IHK Berlin

Die „Blaue Karte EU“

Die Blaue Karte EU soll ausländischen Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen sowie ausländischen Fachkräften mit vergleichbarem Qualifikationsniveau einen schnelleren und einfacheren Arbeitsmarktzugang in Deutschland gewähren. Welche Personengruppen die Blaue Karte beantragen können und welche Voraussetzungen sie erfüllen müssen, wird in diesem Artikel näher erläutert.

Was ist die „Blaue Karte EU“?

Die Blaue Karte EU (§ 18g Aufenthaltsgesetz – AufenthG) ist ein befristeter Aufenthaltstitel für Beschäftigung, der auf Grundlage der europäischen Hochqualifizierten-Richtlinie (2009/50/EG) im August 2012 in Deutschland eingeführt wurde. Aufgrund der Richtlinie (EU) 2021/1883 hat der deutsche Gesetzgeber die Voraussetzungen für den Erhalt einer Blauen Karte EU neugestaltet und erweitert. Die neuen Regelungen sind ab dem 18. November 2023 in Kraft getreten.

Welche Voraussetzungen müssen für die „Blaue Karte EU“ erfüllt sein?

Die Blaue Karte kann von Bewerberinnen und Bewerbern mit einer bestimmten Qualifikation, die in dem angestrebten Arbeitsverhältnis eine festgelegte Gehaltsgrenze überschreiten, beantragt werden.

Antragsberechtigte Personen

Die nachfolgenden Personen können einen Antrag auf Erhalt einer Blauen Karte EU stellen:
  • Personen mit einem deutschen Hochschulabschluss oder
  • Personen mit einem ausländischen Hochschulabschluss, der dem deutschen Hochschulabschluss vergleichbar ist oder
  • akademische Berufseinsteiger, die ihren Hochschulabschluss nicht mehr als drei Jahre vor Antragsstellung erworben haben oder
  • Fachkräfte, die ein tertiäres Bildungsprogramm abgeschlossen haben, das mit einem Hochschulabschluss gleichwertig ist, mindestens drei Jahre Ausbildungsdauer erfordert und in Deutschland mindestens der Stufe 6 der Internationalen Standardklassifikation im Bildungswesen (ISCED 2011) oder Stufe 6 des Europäischen Qualifikationsrahmens zugeordnet ist oder
  • IT-Spezialistinnen und IT-Spezialisten ohne Hochschulabschluss, die in den letzten sieben Jahren, mindestens eine vergleichbare dreijährige Berufserfahrung erworben haben
Inwieweit ein ausländischer Hochschulabschluss in Deutschland anerkannt wird, kann in der Online-Datenbank der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) abgefragt werden.

Gehaltshöhe

Die Antragsteller müssen in Regelberufen zusätzlich zu ihrer Qualifikation ein jährliches Bruttogehalt in Höhe von mindestens 50 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (45.300 EUR / 3.775 EUR monatlich) verdienen.
In bestimmten Mangelberufen (Engpassberufe) reicht auch eine Gehaltsgrenze von mindestens 45,3 Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung aus. Somit genügt ein Jahresbruttoeinkommen in Höhe von 41.041,80 EUR / 3.420,15 EUR monatlich. Solche Berufe sind unter anderem:
  • Naturwissenschaftler
  • Architekten
  • Raum-, Stadt- und Verkehrsplaner
  • Ingenieure und Ingenieurswissenschaftler
  • akademische Fachkräfte in der Informations- und Kommunikationstechnologie
  • Führungskräfte in der Produktion bei der Herstellung von Waren, im Bergbau und im Bau sowie in der Logistik
  • Akademische und vergleichbare Krankenpflege- und Geburtshilfefachkräfte
  • Lehr- und Erziehungskräfte im schulischen und außerschulischen Bereich
Die vollständige Liste der Mangelberufe im Sinne dieser Reglung ist hier einsehbar.
Die herabgesenkte Mindestgehaltsgrenze von 41.041,80 EUR / 3.420,15 EUR monatlich gilt auch für auch für akademische Berufseinsteiger sowie IT-Spezialistinnen und -Spezialisten ohne Hochschulabschluss.

Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit

Zur Erteilung der Blauen Karte EU bedarf es keiner Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit (§ 39 AufenthG), wenn das Jahresbruttoeinkommen bei mindestens 45.300 EUR / 3.775 EUR monatlich liegt. In diesem Fall wird keine Arbeitsmarktprüfung und Überprüfung der Arbeitsbedingungen durch die Arbeitsagentur vorgenommen.
Die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit (nur bezogen auf die Überprüfung der Arbeitsbedingungen) muss hingegen bei folgenden Konstellationen vorliegen:
  • die Antragsteller haben einen ausländischen oder deutschen Hochschulabschluss UND es wird eine Beschäftigung in einem Mangelberuf angestrebt UND das Bruttogehalt liegt unter 45.300 EUR (brutto)/ 3.775 EUR monatlich
  • das Zustimmungserfordernis besteht auch für die Personengruppe der akademischen Berufseinsteiger, wenn sie weniger als 45.300 EUR / 3.775 EUR monatlich verdienen und IT-Spezialistinnen und -Spezialisten ohne Hochschulabschluss

Berufsausübungserlaubnis

Ist für die angestrebte Tätigkeit in Deutschland eine Erlaubnis vorgeschrieben (z.B. Humanmedizin, Ingenieurswesen), muss das Vorliegen dieser Erlaubnis bzw. deren Zusage vor Erteilung der Blauen Karte EU von den Antragstellern nachgewiesen werden.

Wo wird die „Blaue Karte EU“ beantragt?

Für die Zuständigkeit der Antragstellung gelten die allgemeinen Regeln des Zuwanderungsrechts. Das bedeutet, dass die Blaue Karte EU grundsätzlich bei der deutschen Auslandsvertretung am gewöhnlichen Aufenthaltsort beantragt werden muss. In der Regel ist das der Herkunftsstaat. Die Fachkraft reist anschließend mit einem entsprechenden Visum, welches bereits die Arbeitsaufnahme gestattet, nach Deutschland ein. Vor dem Ablauf des Visums muss sodann die Erteilung einer Blauen Karte bei der örtlich zuständigen Ausländerbehörde in Deutschland beantragt werden.
Ausnahmen: Bestimmte Personengruppen können den Antrag auch direkt bei der örtlich zuständigen Ausländerbehörde in Deutschland stellen. Das gilt insbesondere für folgende Antragsteller:
  • Inhaber eines nationalen Visums oder einer Aufenthaltserlaubnis, die zu einem langfristigen Aufenthalt berechtigt; darunter fallen die Fälle des sog. Aufenthaltszweckwechsels (z.B. nach erfolgreichem Hochschulabschluss, Wechsel von der Aufenthaltserlaubnis für Studium in die Beschäftigung mit einer Blauen Karte EU)
  • Staatsangehörige der sog. bevorrechtigten Staaten: Australien, Israel, Japan, Kanada, der Republik Korea, Neuseeland, USA, Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland
  • Drittstaatsangehörige, die seit mindestens zwölf Monaten eine Blaue Karte EU besitzen, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellt wurde, und für die Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung eine Blaue Karte EU beantragt wird
  • Drittstaatsangehörige, die seit mindestens sechs Monaten eine Blaue Karte EU besitzen, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellt wurde und unmittelbar zuvor im Besitz einer Blauen Karte EU eines anderen Mitgliedsstaates waren
Wichtig für die letzten zwei Ausnahmen: Die Anträge zur Ausstellung einer Blauen Karte EU sowie für eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug sind innerhalb eines Monats nach Einreise in das Bundesgebiet zu stellen.

Für welchen Zeitraum wird die „Blaue Karte EU“ erteilt?

