständig einstuft, wird über die national zuständige Behörde eine Berichtigungsverfahren eingeleitet
      (Strafen in Höhe von 10,00 – 50,00 € je Tonne nicht/falsch gemeldeter CO2e möglich)
  • Berichtspflichtig ist der Zollanmelder oder falls der Zollanmelder nicht in der EU ansässig ist, dessen Vertreter
Für den Import von Veredelungserzeugnissen aus dem Verfahren der passiven Veredelung (Artikel 259 UZK) sowie Rückwaren im Sinne Artikel 203 UZK gelten diese Meldepflichten nicht. 
Während der Übergangszeit müssen noch keine Ausgleichszahlungen getätigt werden.
Die Berichtsstruktur, ein Beispiel und das Handbuch sind auf der Seite der EU-Kommission enthalten. Daten können im Portal nach der Freischaltung durch die zuständige nationale Behörde Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) ab 1. Januar 2024 eingegeben werden. 

Die Implementierungsphase (ab 2026)

Nach Ablauf der Übergangsphase ab dem Jahr 2026 kommen weitergehende Verpflichtungen für die Einfuhr entsprechender Waren hinzu:
  • Die Beantragung einer CBAM-Anmeldeberechtigung als “zugelassener Anmelder” am Ort der Niederlassung. Die betroffenen Waren dürfen dann nur noch von “zugelassenen Anmeldern” in das Zollgebiet der Union eingeführt werden. Die Anmeldeberechtigung soll ab 2025 beantragt werden können. 
  • Berechnungen der eingebetteten direkten und indirekten Emissionen der Einfuhrware in die EU
  • Kauf der entsprechenden Anzahl an CBAM-Zertifikaten bei der zuständigen CBAM- Behörde, die zur Deckung der eingebetteten direkten und voraussichtlichen auch indirekten Emissionen erforderlich sind
  • Abgabe einer jährlichen CBAM-Erklärung bis zum 31.05. jedes Kalenderjahres für die mit dem vorausgehenden Kalenderjahr importierten Gütern verbundenen Emissionen
  • Überprüfung der Angaben der CBAM-Erklärung durch eine akkreditierte Prüfstelle (aktuell ist unklar, wer dafür zuständig ist)
Genaue Anforderungen und Prozesse im Rahmen der Meldepflichten stehen noch nicht final fest und können sich im Prozess der EU-Gesetzgebung noch ändern
Vor Ablauf der Übergangszeit wird die EU-Kommission prüfen, ob der Anwendungsbereich auf andere Waren ausgebreitet wird, z.B. organische Chemikalien und polymere. Bis 2030 soll der CBAM dann auf alle Güter ausgeweitet werden, die auch vom EU-Emissionshandel betroffen sind. Künftig wird ebenfalls die Methode zur Erhebung der indirekten Emissionen überprüft, wie auch die Möglichkeit nachgelagerte Produkte mit einzubeziehen. 
Bis Ende des Jahres 2027 soll eine vollständige Überprüfung des CBAM stattgefunden haben. Unter anderem soll hier berücksichtig werden, welche Fortschritte bei internationalen Verhandlungen zum Klimawandeln und Auswirkungen auf die Einfuhren aus Entwicklungsländern, insbesondere aus den am wenigsten entwickelten Ländern (LCDs). durch den Mechanismus möglich sind. 

4. Wie kann ich mich als Unternehmen vorbereiten? 

Wenn Sie Waren aus dem Anhang I der EU-Verordnung importieren, es sich nicht um Rückwaren handelt und der Ursprung dieser nicht in den Schweiz, Norwegen, Island oder Liechtenstein liegt, dann beachten Sie bitte folgendes:
  • Die Festlegung der innerbetrieblichen Zuständigkeit für die Prüfung und Einhaltung der Meldepflichten. Je nach Bedeutung/Menge dieser Importe hat das Thema eine sehr unterschiedliche Priorität für die einzelnen Unternehmen. 
  • Für den Übergangszeitraum: Eine Zusammenstellung der Importe nach Ursprungsland, ggf. Produktionsstätte. Außerdem die technischen Rahmen der Meldung und maßgebliche Standardwerte zusammenstellen. 
  • Eine Abstimmung mit Lieferanten hinsichtlich der Kalkulation der CO2-Emissionen. Große ausländische Hersteller beschäftigen sich bereits mit dem Thema. Erforderliche Daten vom Lieferanten sind in Anhang IV der Durchführungsverordnung zusammengestellt. Vieles ist aber noch unklar und dürfte dauern. Falls keine Werte vorliegen oder der Lieferant diese nicht mitteilt oder mitteilen kann, können zumindest kurzfristig Standardwerte verwendet werden, die im Meldeportal hinterlegt werden sollen. Bis Ende 2024 sind unterschiedliche Berechnungsmethoden des ausländischen Herstellers zulässig.
  • Die EU hat eine Excel-Vorlage zur Abfrage innerhalb der Lieferkette bereitgestellt. Hier geht es um die ab 2025 vorgeschriebene Berechnungsmethode. Falls keine Werte vorliegen oder der Lieferant diese nicht mitteilt oder mitteilen kann, können zumindest kurzfristig Standardwerte verwendet werden, die im Meldeportal hinterlegt werden sollen. Bis Ende 2024 sind unterschiedliche Berechnungsmethoden des ausländischen Herstellers zulässig. 
  • Wann lohnt sich eine eigene Berechnung oder exakte Ermittlung gemäß Anhang IV der Verordnung, wann ist die Verwendung (höherer) Standardwerte sinnvoller? Diese Frage stellt sich ab 2026, sobald Zahlungen in einem neuen Rechtsrahmen anfallen werden.
  • Sorgen Sie dafür, dass Sie den nichtpräferenziellen Ursprung dieser Waren kennen. Ein unbekannter Ursprung funktioniert nicht mehr.