Die Blaue Karte EU wird bei erstmaliger Erteilung auf höchstens vier Jahre befristet. Beträgt die Dauer des Arbeitsvertrages weniger als vier Jahre, wird die Blaue Karte EU für die Dauer des Arbeitsvertrages zuzüglich eines Zeitraums von drei Monaten ausgestellt. Die vertragliche Beschäftigungsdauer muss mindestens sechs Monate betragen.

Sonstiges

Unter welchen Voraussetzungen können Inhaber der „Blauen Karte EU“ den Arbeitsplatz wechseln?

Nach einem Jahr Beschäftigung mit einer Blauen Karte EU ist keine Erlaubnis der Ausländerbehörde für den Arbeitgeberwechsel erforderlich. Innerhalb des ersten Jahres besteht lediglich eine Anzeigepflicht bezüglich des Arbeitgeberwechsels mit Ablehnungsvorbehalt der Ausländerbehörde innerhalb von 30 Tagen.

Mitteilungspflichten der Inhaber einer „Blauen Karte EU“ und des Unternehmens

Inhaber einer Blauen Karte EU sind verpflichtet, der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, wenn die Beschäftigung, für die die Blaue Karte EU erteilt wurde, vorzeitig beendet wird. Diese Pflicht besteht innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis des Umstands. Die Ausländerbehörde muss die Antragsteller bei der Erteilung des Aufenthaltstitels über diese Mitteilungspflicht informieren.
Die Mitteilungspflicht trifft auch die Arbeitgeberin und den Arbeitgeber im Falle einer vorzeitigen Beendigung der Beschäftigung. Ab dem Zeitpunkt der Kenntnis über die Beendigung muss die Ausländerbehörde innerhalb von vier Wochen durch das Unternehmen informiert werden.

Kurzfristige und langfristige Mobilität für Inhaber der Blauen Karte EU

Inhaber einer Blauen Karte EU eines anderen EU-Mitgliedstaates können für einen Arbeitseinsatz bis zu 90 Tage innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen nach Deutschland kommen. Voraussetzung dafür ist, dass der Zweck der geschäftlichen Tätigkeit im direkten Zusammenhang mit ihrer Beschäftigung steht. Für diesen Kurzaufenthalt ist weder ein Visum noch eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erforderlich.
Nach einem Aufenthalt von zwölf Monaten mit der Blauen Karte EU in einem anderen EU-Staat ist die Einreise nach Deutschland ohne vorherige Einholung eines Visums möglich. Die Anträge zur Erteilung einer deutschen Blaue Karte EU sind innerhalb eines Monats nach Einreise in das Bundesgebiet zu stellen.

Wann können die Inhaber der „Blauen Karte EU“ einen unbefristeten Aufenthaltstitel erhalten?

Die Inhaber einer Blauen Karte EU können nach 27 Monaten Beschäftigung eine Niederlassungserlaubnis erhalten. Voraussetzung dafür ist:
  • eine fortbestehende Beschäftigung des Inhabers der Blauen Karte EU, die seiner Qualifikation angemessen ist UND
  • dass für den Zeitraum von mindestens 27 Monaten Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet wurden. Alternativ können Aufwendungen für einen Anspruch auf vergleichbare Leistungen einer Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung oder eines Versicherungsunternehmens nachgewiesen werden.
Sofern der Antragsteller deutsche Sprachkenntnisse der Stufe B1 nachweisen kann, verkürzt sich die o.g. Frist von 27 Monaten auf 21 Monate.
Dieser Fachartikel soll einen ersten Überblick geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Trotz sorgfältiger Recherchen bei der Erstellung dieses Artikels kann eine Haftung für den Inhalt nicht übernommen werden. Die in diesem Artikel dargestellten Erläuterungen erfolgen vorbehaltlich etwaiger Änderungen durch verordnungsrechtliche oder gesetzliche Änderungen.